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Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen

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I.
Übernahmeentscheidung


1.
Allgemeines


1.1
Nach diesen Richtlinien wird über die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen der Bundesrepublik Deutschland (Bund) zugunsten deutscher Exporteure und Kreditinstitute zur Deckung von auslandsbezogenen Risiken eines Ausfuhrgeschäftes entschieden. Ausfuhrgewährleistungen werden übernommen als


1.1.1
Ausfuhrbürgschaften,
wenn der ausländische Vertragspartner des deutschen Deckungsnehmers oder ein für das Forderungsrisiko voll haftender Garant ein Staat, eine Gebietskörperschaft oder eine vergleichbare Institution ist;


1.1.2
Ausfuhrgarantien
in allen Fällen anderer ausländischer Vertragspartner.


1.2
Ausfuhrdeckungen, die auf dem privaten Versicherungsmarkt allgemein in derselben Art und in demselben Umfang angeboten werden, sollen nicht als Ausfuhrgewährleistungen übernommen werden.


1.3
Ein Anspruch auf Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen besteht nicht.


1.4
Ausfuhrgewährleistungen dürfen nur gegenüber deutschen Exporteuren (Deckungsnehmer) übernommen werden. Gegenüber Kreditinstituten (Deckungsnehmer) dürfen Ausfuhrgewährleistungen übernommen werden, wenn sie Geschäfte deutscher Exporteure finanzieren und keine Zweifel an einer ordnungsgemäßen Durchführung der betreffenden Kreditverträge bestehen. Die Übernahme kann auch mittelbar durch Rückversicherung gegenüber anderen staatlichen Kreditversicherern erfolgen.


1.4.1
Als deutsche Exporteure gelten


1.4.1.1
Einzelkaufleute und Handelsgesellschaften mit Wohnsitz bzw. Gesellschaftssitz im Inland;


1.4.1.2
ausländische Handelsgesellschaften, die im Inland eine in das Handelsregister eingetragene Niederlassung unterhalten in Bezug auf das Ausfuhrgeschäft dieser Niederlassung.


1.4.2
Als deckungsberechtigte Kreditinstitute gelten in der Regel solche Unternehmen, die nach dem Gesetz über das Kreditwesen (KWG) zulässigerweise Bankgeschäfte im Geltungsbereich dieses Gesetzes betreiben oder die erlaubnisfrei Bankgeschäfte im Geltungsbereich des KWG betreiben dürften.


1.5
Durch Ausfuhrgewährleistungen können insbesondere Liefer-, Leistungs- und Finanzierungsverträge unterstützt werden.


1.6
Ausfuhrgewährleistungen dienen der Förderung der deutschen Ausfuhr. Sie sollen nur übernommen werden, wenn die nach dem Ausfuhrvertrag zu liefernden Waren oder die zu erbringenden Leistungen ihren Ursprung im Wesentlichen im Inland haben.


1.6.1
Ausländische Zulieferungen können bis zu einem Anteil von in der Regel 10 vom Hundert an dem gesamten Liefer- und Leistungsumfang des Exportgeschäftes in den Deckungsschutz einbezogen werden.


1.6.2
Ausländische Zulieferungen, die in den Anwendungsbereich internationaler Vereinbarungen und Regelungen fallen, werden nach Maßgabe der dortigen Bestimmungen in den Deckungsschutz einbezogen.


1.6.3
Im Bereich der Ausfuhrgewährleistungen für Exportverträge mit Kreditlaufzeiten von nicht mehr als 24 Monaten können im Rahmen der dafür im internationalen Handelsverkehr üblichen Konditionen Güter, die typischerweise im Transit gehandelt werden (Transitware), in den Deckungsschutz einbezogen werden.


Bei Ausfuhrgeschäften, die mit besonders hohen Risiken verbunden sind, kann die Ausfuhrgewährleistung auf den Liefer- bzw. Leistungsanteil mit Ursprung im Inland beschränkt werden.


1.6.4
Auf die in den Deckungsschutz einzubeziehenden ausländischen Zulieferungen werden Zulieferungen dann nicht angerechnet, wenn für sie eine Rückversicherung eines ausländischen staatlichen Exportkreditversicherers besteht.


1.7
Anträge auf Übernahme einer Ausfuhrgewährleistung sind grundsätzlich auf eine Deckung sämtlicher mit dem Exportgeschäft verbundenen abdeckbaren Risiken zu richten.
Bei der Entscheidung über die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen kann der Bund Risiken von der Deckung ausschließen oder den Umfang der Deckung beschränken.


2.
Kriterien für die Übernahme


2.1
Förderungswürdigkeit
Die Übernahme einer Ausfuhrgewährleistung setzt die Förderungswürdigkeit des Ausfuhrgeschäftes oder ein besonderes staatliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland an der Durchführung des Ausfuhrgeschäftes voraus.
Ein Ausfuhrgeschäft gilt insbesondere nicht als förderungswürdig, wenn seiner Durchführung wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen.


2.2
Risikomäßige Vertretbarkeit
Die positive Entscheidung über die Übernahme einer Ausfuhrgewährleistung setzt voraus, dass unter Berücksichtigung bereits gedeckter Risiken die Deckung in Bezug auf die Kreditwürdigkeit des ausländischen Bestellers oder Kreditnehmers sowie im Hinblick auf die mit der Durchführung des Ausfuhrgeschäftes verbundenen politischen Risiken vertretbar ist. Die Übernahme ist vertretbar, wenn eine vernünftige Aussicht auf einen schadensfreien Verlauf des Exportgeschäftes besteht.
Bei der Prüfung der zu deckenden Risiken ist der Grad der Förderungswürdigkeit des Ausfuhrgeschäftes zu berücksichtigen. Dabei kann die Grenze der Vertretbarkeit im Einzelfall weiter als im Regelfall gezogen werden, wenn an der Durchführung des Ausfuhrgeschäftes ein besonderes gesamtwirtschaftliches Interesse - insbesondere zur Sicherung von Arbeitsplätzen besteht.


2.3
Vertragsbedingungen
Ausfuhrgeschäfte sollen nur unterstützt werden, wenn die vereinbarten Konditionen mit den nach Art und Umfang der Warenlieferung oder der zu erbringenden Leistung im Außenhandel üblichen Vertragsbedingungen übereinstimmen. Insbesondere sollen unterstützte Ausfuhrgeschäfte in Bezug auf die Zahlungsbedingungen bzw. Rückzahlungsbedingungen zwischenstaatlichen Vereinbarungen und den international abgestimmten Grundsätzen für Exportgeschäfte entsprechen.


2.4
Haushaltsrechtliche Einschränkungen
Sämtliche Entscheidungen ergehen im Rahmen der Vorschriften des Bundeshaushaltsrechts. Insbesondere dürfen Ausfuhrgewährleistungen nicht übernommen werden, wenn


2.4.1
der im Haushalt festgesetzte Höchstbetrag der Gewährleistungen nicht ausreicht oder


2.4.2
wenn mit hoher Wahrscheinlichkeit mit der Inanspruchnahme des Bundes gerechnet werden muss.
Einem Antrag auf Übernahme einer Ausfuhrgewährleistung darf nur stattgegeben werden, wenn das Bundesministerium der Finanzen eingewilligt hat.


3.
Beteiligte an der Übernahmeentscheidung


3.1
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie trifft die Entscheidungen über eine Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen mit Einwilligung des Bundesministeriums der Finanzen gemäß § 39 der Bundeshaushaltsordnung vom 19.8.1969, BGBl. I S. 1284, sowie im Einvernehmen mit dem Auswärtigen Amt und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in dem Interministeriellen Ausschuss für Ausfuhrgarantien und Ausfuhrbürgschaften.


3.2
An den Sitzungen des Interministeriellen Ausschusses nehmen teil:


3.2.1
Vertreter des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesministeriums der Finanzen, des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung;


3.2.2
Vertreter der mit der Geschäftsführung betrauten Mandatare.
Zur Teilnahme an den Sitzungen des Interministeriellen Ausschusses kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie als beratende Sachverständige laden:


3.2.3
vom Bundesrechungshof, der Kreditanstalt für Wiederaufbau sowie der AKA AusfuhrkreditGesellschaft mbH benannte Vertreter;


3.2.4
vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf Zeit berufene Vertreter der Ausfuhrwirtschaft und des Bankgewerbes.


3.3
Den Vorsitz im Interministeriellen Ausschuss führt ein Vertreter des federführenden Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie.


3.4
Über die Verhandlungen im Interministeriellen Ausschuss ist von allen Teilnehmern Stillschweigen zu wahren. Alle den Teilnehmern gegebenen Unterlagen und Auskünfte sind nur für diese bestimmt und dürfen Dritten gegenüber nicht unbefugt offenbart werden.


3.5
Der Bund überträgt die Geschäftsführung einem Konsortium (Mandatare). Dieses Konsortium besteht aus der HERMES KreditversicherungsAG, Hamburg, als Federführer und der PwC Deutsche Revision Aktiengesellschaft Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Hamburg.


3.5.1
Die Geschäftsführung wird in einem Mandatarvertrag zwischen dem Bund und den Mandataren näher geregelt. Sie erstreckt sich auf die Entgegennahme der Anträge und sonstigen Erklärungen der Deckungsnehmer in Bezug auf die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen sowie auf deren Bearbeitung und Abwicklung. Die Mandatare bereiten die Anträge zur Entscheidung vor und übermitteln die getroffenen Entscheidungen ebenso wie eventuelle Weisungen an die Deckungsnehmer.


3.5.2
Die Tätigkeit der Mandatare unterliegt der Prüfung durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, das Bundesministerium der Finanzen sowie den Bundesrechnungshof.


4.
Verfahren


4.1
Ausfuhrgewährleistungen werden nur auf Antrag übernommen. Ein Antrag soll möglichst vor Abschluss des Ausfuhrvertrages und ggf. des Kreditvertrages, jedenfalls vor Beginn des zu deckenden Risikos gestellt werden.


4.2
Grundsätzliche Stellungnahme
Vor dem Abschluss eines Ausfuhrvertrages und ggf. eines Kreditvertrages kann gegenüber dem Antragsteller eine grundsätzliche Stellungnahme über die Aussichten einer Indeckungnahme abgegeben werden.


4.2.1
Die grundsätzliche Stellungnahme umfasst die Zusicherung des Bundes, über die beantragte Ausfuhrgewährleistung bei unveränderter Sachund Rechtslage positiv zu entscheiden, sofern der Ausfuhrvertrag bzw. der Kreditvertrag innerhalb einer gesetzten Frist abgeschlossen wird und der im Haushaltsgesetz festgesetzte Höchstbetrag der Gewährleistungen ausreicht.


4.2.2
Ändert sich nach Abgabe der grundsätzlichen Stellungnahme die Sach- oder Rechtslage derart, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie bei Kenntnis der nachträglich eingetretenen Änderung die Stellungnahme nicht abgegeben hätte oder aus rechtlichen Gründen nicht hätte abgeben dürfen, ist der Bund an die Zusicherung nicht gebunden.


4.2.2.1
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie teilt dem Antragsteller den Wegfall der Bindungswirkung der Zusicherung nach Erlangung der Kenntnis von der Änderung der Sach- oder Rechtslage mit.


4.2.2.2
Hat der Antragsteller vor Ablauf der gesetzten Frist den Ausfuhrvertrag abgeschlossen und diese Tatsache unverzüglich mitgeteilt und konnte er bei dem Abschluss des Vertrages in gutem Glauben von einer unveränderten Sachund Rechtslage ausgehen, soll sich das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie auf den Wegfall der Bindungswirkung nur berufen, wenn und soweit es im Rahmen einer bestehenden Ausfuhrgewährleistung zu Eingriffen in die Deckung berechtigt wäre.


4.3
Endgültige Entscheidung


4.3.1
Über den Antrag auf Übernahme einer Ausfuhrgewährleistung wird endgültig entschieden, wenn sämtliche entscheidungserheblichen Tatsachen vorliegen.


4.3.2
Eine abschließende positive Entscheidung (endgültige Deckungszusage) wird regelmäßig erst getroffen, wenn der Ausfuhrvertrag sowie ggf. auch der Kreditvertrag abgeschlossen sind und sämtliche für die Ausfertigung der Ausfuhrgewährleistungs-Erklärung notwendigen Daten vorliegen.


4.3.3
Die endgültige Deckungszusage begründet einen Anspruch des Antragstellers auf Abschluss eines Gewährleistungsvertrages mit dem Bund, soweit der im Haushaltsgesetz festgesetzte Höchstbetrag der Gewährleistungen ausreicht. Der Bund ist jedoch an die Deckungszusage nicht gebunden, wenn und soweit er im Rahmen einer bestehenden Ausfuhrgewährleistung zu Eingriffen in die Deckung berechtigt wäre.


II.
Vertragliche Abwicklung


5.
Gewährleistungsvertrag


5.1
Aufgrund der endgültigen Deckungszusage schließt der Bund mit dem Deckungsnehmer einen Gewährleistungsvertrag. Der Bund als Vertragspartner des Deckungsnehmers wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie vertreten. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie lässt sich seinerseits beim Vertragsabschluss durch die Mandatare vertreten.


5.2
Im Gewährleistungsvertrag werden die Einzelheiten der Deckung geregelt, insbesondere


5.2.1
die vertraglichen Leistungen und Rechte des Gewährleistungsnehmers, die von der Ausfuhrgewährleistung umschlossen sind (Deckungsgegenstände),


5.2.2
die Umstände, bei deren Eintritt eine Entschädigung des Bundes erfolgt (Risikotatbestände),


5.2.3
der vom Gewährleistungsnehmer selbst zu tragende Anteil am Ausfall (Selbstbehalt),


5.2.4
der Betrag, bis zu dem eine Entschädigung des Bundes höchstens gewährt werden darf (Höchsthaftungssumme),


5.2.5
die Voraussetzungen, unter denen der Bund die Deckung beschränken darf (Deckungseingriffe), sowie


5.2.6
die Möglichkeit von Umschuldungen mit dem Schuldnerland, die sich auch auf die Selbstbehalte der Exporteure beziehen (Umschuldungsvereinbarungen).


5.3
Wiederkehrende Vertragsbestimmungen kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen durch die Aufstellung Allgemeiner Bedingungen generell regeln.


6.
Entgelte


6.1
Der Exporteur bzw. das Kreditinstitut ist bei der Antragstellung vertraglich zu verpflichten, als Gegenleistung


6.1.1
für die Bearbeitung des Antrages sowie


6.1.2
für die Übernahme der Risiken durch den Bund Entgelte zu entrichten. Die Entgeltsätze sollen so bemessen sein, dass sich das Deckungsinstrument auf lange Sicht selbst trägt.


6.2
Das Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie setzt die Entgeltsätze im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen fest.


III.
Schlussbestimmungen


7.
In-Kraft-Treten
Diese Richtlinien treten mit Wirkung vom 1. Januar 1984 in Kraft. Mit dem In-Kraft-Treten dieser Richtlinien werden die Richtlinien für die Übernahme von Ausfuhrgewährleistungen im Ausfuhrgeschäft vom 7. September 1961 aufgehoben.