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Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Schutz gegen Baulärm – Geräuschimmissionen – vom 19. August 1970

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Allgemeine Verwaltungsvorschrift
zum Schutz gegen Baulärm
– Geräuschimmissionen –

Vom 19. August 1970





Inhaltsverzeichnis

1.
Sachlicher Geltungsbereich
2.
Begriffe
2.1.
Baustelle
2.2.
Baumaschinen
2.3.
Bauarbeiten
2.4.
Immission
3.
Immissionsrichtwerte
3.1.
Festsetzung der Immissionsrichtwerte
3.2.
Zuordnung der Gebiete
4.
Maßnahmen zur Minderung des Baulärms
4.1.
Grundsatz
4.2.
Einzelne Maßnahmen
4.3.
Nach dem Stand der Technik vermeidbare Geräusche
5.
Stillegung von Baumaschinen
5.1.
Grundsatz
5.2.
Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nr. 4.1
6.
Ermittlung des Beurteilungspegels
6.1.
Grundsatz
6.2.
Schallpegelmesser
6.3.
Ort der Messung
6.4.
Zeit und Dauer der Messung
6.5.
Meßwerte
6.6.
Wirkpegel
6.7.
Beurteilungspegel
6.8.
Messprotokoll


Anlage 1 :

Berechnung des Schallpegels am Immissionsort aus dem Schallpegel am Meßort

Anlage 2 :

Verfahren zur Bestimmung des mittleren Pegels aus den Meßwerten

Anlage 3 :

Zusammenfassung einzelner Beurteilungspegel zu einem Gesamtbeurteilungspegel

Anlage 4 :

Meßprotokoll

Anlage 5 :

Maßnahmen zur Minderung des Baulärms





Nach Artikel 84 Abs. 2 des Grundgesetzes und § 3 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz gegen Baulärm vom 9. September 1965 (Bundesgesetzbl. I S. 1214), geändert durch das Einführungsgesetz zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten vom 24. Mai 1968 (Bundesgesetzbl. I S. 503), erläßt die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrates die nachstehende allgemeine Verwaltungsvorschrift:



1.
Sachlicher Geltungsbereich
Diese Vorschrift gilt für den Betrieb von Baumaschinen auf Baustellen, soweit die Baumaschinen gewerblichen Zwecken dienen oder im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden. Sie enthält Bestimmungen über Richtwerte für die von Baumaschinen auf Baustellen hervorgerufenen Geräuschimmissionen, das Meßverfahren und über Maßnahmen, die von den zuständigen Behörden bei Überschreiten der Immissionsrichtwerte angeordnet werden sollen.


2.
Begriffe
2.1.
Baustelle
Baustelle im Sinne des Gesetzes ist der Bereich, in dem Baumaschinen zur Durchführung von Bauarbeiten Verwendung finden, einschließlich der Plätze, auf denen Baumaschinen zur Herstellung von Bauteilen und zur Aufbereitung von Baumaterial für bestimmte Bauvorhaben betrieben werden.


2.2.
Baumaschinen
Zu den Baumaschinen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Gesetzes gehören auch die auf der Baustelle betriebenen Kraftfahrzeuge.


2.3.
Bauarbeiten
Bauarbeiten im Sinne des Gesetzes sind Arbeiten zur Errichtung, Änderung oder Unterhaltung von baulichen Anlagen sowie Abbrucharbeiten. Bauarbeiten sind nicht Arbeiten im Rahmen der Aufsuchung, Gewinnung oder Aufbereitung von Bodenschätzen, auch solcher Bodenschätze, die als Baustoffe bei der Herstellung baulicher Anlagen Verwendung finden (Steine, Sand, Kies usw.).


2.4.
Immission
Immission im Sinne dieser Vorschrift ist das auf Menschen einwirkende Geräusch, das durch Baumaschinen auf einer Baustelle hervorgerufen wird.


3.
Immissionsrichtwerte
3.1.
Festsetzung der Immissionsrichtwerte
3.1.1.
Als Immissionsrichtwerte werden festgesetzt für


a)
Gebiete, in denen nur gewerbliche oder industrielle Anlagen und Wohnungen für Inhaber und Leiter der Betriebe sowie für Aufsichts- und Bereitschaftspersonen untergebracht sind,

70 dB (A)

b) 
Gebiete, in denen vorwiegend gewerbliche Anlagen untergebracht sind,

tagsüber 65 dB (A) nachts 50 dB (A)

c) 
Gebiete mit gewerblichen Anlagen und Wohnungen, in denen weder vorwiegend gewerbliche Anlagen noch vorwiegend Wohnungen untergebracht sind,

tagsüber 60 dB (A) nachts 45 dB (A)

d) 
Gebiete, in denen vorwiegend Wohnungen untergebracht sind,

tagsüber 55 dB (A) nachts 40 dB (A)

e) 
Gebiete, in denen ausschließlich Wohnungen untergebracht sind,

tagsüber 50 dB (A) nachts 35 dB (A)

f) 
Kurgebiete, Krankenhäuser und Pflegeanstalten

tagsüber 45 dB (A) nachts 35 dB (A)



3.1.2.
Als Nachtzeit gilt die Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr.


3.1.3.
Der Immissionsrichtwert ist überschritten, wenn der nach Nummer 6 ermittelte Beurteilungspegel den Richtwert überschreitet. Der Immisionsrichtwert für die Nachtzeit ist ferner überschritten, wenn ein Meßwert oder mehrere Meßwerte (Nummer 6.5) den Immissionsrichtwert um mehr als 20 dB(A) überschreiten.


3.2.
Zuordnung der Gebiete
Für die Zuordnung zu den in Nummer 3.1.1 genannten Gebieten gelten die folgenden Grundsätze:


3.2.1.
Sind im Bebauungsplan Baugebiete festgesetzt, die den in Nummer 3.1.1 aufgeführten Gebieten entsprechen (auf die Baunutzungsverordnung vom 26. Juni 1962 – Bundesgesetzbl. I S. 429 – in der Fassung der Verordnung vom 26. November 1968 – Bundesgesetzbl. I S. 1233 – wird hingewiesen), so ist vom Bebauungsplan auszugehen.


3.2.2.
Weicht die tatsächliche bauliche Nutzung im Einwirkungsbereich der Anlage erheblich von der im Bebauungsplan festgesetzten baulichen Nutzung ab, so ist von der tatsächlichen baulichen Nutzung des Gebietes auszugehen.


3.2.3.
Ist ein Bebauungsplan nicht aufgestellt, so ist die tatsächliche bauliche Nutzung zugrunde zu legen.


4.
Maßnahmen zur Minderung des Baulärms
4.1.
Grundsatz
Überschreitet der nach Nummer 6 ermittelte Beurteilungspegel des von Baumaschinen hervorgerufenen Geräusches den Immissionsrichtwert um mehr als 5 dB (A), sollen Maßnahmen zur Minderung der Geräusche angeordnet werden.


Es kommen insbesondere in Betracht:
a)
Maßnahmen bei der Einrichtung der Baustelle,
b)
Maßnahmen an den Baumaschinen,
c)
die Verwendung geräuscharmer Baumaschinen,
d)
die Anwendung geräuscharmer Bauverfahren,
e)
die Beschränkung der Betriebszeit lautstarker Baumaschinen.


Von Maßnahmen zur Lärmminderung kann abgesehen werden, soweit durch den Betrieb von Baumaschinen infolge nicht nur gelegentlich einwirkender Fremdgeräusche keine zusätzlichen Gefahren, Nachteile oder Belästigungen eintreten.


4.2.
Einzelne Maßnahmen
Für Anordnungen nach Nummer 4.1 gibt die Anlage 5 fachtechnische Hinweise.


4.3.
Nach dem Stand der Technik vermeidbare Geräusche
4.3.1.
Zur Beurteilung, ob Geräusche von Baumaschinen nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, sind im Hinblick auf die Geräuschminderung fortschrittliche Maschinen derselben Bauart und vergleichbarer Leistung, die sich im Betrieb bewährt haben, heranzuziehen.


4.3.2.
Sofern für Baumaschinen Emissionsrichtwerte nach § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Gesetzes festgesetzt sind, ist der Stand der Technik eingehalten, wenn die Emissionsrichtwerte nicht über schritten werden.


5.
Stillegung von Baumaschinen
5.1.
Grundsatz
Die Stillegung von Baumaschinen nach § 5 Satz 2 des Gesetzes kommt nur als äußerstes Mittel in Betracht, um die Allgemeinheit vor Gefahren, erheblichen Nachteilen oder erheblichen Belästigungen durch Baulärm zu schützen.


5.2.
Überschreitung der Immissionsrichtwerte nach Nummer 4.1
5.2.1.
Die Stillegung von Baumaschinen soll angeordnet werden, wenn
1.
weniger einschneidende Maßnahmen nicht ausreichen, um eine Überschreitung der Immissionsrichtwerte zu verhindern und
2.
die Stillegung im Einzelfall zum Schutz der Allgemeinheit, jedoch unter Berücksichtigung des Bauvorhabens, dringend erforderlich ist.


5.2.2.
Von der Stillegung der Baumaschine kann trotz Überschreitung der Immissionsrichtwerte abgesehen werden, wenn die Bauarbeiten
1.
zur Verhütung oder Beseitigung eines Notstandes oder zur Abwehr sonstiger Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung oder
2.
im öffentlichen Interesse
dringend erforderlich sind und die Bauarbeiten ohne die Überschreitung der Immissionsrichtwerte nicht oder nicht rechtzeitig durchgeführt werden können.


6.
Ermittlung des Beurteilungspegels
6.1.
Grundsatz
Der Beurteilungspegel ist für das auf den Immissionsort einwirkende Geräusch, das von Baumaschinen auf Baustellen hervorgerufen wird, zu ermitteln.


6.2.
Schallpegelmesser
Es dürfen verwendet werden
a)
Präzisionsschallpegelmesser nach DIN 45 633 oder
b)
DIN-Lautstärkemesser nach DIN 5045, soweit die Frequenzbewertung "A" eingestellt werden kann, oder
c)
andere Meßgeräte, die den von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt festgelegten Anforderungen entsprechen.


Die Meßgeräte sind auf die Freguenzbewertung "A" und "schnelle Anzeige" einzustellen; sie sind vor und nach den Messungen gemäß Bedienungsanleitung zu kalibrieren. In Abständen von etwa zwei Jahren sollen die Meßgeräte durch eine von der zuständigen Landesbehörde bestimmte Prüfstelle auf die Zuverlässigkeit ihrer Anzeige geprüft werden, soweit nicht eine Eichpflicht nach eichrechtlichen Vorschriften besteht.


6.3.
Ort der Messung
6.3.1.
Wirkt das von der Baustelle ausgehende Geräusch auf ein zum Aufenthalt von Menschen bestimmtes Gebäude ein, so ist der Schallpegel 0,5 m vor dem geöffneten, von dem Geräusch am stärksten betroffenen Fenster zu messen. In anderen Fällen ist der Schallpegel in mindestens 1,20 m Höhe über dem Erdboden und in mindestens 3 m Abstand von reflektierenden Wänden zu messen.


6.3.2.
Kann das Geräusch einer Baumaschine am Immissionsort nicht gemessen werden, so ist die Messung, sofern es die Schallausbreitungsyerhältnisse zulassen, an einem anderen Ort in gleichem oder kleinerem Abstand durchzuführen, wobei jedoch ein Abstand von 7 m vom Umriß der Baumaschine nicht unterschritten werden darf. Aus dem Schallpegel am Meßort ist der Schallpegel am Immissionsort nach Anlage 1 zu berechnen.


6.3.3.
Sind der Schallpegel der Geräuschemission einer Baumaschine und der Abstand des Immissionsortes bekannt, so kann der Schallpegel am Immissionsort, sofern es die Schallausbreitungsverhältnisse zulassen, nach Anlage 1 berechnet werden.


6.4.
Zeit und Dauer der Messung
6.4.1.
Für die Messung sind Zeitabschnitte zu wählen, in denen die Baumaschinen unter normalen Arbeitsbedingungen betrieben werden.


6.4.2.
Die Dauer einer Messung richtet sich nach der Regelmäßigkeit eines Geräusches; sie wird im allgemeinen kurz sein gegenüber der Betriebsdauer der Baumaschinen.


6.5.
Meßwerte
Als Meßwert gilt jeweils der aus der höchsten Anzeige des Schallpegelmessers während einer Beobachtungsdauer von 5 Sekunden (Meßtakt) ermittelte Wert. Meßwerte sind in dB (A) anzugeben. Die Zahlenwerte sind auf ganze Zahlen zu runden.


6.6.
Wirkpegel
6.6.1.
Aus den Meßwerten ist der mittlere Pegel nach Anlage 2 zu bestimmen.


6.6.2.
Ist der Unterschied zwischen dem größten und kleinsten Meßwert kleiner als 10 dB (A), kann der mittlere Pegel abweichend von Nummer 6.6.1 vereinfachend als arithmetischer Mittelwert aus den Meßwerten bestimmt werden.


6.6.3.
Wenn in dem Geräusch deutlich hörbare Töne hervortreten (z. B. Singen, Heulen, Pfeifen, Kreischen), ist dem mittleren Pegel nach Nummer 6.6.1 oder Nummer 6.6.2 zur Ermittlung des Wirkpegels ein Lästigkeitszuschlag bis zu 5 dB (A) hinzuzufügen; andernfalls gilt der nach Nummer 6.6.1 oder Nummer 6.6.2 bestimmte mittlere Pegel als Wirkpegel.


6.7.
Beurteilungspegel
6.7.1.
Zur Ermittlung des Beurteilungspegels ist von dem Wirkpegel unter Berücksichtigung der durchschnittlichen täglichen Betriebsdauer der Baumaschinen die in der letzten Spalte der folgenden Tabelle angegebene Zeitkorrektur abzuziehen.


Durchschnittliche tägliche Betriebsdauer in der Zeit von

Zeitkorrektur

7 Uhr bis 20 Uhr

20 Uhr bis 7 Uhr


bis 2½ h

bis 2 h

10 dB (A)

über 2½ h bis 8 h

über 2 h bis 6 h

5 dB (A)

über 8 h

über 6 h

0 dB (A)



6.7.2.
Soweit nicht das Gesamtgeräusch der Baumaschinen, sondern das Geräusch einzelner Baumaschinen gemessen wird, sind die einzelnen Beurteilungspegel zu einem Gesamtbeurteilungspegel nach Anlage 3 zusammenzufassen.


Der Beurteilungspegel bzw. der Gesamtbeurteilungspegel ist mit den Immissionsrichtwerten nach Nummer 3.1.1 zu vergleichen.


6.8.
Meßprotokoll
Das Meßprotokoll muß alle Meßwerte, Angaben über Art und Zahl der Baumaschinen und ihre durchschnittliche Betriebsdauer, über den Ort der Messung (möglichst Lageplan), die Zeit der Messung und die benutzten Meßgeräte enthalten. Besondere Merkmate des Geräusches sind anzugeben, z. B. gleichbleibender oder pulsierender Verlauf, hervortretende Töne, Fremdgeräusche, Wind- und Witterungsverhältnisse.


Ein Vordruck für das Meßprotokoll ist in Anlage 4 angegeben.


Bonn, den 19. August 1970



Für den Bundeskanzler
Der Bundesminister für besondere Aufgaben
Horst Ehmke

Der Bundesminister des Innern
Genscher


Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage 1: Berechnung des Schallpegels am Immissionsort aus dem Schallpegel am Meßort

Anlage 2: Verfahren zur Bestimmung des mittleren Pegels aus den Meßwerten

Anlage 3: Zusammenfassung einzelner Beurteilungspegel zu einem Gesamtbeurteilungspegel

Anlage 4: Meßprotokoll

Anlage 5: Maßnahmen zur Minderung des Baulärms