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Richtlinie für die Entsendung von Beschäftigten des Bundes zu einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, zur Verwaltung oder zu einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit (Entsendungsrichtlinie Bund - EntsR)

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D 1 – 30106/2#4





Richtlinie für die Entsendung von Beschäftigten des Bundes zu einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, zur Verwaltung oder zu einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit

(Entsendungsrichtlinie Bund – EntsR)



Vom 9. Dezember 2015





§ 1
Allgemeines



(1) Entsandt im Sinne dieser Richtlinie sind Beschäftigte (Beamtinnen und Beamte, Richterinnen und Richter, Tarifbeschäftigte) des Bundes sowie Soldatinnen und Soldaten, die mit Zustimmung ihrer obersten Dienstbehörde vorübergehend Aufgaben wahrnehmen

1.
in einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung,
2.
in der Verwaltung oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der Europäischen Union (EU) oder
3.
in der Entwicklungszusammenarbeit.


Die Richtlinie ist nicht anzuwenden auf nach § 9 Absatz 2 der Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) beurlaubte Beamtinnen und Beamte sowie auf nach § 29 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) oder § 4 Absatz 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) unter Fortzahlung der Besoldung oder des Entgelts zugewiesene Beschäftigte.



(2) Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit im Sinne von § 9 Absatz 3 SUrlV sind diejenigen, die übernommen werden im Rahmen einer Tätigkeit als

1.
Entwicklungshelferin oder Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfer- Gesetzes (EhfG),
2.
Fachkraft, die von einer in der Anlage aufgeführten Entsendeorganisation im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit eingesetzt wird (entsandte Fachkraft),
3.
Fachkraft, die in einem unmittelbaren Arbeitsverhältnis mit einem Arbeitgeber im Entwicklungsland steht und für ihre Tätigkeit Zuschüsse aus deutschen öffentlichen Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit erhält (integrierte Fachkraft).


Die anerkannten Träger des Entwicklungsdienstes gemäß EhfG bzw. die Einrichtungen für eine Tätigkeit als Fachkraft für Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit sowie eine Liste der Entwicklungsländer sind ebenfalls in der Anlage aufgeführt. Dieses Verzeichnis ist nicht abschließend.



(3) Die Anlage enthält Verzeichnisse



1.  internationaler Organisationen,

2.  von nach § 2 EhfG anerkannten Trägern des Entwicklungsdienstes,

3.  von Entsendeorganisationen im Sinne von Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und

4.  von Entwicklungsländern.



(4) Die Wahrnehmung von Aufgaben in internationalen Einrichtungen, in der Verwaltung oder in öffentlichen Einrichtungen anderer Mitgliedstaaten der EU sowie in der Entwicklungszusammenarbeit durch Beschäftigte oder Soldatinnen und Soldaten liegt im deutschen Interesse, ist besonders förderungswürdig und steigert deren Leistungsniveau und Verwendungsbreite auch im nationalen Dienst.



(5) Angesichts der Bedeutung der Aufgaben der in Absatz 1 Satz 1 genannten Einrichtungen oder in der Entwicklungszusammenarbeit darf nur entsandt werden, wer für die vorgesehenen Tätigkeiten besonders qualifiziert ist. Die erfolgreiche Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen der Bundesakademie für öffentliche Verwaltung oder vergleichbarer Einrichtungen, an Praktika oder Auswahlverfahren internationaler Organisationen ist einer solchen Verwendung förderlich.



(6) Die Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit werden von der oder dem Beschäftigten auf der Grundlage eines privaten Vertrags mit dem jeweiligen Träger übernommen.



(7) Für die mit der Entsendung verbundenen haushaltsrechtlichen Maßnahmen gelten die einschlägigen Vorschriften.



(8) Für sämtliche nach dieser Richtlinie bewilligte Entsendungen zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit übernimmt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung die Kosten einer etwaigen Nachversicherung einschließlich der Mehrkosten, die sich aus einem eventuell erhöhten Beitragssatz (§ 181 Absatz 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – SGB VI) und der Dynamisierung (§ 181 Absatz 4 SGB VI) ergeben. Eine Vereinbarung entsprechend der Nummer 1.1.1 des Rundschreibens des Bundesministeriums des Innern vom 26. Januar 1999 (AZ: D II 6 – 224 010/9) ist nicht erforderlich.



§ 2
Beurlaubung von Beschäftigten



(1) Für die Dauer der Entsendung zur Wahrnehmung von Aufgaben in einer internationalen Einrichtung, in der Verwaltung oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU ist Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern Urlaub unter Wegfall der Besoldung zu gewähren (§ 9 Absatz 1, § 18 SUrlV). Für die Dauer der Wahrnehmung von Aufgaben in der Entwicklungszusammenarbeit kann Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern Urlaub unter Wegfall der Besoldung gewährt werden (§ 9 Absatz 3, § 18 SUrlV). Tarifbeschäftigte des Bundes können für die Dauer der Entsendung Urlaub unter Verzicht auf die Fortzahlung des Entgelts erhalten (§ 28 TVöD).



(2) Der Urlaub wird zweckgebunden für eine zeitweilige hauptberufliche Tätigkeit in einer internationalen Einrichtung, in der Verwaltung oder in einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU oder zur Übernahme von Aufgaben in der Entwicklungszusammenarbeit bewilligt. Er ist zu widerrufen, wenn er zu einem anderen als dem bewilligten Zweck verwendet wird (§ 15 Absatz 2 SUrlV). Die oder der Beschäftigte ist verpflichtet, die entsendende Dienstvorgesetzte oder den entsendenden Dienst- vorgesetzten über alle Veränderungen zu unterrichten, die den Bewilligungsgrund betreffen.



(3) Die oberste Dienstbehörde hat vor der Entscheidung über eine Entsendung zur Wahrnehmung von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit eine entwicklungspolitische Bewertung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einzuholen.



(4) Die Entsendung ist auf bis zu fünf Jahre zu befristen. Sie kann in begründeten Fällen verlängert werden. Der Antrag soll spätestens sechs Monate vor Ablauf des Urlaubs gestellt werden. Die Entsendung soll insgesamt zehn Jahre nicht überschreiten, sofern nicht besondere dienstliche Gründe oder besondere schutzwürdige Interessen der oder des Beschäftigten eine weitere Verlängerung rechtfertigen. Besondere dienstliche Gründe sind insbesondere anzunehmen, wenn ein dienstliches Interesse an der weiteren Verwendung der oder des Beschäftigten in der internationalen Einrichtung, in der Verwaltung oder in der öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU oder bei dem Träger der Entwicklungszusammenarbeit besteht.



(5) Die mit der Entsendung zusammenhängenden Fragen der Beihilfe und Versorgung oder der Versicherung in den Zweigen der Sozialversicherung, insbesondere der gesetzlichen Krankenversicherung, sollen mit den zuständigen Trägern vor der Entsendung geklärt werden, sofern in dieser Richtlinie nichts anderes geregelt ist. Ein Merkblatt mit Informationen zu häufig wiederkehrenden Fragen wird auf den Internetseiten des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums des Innern veröffentlicht.





§ 3
Entsendung von Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern



(1) Über die Entsendung entscheidet die oberste Dienstbehörde. Diese kann die ihr zustehende Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen. Dabei dürfen personelle Auswirkungen, die durch die Entsendung entstehen, nicht den Aus- schlag geben. § 9 Absatz 4 und § 18 SUrlV bleiben unberührt.



(2) Grundsätzlich sollen nur Beamtinnen und Beamte beurlaubt werden, die sich in der Probezeit in vollem Umfang bewährt haben (§ 28 Absatz 2 Bundeslaufbahnverordnung – BLV). Ist eine Entsendung ausnahmsweise vor Ablauf der Probezeit geboten, wird die Probezeit durch die Zeit der Entsendung nicht verlängert. § 10 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) bleibt unberührt. Die oberste Dienstbehörde stellt bei Gewährung des Urlaubs fest, dass der Urlaub dienstlichen oder öffentlichen Belangen dient (§ 30 Absatz 1 Satz 2 BLV). § 31 Absatz 1 BLV bleibt unberührt.



(3) Der Aufstieg in den Erfahrungsstufen des Grundgehalts nach § 27 Absatz 3 Satz 3 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) wird durch die Entsendung nicht verzögert, da der nach § 9 Absatz 1 oder 3 SUrlV gewährte Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen im Sinne des § 28 Absatz 2 Nummer 2 BBesG dient.



(4) Bei der Entscheidung über eine Beförderung ist eine erfolgreich absolvierte Tätigkeit in einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung oder Verwaltung oder einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU besonders zu berücksichtigen (§ 33 Absatz 2 Satz 1 BLV), wenn diese nach ihrem Anforderungsgehalt dem Beförderungsamt im Wesentlichen vergleichbar ist. Bei sonst gleicher Qualifikation bedeutet eine erfolgreich absolvierte Tätigkeit in einer internationalen Einrichtung, in der Verwaltung oder einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU oder bei einem Träger der Entwicklungszusammenarbeit ein zusätzliches Qualifikationsmerkmal. Eine Beurteilung über die Beamtin oder den Beamten soll von der internationalen Einrichtung, der Verwaltung oder der öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der EU oder dem Träger der Entwicklungszusammenarbeit eingeholt werden. Die Entsendung darf keine nachteiligen Auswirkungen auf den beruflichen Werdegang insbesondere im Hinblick auf die Beförderung der Beamtin, des Beamten, der Richterin oder des Richters haben.



(5) Die Zeit der Entsendung nach dieser Richtlinie ist bei Beamtinnen und Beamten sowie Richterinnen und Richtern ruhegehaltfähig (§ 6 Absatz 1 und Absatz 3 Nummer 4 Beamtenversorgungsgesetz – BeamtVG, § 46 DRiG). Zeiten der Entsendung werden jedoch nicht zur Erfüllung der Wartezeit nach § 3 des Altersgeldgesetzes angerechnet. Soweit die oder der entsendende Dienstvorgesetzte eine besondere Gewährleistungsentscheidung für die Zeit der Entsendung getroffen hat, ist die Entsendung rentenversicherungsrechtlich nur als vorübergehende Unterbrechung einer versicherungsfreien Beschäftigung mit weiterbestehender Anwartschaft auf Versorgung anzusehen, so dass kein Nachversicherungstatbestand nach § 8 Absatz 2 SGB VI gegeben ist. Eine Aufschubbescheinigung nach § 184 Absatz 4 SGB VI ist nicht zu erteilen. Die Beamtin, der Beamte, die Richterin oder der Richter soll vor Beginn der Entsendung darüber unterrichtet werden, dass die Zeit der Entsendung in eine etwaige spätere Nachversicherung einbezogen wird, sofern diese versorgungsrechtlich nicht berücksichtigt worden ist (vgl. § 4 Absatz 1 Satz 3 i. V. m. § 5 Absatz 1 und § 8 Absatz 2 Satz 2 SGB VI).



(6) Für Zeiten der Beurlaubung zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit gilt insbesondere nach Textziffer 6.1.8 Satz 2 und 3 der Verwaltungsvorschrift zum Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVGVwV) und in den dort genannten Fällen das schriftliche Zugeständnis, dass die Beurlaubung öffentlichen Belangen oder dienstlichen Interessen dient (§ 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 zweiter Halbsatz BeamtVG), mit der Mitteilung über die Beurlaubung als erteilt. Wegen der Zusicherung, die Zeit der Entsendung als ruhegehaltfähige Dienstzeit nach § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 zweiter Halbsatz BeamtVG zu berücksichtigen, wird auf die Textziffer 6.1.9 BeamtVGVwV verwiesen. Auf die Erhebung eines Versorgungszuschlags bei Beurlaubungen zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit ist zu verzichten (Textziffer 6.1.10 Satz 4 BeamtVGVwV).





§ 4
Entsendung von Tarifbeschäftigten



Über die Entsendung entscheidet die oberste Dienstbehörde. Diese kann die ihr zustehende Befugnis auf unmittelbar nachgeordnete Behörden übertragen. Die Zeiten der Entsendung gelten als Beschäftigungszeiten im Sinne des TVöD. Das dienstliche Interesse an der Entsendung ist vom Arbeitgeber ausdrücklich vor Antritt des Urlaubs schriftlich anzuerkennen (vgl. § 34 Absatz 3 Satz 2 TVöD).





§ 5
Entsendung von Soldatinnen und Soldaten



Für die Entsendung von Soldatinnen und Soldaten gelten die beamtenrechtlichen Regelungen der §§ 2 und 3 entsprechend.





§ 6
Inkrafttreten



(1) Diese Richtlinie tritt am 1. Januar 2016 in Kraft.



(2) Gleichzeitig tritt die Richtlinie für die Entsendung von Beschäftigten des Bundes zu einer öffentlichen zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtung, zur Verwaltung oder zu einer öffentlichen Einrichtung eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder zur Übernahme von Aufgaben der Entwicklungszusammenarbeit vom 15. April 2014 (GMBl 2014, S. 634) außer Kraft.





Berlin, den 9. Dezember 2015



Bundesministerium des Innern



Im Auftrag





Paul Fietz


Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage: Verzeichnisse internationaler Organisationen, anerkannten Trägern des Entwicklungsdienstes, Entsendeorganisationen und Entwicklungsländern