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Richtlinie für Sachverständigenprüfungen an Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung, Bestrahlungsvorrichtungen und Geräten für die Gammaradiographie nach dem Strahlenschutzgesetz und der Strahlenschutzverordnung (SV-RL Anlagen)

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Richtlinie
für Sachverständigenprüfungen an
Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung,
Bestrahlungsvorrichtungen und
Geräten für die Gammaradiographie
nach dem Strahlenschutzgesetz und
der Strahlenschutzverordnung
(SV-RL Anlagen)



vom 30.07.2024



Fundstelle: GMBl 2024 Nr. 47/48, S. 1023



Inhaltsverzeichnis

1
Anwendungsbereich
2
Prüfzeitpunkt und Prüfanlass
2.1
Kriterien für wesentliche Änderungen
2.2
Beispiele für wesentliche Änderungen
3
Prüfteile
3.1
Sichtprüfung
3.2
Unterlagenprüfung
3.3
Messung
3.4
Funktionsprüfung
4
Prüfpunkte
5
Prüfberichtsmuster

Anhang



1
Anwendungsbereich


Die vorliegende Richtlinie regelt die speziellen Anforderungen für Sachverständigenprüfungen an Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung, Bestrahlungsvorrichtungen und Geräten für die Gammaradiographie nach § 88 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b und Absatz 5 Strahlenschutzverordnung (StrlSchV). Die allgemeingültigen Grundlagen und Konzepte werden in der übergeordneten Rahmenrichtlinie beschrieben (vgl. die Darstellung der modularen Struktur im Anhang, Tabelle 1); die einzelnen Prüfpunkte für die verschiedenen Anlagen, Vorrichtungen und Geräte1 sind in den jeweiligen Prüfberichtsmustern festgelegt.



2
Prüfzeitpunkt und Prüfanlass


Sachverständigenprüfungen im Sinne dieser Richtlinie können aus unterschiedlichen Anlässen notwendig werden. Unterschieden wird zwischen erstmaligen Prüfungen, wiederkehrenden Prüfungen, Prüfungen nach wesentlichen Änderungen, bei denen eine Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Strahlenschutzverantwortlichen erforderlich sein kann, und sonstigen Prüfungen. In der Rahmenrichtlinie sind diese Prüfanlässe bereits beschrieben. In Ergänzung dazu werden in der vorliegenden Richtlinie für Sachverständigenprüfungen Kriterien und Beispiele für wesentliche Änderungen dargestellt.



Es ist nach § 88 Absatz 1 Nummer 1 Buchstabe b StrlSchV eine Sachverständigenprüfung zwischen den mindestens jährlich durchgeführten Wartungen durchzuführen (wiederkehrende Prüfung).



Die zuständige Behörde kann im Einzelfall nach § 88 Absatz 3 StrlSchV von dieser Pflicht befreien, wenn



- die Prüfung durch einen Sachverständigen auf Grund des erforderlichen geringen Prüfaufwands und der erforderlichen geringen Prüftiefe oder des geringen Gefahrenpotenzials der Anlage, der Vorrichtung oder des Gerätes unverhältnismäßig wäre (Absatz 3 Nummer 1)



und



- regelmäßig auf andere geeignete Weise die sicherheitstechnische Funktion, die Sicherheit und der Strahlenschutz der Anlage, der Vorrichtung oder des Gerätes geprüft wird (Absatz 3 Nummer 2)



Die Prüfberichte nach § 88 Absatz 3 Nummer 2 StrlSchV sind der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.



Ein Fall nach § 88 Absatz 3 Nummer 1 StrlSchV liegt z. B. vor, wenn sich die Prüfung auf eine Plausibilitätsprüfung der Unterlagen beschränkt, die die zuständige Behörde im Rahmen ihrer Aufsicht auch selbst durchführen kann. Statt durch einen Sachverständigen können die Prüfungen auf andere geeignete Weise erfolgen.



Werden mehrere Wartungen im Jahr durchgeführt, kann die Sachverständigenprüfung auch mit einer Wartung zusammenfallen. Dies trifft insbesondere auf medizinisch genutzte Anlagen zur Erzeugung ionisierender Strahlung zu, die üblicherweise mehrmals im Jahr gewartet werden. Dadurch können auch Prüfungen mit Eingriff in die Sicherheitstechnik vorgenommen werden.



2.1
Kriterien für wesentliche Änderungen


Bei der Beurteilung, ob eine Änderung als wesentlich eingestuft wird und eine Hinzuziehung eines Sachverständigen durch den Strahlenschutzverantwortlichen erforderlich sein kann, sind die Auswirkungen insbesondere hinsichtlich folgender Bereiche zu berücksichtigen:



die strahlenschutztechnischen Parameter der Anlage, der Vorrichtung bzw. des Geräts
die Funktion des Sicherheitssystems (insbesondere des Interlocksystems des Prüfobjekts)
die Steuer- und Sicherheitssoftware
die strahlenschutztechnischen Eigenschaften von Zubehörteilen
die mögliche Exposition des Personals, von Einzelpersonen der Bevölkerung und von Patienten


2.2
Beispiele für wesentliche Änderungen


Beispiele für wesentliche Änderungen an Prüfobjekten sind im Anhang in der Tabelle 2 aufgeführt. Die zuständige Behörde entscheidet im Einzelfall unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers, des Strahlenschutzverantwortlichen sowie ggf. eines Sachverständigen, ob eine wesentliche Änderung vorliegt.



Keine wesentlichen Änderungen sind der Austausch baugleicher Komponenten und Reparaturen sofern diese nur der Wiederherstellung des genehmigten bzw. angezeigten mängelfreien Zustands dienen.



3
Prüfteile


Die Sachverständigenprüfung besteht grundsätzlich aus den Prüfteilen Sichtprüfung, Unterlagenprüfung, Messung und Funktionsprüfung. Die allgemeinen Anforderungen in den einzelnen Prüfteilen sind in der Rahmenrichtlinie beschrieben. Die detaillierten Festlegungen erfolgen in den einzelnen Prüfberichtsmustern.



Stellt der Sachverständige Mängel fest, die eine Nachprüfung erforderlich machen, so hat diese grundsätzlich durch den Sachverständigen zu erfolgen. Der Sachverständige kann im Prüfbericht eine abweichende Vorgehensweise vorschlagen: Im Einzelfall kann eine Nachprüfung auch durch den Strahlenschutzverantwortlichen oder die Behörde erfolgen (insbesondere bei Ordnungsmängeln). Nachprüfungen können aus einem oder mehreren der o. g. Prüfteile bestehen und sind vom die Prüfung Durchführenden zu dokumentieren.



3.1
Sichtprüfung


Der Sachverständige identifiziert die Anlage, die Vorrichtung bzw. das Gerät anhand eindeutiger Bezeichnungen (z. B. Seriennummer) und verschafft sich durch Sichtkontrolle einen Überblick über den Zustand der Anlage, der Vorrichtung bzw. des Gerätes. Die Sichtprüfung umfasst auch ggf. vorhandene Zubehörteile und Zusatzgeräte, sofern sie für die strahlenschutztechnische Sicherheit oder Funktion relevant sind.



3.2
Unterlagenprüfung


Unterlagen, die nicht ausschließlich strahlenschutztechnische Belange betreffen (z. B. die Überprüfung kraftbetätigter Türen und Tore gemäß ASR A1.72), werden lediglich im Hinblick auf den Strahlenschutz überprüft; eine Überprüfung gemäß anderer, z. B. arbeitsschutzrechtlicher, Vorgaben (z. B. elektrische Sicherheit) erfolgt dabei nicht.



Bei medizinisch genutzten Prüfobjekten werden ggf. zusätzlich die Unterlagen zur Qualitätssicherung vor der Inbetriebnahme und zur Konstanzprüfung gemäß § 117 Absatz 1 StrlSchV geprüft. Dabei wird das Vorhandensein und die Nachvollziehbarkeit der Aufzeichnungen überprüft; eine Bewertung der Qualitätssicherung und der Übereinstimmung mit den Bezugswerten erfolgt hierbei nicht, da dies durch die ärztlichen Stellen erfolgt.



3.3
Messung


Abhängig vom Prüfobjekt und der Prüfaufgabe können folgende Messungen erforderlich sein:



Überprüfung des baulichen Strahlenschutzes:
Die Prüfung der baulichen Abschirmungen dient dem messtechnischen Nachweis, dass Strahlenschutzplanung und Bauausführung adäquat erfolgten und dass damit an allen außerhalb der baulichen Abschirmungen liegenden Aufenthaltsorten die geforderten Grenzwerte nach StrlSchG eingehalten werden.
Überprüfung der geräteseitigen Abschirmung:
Die Prüfung der geräteseitigen Abschirmung der Anlage, Vorrichtung oder des Gerätes dient dem messtechnischen Nachweis, dass die Ortsdosisleistung den Spezifikationen des Herstellers und den Annahmen der Strahlenschutzplanung entspricht und dass damit an allen Aufenthaltsorten in der unmittelbaren Umgebung die geforderten Grenzwerte nach StrlSchG und den einschlägigen technischen Normen eingehalten werden.


Für die Beurteilung von Messergebnissen ist zu berücksichtigen, dass im Betrieb sowohl die Grenzwerte für die effektive Dosis als auch die Organ-Äquivalentdosen nicht überschritten werden. Es ist vorab zu betrachten, welche Strahlenschutzgrößen jeweils relevant sind. Darauf basierend ist die erforderliche Messgröße und in der Folge ein geeignetes Messgerät zu wählen. Das Zusammenwirken mit weiteren möglichen Expositionen (z. B. durch benachbarte Anlagen) ist dabei zu berücksichtigen.



Es müssen geeignete Messgeräte für den Messzweck verwendet werden; bei der Feststellung der Eignung sind insbesondere zu berücksichtigen:



Art der Strahlung (Photonen, Elektronen, Neutronen etc.)
Energiebereich
Zeitverhalten der Strahlungsintensität (gepulst/kontinuierlich)


Bei der Dokumentation der Messergebnisse sind mindestens zu nennen:

Art der Messsonde (Ionisationskammer, Geiger-Müller-Zählrohr…)
Messzweck (Ortsdosisleistung, Kontamination) und Messgröße
Typbezeichnung des Herstellers
Hersteller
Seriennummer(n)
Nulleffekt
Messaufbau und -parameter (z. B. mit/ohne Streukörper; Abstände; Strahleraktivitäten, Gantrywinkel…)
Messwert inkl. Unsicherheit


3.4
Funktionsprüfung


Bei erstmaligen Prüfungen ist das Prüfobjekt in seiner Gesamtheit vollständig zu prüfen.



Bei wiederkehrenden Prüfungen, Prüfungen nach wesentlichen Änderungen und sonstigen Prüfungen können insbesondere bei Großanlagen wie z. B. Protonenanlagen, Zyklotrons und Forschungsanlagen die einzelnen Anlagenteile auch separat geprüft werden. Dabei ist jedoch sicherzustellen, dass die strahlenschutzrelevanten Sicherheitsfunktionen auch an den Schnittstellen zwischen den Anlagenteilen überlappend geprüft werden. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall auf Vorschlag des Sachverständigen unter Berücksichtigung der Angaben des Herstellers und des Strahlenschutzverantwortlichen (bzw. des Strahlenschutzbeauftragten und/oder Medizinphysikexperten) entscheiden, welche Anlagenteile zusammen geprüft werden müssen.



Die Funktionsprüfung umfasst auch alle Zubehörteile und Zusatzgeräte, die unmittelbaren Einfluss auf die Strahlfreigabe3 haben. Details zu den Zubehörteilen (inkl. Zubehör-Software) und Zusatzgeräten und welche Funktionen an ihnen zu prüfen sind, werden in den Prüfberichtsmustern beschrieben.



4
Prüfpunkte


In den Prüfberichtsmustern wird festgelegt, ob Prüfpunkte ausschließlich bei der erstmaligen Prüfung oder zwingend bei allen Prüfungen betrachtet werden müssen sowie in welchem Umfang4 dies jeweils erforderlich ist.



Bei erstmaligen Prüfungen sind die folgenden Prüfpunkte mindestens zu betrachten:



baulicher Strahlenschutz bzw. geräteseitige Abschirmung
Not-Aus/Not-Halt-Einrichtungen
alle Sicherheitseinrichtungen (insbesondere das Interlocksystem), die sich aus den Prüfpunkten des Prüfberichtsmusters ergeben, unter Berücksichtigung aller beantragten/genehmigten Bestrahlungsmodi
Nebenbestimmungen aus Genehmigungsbescheiden bzw. behördliche Vorgaben aus Genehmigungsverfahren oder Vorgaben, die im Zusammenhang mit einer Anzeige gemacht wurden

Aus dem Prüfbericht muss hervorgehen, bei welchen Prüfpunkten der Sachverständige auf ein Dokument oder eine fremde Prüfleistung (z. B. Abnahmeprotokoll, Bedienungsanleitung, Wartungsbericht, betriebliche Anweisung, betriebsinterne Qualitätssicherungsdokumentation, Check-Listen) zurückgegriffen hat.



5
Prüfberichtsmuster


Die folgenden Abschnitte enthalten Prüfberichtsmuster mit spezifischen Anforderungen für die jeweiligen Prüfobjekte.



5.1 Bestrahlungsvorrichtungen zur Blut- und Produktbestrahlung

5.2 Medizinische Elektronenbeschleuniger

5.3 Medizinische, fernbediente, automatisch betriebene Afterloadingvorrichtungen

5.4 Medizinische Gammabestrahlungsvorrichtungen

5.5 Nichtmedizinische Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung



Anhang




Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage 1: Prüfberichtsmuster 5.1 Bestrahlungsvorrichtungen zur Blut- und Produktbestrahlung

Anlage 2: Prüfberichtsmuster 5.2 Medizinische Elektronenbeschleuniger

Anlage 3: Prüfberichtsmuster 5.3 Medizinische, fernbediente, automatisch betriebene Afterloadingvorrichtungen

Anlage 4: Prüfberichtsmuster 5.4 Medizinische Gammabestrahlungsvorrichtungen

Anlage 5: Prüfberichtsmuster 5.5 Nichtmedizinische Anlage zur Erzeugung ionisierender Strahlung

Anlage 6: Anhang