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Ausgleich von angeordneter oder genehmigter Mehrarbeit nach § 88 des Bundesbeamtengesetzes

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Ausgleich von angeordneter oder genehmigter
Mehrarbeit nach § 88 des Bundesbeamtengesetzes (BBG)



Fundstelle: GMBl 2025 Nr. 20, S. 398



Bezug:

Rundschreiben des BMI vom 26.8.2016
(D2-30105/10#6/D3-30200/96#5)



– RdSchr. d. BMI v. 22.5.2025 – D2.30105/10#15/D3.30200/96#5 –



Nach § 88 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) ist Beamtinnen und Beamten, die durch eine dienstlich angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit mehr als fünf Stunden im Monat über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus beansprucht werden, innerhalb einer Ausschlussfrist von einem Jahr für die Mehrarbeit, die sie über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus leisten, entsprechende Dienstbefreiung zu gewähren. Bei Teilzeitbeschäftigung sind die fünf Stunden anteilig zu kürzen. Der Dienstherr kann die Dienstbefreiung einseitig anordnen. Ist die Dienstbefreiung aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht möglich, können Beamtinnen und Beamte in Besoldungsgruppen mit aufsteigenden Gehältern eine Vergütung erhalten.



Im Interesse einer einheitlichen Handhabung und unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts wird zur Klarstellung der Rechtslage auf Folgendes hingewiesen:



1.
Für angeordnete oder genehmigte Mehrarbeit ist nach § 88 Satz 2 BBG Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres seit deren Anordnung bzw. Genehmigung zu gewähren. Der Anspruch auf Dienstbefreiung entsteht dabei für jeden Monat der Anordnung bzw. Genehmigung gesondert und endet mit Ablauf des entsprechenden Monats im Folgejahr. Es ist zur Fristenüberwachung zwingend geboten, das Entstehen sowie den Ausgleich angefallener Mehrarbeitsstunden auf einem separat geführten Mehrarbeitskonto nachzuhalten.


Beispiel: Mehrarbeit ist vom 10. August bis 25. August 2024 angeordnet worden. Der Anspruch auf Dienstbefreiung verfällt mit Ablauf des 31. August 2025 und nicht bereits zum 31. Juli 2025, da die erstmalige Erfassung als Mehrarbeitsstunden erst nach Ablauf des Monats erfolgt, in dem die Mehrarbeitsstunden angefallen sind.


2.
Nach Ablauf der Jahresfrist ist eine Dienstbefreiung für geleistete Mehrarbeit ausgeschlossen. Da es sich bei der Jahresfrist nach § 88 Satz 2 BBG um eine Ausschlussfrist handelt, ist auch keine Verlängerung (z. B. wegen längerfristiger Erkrankung des Beamten, die ihn am Freizeitausgleich gehindert hat) möglich. Es liegt im Risikobereich der Beamtin oder des Beamten, wenn Mehrarbeitszeiten, für die Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres dienstlich möglich war, ohne Ausgleich bleiben, weil die Dienstbefreiung aus in der Person der Beamtin oder des Beamten liegenden Gründen scheiterte (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2024 – 2 C 2.23, Rz. 21).


3.
Bei teilzeitbeschäftigten Beamtinnen und Beamten wird Mehrarbeit in vollem Umfang angerechnet.


Beispiel: Einem teilzeitbeschäftigten Beamten mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden wird Mehrarbeit für einen Zeitraum von drei Wochen angeordnet mit der Folge, dass er drei Wochen lang jeweils 25 Stunden arbeitet. Da hierbei der Schwellenwert von 2,5 Stunden nach § 88 Satz 3 BBG überschritten wird, ist ihm für die vollen 15 Stunden Mehrarbeit Dienstbefreiung zu gewähren.


4.
§ 88 Satz 2 BBG verpflichtet den Dienstherrn, die erbrachte Mehrleistung innerhalb eines Jahres durch Dienstbefreiung von Amts wegen auszugleichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2024 – 2 C 2.23, Rz. 9). Dabei ist es dem Dienstherrn überlassen, innerhalb dieser Frist unter Berücksichtigung der dienstlichen Verhältnisse den Zeitraum auszuwählen, in dem er die Beamtin oder den Beamten, sei es zusammenhängend oder aufgeteilt, vom Dienst befreit, ohne dass die Beamtin oder der Beamte dies rechtlich beeinflussen oder auch nur mitbestimmen kann (vgl. BVerwG, a.a.O.). Der Ausgleich setzt folglich keinen Antrag der Beamtin oder des Beamten voraus, sondern wird von Amts wegen bewirkt. Wird der Ausgleich durch den Dienstherrn angeordnet, ist die Beamtin oder der Beamte zum Abbau verpflichtet.


5.
Hiervon unberührt bleibt die Möglichkeit der Beamtin oder des Beamten, bei der Dienststelle Dienstbefreiung für einen aus ihrer oder seiner Sicht geeigneten Zeitraum zu beantragen.


6.
Die vorrangige Dienstbefreiung darf nur unterbleiben, wenn sie aus zwingenden dienstlichen Gründen nicht realisierbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2024 – 2 C 2.23, Rz. 13). In diesem Fall kann nach § 88 Satz 5 BBG eine finanzielle Abgeltung der geleisteten Mehrarbeitsstunden in Betracht kommen. Der Anspruch auf Dienstbefreiung wandelt sich in einen Anspruch auf Vergütung um. Voraussetzungen und Höhe richten sich nach der Bundesmehrarbeitsvergütungsverordnung. Es besteht für die Beamtin bzw. den Beamten in keinem Fall ein Wahlrecht zwischen Dienstbefreiung und Gewährung einer Vergütung.


7.
Zwingende dienstliche Gründe liegen nur dann vor, wenn die an sich dem Beamten oder der Beamtin zu gewährende Dienstbefreiung mit großer Wahrscheinlichkeit zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen oder einer Gefährdung des Dienstbetriebs führen würde (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2024 – 2 C 2.23, Rz. 11). Im Hinblick auf die auf höchster Prioritätsstufe verlangten dienstlichen Gründe muss die weitere Dienstleistung der betroffenen Beamtin oder des betroffenen Beamten unerlässlich sein, um die sachgerechte Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben und damit die Funktionsfähigkeit des Verwaltungsbereichs sicherstellen zu können (vgl. BVerwG, a.a.O.).


8.
Die Umwandlung des Anspruchs auf Dienstbefreiung in einen Anspruch auf Vergütung tritt auch dann ein, wenn der vom Gesetz nicht ausdrücklich geregelte Fall gegeben sein sollte, dass zwar zwingende dienstliche Gründe der Dienstbefreiung nicht entgegenstanden, aber der Dienstherr der Beamtin oder dem Beamten die Dienstbefreiung innerhalb der dafür vorgesehenen Frist rechtswidrig vorenthalten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 7. März 2024 – 2 C 2.23, Rz.20).


9.
Da die Mehrarbeitsvergütung ein Besoldungsbestandteil ist, hat die finanzielle Abgeltung nach Ablauf der Jahresfrist und nicht erfolgter Dienstbefreiung von Amts wegen zu erfolgen. Eines Antrags der Beamtin oder des Beamten bedarf es nicht. Die Beamtin oder der Beamte kann auch nicht auf die Auszahlung verzichten.


Für den finanziellen Abgeltungsanspruch gilt die dreijährige Verjährungsfrist des § 195 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.


10.
Nur in absoluten Ausnahmefällen kann vor Ablauf der Jahresfrist eine Vergütung erfolgen. Hierfür muss der Dienstherr die konkrete Feststellung getroffen haben, dass eine Dienstbefreiung innerhalb der Jahresfrist aus zwingenden dienstlichen Gründen unmöglich sein wird. An eine solche Feststellung sind im Hinblick auf mögliche sich verändernde Umstände innerhalb eines Jahres höchste Anforderungen zu stellen. Nur in seltenen Ausnahmesituationen wird daher mit der erforderlichen Sicherheit angenommen werden können, dass die Gewährung der Dienstbefreiung bis zum Ablauf der Jahresfrist aufgrund entgegenstehender zwingender dienstlicher Gründe nicht möglich ist. Die Ermessensentscheidung des Dienstherrn ist nachvollziehbar zu dokumentieren, darf keine Präjudizwirkung entfalten und muss insbesondere den gesetzlichen Vorrang der Dienstbefreiung zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes berücksichtigen.


Das Rundschreiben D2-30105/10#6/D3-30200/96#5 vom 26. August 2016 wird aufgehoben und durch dieses Rundschreiben ersetzt.