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Rundschreiben zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Bundesverwaltung vom 8. November 2004

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Oberste Bundesbehörden

gemäß Verteiler



Berlin, 8. November 2004

D I 3 – 210 170/1





Annahme von Belohnungen und Geschenken durch Bundesbedienstete



hier


Rundschreiben zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken in der Bundesverwaltung

Anlage


- 1 -




Anliegend sende ich Ihnen das Rundschreiben zum Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken durch Bundesbedienstete, das im GMBl. veröffentlicht werden soll.



Das Rundschreiben berücksichtigt weitgehend die Änderungsvorschläge des Abstimmungsverfahrens. Soweit nicht alle Wünsche berücksichtigt sind, können die Ressorts durch die Öffnungsklausel unter VI. eigene, ergänzende Regelungen treffen. Hierzu zählen auch Regelungen der Verwaltungspraktikabilität. Soweit Sie ergänzende Anordnungen erlassen, wäre ich für einen Abdruck dieser ressortspezifischen Regelungen dankbar.



Die in der Ressortabstimmung gesehene Gefahr des bürokratischen Aufwandes bezüglich der Anzeigepflicht sämtlicher Geschenke dürfte sich durch Einsatz der IT-Technik (z. B. workflows) wesentlich verringern lassen. Dabei empfehle ich, die Anzeigen und Anträge der Beschäftigten nicht in die Personalakte aufzunehmen, sondern diese Anzeigen und Genehmigungsanträge in allgemeinen Sachakten zu führen, um ein unnötiges Anschwellen der Personalakten zu verhindern.



Im Auftrag





Rundschreiben
zum
Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken
in der Bundesverwaltung
vom 8. November 2004

(gem. § 70 BBG; § 10 BAT/BAT-O; § 12 MTArb/MTArb-O, § 19 SG)



I. Grundsatz

Beschäftigte des öffentlichen Dienstes (weiter Begriff, dazu zählen auch Soldatinnen und Soldaten, Berufssoldatinnen und -soldaten im Ruhestand sowie Ruhestandsbeamtinnen und -beamte) müssen bereits jeden Anschein vermeiden, im Rahmen ihrer Amtsführung für persönliche Vorteile empfänglich zu sein. Deshalb dürfen Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf das Amt oder die dienstliche Tätigkeit nicht angenommen werden (§ 70 BBG, § 10 BAT/BAT-O, § 12 MTArb/MTArb-O, § 19 SG). Ausnahmen kann es nur in Fällen geben, in denen eine Beeinflussung der Beschäftigten nicht zu befürchten ist. Ausnahmen bedürfen grundsätzlich der vorherigen Zustimmung des Dienstherrn oder des Arbeitgebers gemäß Ziffer III. Die Annahme von Bargeld – gleich in welcher Summe – ist grundsätzlich nicht genehmigungsfähig und hat daher auf jeden Fall zu unterbleiben.



Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes haben dem Dienstherrn oder dem Arbeitgeber unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen, wenn ihnen Belohnungen oder Geschenke in Bezug auf ihre dienstliche Tätigkeit angeboten wurden.



II. Belohnungen oder Geschenke

Belohnungen und Geschenke sind alle Zuwendungen, auf die Beschäftigte keinen Rechtsanspruch haben und die sie materiell oder auch immateriell objektiv besser stellen (Vorteil). Hierzu zählen auch Vorteile, die Dritten (insbesondere Angehörigen, Bekannten, dem eigenen Sportverein etc.) zugewendet werden, wenn sie bei den Beschäftigten zu einer Ersparnis führen, oder wenn sie Beschäftigte in irgendeiner Weise tatsächlich besser stellen.



Neben Geldzahlungen und Sachwerten kommen dafür auch alle anderen Leistungen in Betracht. Das sind beispielsweise:

-
die Möglichkeit, Gegenstände zu gebrauchen oder zu verbrauchen (Kraftfahrzeuge, Baumaschinen, Benzin o. ä.);
-
Gutscheine, Frei- oder Eintrittskarten, Fahrscheine oder Flugtickets;
-
Vergünstigungen bei Privatgeschäften, wie zinslose oder zinsgünstige Darlehen, Vermittlung von Einkaufsmöglichkeiten zu Vorzugspreisen, Beteiligung an Lieferungen für eine Behörde etc.;
-
Vermittlung und/oder Gewährung von Nebentätigkeiten oder einer Tätigkeit nach dem Ausscheiden aus dem Dienst (vgl. hierzu auch §§ 64 bis 66 BBG bzw. § 20 SG sowie § 69a BBG bzw. § 20a SG);
-
Einladungen mit Bewirtungen;
-
kostenlose oder -günstige Gewährung von Unterkunft;
-
Einladung oder Mitnahme zu Informations-, Repräsentations- und Urlaubsreisen oder deren Bezahlung;
-
erbrechtliche Begünstigungen (Vermächtnis oder Erbeinsetzung);
-
Preisverleihungen etc., soweit sie nicht seitens des Dienstherrn bzw. des Arbeitgebers erfolgen.


In Bezug auf das Amt ist ein Vorteil gewährt, wenn nach den Umständen des Falles die Vorteilsgeberin oder der Vorteilsgeber sich davon leiten lässt, dass die Beschäftigten ein bestimmtes Amt bekleiden oder bekleidet haben. Für die Annahme von Geschenken z. B. aus dem Kreis der Beschäftigten im üblichen Rahmen (aus Anlass des Geburtstages, eines Dienstjubiläums etc.) ist deshalb keine Zustimmung erforderlich.



Eine Annahme des Geschenkes oder der Belohnung liegt schon in jedem privaten oder dienstlichen Be- oder Ausnutzen. Dazu zählt auch, wenn der Vorteil unmittelbar an Dritte weiterverschenkt oder einer karitativen Einrichtung gespendet wird.



Die Annahme muss nicht ausdrücklich erklärt werden. Es reicht auch schlüssiges Verhalten.



III. Ausdrückliche Zustimmung zur Ausnahme vom Verbot der Annahme von Belohnungen und Geschenken

Um bereits den bloßen Anschein zu vermeiden, für persönliche Vorteile empfänglich zu sein, haben die Beschäftigten vor der Annahme von Geschenken oder Belohnungen die Zustimmung auf dem Dienstweg bei der zuständigen Stelle unverzüglich zu beantragen. Ist dieses aus tatsächlichen Gründen nicht möglich, ist die Genehmigung der Annahme nachträglich zu beantragen. Dies gilt vor allem, wenn die Zustimmung nicht rechtzeitig eingeholt werden konnte, insbesondere die Gewährung des Vorteils nicht absehbar war.



Die Zustimmung zur Annahme ist schriftlich oder elektronisch zu beantragen. Angaben nach reisekostenrechtlichen Regelungen, d.h. im Dienstreiseantrag oder im Antrag auf Kostenerstattung einer Dienstreise, ersetzen nicht einen Antrag auf Zustimmung zur Annahme.



Eine Zustimmung nach § 70 BBG/§ 19 SG entbindet nicht von Angaben nach reisekostenrechtlichen Regelungen (wie z.B. über kostenlose Verpflegung).



Die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung ist grundsätzlich ausdrücklich und für jeden Einzelfall gesondert zu treffen. Sie hängt von den konkreten Umständen ab und ist schriftlich oder elektronisch zu übermitteln. Dabei vermag allein die Tatsache, dass außerhalb der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Bereich der gewerblichen Wirtschaft, die Annahme bestimmter Vorteile üblich ist, eine Zustimmung zur Annahme nicht zu rechtfertigen.



Die Zustimmung ist insbesondere zu versagen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Annahme die objektive Amtsführung der Beschäftigten beeinträchtigt oder bei Dritten der Eindruck der Befangenheit oder Käuflichkeit erweckt werden kann.



Grundsätzlich steht es im pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Dienstbehörde, die Zustimmung unter Auflagen zu erteilen. Sofern ein zugewendeter Vorteil dienstlich genutzt werden kann, soll die Zustimmung unter der Auflage der ausschließlichen dienstlichen Nutzung erfolgen. Bei Ehrungen, Auszeichnungen, Preisverleihungen etc., die mit einer Zuwendung verbunden sind, soll die Zustimmung unter der Auflage erteilt werden, den geldwerten Vorteil ganz oder teilweise der Bundeskasse oder gemeinnützigen Zwecken außerhalb der Verwaltung zuzuführen.



Wird die nachträgliche Genehmigung abgelehnt, ist der Vorteil in der Regel zurückzugeben. Wenn die Rückgabe unmöglich ist, soll die Ablehnung mit der Aufforderung verbunden werden, den für diesen Vorteil durch die zuständige Stelle festgesetztenüblichen Preis, abhängig vom Sachverhalt des Einzelfalls, an die Vorteilsgeberin oder den Vorteilsgeber zu zahlen oder die Summe an soziale Einrichtungen zu spenden.



Die Versagung der Zustimmung oder der nachträglichen Genehmigung ist ausnahmsweise mit der Aufforderung zu versehen, den Vorteil oder den entsprechenden finanziellen Gegenwert unverzüglich dem Dienstherrn oder Arbeitgeber abzuliefern, wenn

-
den Beschäftigten der Vorteil offensichtlich als Repräsentanten des Dienstherrn oder Arbeitgebers überreicht worden ist oder
-
die gebotene Aufforderung zur Rückgabe an die Vorteilsgeberin oder den Vorteilsgeber nur unterbleibt, weil
o
die Rückgabe als Verstoß gegen die allgemeinen Regeln des gesellschaftlichen Umgangs oder der Höflichkeit aufgefasst werden würde oder
o
die Vorteilsgeberin oder der Vorteilsgeber die Rücknahme verweigert hat oder mit großer Wahrscheinlichkeit verweigern wird oder
o
die Rücksendung mit einem Aufwand verbunden wäre, der zum objektiven Wert des Vorteils außer Verhältnis steht.


Es wird empfohlen, die Vorteilsgeberin oder den Vorteilsgeber von der Ablieferung des Vorteils an den Dienstherrn oder Arbeitgeber zu unterrichten.



IV. Stillschweigende Zustimmung zu Ausnahmen vom Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken

Ausnahmsweise kann in folgenden besonders gelagerten Fällen von einer stillschweigend erteilten Zustimmung ausgegangen werden:



-
bei der Annahme von geringfügigen Aufmerksamkeiten bis zu einem Wert von 25,- Euro (z. B. Reklameartikel einfacher Art wie Kugelschreiber, Schreibblocks, Kalender). Entscheidend ist der Verkehrswert in der Bundesrepublik Deutschland. In diesem Fall besteht jedoch gegenüber dem Dienstherrn oder Arbeitgeber eine Anzeigepflicht. Anzuzeigen sind der Gegenstand, der geschätzte Wert des Gegenstandes, der Anlass der Zuwendung und von wem der Gegenstand gewährt wurde.


-
bei Bewirtungen durch Einrichtungen der öffentlichen Hand oder von Zuwendungsempfängern, die überwiegend von der öffentlichen Hand finanziert werden,


-
bei der Teilnahme an Bewirtungen durch Private aus Anlass oder bei Gelegenheit dienstlicher Handlungen, Besprechungen, Besichtigungen oder dergleichen, wenn sie üblich und angemessen sind oder wenn sie ihren Grund in den Regeln des Verkehrs und der Höflichkeit haben, denen sich auch Angehörige des öffentlichen Dienstes unter Berücksichtigung ihrer besonderen Verpflichtung zur objektiven Amtsführung nicht entziehen können, ohne gegen gesellschaftliche Formen zu verstoßen. Dies gilt nicht, wenn die Bewirtung nach Art und Umfang einen nicht unerheblichen Wert darstellt, wobei sich der Maßstab im Einzelfall auch an der amtlichen Funktion der Beschäftigten ausrichtet,


-
bei Bewirtungen anlässlich allgemeiner Veranstaltungen, an denen Beschäftigte im dienstlichen Auftrag oder mit Rücksicht auf die durch die Wahrnehmung ihrer Aufgaben auferlegten gesellschaftlichen Verpflichtungen teilnehmen (z. B. Einführung und/oder Verabschiedung von Amtspersonen, offizielle Empfänge), wenn der Rahmen des allgemein Üblichen und Angemessenen nicht überschritten wird,


-
bei geringfügigen Dienstleistungen, die die Durchführung eines Dienstgeschäftes erleichtern oder beschleunigen (z. B. Abholung mit einem Wagen vom Bahnhof).


Die stillschweigende Zustimmung kann im Einzelfall durch die zuständige Stelle widerrufen werden, wenn durch die Annahme derartiger Vorteile der Eindruck der Bevorzugung Einzelner oder der Befangenheit entstehen könnte.



V. Rechtsfolgen bei Verstoß

Der Verstoß gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken stellt zum einen ein Dienstvergehen bzw. eine Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar, so dass

-
Beamtinnen und Beamten disziplinarische Maßnahmen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis,
-
Ruhestandsbeamtinnen und -beamten disziplinarische Maßnahmen bis zur Aberkennung des Ruhegehalts,
-
Berufssoldatinnen und -soldaten sowie Soldatinnen und Soldaten auf Zeit disziplinarische Maßnahmen bis zur Entfernung aus dem Dienstverhältnis,
-
Berufssoldatinnen und -soldaten im Ruhestand sowie früheren Soldatinnen und Soldaten, die als Soldatinnen und Soldaten im Ruhestand gelten, disziplinarische Maßnahmen bis zur Aberkennung des Ruhegehalts sowie
-
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Auszubildenden arbeitsrechtliche Sanktionen bis zur außerordentlichen Kündigung
drohen.


Entsteht dem Dienstherrn oder Arbeitgeber im Zusammenhang mit einem Verstoß gegen die Regelungen des Verbots der Annahme von Belohnungen oder Geschenken ein wirtschaftlicher Nachteil, sind die betroffenen Beschäftigten zu Schadensersatz verpflichtet (vgl. § 78 BBG, § 14 BAT/BAT-O, § 11a MTArb/MTArb-O, § 24 SG). Unabhängig von eventuellen Schadensersatzansprüchen kann der Dienstherr oder Arbeitgeber einen Anspruch auf Herausgabe der Vorteile haben.



Zum anderen können Beschäftigte bei Verstoß gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen oder Geschenken strafrechtlich verurteilt werden

-
wegen Vorteilsannahme zu einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder zu einer Geldstrafe, wenn sie für die Dienstausübung einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordern, sich versprechen lassen oder annehmen (vgl. § 331 Abs. 1 StGB),
-
wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder zu einer Geldstrafe, wenn sie einen Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, dass sie eine Diensthandlung vorgenommen haben oder künftig vornähmen und dadurch ihre Dienstpflicht verletzt haben oder verletzen würden (vgl. § 332 Abs. 1 StGB),
-
in besonders schweren Fällen der Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren (vgl. § 335 Abs. 1 Nr. 1 StGB).


VI. Ergänzende Anordnungen

Die obersten Dienstbehörden können ergänzende bzw. weitergehende Anordnungen treffen, insbesondere um speziellen Gegebenheiten in ihren Bereichen oder einzelnen Verwaltungszweigen gerecht zu werden.



VII. Schlussbestimmungen

Die Rundschreiben des Bundesministeriums des Innern – II A 1 – 21 263 – 352/61 – vom 25. Januar 1962 (GMBl. 1962 S. 120 ff.), D I 1 – 210 170/1 vom 10. März 1977 und – D I 1 – 210 170/1 vom 24. November 1981 treten außer Kraft.