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Rundschreiben zur Dienstunfähigkeit sowie zur begrenzten Dienstfähigkeit (§§ 44 bis 49 Bundesbeamtengesetz – BBG);

Zurück zur Teilliste Bundesministerium des Innern

Rundschreiben zur Dienstunfähigkeit sowie zur begrenzten Dienstfähigkeit (§§ 44 bis 49 Bundesbeamtengesetz – BBG)



Fundstelle: GMBl 2021 Nr. 44/45, S. 962





Bezug: 

- 

Rundschreiben zur Dienstunfähigkeit (§§ 44 bis 49 Bundesbeamtengesetz) vom 4. Mai 2016, Az.: D1-30101/5#1


-

Rundschreiben zur begrenzten Dienstfähigkeit nach § 45 BBG vom 4. November 2013, Az.: D1-30101/5#6


-

Merkblatt zum Hamburger Modell vom 14. März 2014, Az.: D1-30101/5#4



– RdSchr. d. BMI v. 16.7.2021 – D1-30101/5#1 –



Dieses Rundschreiben beinhaltet als Anlage Anwendungshinweise zur Versetzung von Beamtinnen und Beamten auf Lebenszeit in den Ruhestand aufgrund von Dienstunfähigkeit (DU-Verfahren) sowie zum Verfahren bei begrenzter Dienstfähigkeit. Im Rahmen einer chronologischen Darstellung werden dazu die einzelnen von der Dienststelle und von der Gutachterin oder dem Gutachter* vorzunehmenden Verfahrensschritte sowie die Mitwirkungspflichten der Beamtin oder des Beamten aufgeführt. Ferner dient es der Klarstellung zu den Fragen, welche Rolle jeweils die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt, das Betriebliche Eingliederungsmanagement oder die stufenweise Wiedereingliederung nach dem Hamburger Modell in Bezug auf dieses Verfahren einnimmt. Ziel ist es, in den stark vom jeweiligen Einzelfall geprägten Verfahren bei Dienstunfähigkeit eine möglichst einheitliche Rechtspraxis sicherzustellen.



Die Rundschreiben zur Dienstunfähigkeit vom 4. Mai 2016 (Az.: D1-30101/5#1) sowie zur begrenzten Dienstfähigkeit vom 4. November 2013 (Az.: D1-30101/5#6) werden durch dieses Rundschreiben ersetzt und hiermit aufgehoben.



Für Beamtinnen und Beamte auf Zeit finden diese Hinweise entsprechende Anwendung, soweit nicht gesetzlich etwas anderes bestimmt ist (§ 6 Absatz 2 Satz 2 BBG). Für Beamtinnen und Beamte auf Probe gelten die Hinweise nach Maßgabe des § 49 BBG grundsätzlich entsprechend.



Für Richterinnen und Richter im Bundesdienst gelten diese Hinweise vorbehaltlich der besonderen Regelungen der §§ 21, 34, 46 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG).



Fragen der Polizeidienstunfähigkeit (§ 4 Absatz 1 Bundespolizeibeamtengesetz) sind nicht Gegenstand dieses Rundschreibens.





Oberste Bundesbehörden



Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund

der Krankenkassen e.V. (MDS)

Theodor-Althoff-Straße 47

45133 Essen

(E-Mail: office@mds-ev.de)



Deutsche Rentenversicherung

Knappschaft-Bahn-See

Dezernat V.3 - Sozialmedizinischer Dienst -

Wasserstraße 215

44799 Bochum



- per E-Mail -



nachrichtlich:



Spitzenorganisationen der Gewerkschaften



- per E-Mail -





Referat D1                

D1-30101/5#1


Anwendungshinweise

des Bundesminiserums des Innern

zum Verfahren der Dienstunfähigkeit sowie

    zur Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit    

(§§ 44 bis 49 Bundesbeamtengesetz)

Stand:

          16.07.2021





Inhaltsverzeichnis

1.

Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“


1.1.

Führen eines Mitarbeitergesprächs


1.2.

Einbeziehung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes


1.3.

Vorlage eines privatärztlichen Attests nach drei Monaten


1.4.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)


1.5.

Durchführung der stufenweisen Wiedereingliederung (Hamburger Modell)


1.6.

Verfahren zur Erfassung von Fehlzeiten





2.





2.1.





2.1.1.

Zweifel an der Dienst(un)fähigkeit



2.1.2.

Inhalt der Untersuchungsanordnung



2.1.2.1.

Untersuchungsanordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG (körperlicher Zustand, gesundheitliche Gründe)



2.1.2.2.

Untersuchungsanordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG (Fehlzeiten)



2.1.3.

Form der Untersuchungsanordnung


2.2.

Erteilung des Gutachtenauftrages



2.2.1.

Bestimmung der Ärztin oder des Arztes durch die Dienststelle



2.2.2.

Sachverhaltsschilderung



2.2.3.

Fragenkatalog


2.3.

Ärztliche Begutachtung und ärztliches Gutachten



2.3.1.

Mitwirkungspflichten



2.3.2.

Weitere (fach-)ärztliche Untersuchungen



2.3.3.

Schweigepflichtentbindungserklärung



2.3.4.

Kosten


3.

Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen


3.1.

Mitwirkungspflichten


3.2.

Kostentragungspflicht des Dienstherrn


4.

Prüfung der Dienstunfähigkeit durch die Dienststelle


4.1.

Dauerhafte Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten aus gesundheitlichen Gründen



4.1.1.

Positive Prüfung der Dienstunfähigkeit



4.1.2.

Möglichkeiten der gesetzlich normierten Annahme der Dienstunfähigkeit


4.2.

Vorrang einer anderweitigen Verwendung



4.2.1.

Kriterien bei der Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung



4.2.2.   

Vorrang anderweitige Verwendung nach § 44 Absatz 2 BBG vor Verwendung nach § 44 Absatz 3 oder 4 BBG


5.

Begrenzte Dienstfähigkeit (§ 45 BBG)


5.1.

Verfahren zur Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit


5.2.

Beteiligung der Interessenvertretungen und Beauftragten


5.3.

Besoldungsrechtliche Aspekte


5.4.

Versorgungsrechtliche Aspekte


5.5.

Nebentätigkeiten


5.6.

Haushalterische Aspekte


6.

Versetzung in den Ruhestand


6.1.

Anhörung der Beamtin oder des Beamten


6.2.

Beteiligung der Interessenvertretungen und Beauftragten


6.3.

Zurruhesetzungsverfügung


7.   

Erneute Berufung in das Beamtenverhältnis (Reaktivierung)


7.1.   

Regelmäßige Überprüfung der fortbestehenden Dienstunfähigkeit


7.2.

Prüfung bei Reaktivierung


7.3.

Erneute Berufung in das Beamtenverhältnis durch Ernennung


7.4.

Reaktivierung bei begrenzter Dienstfähigkeit





Anlagen

Anlage 1

Merkblatt zum Hamburger Modell

Anlage 2

Musterschreiben Untersuchungsanordnung

Anlage 3

Verfahren zur ärztlichen Untersuchung durch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung

Anlage 4

Gutachtenauftrag

Anlage 5

Merkblatt für Ärztinnen und Ärzte / Gutachterinnen und Gutachter

Anlage 6

Merkblatt für Beamtinnen und Beamte zur ärztlichen Untersuchung sowie zur ärztlichen Schweigepflicht

Anlage 7

Hinweise zur Übernahme von Kosten bei gesundheitlichen sowie beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen

Anlage 8

Ablauf DU-Verfahren





1.
Grundsatz „Rehabilitation vor Versorgung“

Vorrangig vor Einleitung eines DU-Verfahrens sollen folgende Maßnahmen seitens der Dienststelle ergriffen werden:



-
Führen eines Mitarbeitergesprächs zur Abklärung von dienstlichen Ursachen und dienstlichen Abhilfemöglichkeiten bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen (siehe auch Nummer 1.1);
-
Anpassung der Arbeitsplatzausstattung an gesundheitliche Beeinträchtigungen;
-
evtl. Änderungen des Arbeitsgebietes oder Aufgabenzuschnittes;
-
Einbeziehung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes, ggf. auch schon bei den Anstrichen 1-3 (siehe auch Nummer 1.2);
-
Vorlage eines privatärztlichen Attests nach drei Monaten (siehe auch Nummer 1.3);
-
Durchführung eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) (siehe auch Nummer 1.4);
-
stufenweise Eingliederung nach längerer Krankheit entsprechend dem sog. Hamburger Modell (siehe auch Nummer 1.5);
-
Durchführung medizinisch notwendiger Kur- oder Rehabilitationsmaßnahmen (siehe auch Nummer 3);


Ferner ist vor einer Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit vorrangig eine anderweitige Verwendung (siehe auch Nummer 4.2) bzw. eine Weiterverwendung im Rahmen begrenzter Dienstfähigkeit (siehe auch Nummer 5) zu prüfen.



Auch nach der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit gilt der Grundsatz insofern weiter, als im Falle des späteren Entfallens der Dienstunfähigkeit infolge einer Verbesserung des Gesundheitszustandes eine erneute Berufung in das aktive Dienstverhältnis (Reaktivierung) vorzunehmen ist (siehe auch Nummer 7).



Die Dienststelle ist in allen Phasen „Herrin des Verfahrens“. Dies erfordert ein enges Zusammenwirken zwischen dem unmittelbaren Vorgesetzten (§ 3 Absatz 3 BBG) und dem zuständigen Personalreferat. Das Verfahren zur Feststellung der Dienst(un)fähigkeit ist stets konsequent und zügig zu betreiben. Sowohl die Dienststelle als auch die Gutachterin oder der Gutachter1 müssen dazu - unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalles - die erforderlichen Maßnahmen ohne zeitliche Verzögerung einleiten. Die Beamtin oder der Beamte muss ihren bzw. seinen beamtenrechtlich vorgesehenen Mitwirkungspflichten nachkommen. Aufgrund der ihr oder ihm obliegenden Gesunderhaltungspflicht (§ 61 Absatz 1 Satz 1 BBG) hat sie oder er alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, die der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit dienen.



1.1.
Führen eines Mitarbeitergesprächs

Im Idealfall ermöglicht ein bestehendes Vertrauensverhältnis zwischen der oder dem direkten Vorgesetzten, dass in Mitarbeitergesprächen auch Gesundheitsfragen erörtert werden. Die Beamtin oder der Beamte ist jedoch nicht verpflichtet, im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs gegenüber der Dienststelle bzw. der oder dem Dienstvorgesetzten Angaben zu ihrem bzw. seinem Gesundheitszustand zu machen. Die Thematisierung von Gesundheitsfragen in Mitarbeitergesprächen erfordert daher eine besondere Sensibilität seitens der oder des Dienstvorgesetzten. Längere oder häufigere krankheitsbedingte Abwesenheiten sollten dabei als gemeinsames Problem von Dienststelle und der Beamtin oder dem Beamten angesehen werden, um dieses einer konstruktiven, gesundheitsfördernden Lösung zuführen zu können. Ggf. ist das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM) gemäß § 167 Absatz 2 Sozialgesetzbuch (SGB) IX hierfür zu nutzen (siehe auch Nummer 1.4).



1.2.
Einbeziehung der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes

Bei längeren Erkrankungen und im Vorfeld einer drohenden Dienstunfähigkeit kann die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt in das Verfahren einbezogen werden. Das kann auf Initiative der betroffenen Beamtin oder des betroffenen Beamten erfolgen oder mit deren Einwilligung durch die Dienststelle. Ohne Einwilligung der Beamtin oder des Beamten kann sich die Dienststelle durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt nur zum jeweiligen Einzelfalls beraten lassen, wenn sie diesen den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechend anonymisiert.



Die Aufgabe der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes liegt in der Beratung der Dienststellenleitungen und der Beschäftigten zu Beanspruchungen durch die Arbeit, aber auch zu Integration und Rehabilitation. Dazu gehören Beratungen:



-
zur Überprüfung der Eignung für bestimmte Tätigkeiten,
-
nach Rückkehr aus einer längeren Krankheit und im BEM-Verfahren,
-
zur Integration am Arbeitsplatz (u.a. leidensgerechte Ausstattung, Hamburger Modell, Umsetzung, Prognose).


Voraussetzung dafür ist, dass die Betriebsärztin oder der Betriebsarzt Kenntnisse über die einzelnen Arbeitsplätze hat. Die Inanspruchnahme der Beratung durch die Dienststelle ohne Einwilligung der Beamtin oder des Beamten hat in anonymisierter Form zu erfolgen.



Nicht in den Aufgabenbereich der Betriebsärztin oder des Betriebsarztes fallen ärztliche Untersuchungen2 zur Überprüfung von Krankmeldungen oder die Beurteilung der Dienstfähigkeit.3



1.3.
Vorlage eines privatärztlichen Attests nach drei Monaten

Um unterstützende Maßnahmen anzubieten, können Beamtinnen und Beamte spätestens nach drei Monaten ununterbrochener Erkrankung gebeten werden, ein Attest der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes mit einer Prognose vorzulegen, bis wann die Dienstfähigkeit voraussichtlich wiederhergestellt sein wird. Dies ist nur dann erforderlich, wenn für die Dienststelle nicht anderweitig erkennbar ist, wann mit einer Rückkehr in den Dienst zu rechnen ist. Der Grund der Erkrankung ist nicht Gegenstand des Attestes und darf nicht daraus hervorgehen. Die Kosten des Attestes trägt die Dienststelle.



1.4.
Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Das BEM (§ 167 Absatz 2 SGB IX) legt Arbeitgebern die gesetzliche Verpflichtung auf, sich um Beschäftigte zu kümmern, die innerhalb eines Jahres ununterbrochen oder in der Summe einzelner Fehlzeiten insgesamt mehr als sechs Wochen krank waren oder sind. Dem BEM liegen somit der Rehabilitations- und Präventionsgedanke im Rahmen der Fürsorgepflicht zugrunde. Die Beschäftigten sollen durch individuell auf ihre Bedürfnisse abgestimmte Maßnahmen dabei unterstützt werden, ihre Tätigkeit wiederaufzunehmen und ohne gesundheitliche Beeinträchtigungen ggf. unter geänderten Rahmenbedingungen weiter fortführen zu können. Wegen dieser Zielstellung ist das BEM auch auf Beamtinnen und Beamte anzuwenden. Die Entscheidung über die Teilnahme am Verfahren obliegt der Beamtin oder dem Beamten und ist freiwillig.



Das BEM ist auch kein zwingender Bestandteil des Verfahrens zur Dienstunfähigkeit. Somit ist die Durchführung eines BEM keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit. Es besteht jedoch die Option, dass der Dienststelle bei einem ordnungsgemäß erfolglos durchgeführtem BEM-Verfahren im Anschluss hinreichende Anhaltspunkte für die Einleitung eines DU-Verfahrens vorliegen.4



1.5.
Durchführung der stufenweisen Wiedereingliederung (Hamburger Modell)

Die Wiedereingliederung - auch Hamburger Modell - hat das Ziel, erkrankte Beschäftigte anhand eines von der Ärztin bzw. vom Arzt individuell erarbeiteten Stufenplans wieder an ihrem alten Arbeitsplatz zu integrieren. Sie kann auch am Ende eines BEM stehen. Anders als das BEM, zu dessen Angebot der Arbeitsgeber gegenüber seinen Beschäftigten verpflichtet ist, beruht das Hamburger Model auf der Initiative bzw. dem Antrag der bzw. des Beschäftigten an den Arbeitgeber und wird oftmals durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt angeregt. Geregelt ist das Hamburger Modell in § 74 SGB V und gleichlautend für den Fall behinderter oder konkret von Behinderung bedrohter Menschen in § 44 SGB IX. Im Beamtenrecht gibt es für das Hamburger Modell zwar keine vergleichbare gesetzliche Grundlage. In der Praxis hat es sich jedoch auch für Beamtinnen und Beamte bewährt. Einzelheiten zum Hamburger Modell sowie Hinweise für die Praxis können dem Merkblatt zum Hamburger Modell (Anlage 1) entnommen werden.



1.6.
Verfahren zur Erfassung von Fehlzeiten

Für Langzeiterkrankungen wird angeregt ein Verfahren einzurichten, welches gewährleistet, dass die für das DU- und das BEM-Verfahren Verantwortlichen, zeitnah die o. g. Maßnahmen einschließlich des BEM durchführen und damit unnötige Fehlzeiten vermieden werden. Aus Gründen der Organisationshoheit und in Abhängigkeit der vorhandenen technischen Voraussetzungen entscheidet jedes Ressort in eigener Verantwortung, ggf. unter Beteiligung der zuständigen Gremien, über die konkrete Ausgestaltung des Verfahrens. Praktikabel erscheint z. B. eine viertel- oder halbjährliche Meldung aller Erkrankungen ab drei Monate an die jeweils zuständige Organisationseinheit. Die gesetzlichen Mitbestimmungsrechte bleiben unberührt.



2.
Einleitung eines DU-Verfahrens

Werden der Dienststelle Umstände bekannt, die die ernsthafte Besorgnis begründen, eine Beamtin oder ein Beamter könne die Dienstpflichten ihres oder seines entsprechenden Amtes (konkret funktionelles Amt) innerhalb einer bestimmten Behörde nicht mehr erfüllen, ist zu prüfen, ob Dienstunfähigkeit vorliegt. Folgende Verfahrensschritte sind dabei zu beachten:



-
Anordnung einer ärztlichen Untersuchung (siehe auch Nummer 2.1)
-
Erteilung des Gutachtenauftrags (siehe auch Nummer 2.2)
-
Ärztliche Begutachtung (siehe auch Nummer 2.3)


2.1.
Anordnung einer ärztlichen Untersuchung

Das eigentliche Verfahren zur vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand beginnt mit der Weisung der Dienststelle an die Beamtin oder den Beamten, sich zum Zweck der Prüfung einer möglichen Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen zu lassen. Diese Untersuchungsanordnung ist nach § 44 Absatz 6 BBG für die Beamtin oder den Beamten verpflichtend. Die Dienststelle hat die Ärztin oder den Arzt für die Untersuchung zu bestimmen.



2.1.1.
Zweifel an der Dienst(un)fähigkeit

Die Dienststelle hat in der Regel eine ärztliche Untersuchung zu veranlassen, wenn Zweifel an der Dienstunfähigkeit bzw. Dienstfähigkeit bestehen. Das kann auch der Fall sein, wenn die Beamtin oder der Beamte von sich aus um Überprüfung der Dienstunfähigkeit bzw. Dienstfähigkeit bittet.



Abhängig vom Einzelfall können sich Zweifel an der Dienstfähigkeit insbesondere dann ergeben, wenn die Beamtin oder der Beamte länger erkrankt ist oder wiederholt erkrankt. Bei der Frage, wann von einer längeren bzw. wiederholten Erkrankung auszugehen ist, ist die Regelung des § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG (siehe auch Nummer 4.1.2) zu berücksichtigen. Danach ist eine ärztliche Untersuchung nach drei Monaten durchgehender Erkrankung oder bei mehr als dreimonatiger Krankheit innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten in der Regel zu erwägen, es sei denn, es besteht aufgrund der Umstände kein Anlass für Zweifel an der dauerhaften Dienstfähigkeit. Zweifel an der Dienstfähigkeit können sich - unabhängig von Fehlzeiten - aber auch aus Auffälligkeiten bei der Dienstausübung ergeben (z. B. bei Verdacht auf Demenz oder Persönlichkeitsstörungen).



2.1.2.
Inhalt der Untersuchungsanordnung

Die Formulierung der Untersuchungsanordnung erfordert besondere Sorgfalt, weil eine Nachbesserung grundsätzlich nicht möglich ist. Das Bundesverwaltungsgericht differenziert in seiner neueren Rechtsprechung5 deutlich zwischen den Anforderungen an eine Untersuchungsanordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG und denen einer Untersuchungs-anordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG. In der Untersuchungsanordnung sollte daher klargestellt werden, auf welcher gesetzlichen Grundlage die ärztliche Begutachtung und - abhängig von deren Ergebnis - eine evtl. folgende Zurruhesetzung erfolgen soll. Die Beamtin oder der Beamte ist zudem auf ihre oder seine Mitwirkungspflichten hinzuweisen (siehe auch Nummer 2.3.1). Darüber hinaus kann zur Vermeidung von evtl. Doppeluntersuchungen - auch im Interesse der Beamtin oder des Beamten - die Vorlage von Befundberichten behandelnder Ärztinnen oder Ärzte bzw. deren Entbindung von der Schweigepflicht (siehe auch Nummer 2.3.3) erbeten werden, soweit die entsprechenden Befunde für die ärztliche Begutachtung erforderlich sind.



Ein Muster für eine Untersuchungsanordnung kann der Anlage 2 entnommen werden.



2.1.2.1.
Untersuchungsanordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG (körperlicher Zustand, gesundheitliche Gründe)

Nach § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG sind Beamtinnen und Beamte in den Ruhestand zu versetzen, wenn sie wegen ihres körperlichen Zustands oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung ihrer Dienstpflichten dauernd unfähig (dienstunfähig) sind. Der Anordnung müssen demnach tatsächliche Feststellungen zugrunde gelegt werden, die die Dienstunfähigkeit der Beamtin oder des Beamten als naheliegend erscheinen lassen.6 Davon ist auszugehen, wenn Umstände vorliegen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, die betroffene Beamtin oder der betroffene Beamte sei wegen ihres oder seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage die Dienstpflichten ihres oder seines abstrakt-funktionellen Amtes zu erfüllen. Die Dienststelle muss dazu im Einzelnen darlegen, welcher Vorfall bzw. welche Umstände inwiefern zu Zweifeln an der Dienstfähigkeit geführt haben (siehe auch Nummer 2.2.2). Für die Beamtin oder den Beamten muss aus der Untersuchungsanordnung nachvollziehbar sein, ob die aufgeführten Umstände die behördlichen Zweifel an ihrer oder seiner Dienstfähigkeit rechtfertigen. Ein schlichter Hinweis auf die Dauer der Fehlzeiten genügen dem Begründungserfordernis einer Untersuchungsanordnung gemäß § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG in der Regel nicht.7



Die Dienststelle hat, sofern ihr nähere Informationen zu der Erkrankung fehlen, der Beamtin oder dem Beamten vorab Gelegenheit zur Beibringung ergänzender Informationen zum Hintergrund der Fehlzeiten zu geben, um auf dieser Grundlage eine ärztliche Untersuchung anordnen zu können. Dies kann auch in der Form eines Orientierungsgesprächs mit der Gutachterin oder dem Gutachter erfolgen. Ebenso muss die Untersuchungsanordnung auch Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten, insbesondere im Falle einer fachpsychiatrischen Untersuchung, wobei diese ohnehin in der Regel nur zusätzlich erfolgt (siehe auch Nummer 2.3.2). Auf der Grundlage der bei der Dienststelle vorhandenen, für das Zurruhesetzungsverfahren verwertbaren Erkenntnisse ist dementsprechend von der Dienststelle zu konkretisieren, welche Untersuchungen vorgenommen werden sollen. Die Dienststelle soll dazu bereits im Vorfeld des Erlasses der Untersuchungsanordnung ohne Benennung des konkreten Einzelfalls sachkundige ärztliche Beratung in Anspruch nehmen (beispielsweise durch die Betriebsärztin oder den Betriebsarzt), wenn diese zur Konkretisierung der Untersuchungsanordnung beitragen kann.



2.1.2.2.
Untersuchungsanordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG (Fehlzeiten)

Bei einer auf die gesetzliche Vermutungsregel nach § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG gestützten Untersuchungsanordnung kann als dienstunfähig auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Anlass für die Untersuchungsanordnung sind die krankheitsbedingten Fehlzeiten des gesetzlich geregelten Umfangs. Für diese Fallgestaltung langdauernder Ausfallzeiten, bei denen aufseiten des Dienstherrn keine weiteren Erkenntnisse über die zugrundeliegende Erkrankung vorliegen, gelten die zu Fällen der Untersuchungsanordnung nach § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG entwickelten Anforderungen nicht. Die Untersuchungsanordnung kann daher allein auf die Angabe der krankheitsbedingten Fehlzeiten gestützt werden. Der Dienstherr muss insbesondere in der Untersuchungsanordnung nicht darlegen, dass und warum die zugrundeliegenden Erkrankungen Zweifel an der Dienstfähigkeit der Beamtin oder des Beamten begründen, da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen Angaben zu Gründen der Dienstunfähigkeit nicht enthalten. Stützt der Dienstherr sich auf die wegen erheblicher Fehlzeiten vermutete Dienstunfähigkeit nach § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG, weiß der Adressat, warum die Untersuchungsanordnung ergeht. Die ärztliche Untersuchung dient dann dem Zweck festzustellen, ob Aussicht besteht, dass innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist von sechs Monaten die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist. Es ist der Dienststelle auch nicht möglich, Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung näher festzulegen. Aus diesem Grund darf die Dienststelle die Untersuchungsanordnung auch auf ggf. erforderliche Zusatzbegutachtungen (einschließlich psychiatrischer Untersuchungen) erweitern. Der mit einer psychiatrischen Begutachtung verbundene Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Beamtin oder des Beamten erfordert keine Beschränkungen solcher Untersuchungsanordnungen auf die Fälle nach § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG.8 Denn ärztliche Untersuchungen, die im Rahmen von § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG angeordnet werden können, können auch im Rahmen des § 44 Absatz 1 Satz 2 ergehen.9 Der Gutachtenauftrag zu einer Untersuchungsanordnung zur Prüfung der Dienstunfähigkeit nach § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG kann daher wegen fehlender Kenntnisse der Dienststelle zum Krankheitsbild der Beamtin oder des Beamten allgemein formuliert sein (siehe auch Nummer 2.2).



2.1.3.
Form der Untersuchungsanordnung

Die Anordnung, sich zur Klärung seiner Dienstfähigkeit ärztlich untersuchen oder beobachten zu lassen, stellt nach bisheriger ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes keinen Verwaltungsakt dar.10 Die Untersuchungsanordnung kann dementsprechend als „einfaches Schreiben“ ergehen und muss nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden. Jedoch könnte es hilfreich sein, der Beamtin oder dem Beamten bereits mit Übersendung der Untersuchungsanordnung Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen (Anhörung). In jedem Fall muss die Dienststelle sicherstellen, dass die Untersuchungsanordnung die Beamtin oder den Beamten tatsächlich erreicht.



2.2.
Erteilung des Gutachtenauftrages

Die Entscheidung der Dienststelle über die Dienstunfähigkeit erfolgt maßgeblich auf der Grundlage eines ärztlichen Gutachtens.11 Die Untersuchungsanordnung an die Beamtin oder den Beamten und die Beauftragung einer Ärztin oder eines Arztes mit dieser Untersuchung bzw. Prüfung sollten einheitlich und im Zusammenhang erfolgen. Die Qualität und Verwertbarkeit des ärztlichen Gutachtens bzw. die Gerichtsfestigkeit der darauf fußenden behördlichen Entscheidung zur Dienstfähigkeit, begrenzten Dienstfähigkeit oder Dienstunfähigkeit wird maßgeblich durch den Gutachtenauftrag, insbesondere durch den Fragenkatalog, bestimmt. Wenn der Gesundheitszustand dazu Anlass gibt, können mehrere Gutachten eingeholt werden.



2.2.1.
Bestimmung der Ärztin oder des Arztes durch die Dienststelle

Die Auswahl einer Ärztin oder eines Arztes, die oder der mit der Begutachtung beauftragt wird, steht grundsätzlich im Ermessen der Dienststelle.



Es kann jedoch zur Rechtswidrigkeit der Untersuchungsanordnung führen, wenn die Dienststelle die Interessen der Beamtin oder des Beamten nicht berücksichtigt, z. B. zuvor dargelegten Gründe für die Ablehnung der bestimmten Ärztin oder des bestimmten Arztes, und ohne Sachaufklärung an der Untersuchung durch die zunächst bestimmte Ärztin oder den bestimmten Arzt festhält.12



Die ärztliche Untersuchung nach §§ 44 bis 47 BBG ist in der Regel einer Amtsärztin oder einem Amtsarzt zu übertragen (§ 48 Absatz 1 Satz 1 BBG). Daneben kann auch eine Ärztin oder ein Arzt damit beauftragt werden, wenn sie oder er von der obersten Dienstbehörde als Gutachterin oder Gutachter zugelassen worden ist (§ 48 Absatz 1 Satz 1 und 2 BBG). Die oberste Dienstbehörde kann diese Befugnis auf nachgeordnete Behörden übertragen, § 48 Absatz 1 Satz 3 BBG. Die Zulassung ist aktenkundig zu machen



Für den Bereich der Bundesverwaltung besteht weiterhin die Möglichkeit, sich an den Sozialmedizinischen Dienst der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn- Bahn-See13 zu wenden. Bei einer Inanspruchnahme sind die Ärztinnen und Ärzte der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See nach § 48 Absatz 1 Sätze 2 und 3 BBG durch die oberste Dienstbehörde als Gutachter bzw. Gutachterinnen zuzulassen.



Seit dem 1. Juni 2016 können daneben ärztliche Gutachten auch von den Medizinischen Diensten der Krankenversicherung (MDK) erstellt werden. Hierzu haben BMI und Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V. (MDS) gem. § 275 Absatz 4 a SGB V eine Vereinbarung geschlossen. Die Unterstützung erfolgt nur, wenn die Erfüllung der sonstigen dem Medizinischen Dienst obliegenden Aufgaben dadurch nicht beeinträchtigt wird. Anschriften und Näheres zum Verfahren können der Anlage 3 entnommen werden.



Darüber hinaus kann die oberste Dienstbehörde Gutachterinnen und Gutachter nach § 48 Absatz 1 Satz 2 BBG durch Bekanntgabe in ihrem Geschäftsbereich zulassen. Bei der Auswahl der Gutachterinnen und Gutachter ist zu beachten, dass die Ärztin oder der Arzt über die Fachgebietsbezeichnung „öffentliches Gesundheitswesen“ oder die Zusatzbezeichnung „Sozialmedizin“ verfügt. Bei anderen Gebietsbezeichnungen, auch der für „Arbeitsmedizin“, ist der Erwerb von grundlegenden sozialmedizinischen Kenntnissen nicht im Ausbildungsgang enthalten und kann daher grundsätzlich nicht vorausgesetzt werden. Andere Ärztinnen oder Ärzte dürfen daher nur ausnahmsweise beauftragt werden, wenn sie nach ihren Erfahrungen für diese Aufgabe geeignet sind. Dies kann unter anderem der Fall sein, wenn bereits gutachterliche Tätigkeiten im Rahmen sozialmedizinischer Fragestellungen für andere Stellen wahrgenommen wurden und/oder entsprechende Kenntnisse vorhanden sind und nachgewiesen werden können.



Die oberste Dienstbehörde kann die Befugnis nach § 48 Absatz 1 Satz 2 BBG auf nachgeordnete Behörden übertragen, § 48 Absatz 1 Satz 3 BBG. Die Zulassung ist aktenkundig zu machen. Bei der Auswahl der Gutachterin oder des Gutachters ist auch zu berücksichtigen, dass eine ärztliche Untersuchung möglichst in Wohnortnähe erfolgen kann. Wenn der Gesundheitszustand dazu Anlass gibt, können mehrere Gutachten eingeholt werden. Wird hiervon Gebrauch gemacht, sollen diese in einer Beurteilung zusammenfasst werden.



Befindet sich die Beamtin oder der Beamte im Ausland, ist eine ärztliche Untersuchung vor Ort nur dann möglich, wenn die Ärztin oder Arzt bzw. die Gutachterin oder der Gutachter eine den deutschen Standards entsprechende ärztliche Untersuchung durchführen kann. Ansonsten ist eine ärztliche Untersuchung bei einer Gutachterin oder einem Gutachter in Deutschland angezeigt.



Bei Vorliegen abweichender medizinischer Atteste der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes geht das Gutachten der Amtsärztin oder des Amtsarztes zum selben Krankheitsbild zum selben Zeitpunkt vor. Für andere Ärzte gilt dies nicht. Grund ist die Neutralität der Amtsärztin oder des Amtsarztes, die Beamtinnen oder Beamten und der Dienststelle gleichermaßen fernstehen.14 Sollten sich im Einzelfall medizinisches Attest des behandelnden Arztes und Gutachten eines von der Dienststelle beauftragten Gutachters widersprechen, empfiehlt es sich, vor der Entscheidung über die Dienstunfähigkeit aus Gründen der Rechtssicherheit ein amtsärztliches Gutachten einzuholen.



Um Wartezeiten zu vermeiden, sollte die Dienststelle vorab bei der begutachtenden Stelle nachfragen, innerhalb welcher Zeit mit dem ärztlichen Gutachten zu rechnen ist. Die Frist sollte sechs Wochen nicht überschreiten. Ist die Gutachtenerstellung innerhalb dieser Frist nicht möglich, kann der Gutachtenauftrag anderweitig vergeben werden.



Die Gutachtenkosten werden, sofern nichts anderes vereinbart ist, nach der Gebührenordnung für Ärzte abgerechnet. Unter Umständen kann die Dienststelle nach landesrechtlichen Vorschriften von den Kosten einer Begutachtung durch Amtsärztinnen oder Amtsärzte befreit sein.15



2.2.2.
Sachverhaltsschilderung

Bei der Anforderung eines ärztlichen Gutachtens stellt die Dienststelle den Sachverhalt der Ärztin oder dem Arzt umfassend dar (Anlage 4 - Teil I) und teilt sämtliche ihr bekannten und für die medizinische Beurteilung der Dienstunfähigkeit relevanten Umstände mit, um ein aussagekräftiges Gutachten zu erhalten.



Die Umstände, die Anlass für die Untersuchungsanordnung gegenüber der Beamtin oder dem Beamten sind, sind auch gegenüber der Ärztin oder dem Arzt ausführlich darzulegen. Dazu gehören u. a. Angaben auf welche Rechtsgrundlage (§ 44 Absatz 1 Satz 1 oder § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG) die Dienststelle die evtl. Zurruhesetzung stützt, der bisherige Krankheitsverlauf, eine Fehlzeitenentwicklung, sonstige zur Erhaltung der Dienstfähigkeit durchgeführte Maßnahmen und ihre Wirkungen sowie Aussagen zu bereits erfolgten Prüfungen einer anderweiten Verwendungsmöglichkeit.



2.2.3.
Fragenkatalog

Dem Gutachtenauftrag sollte ein Fragenkatalog beigefügt werden, um möglichst konkrete Aussagen zur Dienstfähigkeit zu erhalten. Hierzu wird auf Anlage 4 - Teil II verwiesen. Bei diesem Vordruck handelt es sich um kein gesetzliches Formblatt. Auch ist es nicht durch Verwaltungsvorschrift verpflichtend vorgeschrieben. Es kann und sollte daher, im Rahmen des am Einzelfall orientierten Untersuchungsauftrags, angepasst werden. Diese Anlage ist an die Ärztin oder den Arzt zu senden und von dieser oder diesem ausgefüllt wieder zurückzuschicken.

Zugleich ist dem Auftrag ein Merkblatt für die Erstellung des Gutachtens beizulegen (siehe Anlage 5).



2.3.
Ärztliche Begutachtung und ärztliches Gutachten

Die von der Dienststelle beauftragte Gutachterin oder der von der Dienststelle beauftragte Gutachter entscheidet nicht selbst über Umfang und Art der ärztlichen Untersuchung, sie oder er wird nur im Rahmen des von der Dienststelle angeforderten Gutachtenauftrags tätig. Der ärztliche Gutachter ist lediglich "Gehilfe" der Verwaltungsbehörde. Er vermittelt der Behörde nur die für die Beurteilung der dauernden Dienstunfähigkeit der betroffenen Beamtin oder des betroffenen Beamten erforderliche medizinische Sachkunde. Dies bedeutet auch, dass die Dienststelle ggf. vom Gutachtenauftrag nicht erfasste erforderliche Zusatzbegutachtungen von der Dienststelle gegenüber der Beamtin oder dem Beamten zusätzlich begründet und angeordnet werden müssen (siehe Nummer 2.3.2). Es obliegt nicht der Gutachterin oder dem Gutachter, eine solche anzuweisen.16



Es empfiehlt sich, dass die Dienststelle den Termin für die Begutachtung mit der Gutachterin oder dem Gutachter abstimmt und die Beamtin oder den Beamten einlädt, da die ärztliche Untersuchung auf Weisung der Dienststelle erfolgt (§ 44 Absatz 6 BBG). Die Dienststelle gibt das Gutachten in Auftrag, trägt die Kosten hierfür und sollte deshalb auch darüber informiert werden, wann der Auftrag ausgeführt wird.



Zu Beginn der ärztlichen Untersuchung ist die Beamtin oder der Beamte auf den Zweck der Untersuchung und auf die ärztliche Befugnis zur Übermittlung des Ergebnisses an die Dienststelle hinzuweisen (§ 48 Absatz 3 BBG). Ausnahmsweise kann die Beamtin oder der Beamte die ärztliche Untersuchung verweigern, wenn Umstände, wie beispielsweise Befangenheit (z. B. Verwandter) oder ein unzulässiges bzw. unangemessenes Verhalten (z. B. sexuelle Belästigung) der Gutachterin oder des Gutachters dies begründen. Die ärztliche Untersuchung muss der Beamtin oder dem Beamten in jedem Fall unzumutbar gewesen sein. Die fachliche Qualifikation der Gutachterin oder des Gutachters kann von der Beamtin oder dem Beamten in der Regel nicht beurteilt werden. Eine „angeblich“ mangelnde Qualifikation berechtigt nicht zur Verweigerung der Untersuchung.



Die untersuchende Ärztin oder der untersuchende Arzt kann die Teilnahme einer Begleit-/Ver-trauensperson (etwa eines Angehörigen) der Beamtin oder des Beamten an der eigentlichen ärztlichen Untersuchung ablehnen, da diese durch die Anwesenheit einer dritten Person beeinträchtigt werden könnte.17



2.3.1.
Mitwirkungspflichten

Beamtinnen und Beamte haben die Pflicht, sich nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen oder beobachten zu lassen, wenn Zweifel darüber bestehen, ob sie dauernd dienstunfähig sind (§ 44 Absatz 6 BBG).



Entzieht sich die Beamtin oder der Beamte ohne ärztlich nachgewiesenen Verhinderungsgrund einer rechtmäßigen Untersuchungsanordnung, ist der Dienststelle der Weg für ein Zurruhesetzungsverfahren eröffnet. Sie kann in diesem Rahmen - aufgrund des Rechtsgedankens des § 444 ZPO - von der Dienstunfähigkeit der Beamtin oder des Beamten ausgehen18 und die Zurruhesetzung verfügen.19 Die Beamtin oder der Beamte hätte es sonst in der Hand, das Verfahren in die Länge zu ziehen und weiter die vollen Dienstbezüge zu erhalten.20 Die Verweigerung stellt zudem ein Dienstvergehen (§ 77 BBG) dar, das disziplinarrechtlich geahndet werden kann. Auf diese Folgen sollte bereits in der Untersuchungsanordnung hingewiesen werden.



Die Beamtin oder der Beamte hat die Dienststelle umgehend zu informieren, sofern sie oder er den Untersuchungstermin krankheitsbedingt nicht wahrnehmen kann. Die Dienststelle wird daraufhin die nächsten Verfahrensschritte einleiten. So hat sie die Beamtin oder den Beamten aufzufordern, die Gründe der Verhinderung nachzuweisen. Vorgelegte Atteste der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes für Erkrankungen am Untersuchungstermin können von der Dienststelle abgelehnt und die Vorlage eines amtsärztlichen Attests eingefordert werden. Sofern das amtsärztliche Attest vom Attest des behandelnden Arztes abweicht, besteht für die Beamtin oder den Beamten die Pflicht, den Untersuchungstermin wahrzunehmen. Kommt die Beamtin oder der Beamte dem nicht nach, verletzt sie oder er seine Mitwirkungspflichten und der Dienststelle ist das Zurruhesetzungsverfahren eröffnet (s. o.). Im Falle des Verhinderungsgrundes Reise- und /oder Transportfähigkeit kann, mit Einverständnis der Beamtin oder des Beamten und ggf. unter Einbeziehung der Gutachterin oder des Gutachters, ein ärztlicher Hausbesuch veranlasst werden.



Ferner besteht die Mitwirkungspflicht der Beamtin oder des Beamten darin, zum Untersuchungstermin zu erscheinen und aktiv an der ärztlichen Untersuchung mitzuwirken. Dazu zählen u.a. die wahrheitsgemäße Beantwortung ärztlicher Fragen sowie die Duldung einfacher körperlicher Eingriffe (z. B. Blutabnahme).



2.3.2.
Weitere (fach-)ärztliche Untersuchungen

Ist zur Erfüllung des Gutachtenauftrages eine weitere (fach-)ärztliche Untersuchung erforderlich, so hat die Gutachterin oder der Gutachter dies unter Darlegung der Gründe mitzuteilen. Die Prüfung, ob eine weitere Untersuchungsanordnung für die Zusatzuntersuchung erforderlich ist, obliegt der Dienststelle.21 Entscheidend ist hierbei der Umfang der (ersten) Untersuchungsanordnung. Erstreckt sich diese bereits auf weitere durch die Amtsärztin oder den Amtsarzt für erforderlich erachtete fachärztliche Zusatzbegutachtungen, ist eine weitere Untersuchungsanordnung entbehrlich.22 Andernfalls müsste eine erneute begründete Untersuchungsanordnung ergehen (siehe hierzu Nummer 2.1.2).



2.3.3.
Schweigepflichtentbindungserklärung

Ärztinnen oder Ärzte, die die Beamtin oder den Beamten (ambulant oder stationär) behandeln oder behandelt haben, unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Der Anforderung von Befundberichten (durch die Gutachterin oder den Gutachter) ist daher eine Einverständniserklärung bzw. Schweigepflichtentbindung der Beamtin oder des Beamten beizufügen. Die Notwendigkeit der Befundanforderung ist der Beamtin oder dem Beamten im Rahmen der ärztlichen Untersuchung durch die Gutachterin oder den Gutachter zu erläutern.



Lehnt die Beamtin oder der Beamte die Unterzeichnung der entsprechenden Erklärung ab, ist dies der Dienststelle mitzuteilen, damit diese die weiteren Schritte einleiten kann. Wenn die notwendige Einbeziehung ärztlicher Befunde Dritter letztlich nicht möglich ist, da etwa die Schweigepflichtentbindung nicht erteilt wurde oder Befunde trotz wiederholter Aufforderung nicht übermittelt wurden, ist dies im ärztlichen Gutachten darzulegen (einschließlich der Auswirkungen auf die ärztlichen Feststellungen). Dies kann sich für die Beamtin oder den Beamten im Rahmen der Prüfung der Dienstunfähigkeit durch die Dienststelle im Ergebnis nachteilig auswirken.23 Insofern dürfen die fehlenden privatärztlichen Vorbefunde bzw. die fehlende Schweigepflichtentbindung nicht als Hindernis für eine ärztliche Untersuchung geltend gemacht werden.



Auch die Gutachterin oder der Gutachter unterliegt zwar der ärztlichen Schweigepflicht, d. h. ihr oder ihm ist es unter Androhung von Strafe verboten, unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis, das ihr bzw. ihm als Ärztin bzw. Arzt anvertraut oder sonst bekanntgeworden ist, zu offenbaren (§ 203 Absatz 1 Nr. 1 Strafgesetzbuch - StGB). Für ärztliche Mitteilungen, die im Rahmen des § 48 Absatz 2 BBG erfolgen, besteht jedoch eine gesetzliche Mitteilungspflicht und dementsprechend eine Offenbarungsbefugnis der Ärztin oder des Arztes. Das ärztliche Gutachten darf sich nicht darauf beschränken, nur ein Untersuchungsergebnis mitzuteilen. Es muss auch die das Ergebnis tragenden Feststellungen und Gründe enthalten, soweit deren Kenntnis für die Behörde unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit für die Entscheidung über die Zurruhesetzung erforderlich ist.24



Hier bedarf es daher keiner Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht durch die Beamtin oder den Beamten, da die Behörde im Bedarfsfall auf die Kenntnis von medizinischen Einzelheiten für die Entscheidungsfindung angewiesen sein kann. Die ärztliche Untersuchung erfolgt mit dem Ziel, die Dienstfähigkeit festzustellen. Der Gesetzgeber räumt den begutachtenden Ärztinnen oder Ärzten insoweit kein Ermessen ein, sondern legt unmissverständlich fest, dass eine Mitteilung zu erfolgen hat.25



Im Verhältnis zum Dienstherrn treten in solchen Fällen die schutzwürdigen Belange der Beamtin oder des Beamten auf informationelle Selbstbestimmung hinter das Interesse des Dienstherrn an der Feststellung der Dienstfähigkeit zurück. Derartige ärztliche Untersuchungen haben ihre Grundlage nicht im Recht des Patienten auf Wahrung des privaten Bereichs, sondern gehören zu den beamtenrechtlichen Pflichten (§ 46 Absatz 7 Satz 1 BBG).



Hinweise für Beamtinnen und Beamte zur ärztlichen Untersuchung sowie zur ärztlichen Schweigepflicht enthält die Anlage 6.



Wenn der von der Dienststelle bestimmten Gutachterin oder dem von der Dienststelle bestimmten Gutachter alle für die Erfüllung des Gutachtenauftrages erforderlichen Untersuchungsergebnisse und Befunde vorliegen, übermittelt die Gutachterin oder der Gutachter der Dienststelle (und gemäß § 48 Absatz 3 Satz 2 BBG auch der Beamtin oder dem Beamten) das abschließende Ergebnis in Form eines ärztlichen Gutachtens in einem gesonderten und versiegelten Umschlag. Zur Aufbewahrung wird auf die Richtlinien zur Personalaktenführung des Bundes verwiesen.



2.3.4.
Kosten

Die Kosten der ärztlichen Untersuchung (einschließlich evtl. Zusatzuntersuchungen und Befundanforderungen) trägt die Dienststelle als Auftraggeberin. Dazu zählen ggf. auch Reisekosten. Wenn eine Ruhestandsbeamtin oder ein Ruhestandsbeamter nicht mehr am letzten Dienstort wohnhaft ist und zum Zwecke einer evtl. Reaktivierung nachuntersucht werden soll, dürfte es im Interesse der Beteiligten liegen, die ärztliche Nachuntersuchung durch eine von der Dienststelle zu bestimmende Gutachterin oder einen von der Dienststelle zu bestimmenden Gutachter am Wohnort - im Wege der Amtshilfe - durchführen zu lassen. Dadurch können der Aufwand für die Beamtin oder den Beamten und die Kosten für die Dienststelle so gering wie möglich gehalten werden.



3.
Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen

Die Personaldienststellen können nach § 46 Absatz 4 Satz 2 BBG Beamte anweisen, an geeigneten und zumutbaren Rehabilitierungsmaßnahmen im Rahmen ihrer Gesunderhaltungspflicht (§ 61 BBG) teilzunehmen. Gleichzeitig besteht für den Dienstherrn im Rahmen des § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG eine Kostentragungspflicht gegenüber der Beamtin oder dem Beamten, die oder der solche Maßnahmen wahrnimmt. Hierauf wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen:



-
Verpflichtung zur Teilnahme an Therapie- und Rehabilitationsmaßnahmen (siehe auch Nummer 3)
-
Kostentragungspflicht des Dienstherrn (siehe auch Nummer 3.2)


3.1.
Mitwirkungspflichten

Neben der Verpflichtung, sich erforderlichenfalls ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen, sind Beamtinnen und Beamte zur Erhaltung, Verbesserung oder Wiederherstellung der Gesundheit bzw. der Dienstfähigkeit verpflichtet, an geeigneten und zumutbaren Heilbehandlungen teilzunehmen (§ 46 Absatz 4 Sätze 1 und 2 BBG). Diese Pflicht resultiert aus der Gesunderhaltungspflicht (vgl. § 61 Absatz 1 BBG). Die Dienststelle hat nach § 46 Absatz 4 Sätze 2 und 3 BBG auf diese Pflicht hinzuweisen. Voraussetzung für den Hinweis ist, dass nach der ärztlichen Untersuchung Aussicht auf eine Wiederherstellung der vollen oder zumindest begrenzten Dienstfähigkeit besteht. Dieser Hinweis ist erst auf der Grundlage des ärztlichen Gutachtens sinnvoll.



Im Gutachtenauftrag (siehe auch Nummer 2.2 sowie Anlage 4 - Teil II) nach § 48 BBG ist ausdrücklich nach geeigneten Rehabilitationsmaßnahmen zu fragen, die helfen können die drohende Dienstunfähigkeit zu vermeiden. Dies umfasst, soweit bekannt, auch von der Beamtin oder dem Beamten eigeninitiativ geplante Rehabilitationsmaßnahmen. Soweit im ärztlichen Gutachten gesundheitliche Rehabilitationsmaßnahmen empfohlen werden, ist die Dienststelle nicht gehindert, nachzufragen, wenn sich Art, Umfang und Geeignetheit der Maßnahme nicht sofort erschließen.



Geeignet sind Maßnahmen, die nach ärztlicher Einschätzung im Einzelfall für die Behandlung der Krankheit erfolgversprechend sind. Zumutbar sind Maßnahmen, deren Durchführung unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalles, etwa der Gefährlichkeit der Maßnahme, der zu erwartenden Schmerzen oder Nebenwirkungen und der Aussicht auf Heilungserfolg von der Beamtin oder dem Beamten verlangt werden kann. Unzumutbarkeit kann anzunehmen sein, wenn die Dienstfähigkeit auch ohne die entsprechende Maßnahme in angemessener Zeit wiedererlangt werden kann. Aus dem ärztlichen Gutachten muss sich ggf. ergeben, ob eine unzureichende Therapiebereitschaft bzw. fehlende Motivation krankheitsbedingt oder voluntativ gesteuert ist.



Sind mehrere Behandlungsmethoden gleichermaßen geeignet und zumutbar, steht grundsätzlich der Beamtin oder dem Beamten die Wahl zu. Weiterhin kann die Beamtin oder der Beamte nicht verpflichtet werden, die Maßnahme von einer bestimmten Ärztin oder einem bestimmten Arzt oder in einer bestimmten Einrichtung durchführen zu lassen. Ebenso wenig wie die ärztliche Untersuchung kann die Durchführung der Therapiemaßnahme erzwungen werden. Die Weigerung, eine rechtmäßig angeordnete, also insbesondere eine geeignete und zumutbare Maßnahme durchzuführen, stellt jedoch ein Dienstvergehen dar, das disziplinarrechtlich geahndet werden kann.



Beabsichtigte Rehabilitationsmaßnahmen müssen mit der Beamtin oder dem Beamten so früh wie möglich erörtert werden. Die Beamtin oder der Beamte soll eine Kopie des ärztlichen Gutachtens zur Kenntnis erhalten.



3.2.
Kostentragungspflicht des Dienstherrn

Nach § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG hat der Dienstherr, sofern keine anderen Ansprüche (z. B. Beihilfe, Krankenversicherung, Integrationsamt) bestehen, die Kosten für die erforderlichen gesundheitlichen und beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen zu tragen. Der Bund als Dienstherr ist jedoch kein Rehabilitationsträger, da § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG dem Dienstherrn nicht die Eigenschaft als Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 SGB IX zuweist. Der Dienstherr hat nach den Gesetzesmotiven lediglich die Aufgaben eines Rehabilitationsträgers entsprechend dem SGB IX. Diese Aufgaben nimmt der Dienstherr nur innerhalb der durch § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG gesteckten Grenzen wahr. Dadurch werden die Leistungen für die Rehabilitationsmaßnahmen systemkonform in das Beamtenrecht aufgenommen.



Nur wenn sich aus dem ärztlichen Gutachten schlüssig ergibt, dass bestimmte, konkretisierte Rehabilitationsmaßnahmen zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit Erfolg versprechen, kommt die Prüfung einer Kostenerstattung auf der Grundlage von § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG in Betracht. Maßstab für die Prüfung, ob ein anderer Anspruch dem Grunde nach besteht, kann nicht die Gesamtmaßnahme, sondern nur die jeweilige Einzelleistung sein. Bei einer lediglich an der Gesamtmaßnahme und deren Ersatzfähigkeit orientierten Prüfung, ob Beihilfeleistungen in Betracht kommen und damit eine Kostenübernahme des Dienstherrn ausscheidet, dürfte § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG nahezu ohne Anwendungsbereich bleiben, da für Teilleistungen aus der Maßnahme in der Regel ein Beihilfeanspruch bestehen wird.26



Eine Teilnahme an stationäre Rehabilitationsmaßnahmen im Ausland ist grundsätzlich möglich. Die Kostentragung kann unter der Voraussetzung des § 35 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 der Verordnung über Beihilfe in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Bundesbeihilfeverordnung - BBhV) erfolgen oder im Falle einer ambulanten Rehabilitationsmaßnahme, wenn diese in einem anerkannten Heilbad oder Kurort durchgeführt ist, der auf der Liste des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat nach § 35 Absatz 1 Satz 2 BBhV bekannt gegeben wurde.



Die Kostentragungspflicht gemäß § 46 Absatz 4 Satz 4 BBG ist lediglich eine Auffangvorschrift, Leistungsansprüche werden dabei nicht auf den Dienstherrn verlagert. Daher muss im Rahmen der Antragsprüfung zur Bewilligung der Rehabilitationsmaßnahme eine Aussage zur Kostenübernahme durch die Dienststelle getroffen werden.



Weitere Hinweise zur Übernahme von Kosten bei gesundheitlichen sowie beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen enthält die Anlage 7.



4.
Prüfung der Dienstunfähigkeit durch die Dienststelle

Nach Erhalt des ärztlichen Gutachtens (in Ausnahmefällen auch ohne ärztliche Begutachtung) entscheidet die Dienststelle über die Frage der Dienstunfähigkeit auf der Grundlage des, ärztlichen Gutachtens. Hinsichtlich des Ergebnisses entscheidet sie unabhängig und in eigener Zuständigkeit unter Beachtung folgender Verfahrensschritte:



-
Dauerhafte Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten aus gesundheitlichen Gründen (siehe auch Nummer 4.1)
-
Vorrang einer anderweitigen Verwendung (siehe auch Nummer 4.2)


Dienstunfähigkeit ist kein medizinischer, sondern ein beamtenstatusrechtlicher Begriff. Dienstunfähig ist, wer wegen eines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen dauernd zur Erfüllung der Dienstpflichten aus dem Amt im abstrakt funktionellen Sinne unfähig ist (§ 44 Absatz 1 Satz 1 BBG). Dienstfähig ist umgekehrt, wer – trotz evtl. aktueller Dienst-/ Arbeitsunfähigkeit infolge akuter Erkrankung – im Hinblick auf seinen körperlichen Zustand und seine Gesundheit dauerhaft zur Erfüllung der Dienstpflichten fähig ist. Es handelt sich mithin um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.



Die Dienststelle trifft die Entscheidung hinsichtlich der Frage der Dienstunfähigkeit und darf sich nicht lediglich einer Entscheidung der Ärztin oder des Arztes ohne Begründung anschließen. Denn Ärztin oder Arzt sind lediglich Sachverständige, auf deren medizinische Sachkunde die Dienststelle angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können.



4.1.
Dauerhafte Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten aus gesundheitlichen Gründen

Gemäß § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG ist dienstunfähig, wer wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen dauernd zur Erfüllung der Dienstpflichten unfähig ist. Die Dienststelle hat zwei verschiedene Möglichkeiten, um zu der Einschätzung zu gelangen, dass Dienstunfähigkeit vorliegt:



1.
Positive Prüfung der Dienstunfähigkeit (siehe Nummer 4.1.1) oder
2.
Annahme der Dienstunfähigkeit (siehe Nummer 4.1.2) - in wiederum zwei verschiedenen Fällen.


4.1.1.
Positive Prüfung der Dienstunfähigkeit

Dienstunfähigkeit nach § 44 Absatz 1 Satz 1 normiert einen Dienstunfähigkeitsbegriff, der sich aus mehreren Komponenten zusammensetzt. Dieser hat folgende Voraussetzungen:



a)
Nichterfüllung der Dienstpflichten im abstrakt-funktionellen Amt (Dienstbezogene Komponente)

Dienstbezogener Maßstab für die Dienstunfähigkeit ist, ob die Beamtin oder der Beamte die Dienstpflichten aus dem Amt im abstrakt-funktionellen Sinne noch erfüllen kann.27 Dienstunfähigkeit liegt nicht bereits dann vor, wenn sie oder er den aktuellen Dienstposten (das Amt im konkret-funktionellen Sinne) aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr wahrnehmen kann. Zum Amt im abstrakt-funktionellen Sinne gehören alle bei der Beschäftigungsbehörde eingerichteten Dienstposten, auf denen die Beamtin oder der Beamte amtsangemessen, d.h. seinem statusrechtlichen Amt entsprechend, beschäftigt werden kann (zur Möglichkeit des Laufbahnwechsels siehe auch Nummer 4.2.2). Dienstunfähig ist die Beamtin oder der Beamte, wenn bei der Dienststelle kein solcher Dienstposten zur Verfügung steht, der dem statusrechtlichen Amt der Beamtin oder des Beamten zugeordnet und gesundheitlich für sie oder ihn geeignet ist. Sind die bei der Dienststelle in Frage kommenden Dienstposten besetzt, so kommt es darauf an, ob es der Dienststelle im Hinblick auf einen sachgemäßen Dienstbetrieb zumutbar ist, einen geeigneten Dienstposten freizumachen oder durch organisatorische Änderungen einzurichten.28



b)
Gesundheitliche Gründe oder körperlicher Zustand (Kausale Komponente)

Die Unfähigkeit zur Erfüllung der Dienstpflichten muss durch den körperlichen Zustand oder durch gesundheitliche Gründe bedingt sein. Darunter können, bei aller Schwierigkeit diese Begriffe zu bestimmen und voneinander abzugrenzen, leistungshindernde oder -mindernde körperliche oder geistig-seelische Beeinträchtigungen verstanden werden, welche unmittelbar in der Person der Beamtin oder des Beamten angelegt sind und über die Schwankungsbreite des in körperlicher, geistiger oder seelischer Hinsicht Normalen und Gesunden hinausgehen. Es muss sich nicht im medizinischen Sinne um eine Krankheit handeln. Andere Ursachen für eine unzureichende Pflichterfüllung, z. B. mangelnde fachliche Qualifikation, mangelnde Bewährung, nicht krankheitsbedingte Minderleistungen, Konflikte am Arbeitsplatz, fehlende Motivation oder dienstliches Fehlverhalten, sind kein Anlass für eine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit.



c)
Dauerhaftigkeit der Dienstunfähigkeit (Zeitliche Komponente)

Dauernde Dienstunfähigkeit kann trotz aktueller Arbeits- bzw. Dienstfähigkeit vorliegen, etwa wenn abzusehen ist, dass häufig wiederkehrende Ausfälle den Dienstbetrieb empfindlich stören werden. Nicht erforderlich ist, dass die Dienstunfähigkeit bis zum Erreichen der Altersgrenze bestehen muss. Es genügt, wenn mit einer Besserung des Zustandes in absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist. Hinsichtlich der Frage, welcher Zeitraum als absehbar anzusehen ist, kann auf die in § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG normierte Sechsmonatsfrist zurückgegriffen werden. Für den Fall einer Verbesserung des Gesundheitszustandes nach der Versetzung in den Ruhestand besteht die Möglichkeit der Reaktivierung (siehe auch Nummer 7).



4.1.2.
Möglichkeiten der gesetzlich normierten Annahme der Dienstunfähigkeit

In zwei gesetzlich vorgesehenen Fällen bedarf es keiner positiven Prüfung von Dienstunfähigkeit.



a)
Annahme von Dienstunfähigkeit bei längerer Erkrankung (§ 44 Absatz 1 Satz 2 BBG)

Als dienstunfähig kann auch angesehen werden, wer infolge Erkrankung innerhalb von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und wenn keine Aussicht besteht, dass innerhalb weiterer sechs Monate die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist.



Nicht vorausgesetzt wird eine ununterbrochene krankheitsbedingte Abwesenheit von sechs Monaten. Die Voraussetzung ist auch dann erfüllt, wenn sich mehrere krankheitsbedingte Abwesenheiten innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten insgesamt auf mehr als drei Monate summieren.



Die weitere Tatbestandsvoraussetzung, nach der in den nächsten sechs Monaten „keine Aussicht besteht, dass … die Dienstfähigkeit wieder voll hergestellt ist“, verlangt eine entsprechende Prognose. Diese Prognoseentscheidung ist von der Dienststelle in der Regel aufgrund eines ärztlichen Gutachtens zu treffen, da sie mit der gebotenen Sicherheit sachlich gerechtfertigt sein muss.29 Die Dienstfähigkeit muss wieder „voll hergestellt“ sein; die Aussicht auf eine begrenzte Dienstfähigkeit innerhalb von sechs Monaten genügt nicht.



Die „Vermutungsregel“ des § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG soll eine Erleichterung des Nachweises der Dienstunfähigkeit bewirken. Die Nutzung dieser Fiktion liegt im Ermessen der Dienststelle. Bereits bei der Formulierung der Untersuchungsanordnung und des ärztlichen Gutachtenauftrages sollte klargestellt werden, dass die beabsichtigte Zurruhesetzung aufgrund von § 44 Absatz 1 Satz 2 BBG erfolgen soll (siehe auch Nummer 2.1.2).



b)
Annahme von Dienstunfähigkeit bei Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung

Entzieht sich die Beamtin oder der Beamte trotz wiederholter schriftlicher Aufforderung ohne hinreichenden Grund der Verpflichtung, sich nach Weisung der Dienststelle untersuchen oder beobachten zu lassen, kann sie oder er so behandelt werden, als sei sie oder er dienstunfähig.30



Die Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung kann außerdem ein disziplinarrechtlich zu verfolgendes Dienstvergehen darstellen.



4.2.
Vorrang einer anderweitigen Verwendung

Von der Versetzung in den Ruhestand soll abgesehen werden, wenn eine anderweitige Verwendung möglich ist (§ 44 Absatz 1 Satz 3 BBG). Im Hinblick auf den Grundsatz „Weiterverwendung vor Versorgung“ kommt der Prüfung einer anderweitigen Verwendung zentrale Bedeutung zu.



4.2.1.
Kriterien bei der Suchpflicht nach einer anderweitigen Verwendung

Zeichnet sich nach einer ärztlichen Untersuchung (siehe auch Nummer 2.3) eine Dienstunfähigkeit ab, sind zunächst von Amts wegen umfassend die Möglichkeiten einer anderweitigen Verwendung zu prüfen. Erst wenn feststeht, dass die Beamtin oder der Beamte auch nicht anderweitig von seinem Dienstherrn eingesetzt werden kann, ist sie oder er wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand zu versetzen. Dabei kommt es bei der Beurteilung der Dienstunfähigkeit nicht auf das zuletzt wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinn (Dienstposten) an, sondern auf das Amt im abstrakt-funktionellen Sinn.31



Das BVerwG legt hinsichtlich der Suchpflicht der Behörde folgende Grundsätze fest:32



-
Die Suchpflicht entfällt, wenn feststeht, dass die Beamtin oder der Beamte krankheitsbedingt voraussichtlich keinerlei Dienst mehr leisten kann oder erhebliche Fehlzeiten zu erwarten sind.33
-
Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn (unmittelbare Bundesverwaltung) zu erstrecken.
-
Beamtinnen und Beamte können zur Vermeidung einer Frühpensionierung auch verpflichtet werden, eine andere Laufbahnbefähigung zu erwerben und in die neue Laufbahn zu wechseln (z.B. vom Polizeivollzugsdienst in den nichttechnischen Verwaltungsdienst).
-
Die Suche muss sich auf Dienstposten erstrecken, die frei sind oder in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Für die vorausschauende Suche wird ein Zeitraum von sechs Monaten für angemessen gehalten.
-
Die Suchanfrage muss eine die noch vorhandene Leistungsfähigkeit der dienstunfähigen Beamtin oder des dienstunfähigen Beamten charakterisierende und sachliche Kurzbeschreibung enthalten. Sie darf keine Mitteilung persönlicher Daten der Beamtin oder des Beamten enthalten (Datenschutz). Es genügt, die konkreten Leistungseinschränkungen (beispielweise siehe hier Anlage 4 – Teil II, Frage 2 ff.) mitzuteilen. Eine Offenbarung der Diagnose oder detaillierte Krankheitsbefunde sind für eine Suchanfrage nicht zulässig.
-
Das Setzen einer Verschweigensfrist, der zufolge die suchende Behörde von einer Fehlanzeige ausgeht, wenn nicht innerhalb einer bestimmten Frist Rückmeldungen vorliegen, ist nicht zulässig. Eine Verschweigensfrist setzt nach Auffassung des BVerwG34 nicht den erforderlichen Impuls für die angefragten Behörden, hinreichend ernsthaft und nachdrücklich nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen.
-
Es bleibt der Organisationsgewalt überlassen, in welcher Form die Verwaltung der Suchpflicht nachkommt, z. B. schriftlich oder durch E-Mail-Abfrage. Es bedarf nur dann einer Nachfrage, wenn die Suchanfrage von einer angefragten Behörde unbeantwortet bleibt.
-
Dabei ist zu beachten, dass der Dienstherr nicht zu personellen oder organisatorischen Änderungen verpflichtet ist. Eine anderweitige Verwendung scheidet daher aus, wenn erst ein entsprechender Dienstposten geschaffen werden müsste.


Die Prüfpflicht gilt grundsätzlich auch im Beamtenverhältnis auf Probe (§ 49 Absatz 3 BBG) sowie bei Entlassungen von Beamtinnen auf Probe und Beamten auf Probe allein aus gesundheitlichen Gründen (§ 34 Absatz 1 Satz 2 BBG). Nur § 44 Absatz 4 BBG ist im Beamtenverhältnis auf Probe nicht anzuwenden.



4.2.2.
Vorrang anderweitige Verwendung nach § 44 Absatz 2 BBG vor Verwendung nach § 44 Absatz 3 oder 4 BBG

Die Möglichkeit, die Beamtin oder den Beamten auf einem anderen Dienstposten zu verwenden, hängt in der Regel nicht von ihrer bzw. seiner Zustimmung ab. Vorrangig ist eine Verwendung auf einem gleichwertigen Dienstposten zu prüfen (§ 44 Absatz 2 BBG).



Scheidet eine Weiterbeschäftigung auf einem gleichwertigen Dienstposten in demselben oder einem anderen Amt derselben oder einer anderen Laufbahn aus, sind Verwendungen nach § 44 Absatz 3 oder 4 BBG zu prüfen.



Da in diesen Fällen das Recht auf amtsangemessene Beschäftigung aus dem Beamtenverhältnis beeinträchtigt wird, ist die Weiterbeschäftigung von weiteren Voraussetzungen abhängig und steht im Ermessen der Dienststelle. Neben der Unmöglichkeit der anderweitigen Verwendung nach § 44 Absatz 2 BBG muss die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung der bisherigen Tätigkeit zumutbar sein. An die Zumutbarkeit sind zum Schutz der Beamtinnen und Beamten hohe Anforderungen zu stellen. Die Dienststelle hat daher die Kriterien für die Suche nach einer anderweitigen Verwendung in eigener Verantwortung festzulegen und demensprechend einen weiten Gestaltungsspielraum, da die Regelung dem jeweiligen Einzelfall Rechnung tragen soll. Bei der Feststellung der Zumutbarkeit sollten z. B. Bildungsabschlüsse, Kenntnisse, Vorlieben und Wünsche der Beamtin oder des Beamten Berücksichtigung finden. Ob eine anderweitige Verwendung im Einzelfall in Betracht kommt, lässt sich in der Regel aber nicht abstrakt bei der Zumutbarkeit beantworten. Dies gilt insbesondere, wenn die neue Tätigkeit z. B. besoldungsrechtlich nicht nur etwas geringer, sondern erheblich geringwertiger ist, als die eine amtsangemessene Tätigkeit.



Bei der Ermessenserwägung sind daher die persönlichen Interessen der Beamtin oder des Beamten (z. B. Wunsch, auch mit einer erheblich geringerwertigen Tätigkeit im Dienst zu bleiben) gegen die dienstlichen Gründe der Dienststelle (z. B. sachgemäße und reibungslose Aufgabenerfüllung) gegeneinander abzuwägen, da erst durch Abwägung beider Interessenlagen eine einzelfallbezogene Entscheidung herbeigeführt werden kann.



Weiterhin muss die Beamtin oder der Beamte voraussichtlich den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügen. Ist eine anderweitige Verwendung in einer anderen Laufbahn möglich und liegt keine Befähigung für diese vor, besteht die Pflicht, an Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen (§ 44 Absatz 5 BBG). Bis zur Übertragung eines anderen statusrechtlichen Amtes bleibt es bei der bisherigen Rechtsstellung.



Nach dem Erwerb der Befähigung für eine neue Laufbahn ist die Verleihung eines höheren Amtes als dem des Eingangsamts zu prüfen (abhängig von der Planstellensituation). Das neue Das neue Amt muss derselben Laufbahngruppe (einfacher, mittlerer, gehobener und höherer Dienst) zugeordnet sein, der auch das bisherige Amt zugeordnet war.



Nach Übertragung eines anderen statusrechtlichen Amtes können Ausgleichsansprüche wegen der Verringerung der Dienstbezüge (Grundgehalt, Amts- oder Stellenzulagen) entstehen. Diese richten sich nach den Vorschriften des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG).



Bei Verleihung eines besoldungsrechtlich geringer bewerteten Amtes werden nach § 19a BBesG Grundgehalt und Amtszulagen entsprechend dem bisherigen Amt gewährt. Der Wegfall einer Stellenzulage wird unter den Voraussetzungen des § 13 BBesG durch eine - sich über fünf Jahre abbauende - Zulage ausgeglichen.



Eventuelle Nachteile in der Versorgung können ggf. durch § 5 BeamtVG vermieden werden. So wird etwa das Ruhegehalt einer Beamtin oder eines Beamten, die oder der früher ein mit höheren Dienstbezügen verbundenes Amt bekleidet und diese Bezüge mindestens zwei Jahre erhalten hat, auf der Grundlage der höheren ruhegehaltfähigen Dienstbezüge des früheren Amtes ermittelt, sofern die Beamtin oder der Beamte in ein mit geringeren Dienstbezügen verbundenes Amt nicht lediglich auf ihren oder seinen im eigenen Interesse gestellten Antrag übergetreten ist. Ein Antrag ist dabei regelmäßig nicht lediglich im eigenen Interesse gestellt, wenn der Übertritt in ein niedrigeres Amt auch zur Vermeidung einer Versetzung in den Ruhestand wegen (drohender) Dienstunfähigkeit erfolgt.



Mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten kommt z. B. auch eine Verwendung bei einem anderen Dienstherrn in Betracht. Zur Beteiligung der Interessenvertretungen bei den oben genannten Maßnahmen (Prüfung nach § 44 Absätze 2 bis 4 BBG) wird auf Nummer 6. 2. verwiesen.



Die anderweitige Verwendung hat Vorrang vor der begrenzten Dienstfähigkeit. Erst wenn eine Verwendung auf einem anderen Dienstposten nicht in Betracht kommt, erfolgt die Prüfung einer eingeschränkten Verwendung in demselben Amt wegen begrenzter Dienstfähigkeit. Ist nur eine Verwendung nach § 44 Absatz 4 BBG möglich, besteht kein Vorrang der anderweitigen vor der eingeschränkten Verwendung in begrenzter Dienstfähigkeit (§ 45 Absatz 1 Satz 2 BBG).



5.
Begrenzte Dienstfähigkeit (§ 45 BBG)

Kommt eine Verwendung auf einem anderen Dienstposten nach § 44 Absatz 2 oder 3 BBG nicht in Betracht, ist eine eingeschränkte Verwendung in demselben Amt wegen begrenzter Dienstfähigkeit nach § 45 BBG zu prüfen.



Von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit soll abgesehen werden, wenn die Beamtin oder der Beamte unter Beibehaltung des übertragenen Amtes die Dienstpflichten noch während mindestens der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit erfüllen kann (begrenzte Dienstfähigkeit). Der Dienstherr hat, da § 45 Absatz 1 Satz 1 BBG als eine Ist-Vorschrift ausgestaltet ist, kein Ermessen. In diesen Fällen ist von der Dienststelle statt der Dienstunfähigkeit die begrenzte Dienstfähigkeit unter Angabe der noch möglichen Dienstleistung im Verhältnis zur Vollzeitbeschäftigung (mindestens 50 Prozent) festzustellen. Die Arbeitszeit ist nach § 45 Absatz 2 Satz 1 BBG entsprechend der begrenzten Dienstfähigkeit herabzusetzen (siehe auch Nummer 5.1).



Die Beamtin oder der Beamte verbleibt bei der begrenzten Dienstfähigkeit in ihrem/seinem statusrechtlichen Amt und wird grundsätzlich in der bisherigen Tätigkeit statusgemäß weiterverwendet. Im Rahmen der begrenzten Dienstfähigkeit ist die Übertragung einer geringerwertigen Tätigkeit, die nicht dem bisherigen Amt entspricht, im Hinblick auf das Recht auf eine dem Amt entsprechende bisherige Tätigkeit nur mit Zustimmung der Beamtin oder des Beamten möglich (§ 45 Absatz 2 Satz 2 BBG).



Das Instrument der begrenzten Dienstfähigkeit ist stärker zu nutzen. Die eingeschränkte Verwendung ist Teil des verfassungsrechtlichen Anspruchs der Beamtin und des Beamten auf eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende, amtsangemessene, ihrer oder seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung entsprechenden Beschäftigung. Gleichwohl dient sie einer amtsangemessenen Fürsorge und Alimentation durch den Dienstherrn nach Art. 33 Absatz 5 GG. Ebenso ist die begrenzte Dienstfähigkeit Ausdruck des hergebrachten Grundsatzes des Berufsbeamtentums, dass Beamtinnen oder Beamte ihre volle Arbeitskraft, soweit vorhanden, zur Verfügung zu stellen haben.35



5.1.
Verfahren zur Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit

Für das Verfahren gelten die Vorschriften über die Dienstunfähigkeit entsprechend (§ 45 Absatz 3 Satz 2 BBG). Hinsichtlich der Mitteilung des ärztlichen Gutachtens gilt § 48 Absatz 2 und 3 BBG.



Soweit aus ärztlicher Sicht eine begrenzte Dienstfähigkeit gegeben (siehe auch Nummer 5) und keine anderweitige Verwendung (siehe auch Nummer 4.2) mit der bisherigen Arbeitszeit möglich ist, ist die Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit zugleich die Feststellung einer Teildienstfähigkeit. Die Verwendung mit verkürzter Arbeitszeit wegen begrenzter Dienstfähigkeit ist jedoch keine Teilzeitbeschäftigung. Es wird ein Teilzeitstatus eigener Art begründet. Eine Vollzeitbeschäftigung ist damit zugleich ausgeschlossen.36 Die Beamtin oder der Beamte erbringt die im Rahmen ihres oder seines gesundheitlichen Leistungsvermögens volle Dienstleistung.



Zuständig für die Entscheidung über die begrenzte Dienstfähigkeit ist die Stelle, die nach § 12 Absatz 1 BBG für die Ernennung zuständig wäre (§ 45 Absatz 3 Satz 1 BBG). Vor der Entscheidung hat der Dienstherr der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen, aus welchen Gründen beabsichtigt ist, die begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen. Erhebt die Beamtin oder der Beamte innerhalb eines Monats keine Einwendungen, ist die begrenzte Dienstfähigkeit festzustellen (§ 45 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 47 Absatz 2 BBG).



Erhebt die Beamtin oder der Beamte gegen die beabsichtigte Feststellung Einwendungen, entscheidet in einem förmlichen Verfahren nach § 47 Absatz 2 Satz 2 BBG die zuständige Behörde im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde abschließend. Die Entscheidung ist der Beamtin oder dem Beamten mitzuteilen (siehe auch Nummer 6).



Mit dem Ende des Monats, in dem die begrenzte Dienstfähigkeit mitgeteilt worden ist, wird die Beamtin oder der Beamte nach § 45 Absatz 3 Satz 2 i. V. m. § 47 Absatz 4 Satz 1 BBG im Rahmen der begrenzten Dienstfähigkeit verwendet. Mit Beginn der begrenzten Dienstfähigkeit wird die Arbeitszeit entsprechend herabgesetzt, jedoch nicht unter die Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit. Aus einer begrenzten Dienstfähigkeit von beispielsweise 70 Prozent folgt eine Verwendung mit 70 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit.



5.2.
Beteiligung der Interessenvertretungen und Beauftragten

Nach § 84 Absatz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Absatz 2 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) wirkt der Personalrat bei der Feststellung der begrenzten Dienstfähigkeit mit. Voraussetzung für die Beteiligung des Personalrats ist ein entsprechender Antrag der oder des Betroffenen. Die oder der Betroffene ist von der beabsichtigten Maßnahme rechtzeitig vorher in Kenntnis zu setzen (§ 84 Absatz 2 Satz 2 BPersVG) und im Rahmen der Fürsorgepflicht auf die Möglichkeit hinzuweisen, die Beteiligung der Personalvertretung zu beantragen.



Neben dem Personalrat hat gemäß § 27 Absatz 1 Nr. 1 e) Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) auch die Gleichstellungsbeauftragte an der Entscheidung über die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand mitzuwirken und ist frühzeitig zu beteiligen. Ihre Mitwirkung ist obligatorisch und hat unabhängig davon zu erfolgen, ob die oder der Betroffene eine Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten beantragt oder nicht.



Sind schwerbehinderte oder gleichgestellte Beamtinnen und Beamte betroffen, ist die Schwerbehindertenvertretung unverzüglich und umfassend zu unterrichten und vor einer Entscheidung anzuhören; der Dienstherr hat ihr die getroffene Entscheidung unverzüglich mitzuteilen (§ 178 Absatz 2 Satz 1 SGB IX).



5.3.
Besoldungsrechtliche Aspekte

Mit dem Ende des Monats, in dem die begrenzte Dienstfähigkeit mitgeteilt worden ist, werden die Dienstbezüge entsprechend § 47 Absatz 4 Satz 2 BBG gekürzt. Seit Inkrafttreten des Besoldungsstrukturenmodernisierungsgesetzes (BesStMG) am 1. Januar 2020 richtet sich die Besoldung bei begrenzter Dienstfähigkeit nach § 6a BBesG. Beamtinnen und Beamte erhalten zusätzlich zu den nach § 6 BBesG, aufgrund ihres verringerten Beschäftigungsumfangs, gekürzten Dienstbezügen einen Zuschlag in Höhe der Hälfte des Unterschiedsbetrages zwischen den wegen der begrenzten Dienstfähigkeit gekürzten Bezügen und den Bezügen, die bei einer Vollzeitbeschäftigung zustünden. Weitere Hinweise sowie Rechenbeispiele enthält Nr. 3 des Rundschreibens „Erläuterungen und Durchführungshinweise zum besoldungsrechtlichen Teil des BesStMG“ vom 23. Januar 2020 (Az.: D3-30200/176#12).



5.4.
Versorgungsrechtliche Aspekte

Wegen der Aussicht auf eine kurz bevorstehende begrenzte Dienstfähigkeit sollte die Beamtin oder der Beamte durch die personalbearbeitende Dienststelle darauf hingewiesen werden, dass sie oder er einen Antrag auf Versorgungsauskunft stellen kann. Die personalbearbeitende Dienststelle sollte den Vorgang eng begleiten, so dass Unsicherheiten auf Seiten der Beamtin oder des Beamten hinsichtlich der versorgungsrechtlichen Auswirkungen beseitigt werden.



5.5.
Nebentätigkeiten

Die für voll Dienstfähige geltenden Regelungen zum zulässigen zeitlichen Umfang von Nebentätigkeiten stellen auf die allgemeine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit ab. Sie setzen dabei eine zeitlich nicht eingeschränkte Fähigkeit zur Dienstleistung voraus. Um im dienstlichen Interesse eine übermäßige Beanspruchung der (eingeschränkten) Arbeitskraft zu vermeiden, ist bei begrenzt dienstfähigen Beamtinnen und Beamten von der an die persönliche begrenzte Dienstfähigkeit angepassten regelmäßigen Arbeitszeit auszugehen.



Für die Ausübung von Nebentätigkeiten durch Beamtinnen und Beamte, die begrenzt dienstfähig sind, gilt nach § 45 Absatz 2 Satz 1 i. V. m. § 99 Absatz 3 Satz 2 BBG die verkürzte persönliche Arbeitszeit als Maßstab. Eine Genehmigung von Nebentätigkeiten ist deshalb in der Regel wegen übermäßiger Beanspruchung der Arbeitskraft zu versagen, wenn diese ein Fünftel der reduzierten persönlichen wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet.



Beispiel:

Bei einer verbleibenden Dienstleistung über 75 Prozent der regelmäßigen Arbeitszeit (= 30,00 Stun-den) wäre in der Regel eine Nebentätigkeit zu versagen, die 6,00 Stunden in der Woche überschreitet.



5.6.
Haushalterische Aspekte

Begrenzt Dienstfähige werden bei herabgesetzter Arbeitszeit nach § 45 Absatz 2 BBG in dem Umfang der verbleibenden Arbeitszeit auf einer dem Amt entsprechenden Planstelle geführt.



Freiwerdende Planstellenanteile auf Grund der begrenzten Dienstfähigkeit können anderweitig besetzt werden.



Begrenzt Dienstfähige, denen nach § 45 Absatz 1 Satz 2 i. V. m. § 44 Absatz 2 oder 3 BBG ein anderes Amt übertragen worden ist, sind auf einer diesem Amt entsprechenden Planstelle zu führen.



Die Bezüge sind aus den einschlägigen Titeln der Gruppe 422 zu leisten. Sollten die dort eingestellten Mittel nicht ausreichen, sind sie entsprechend der allgemeinen Regelungen aus dem jeweiligen Kapitel zu erwirtschaften.



6.
Versetzung in den Ruhestand

Zusammengefasst ergeben sich nach dem Ergebnis der Überprüfung der Dienstunfähigkeit bzw. Dienstfähigkeit durch die Dienststelle somit folgende Möglichkeiten:



-
Die Beamtin oder der Beamte ist (voll) dienstfähig und weiter (ggf. anderweitig) zu verwenden oder
-
die Beamtin oder der Beamte ist begrenzt dienstfähig und mit entsprechend herabgesetzter Arbeitszeit weiter zu verwenden oder
-
die Beamtin oder der Beamte ist dienstunfähig und in den Ruhestand zu versetzen.


Ist keine anderweitige Verwendung möglich und liegen auch die Voraussetzungen der begrenzten Dienstfähigkeit nicht vor, gilt Folgendes:



6.1.
Anhörung der Beamtin oder des Beamten

Bei Dienstunfähigkeit teilt die Dienststelle der Beamtin oder dem Beamten (ggf. der Vertreterin oder dem Vertreter) mit, dass die Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt ist und welche Gründe dafür vorliegen (§ 47 Absatz 1 Satz 2 BBG).



Danach besteht für die Beamtin oder den Beamten eine Äußerungsfrist von einem Monat (§ 47 Absatz 2 Satz 1 BBG). In diesem Rahmen können auch Einwände gegen die Untersuchungs-anordnung und das ärztliche Gutachten vorgetragen werden.



Erhebt die Beamtin oder der Beamte gegen die beabsichtigte Versetzung in den Ruhestand Einwendungen, entscheidet hierüber in einem förmlichen Verfahren nach § 47 Absatz 2 Satz 2 BBG die zuständige Behörde in der Regel im Einvernehmen mit der obersten Dienstbehörde abschließend.



6.2.
Beteiligung der Interessenvertretungen und Beauftragten

Die Interessenvertretungen (Personalrat, Gleichstellungsbeauftragte, Schwerbehinderten-vertretung) sind im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit und im Rahmen ihrer gesetzlichen Beteiligungsrechte einzubinden, um an der Verwirklichung des Grundsatzes „Rehabilitation vor Versorgung“ mitwirken zu können.



Für die Mitwirkung des Personalrats bei vorzeitiger Versetzung in den Ruhestand nach § 84 Absatz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Absatz 2 BPersVG gelten die Ausführungen zur Versetzung in den Ruhestand unter Nummer 5.2.



Außer bei der Versetzung in den Ruhestand ist der Personalrat auch bei weiteren Maßnahmen im Dienstunfähigkeitsverfahren zu beteiligen: Der Personalrat hat u.a. auch mitzubestimmen bei Verleihung eines anderen Amtes mit anderer Amtsbezeichnung beim Wechsel der Laufbahngruppe, bei Laufbahnwechsel und bei Übertragung eines niedriger zu bewertenden Dienstpostens (§ 78 Absatz 1 Nr. 2 und 3 BPersVG). Ein Mitwirkungsrecht besteht zudem bei der Entlassung von Beamtinnen oder Beamten auf Probe oder auf Widerruf, wenn sie die Entlassung nicht selbst beantragt haben (soweit die Betroffenen, die rechtzeitig darauf hinzuweisen sind, dies beantragen; vgl. § 84 Absatz 1 Nr. 5 i.V.m. Absatz 2 BPersVG).



Die Gleichstellungsbeauftragte ist nach § 27 Absatz 1 Nr. 1 e) BGleiG frühzeitig zu beteiligen.



Ist die Beamtin oder der Beamte schwerbehindert oder gleichgestellt, erfolgt eine Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung gemäß § 178 Absatz 2 Satz 1 SGB IX. Bereits bei einer an eine schwerbehinderte Beamtin oder einen schwerbehinderten Beamten gerichteten Anordnung, sich wegen Zweifeln an der Dienstfähigkeit (amts-)ärztlich untersuchen zu lassen, bedarf es der vorherigen Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, da es sich dabei um eine „Entscheidung“ im Sinne von § 178 Absatz 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IX handelt.37



6.3.
Zurruhesetzungsverfügung

Sofern die evtl. Äußerung der Beamtin oder des Beamten im Rahmen der Anhörung und die Beteiligung der Interessenvertretungen im Ergebnis zu keiner anderen Einschätzung als der Dienstunfähigkeit führen, erfolgt die Versetzung in den Ruhestand. Der Dienststelle steht kein Ermessen zu; dienstunfähige Beamtinnen auf Lebenszeit oder dienstunfähige Beamte auf Lebenszeit sind gemäß § 44 Absatz 1 Satz 1 BBG in den Ruhestand zu versetzen.



Die Zurruhesetzung verfügt die Stelle, die nach § 12 Absatz 1 BBG für die Ernennung zuständig wäre, mit Zustimmung der obersten Dienstbehörde. Die oberste Dienstbehörde kann bestimmen, dass ihre Zustimmung nicht erforderlich ist (§ 47 Absatz 2 Sätze 2 und 3 BBG). Im Bericht an die oberste Dienstbehörde ist darzustellen, aus welchen Gründen eine Weiterverwendung nicht möglich ist. Die oberste Dienstbehörde kann bestimmen, dass ihre Zustimmung nicht erforderlich ist (§ 47 Absatz 2 Sätze 2 und 3 BBG).



Die Versetzung in den Ruhestand erfolgt durch schriftliche Zustellung der Ruhestandsurkunde an die Beamtin oder den Beamten (§ 47 Absatz 3 Satz 1 BBG).



Der Ruhestand beginnt grundsätzlich mit dem Ablauf des Monats, in dem der Beamtin oder dem Beamten die Versetzung in den Ruhestand bekannt gegeben worden ist (§ 47 Absatz 4 Satz 1 BBG). Mit dem Ende dieses Monats ist die die Versorgung übersteigende Besoldung einzubehalten (§ 47 Absatz 4 Satz 2 BBG).



Über die Zurruhesetzung einer Beamtin oder eines Beamten wegen Dienstunfähigkeit ist auch die jeweils zuständige Dienstunfallfürsorgestelle in geeigneter Weise zu informieren. Nur so können etwa vorhandene Dienstunfallakten an die für die Festsetzung der Versorgungsbezüge zuständige Stelle übergeben werden und dort eine Prüfung, ob ein Dienstunfall die rechtlich wesentliche Ursache für die Dienstunfähigkeit und die hieraus resultierende Versetzung in den Ruhestand gewesen ist, unmittelbar erfolgen (vgl. § 36 BeamtVG). Nur so wird gewährleistet, dass das der Beamtin oder dem Beamten zustehende (ggf. Unfall-)Ruhegehalt von Beginn des Ruhestandes an in korrekter Höhe festgesetzt und gezahlt wird.



7.
Erneute Berufung in das Beamtenverhältnis (Reaktivierung)

Die Wiederverwendung (Reaktivierung) von in den Ruhestand versetzten Beamtinnen und Beamten richtet sich nach § 46 BBG.



7.1.
Regelmäßige Überprüfung der fortbestehenden Dienstunfähigkeit

Der Dienstherr ist grundsätzlich verpflichtet, in regelmäßigen Abständen von Amts wegen zu prüfen, ob die Voraussetzungen, die zur Dienstunfähigkeit geführt haben, weiterhin vorliegen (§ 46 Absatz 1 Satz 2 BBG). Der zeitliche Abstand der Überprüfung sollte in der Regel nicht mehr als zwei Jahre betragen, hängt jedoch von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei notwendigen Überprüfungen sollten die Untersuchungsintervalle an die Dauer des Ruhestandes gekoppelt werden. Zu Beginn sollte der Überprüfungsrhythmus kürzer und mit zunehmender Dauer länger sein.



Die erneute Berufung in ein Beamtenverhältnis nach Wiederherstellung der Dienstfähigkeit ist altersunabhängig und erfolgt grundsätzlich bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand.



Von einer Überprüfung kann abgesehen werden, wenn aufgrund des Krankheitsbildes (z. B. unheilbare Erkrankung) feststeht, dass eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis ausgeschlossen ist.



Es besteht eine Verpflichtung, sich zur Prüfung der Dienstfähigkeit nach Weisung der Behörde ärztlich untersuchen zu lassen (§ 46 Absatz 7 Satz 1 BBG, siehe auch Nummer 2.3.1).



Nach § 46 Absatz 5 BBG besteht auch für Beamtinnen oder Beamte die Möglichkeit, nach Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit die erneute Berufung in das Beamtenverhältnis zu beantragen. Die Entscheidung über die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit trifft die Dienststelle. Hierfür wird es in der Regel erforderlich sein, dass sich die Beamtin oder der Beamte einer ärztlichen Untersuchung unterzieht. Insofern kann der Antrag der Beamtin oder des Beamten nach § 46 Absatz 5 BBG auch als Antrag auf Feststellung ihrer oder seiner Dienstfähigkeit gewertet werden.



Wird die Dienstfähigkeit festgestellt, ist diesem Antrag ist zu entsprechen, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen. Die mit der Wiederberufung einer Ruhestandsbeamtin oder eines Ruhestandsbeamten in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit verbundenen finanziellen und personalorganisatorischen Auswirkungen sind regelmäßig keine entgegenstehenden zwingenden dienstlichen Gründe, die eine Versagung der Wiederberufung durch den Dienstherrn rechtfertigen könnten.38



7.2.
Prüfung bei Reaktivierung

Wie bei drohender Dienstunfähigkeit ist zu entscheiden, ob eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis (Reaktivierung), gegebenenfalls nach einer Teilnahme an Rehabilitationsmaßnahmen, erfolgen kann.



Ein Hinweis auf die Verpflichtung zur Teilnahme an solchen Maßnahmen erfolgt bei der regelmäßigen Prüfung nach Nummer 7.1., wenn aufgrund eines ärztlichen Gutachtens Anhaltspunkte für die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit vorliegen. In Bezug auf die Rehabilitationsmaßnahmen gelten § 46 Absatz 4 Sätze 1, 3 und 4 BBG.



Die Reaktivierung ist grundsätzlich auch unter den gleichen Voraussetzungen, wie die anderweitige Verwendung (§ 46 Absatz 1 und 2 BBG) möglich. Zu diesem Zweck sind Beamtinnen und Beamte verpflichtet, gegebenenfalls an Qualifizierungsmaßnahmen zum Erwerb einer neuen Laufbahnbefähigung teilzunehmen (§ 46 Absatz 3 BBG).



Die Prüfung erfolgt wie bei der drohenden Dienstunfähigkeit. Es gibt jedoch eine Ausnahme: Die Beamtin oder der Beamte kann nicht in einem anderen Amt einer anderen Laufbahn desselben Dienstherrn mit geringerem Endgrundgehalt weiterbeschäftigt werden, da § 46 BBG dies nicht vorsieht.



Hinsichtlich der Suchpflicht bei der Reaktivierung wird auf Nummer 4.2 verwiesen.



7.3.
Erneute Berufung in das Beamtenverhältnis durch Ernennung

Bei einer erneuten Berufung in das Beamtenverhältnis gilt das frühere Beamtenverhältnis als fortgesetzt (§ 46 Absatz 8 BBG). Der Ruhestandsbeamtin oder dem Ruhestandsbeamten ist daher durch Ernennung unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit das zuletzt innegehabte statusrechtliche Amt zu übertragen. Die Ernennung erfolgt auch in diesem Fall durch die Aushändigung einer Ernennungsurkunde.



7.4.
Reaktivierung bei begrenzter Dienstfähigkeit

Bei Vorliegen der Voraussetzungen ist eine Reaktivierung auch bei begrenzter Dienstfähigkeit möglich (§ 46 Absatz 6 BBG) und daher zu prüfen. Diese Möglichkeit ist stärker zu nutzen (siehe Nummer 5). Eine Verwendung auf Probe („Probearbeitsverhältnisse mit Beamtinnen und Beamten“), die Aufschluss darüber geben soll, ob eine erneute Berufung in das Beamtenverhältnis erfolgversprechend ist, ist zulässig. Beamtinnen und Beamte müssen, bevor sie wieder Dienst leisten, zwingend reaktiviert werden. Stellt sich dann heraus, dass die Dienstfähigkeit nicht vollständig wiederhergestellt ist, ist das Vorliegen der Voraussetzungen für eine begrenzte Dienstfähigkeit auf der Grundlage eines ärztlichen Gutachtens zu prüfen.






Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage 1: Merkblatt zum Hamburger Modell

Anlage 2: Musterschreiben Untersuchungsanordnung

Anlage 3: Verfahren zur ärztlichen Untersuchung durch die Medizinischen Dienste der Krankenversicherung

Anlage 4: Gutachtenauftrag

Anlage 5: Merkblatt für Ärztinnen und Ärzte/Gutachterinnen und Gutachter

Anlage 6: Merkblatt für Beamtinnen und Beamte zur ärztlichen Untersuchung sowie zur ärztlichen Schweigepflicht

Anlage 7: Hinweise zur Übernahme von Kosten bei gesundheitlichen sowie beruflichen Rehabilitationsmaßnahmen

Anlage 8: Ablauf DU-Verfahren