Logo jurisLogo Bundesregierung

Präsidialverfügung zur "Freistellung von Bahnbetriebszwecken" (§ 23 Allgemeines Eisen-bahngesetz (AEG)) und zu Fragestellungen in Verbindung mit dem kommunalen Planungsrecht

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung

Präsidialverfügung zur „Freistellung von Bahnbetriebszwecken“ (§ 23 Allgemeines Eisenbahngesetz (AEG)) und zu Fragestellungen in Verbindung mit dem kommunalen Planungsrecht



Vom 31. Oktober 2005



- Pr.2320 Paw 2005 (Freistellung) -



Anlage 1:

Exkurs 1:

Unbestimmte Rechtsbegriffe des § 23 Abs.1 AEG wie z. B. „Verkehrsbedürfnis“ und „langfristig nicht mehr zu erwartende Nutzung“


Exkurs 2:

Differenzierung zwischen Freistellung von Bahnbetriebszwecken und Stilllegungsentscheidung nach § 11 AEG


Exkurs 3:

Übergang von einer Eisenbahn des Bundes auf eine nichtbundeseigene Eisenbahn (NE)


Exkurs 4:

Abgrenzung zwischen dinglicher Sicherung einer Bahnfläche einerseits und Fachplanungsrecht andererseits



Anlage 2:

Checkliste beizubringender Unterlagen im Verfahren auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken



Anlage 3:*

Musterfälle für das Verfahren auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken (Leitfäden)


3.1

Umgang mit gewidmeten Bahnflächen


3.2

Umgang mit gemischt genutzten Betriebsanlagen



Anlage 4:*

Musterschreiben


4.1

Veröffentlichungsersuchen und öffentliche Bekanntmachung im Bundesanzeiger


4.2

Freistellungsbescheid


4.3

Bekanntgabe an Beteiligte


4.4

Bekanntgabe an Bundespolizeidirektion





Mit dem Dritten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 27.04.2005 (BGBl I S. 1138), das am 30.04.2005 in Kraft getreten ist, wird in das AEG ein neuer § 23 über die „Freistellung von Bahnbetriebszwecken“ eingefügt. Mit diesem Paragraphen wird die bisher im Eisenbahnrecht anhand des Grundsatzurteils des BVerwG vom 16.12.1988 (Az.: 4 C 48/86) entwickelte Verwaltungspraxis der Entwidmung als „Freistellung von Bahnbetriebszwecken“ erstmalig gesetzlich geregelt.



Die „Präsidialverfügung zu entwidmungsrechtlichen Fragestellungen und der Verzahnung mit dem kommunalen Planungsrecht unter besonderer Berücksichtigung städtebaulicher Belange“, - Pr. 2310 Paw 2003 - vom 01.09.2003 sowie die Verfügung - 23.12 Paw - vom 11.02.2004 werden aufgehoben und durch diese Verfügung ersetzt.



Die „Leitfäden zur Aktivierung gewidmeter Bahnflächen und Empfangsgebäude“ in der Anlage 3 zu dieser Verfügung zeigen an Hand von ausgewählten Beispielen, die für eine überwiegende Anzahl von Fällen repräsentativ sind, den Umgang mit Bahnflächen / Bahnteilflächen sowie Empfangsgebäuden.

Sie sind bis zu einer Überarbeitung im Sinne des § 23 AEG entsprechend anzuwenden.



Zur Gewährleistung eines bundeseinheitlichen Verwaltungshandelns ist folgendes zu beachten:



Diese Verfügung gilt für alle Anträge auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken, die nach dem 30.04.2005 gestellt werden (§ 38 Abs. 6 AEG).



Ist eine Eisenbahnbetriebsanlage des Bundes entbehrlich, bedarf es einer „Freistellung von Bahnbetriebszwecken“ durch das Eisenbahn-Bundesamt.





I.
Formelle Voraussetzungen für die Freistellung von Bahnbetriebszwecken im Eisenbahnrecht


1.
Zuständigkeit des EBA / Rechtsgrundlage (Ermächtigungsgrundlage)


Für die Freistellung von Bahnbetriebszwecken von Grundstücken, die Betriebsanlage einer Eisenbahn sind oder auf denen sich Betriebsanlagen einer Eisenbahn befinden, die einer Eisenbahn des Bundes dienen oder gedient haben, ist gemäß § 23 Abs. 1 AEG i. V. m. § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 S. 2 des Gesetzes über die Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes (Bundeseisenbahnverkehrsverwaltungsgesetz- BEVVG) i. V. m. § 18 AEG das Eisenbahn-Bundesamt als Planfeststellungsbehörde für Eisenbahnen des Bundes zuständig.


2.
Antragsbefugnis


Gemäß § 23 Abs. 1 AEG ist beim Eisenbahn-Bundesamt ein Antrag auf Freistellung von Flächen, die bisher zu Bahnbetriebszwecken benötigt wurden, zu stellen.
Antragsbefugt sind
das Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU)
der Eigentümer des Grundstücks oder
die Gemeinde , auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet.


Der Antrag kann formlos gestellt werden. Um den Anforderungen des § 22 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) zu genügen, muss der Antrag folgende Angaben enthalten:
Antragsteller mit Namen und Anschrift,
diejenige Außenstelle des Eisenbahn-Bundesamtes, die das Freistellungsverfahren durchführen soll,
genaue Bezeichnung der Freistellungsfläche.


Sollte der Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken nicht in eigenem Namen beim Eisenbahn-Bundesamt gestellt werden, ist der Nachweis einer Vertretungsberechtigung durch Vorlage einer Vollmacht zu führen.




3.
Beizufügende Unterlagen


Die Antragsteller haben grundsätzlich die in der Anlage 2 aufgeführten Unterlagen beizufügen.


Sofern der Eigentümer des Grundstücks oder die Gemeinde den Antrag auf Freistellung von Bahnbetriebzwecken stellt, kann es im Hinblick auf die interne Freistellungsprüfung der DB AG zweckmäßig sein, wenn eine vorherige Abstimmung mit der zuständigen Stelle der DB AG, z. B. der örtlich zuständigen DB SImm Niederlassung, erfolgt.


Das Bundeseisenbahnvermögen (BEV) bzw. die Vivico Real Estate GmbH haben die bereits im Rahmen der Entbehrlichkeitsprüfung (EP-Prüfung) erstellte EP – Akte dem Antrag beizufügen. Dieses EP - Prüfungsergebnis gilt zeitlich unbefristet, so dass auch bei diesen Antragstellern keine aktualisierte Entbehrlichkeitsprüfung mehr erforderlich ist.




4.
Antragsgegenstand


Antragsgegenstand der Freistellung von Bahnbetriebszwecken sind als kleinste Einheit eines Grundstücks wie bisher Flurstücke.
Ein Grundstück im katasterrechtlichen Sinn besteht aus mindestens einem Flurstück. Es kann aber auch mehrere Flurstücke umfassen.
Sofern nur über Teile eines Flurstücks oder einzelne Flurstücke verfügt werden soll, ist die Bildung eines neuen Flurstücks / Grundstücks erforderlich.




5.
Sachverhaltsermittlung


Neben den über den Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Beteiligungsverfahren wird es je nach Antragstellung, Sachlage und Einzelfall notwendig sein, im Vorfeld zum Beteiligungs-verfahren die Eigentumsverhältnisse und die Freistellbarkeit / Entbehrlichkeit mit der DB AG bzw. dem BEV zu klären. Diese Ermittlungen sind kurzfristig durchzuführen.


Beteiligungsverfahren, Veröffentlichung im Bundesanzeiger
Die Beteiligung nach § 23 Abs. 2 AEG dient der Information und der Einholung von Stellungnahmen, die für die Entscheidung über die Freistellung bedeutsam sein können.


Nach § 23 Abs. 2 S. 1 AEG hat das Eisenbahn-Bundesamt
die Eisenbahnverkehrsunternehmen,
die nach § 1 Abs. 2 des Regionalisierungsgesetzes bestimmten Stellen, d. h. die Träger des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in den Ländern,
die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung,
die betroffenen Gemeinden, sowie
Eisenbahninfrastrukturunternehmen, soweit deren Eisenbahninfrastruktur an die vom Antrag betroffene Eisenbahninfrastruktur anschließt,
durch öffentliche Bekanntmachung im Bundesanzeiger oder elektronischen Bundesanzeiger zur Stellungnahme aufzufordern.


Die öffentliche Bekanntmachung durch das Eisenbahn-Bundesamt erfolgt bis auf weiteres im Bundesanzeiger.
In diesem Zusammenhang wird auf folgendes hingewiesen:
Die Veröffentlichung nach § 23 Abs. 2 AEG wird durch das Eisenbahn-Bundesamt bis zum Funktionsstart des elektronischen Bundesanzeigers nur in der Printausgabe des Bundesanzeigers veranlasst.
Deshalb ist nur diese Veröffentlichung verbindlich.
Der kostenpflichtige Abruf von Veröffentlichungen des Eisenbahn-Bundesamtes nach § 23 Abs. 2 AEG im Internet beruht allein darauf, dass private Dritte die Printausgabe bzw. den Inhalt der Printausgabe des Bundesanzeigers kostenpflichtig ins Internet einstellen. Dies ist weder vom Eisenbahn-Bundesamt veranlasst, noch besteht ein Einfluss darauf.
Weiter stehen diese ins Internet eingestellten Veröffentlichungen auch nicht im Zusammenhang mit dem elektronischen Bundesanzeiger der Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH.
Der kostenpflichtige Abruf der Veröffentlichungen nach § 23 Abs. 2 AEG im Internet findet jeweils auf eigenes Risiko der Verfahrensbeteiligten statt.


Die zur Veröffentlichung benötigten Unterlagen sind als Anlage 4.1 beigefügt.


Der Eigentümer des Grundstücks ist ebenfalls zur Abgabe einer Stellungnahme entsprechend der in der öffentlichen Bekanntmachung gesetzten Frist parallel zur öffentlichen Bekanntmachung schriftlich aufzufordern, soweit er bekannt und nicht Antragsteller ist.


Die Frist zur Abgabe der Stellungnahme soll sechs Monate nicht überschreiten (§ 23 Abs. 2 S. 2 AEG). Diese Frist wird vom Eisenbahn-Bundesamt in der öffentlichen Bekanntmachung bestimmt.




Da es sich hier um eine Soll-Vorschrift handelt, die für den Regelfall eine Bindung vorsieht, darf das Eisenbahn-Bundesamt nur aus wichtigem Grund oder in atypischen Fällen eine Frist bestimmen, die über sechs Monate hinaus geht.


Die Frist ist nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach
dem Umfang des Antrages (z. B. nur ein Flurstück oder mehrere Flurstücke bei Freistellung einer Strecke bzw. Teilstrecke),
dem Schwierigkeitsgrad,
dem Ort und der Lage des Flurstücks
zu bestimmen.




6.
Rechtsform der Freistellung von Bahnbetriebszwecken


Beim Freistellungsbescheid handelt es sich um einen Verwaltungsakt, durch den der Rechtscharakter der Bahnfläche verändert wird. Nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen kann eine Freistellungsentscheidung auch im Rahmen eines Verfahrens nach § 18 AEG getroffen werden. Voraussetzung ist, dass eine Änderung einer Betriebsanlage erforderlich ist, in deren Zusammenhang auch über die Freistellung von Bahnbetriebszwecken für einzelne Flächen entschieden werden kann bzw. muss. Die Freistellung von Bahnbetriebszwecken muss in diesem Fall ausdrücklich ausgesprochen werden.


7.
Form


Die Freistellungsentscheidung des Eisenbahn-Bundesamtes ergeht gem. § 37 Abs. 2 VwVfG in Schriftform und ist mit einer entsprechenden Begründung i.S.d. § 39 Abs. 1 VwVfG zu versehen.




8.
Bekanntgabe und Wirksamwerden


Nach § 23 Abs. 3 S. 1 AEG ist die Freistellungsentscheidung
dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen,
dem Eigentümer des Grundstücks,
und der Gemeinde, auf deren Gebiet sich das Grundstück befindet
durch Zustellung bekannt zu machen.


Die Zustellung erfolgt anhand der Regelungen des Verwaltungszustellungsgesetzes des Bundes (VwZG). Danach ist die Freistellungsentscheidung dem Eisenbahninfrastrukturunternehmen sowie dem Eigentümer des Grundstücks mittels Postzustellungsurkunde (§ 2 i. V. m. § 3 VwZG) zuzustellen.


Die Zustellung der Freistellungsentscheidung an die Gemeinde erfolgt durch das Empfangsbekenntnis (§ 2 i. V. m. § 4 VwZG).


Die zuständigen Träger der Landesplanung und Regionalplanung sind zu unterrichten (§ 23 Abs. 3 S. 2 AEG).


Darüber hinaus ist auch die Bundespolizei (Bundespolizeidirektion Koblenz) von der Freistellungsentscheidung zu benachrichtigen. In diesem Zusammenhang ist abweichend von der bisherigen Praxis zu beachten, dass zukünftig nur noch zentral die Bundespolizeidirektion, Sachgebiet 13-2, Roonstraße 13, 56068 Koblenz von der Freistellungsentscheidung zu unterrichten ist. Die Bundespolizeidirektion wird die zuständigen Bundespolizeiämter entsprechend unterrichten.


Schließlich sind diejenigen Eisenbahnverkehrsunternehmen und Träger des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß § 41 Abs. 1 S. 1 VwVfG von der Freistellungsentscheidung zu benachrichtigen, die eine Stellungnahme abgegeben haben.




II.
Materielle Voraussetzungen


1.
Bestimmtheit der Freistellung von Bahnbetriebszwecken


Der Freistellungsbescheid muss den in § 37 Abs. 1 VwVfG normierten allgemeinen Anforderungen an das Bestimmtheitsgebot genügen. Dem Bestimmtheitsgebot ist Genüge getan, wenn sich anhand der vorgelegten Unterlagen eindeutig ermitteln lässt, auf welche Freistellungsflächen sich der flurstücksbezogene Verwaltungsakt erstreckt.


Es ist daher erforderlich, dass im Freistellungsbescheid die genaue Bezeichnung der Freistellungsfläche und der darauf befindlichen Anlagen/Bauwerke, die von Bahnbetriebszwecken freigestellt werden sollen (insbesondere: Gemeinde, Gemarkung, Flur, Flurstücksnummer, Größe der Flächen; Streckennummer und Streckenkilometer, ehemalige / bisherige Nutzung der Anlage bzw. Anlagenteile), angegeben werden.


Die genaue Bezeichnung der Freistellungsfläche erfolgt durch Beschreibung und Festlegung eines zeichnerisch genau bestimmten Teiles eines Flurstücks oder mehrerer Flurstücke auf einem Lageplan in der Qualität eines Lageplanes im Planfeststellungsverfahren, aus dem ersichtlich ist, welche Flächen von Bahnbetriebszwecken freigestellt werden sollen (farbliche Markierung, bspw. blau mit rotem Rand), wobei im Freistellungsverfahren i.d.R. ein Maßstab von 1:1000 ausreicht.


Das notwendige Maß der Konkretisierung, insbesondere der Pläne, hängt jedoch immer vom jeweiligen Einzelfall ab.


Der Antragsgegenstand hat dem Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit und Rechtsklarheit zu genügen.




2.
Verfahren
Wegen der Flächenbezogenheit der Freistellung von Bahnbetriebszwecken sind grundsätzlich nur ganze Flurstücke freistellungsfähig. Soll nur ein Teil eines Flurstückes freigestellt werden, ist ein eigenes Flurstück zu bilden. Ist eine Teilung im Einzelfall nicht möglich, ist dem Eisenbahn-Bundesamt dies mit Begründung mitzuteilen. Die Entscheidung in diesen Fällen bleibt der Zentrale des Eisenbahn-Bundesamtes vorbehalten.

Um das Freistellungsverfahren zu beschleunigen, ist ein gestuftes Verfahren zulässig, wonach ein als Sollvorgabe zeichnerisch genau bestimmter Teil einer Freistellungsfläche im Vorgriff auf die spätere Teilung des Flurstückes freigestellt werden kann. Die katasterrechtliche Teilung des Flurstücks wird dem EBA von Seiten des Antragstellers durch Vorlage eines Auszuges aus dem Liegenschaftskataster mit den aktuellen Eigentumsgrenzen angezeigt.


Planungstorso
Bei der Prüfung der vorgelegten Freistellungsunterlagen ist darauf zu achten, dass eine sinnvolle planungsrechtliche und eisenbahn-/sicherheitstechnische Abgrenzung zu den verbleibenden Betriebsanlagen erfolgt und dadurch ein möglicher Planungstorso vermieden wird.




3.
Kein Verkehrsbedürfnis (Freistellbarkeit )


Im Rahmen des Freistellungsverfahrens ist zu klären, ob die Bahnflächen dauerhaft nicht mehr für den Eisenbahnverkehr benötigt werden, d.h. „freistellbar“ sind.
Die Freistellbarkeit von Flächen, die bisher für Infrastruktureinrichtungen benötigt wurden, liegt vor, wenn kein Verkehrsbedürfnis mehr besteht und langfristig eine Nutzung der Infrastruktur im Rahmen der Zweckbestimmung nicht mehr zu erwarten ist, § 23 Abs. 1 AEG.
Nähere Ausführungen zu den unbestimmten Rechtsbegriffen „Verkehrsbedürfnis“ und „langfristig nicht mehr zu erwartende“ Nutzung sind der Anlage 1, Exkurs 1 zu entnehmen.


Solange die vom Freistellungsantrag betroffenen Flächen weiterhin für Betriebsanlagen der Eisenbahn und damit für die Abwicklung oder Sicherung des Reise- und Güterverkehrs objektiv benötigt werden, sind sie einer Freistellung von Bahnbetriebszwecken nicht zugänglich.


Für das konkrete Freistellungsverfahren bedeutet dies, dass sich auf den Freistellungsflächen keine betriebsnotwendigen funktionstüchtigen Anlagen mehr befinden dürfen [z.B. Ka-
belkanäle mit betriebsnotwendigen Signal-, Fernmelde-, Elektrizitätsleitungen (Zugbetrieb, Zugüberwachung und Zugbahnfunk), Anlagen zur Entwässerung von Brücken, Gleisanlagen und Tunneln, Maste, Gleise, Weichen o.ä.]; sofern derartige Anlagen noch vorhanden sind, sind diese entweder vor der Freistellung von der Fläche zu verlegen oder außer Funktion zu nehmen, oder es ist für diese Anlagen mittels Grundstücksteilung ein eigenes Flurstück zu bilden, oder es ist das gestufte Verfahren durchzuführen.


Sollten auf den freizustellenden Flächen nicht mehr betriebsnotwendige, aber funktionstüchtige Anlagen noch vorhanden sein, wie z.B. eine funktionstüchtige Drehscheibe, die in ein Museum integriert werden soll, können diese Flächen grundsätzlich freigestellt werden.




Sonderfall: Funktionslosigkeit von Betriebsanlagen


Eine besondere, nur in Einzelfällen in Betracht kommende Ausnahme von dem Grundsatz der Freistellung von Bahnbetriebszwecken bildet das Institut der „Funktionslosigkeit“, bei dem die Zweckbestimmung der Flächen, auf denen die Eisenbahninfrastruktur errichtet wurde, entfällt. Aus Gründen der Rechtsklarheit sollte auch in diesem Fall ein förmlicher feststellender Bescheid erlassen werden, in dem das Entfallen der Zweckbestimmung durch „Funktionslosigkeit“ unter den nachfolgend beschriebenen Voraussetzungen vom Eisenbahn-Bundesamt festgestellt wird.


Nach den von der Rechtsprechung entwickelten strengen Anforderungen entfällt das Fachplanungsprivileg wegen Funktionslosigkeit, wenn
aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse bzw. baulichen Hindernisse faktisch ein Zustand erreicht ist, der die Verwirklichung des Fachplanungszwecks auf unabsehbare Zeit ausschließt und
dies für die Allgemeinheit offenkundig ist, so dass ein Vertrauen auf die Fortgeltung des Fachplanungsprivilegs nicht mehr schutzwürdig ist.




4.
Rechtsfolgen der Freistellung von Bahnbetriebszwecken


Bei der Freistellung von Bahnbetriebszwecken handelt es sich um eine gebundene Entscheidung. Liegen ihre Voraussetzungen vor, so ist die Freistellung auszusprechen.


Mit der Freistellung von Bahnbetriebszwecken endet die Eigenschaft als Betriebsanlage. Damit verbunden ist die Aufgabe des Fachplanungsvorbehalts und der Übergang der Planungshoheit auf die Kommune.


Ab diesem Zeitpunkt unterliegen die Flächen und Anlagen wieder ausschließlich dem allgemeinen Bauplanungsrecht und der kommunalen Zuständigkeit. Das Eisenbahn-Bundesamt verliert die Hoheitsbefugnisse und damit gleichzeitig die Zuständigkeit für die Aufsicht. Gleiches gilt auch für die (polizeiliche) Zuständigkeit der Bundespolizei (vgl. § 3 Abs. 1 BPolG).




5.
Zeitpunkt für das Inkrafttreten der Freistellungsverfügung


Es ist entsprechend der rechtsstaatlichen Eindeutigkeit geboten, in dem Freistellungsbescheid einen genauen Zeitpunkt zu bestimmen, zu dem der Wechsel der Planungshoheit vollzogen wird. Nur so ist für alle Beteiligten eindeutig erkennbar, ab welchem Zeitpunkt die Zuständigkeit des EBA endet und die kommunale Zuständigkeit beginnt. Bei der Bestimmung des Zeitpunkts des Übergangs der Planungshoheit handelt es sich nicht um eine Nebenbestimmung im Sinne des § 36 VwVfG.




6.
Nebenbestimmungen


Aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sind Freistellungsverfügungen bedingungsfeindlich. Somit können Freistellungen von Bahnbetriebszwecken beispielsweise weder unter einer aufschiebenden Bedingung noch unter einer Befristung erlassen werden.


Sind bei Stellung des Freistellungsantrages noch abschließende Anpassungsmaßnahmen erforderlich, um die Freistellbarkeit von Betriebsanlagen herbeizuführen, ist eine Freistellung von Bahnbetriebszwecken erst nach Abschluss dieser Maßnahmen auszusprechen.




III.
Kosten des Freistellungsverfahrens


Das Eisenbahn-Bundesamt erhebt für seine Amtshandlungen nach dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) Kosten (Gebühren und Auslagen) nach § 3 Abs. 4 Satz 1 BEVVG i.V.m. §§ 1, 2 Abs. 1 und 2 sowie § 6 der Verordnung über die Gebühren und Auslagen für Amtshandlungen der Eisenbahnverkehrsverwaltung des Bundes (BEGebV) i.V.m. Abschnitt 3, Ziffer 309 des Gebührenverzeichnisses sowie §§ 11, 10 Abs. 1 Nr. 4 und 13 Abs. 1 Ziffer 1 Verwaltungskostengesetz (VwKostG).




In Vertretung

gez. Kalwey


Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage 1 der Präsidialverfügung "Freistellung von Bahnbetriebszwecken" (§ 23 AEG)

Anlage 2: Checkliste beizubringender Unterlagen im Verfahren auf Freistellung von Bahnbetriebszwecken