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Runderlass Außenwirtschaft Nr. 2/2021; Siebzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung

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Runderlass Außenwirtschaft Nr. 2/2021
Siebzehnte Verordnung
zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung



Vom 27. April 2021



Fundstelle: BAnz AT 30.04.2021 B2



Zur Erläuterung der Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 27. April 2021 (BAnz AT 30.04.2021 V1) wird hiermit bekannt gemacht:



A. Allgemeiner Teil



I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen



Ausländische Direktinvestitionen sind für die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland von großer Bedeutung. Gleichzeitig nimmt der globale geoökonomische Wettbewerb stetig zu. Konkrete Investitionsvorhaben dienen immer häufiger breiteren politisch-strategischen Interessen. Ein effektives Investitionsprüfungsinstrument schützt die sicherheitspolitischen Belange der Bundesrepublik Deutschland. Von zentraler Bedeutung hierfür ist, dass der Staat rechtzeitig von potentiell kritischen Erwerbsfällen erfährt. Die Einzelfallprüfung stellt sodann die angemessene Abwägung zwischen unternehmerischen und sicherheitspolitischen Belangen sicher.



Vor diesem Hintergrund hat sich die Bundesrepublik Deutschland seit 2017 gemeinsam mit Frankreich und Italien auf europäischer Ebene für eine Änderung der unionsrechtlichen Rahmenbedingungen für die Überprüfung von Direktinvestitionen durch Unionsfremde eingesetzt: Die Zusammenarbeit der EU-Mitgliedstaaten im Bereich der Investitionsprüfung sollte verbessert und gleichzeitig sollten zusätzliche Handlungsspielräume für die nationalen Gesetzgeber erschlossen werden. Die aus dieser Initiative hervorgegangene Verordnung (EU) 2019/452 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (EU-Screening-Verordnung) ist am 11. April 2019 in Kraft getreten und am 11. Oktober 2020 wirksam geworden.



Mit dem Ersten Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) und anderer Gesetze vom 10. Juli 2020 (BGBl. I S. 1637) wurde das deutsche Außenwirtschaftsrecht, soweit gesetzliche Regelungen erforderlich waren, an die Vorgaben dieses neuen unionsrechtlichen Rahmens für die weiterhin allein in mitgliedstaatlicher Verantwortung liegende Investitionsprüfung angepasst (1. AWG-Novelle). Mit der Sechzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 26. Oktober 2020 (BAnz AT 28.10.2020 V1) wurde die Außenwirtschaftsverordnung (AWV) an die durch die 1. AWG-Novelle geänderten gesetzlichen Vorschriften angeglichen, soweit diese Änderungen für die volle Teilnahme Deutschlands an dem neuen EU-weiten Kooperationsmechanismus (Artikel 6 ff. EU-Screening-Verordnung) erforderlich waren.



Mit dieser Änderungsverordnung wird nunmehr die AWV auf Grundlage der übrigen durch die 1. AWG-Novelle geänderten gesetzlichen Vorschriften angepasst.



Überdies werden weitere Inhalte der EU-Screening-Verordnung im deutschen Investitionsprüfungsrecht nachvollzogen, soweit dafür keine weiteren gesetzlichen Anpassungen erforderlich sind. Dazu zählt die Anpassung der Fallgruppen besonders prüfrelevanter Unternehmen (bislang in § 55 Absatz 1 Satz 2 geregelt) aufgrund des Artikels 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung. Die Ausweitung der Meldepflichten stellt sicher, dass potentiell sicherheitskritische Erwerbsfälle einer angemessenen Prüfung unterzogen werden können.



Die EU-Screening-Verordnung gilt grundsätzlich unmittelbar. Ausdrückliche Übernahmen der Regelungsinhalte der EU-Screening-Verordnung sind daher nur erforderlich, soweit entgegenstehendes nationales Recht angepasst werden muss oder der Unionsgesetzgeber bewusst Spielräume für die Mitgliedstaaten vorgesehen hat, ob bzw. wie bestimmte Inhalte der EU-Screening-Verordnung umgesetzt werden. Dies gilt insbesondere für Artikel 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung. Insoweit ist es Ziel der Änderungsverordnung, die für die Mitgliedstaaten optionalen Inhalte der EU-Screening-Verordnung soweit als möglich zu konkretisieren, um für die Normadressaten der AWV größtmögliche Rechtsklarheit herzustellen.



Wo die Vorgaben der EU-Screening-Verordnung dagegen bereits detailliert und ohne optionale Spielräume für die Mitgliedstaaten formuliert und damit unmittelbar anwendbar sind, ist eine ausdrückliche Übernahme in die AWV nicht notwendig. Dies ist insbesondere hinsichtlich des neuen EU-weiten Kooperationsmechanismus der Fall.



Im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung sind künftig sämtliche Rüstungsgüter im Sinne des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste relevant.



Weitere Änderungen leiten sich aus den Erfahrungen der behördlichen Prüfpraxis der letzten Jahre ab: Teils wird die geltende Rechtslage klargestellt, teils sektorübergreifende und sektorspezifische Prüfung vereinheitlicht und teils werden Regelungslücken geschlossen, um die Effektivität der Investitionsprüfung zu stärken.



II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs



Mit der Verordnung werden die §§ 55 ff. AWV aufgrund der durch das Erste Gesetz zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze geänderten Vorgaben in den §§ 4, 5, 13, 14a und 15 AWG angepasst, soweit dies nicht durch die 1. AWG-Novelle oder die 16. AWV-Novelle bereits geschehen ist.



Mit weiteren Änderungen wird das nationale Investitionsprüfungsrecht gestärkt: Hierzu werden von der EU-Screening-Verordnung zugunsten der Mitgliedstaaten geschaffene Handlungsspielräume genutzt. Die „voraussichtliche Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit“ wird auf Grundlage der in Artikel 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung beispielhaft aufgeführten zielunternehmensbezogenen Aspekte mittels Aufnahme zusätzlicher besonders prüfrelevanter Fallgruppen in § 55a Absatz 1 (vormals § 55 Absatz 1 Satz 2) weiter konkretisiert.



Im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung sind künftig sämtliche Rüstungsgüter im Sinne des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste relevant.



Weitere Rechtsänderungen leiten sich aus den Erfahrungen der behördlichen Prüfpraxis der letzten Jahre ab. Künftig soll in besonderen Fallkonstellationen auch die Prüfung atypischer Kontrollerwerbe möglich sein. Es wird weiter u. a. klargestellt, dass sog. „Hinzuerwerbe“ grundsätzlich in den Anwendungsbereich der Investitionsprüfung fallen. Zudem wird klargestellt, dass das Bundeministerium für Wirtschaft und Energie von der sektorübergreifenden in die sektorspezifische Prüfung (und umgekehrt) wechseln kann.



B. Besonderer Teil



Zu Artikel 1



Zu Nummer 1



Die Inhaltsübersicht wird um die drei neuen Vorschriften der §§ 55a, 58a und 62a sowie um Übergangsbestimmungen in § 82a und eine Evaluierungsklausel in § 82b ergänzt.



Zu Nummer 2 Buchstabe a



Der bisherige § 55 Absatz 1 Satz 2 wird, inhaltlich modifiziert und ergänzt um weitere Fallgruppen, zu § 55a Absatz 1. Der bisherige § 55 Absatz 1 Satz 3 wird, inhaltlich unverändert, zu § 55a Absatz 2.



Zu Nummer 2 Buchstabe b



Folgeänderung zu Nummer 2 Buchstabe a.



Zu Nummer 2 Buchstabe c



Konzerninterne Umstrukturierungen, an denen zwei hundertprozentige Tochterunternehmen eines Mutterunternehmens beteiligt sind, werden von der Investitionsprüfung freigestellt, wenn beide Tochterunternehmen unter der gleichen Rechtsordnung inkorporiert sind.



Der bisherige § 55 Absatz 1b wird, inhaltlich unverändert, zu § 55a Absatz 3.



Zu Nummer 2 Buchstabe d Doppelbuchstabe aa



Grundsätzlich sind alle Arten missbräuchlicher Gestaltungen und Umgehungsgeschäfte durch § 55 Absatz 2 erfasst. Durch die Einfügung wird klargestellt, dass der Umgehungstatbestand nicht auf Konstellationen unter Beteiligung von Unionsansässigen beschränkt ist.



Zu Nummer 2 Buchstabe d Doppelbuchstabe bb



Sprachliche Klarstellung.



Zu Nummer 2 Buchstabe d Doppelbuchstabe cc



Mit dem neuen Satz wird als weiteres Regelbeispiel für ein Umgehungsgeschäft im Sinne des § 55 Absatz 2 die künstliche Aufspaltung des Beteiligungserwerbs auf mehrere aufeinander abgestimmte Erwerbsvorgänge (Parallelerwerbe) ausdrücklich erfasst.



Zu Nummer 2 Buchstabe e



In § 55 Absatz 3 wird das Erfordernis einer förmlichen Zustellung der Mitteilung über die Eröffnung des Prüfverfahrens aufgehoben. Damit wird die Mitteilung künftig (in beiden Verfahrensarten, siehe den neuen, klarstellenden Absatz 4 in § 60) durch einfache Bekanntgabe gemäß § 41 Absatz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) bewirkt, ohne dass dies einer besonderen Regelung in der AWV bedarf. Auf den bisherigen Satz 3 kann mit Blick auf § 41 Absatz 1 VwVfG verzichtet werden. Das bisherige Zustellungserfordernis nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes löste im Fall unionsfremder Erwerber regelmäßig praktische Probleme und zeitliche Verzögerungen aus, die im Rahmen des engen Fristenkorsetts der Investitionsprüfung nicht weiter hinnehmbar sind. Die Bekanntgabe nach den Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes bietet den Betroffenen ausreichende Rechtssicherheit und entspricht dem Vorgehen bei anderen behördlichen Mitteilungen bzw. Entscheidungen. Zudem wird durch eine technikoffene Formulierung („schriftlich oder elektronisch“) künftig auch die rechtswirksame Kommunikation per E-Mail ermöglicht. Der bisherige Satz 5 wird gestrichen, da er aufgrund der neuen gesetzlichen Fristenvorschrift in § 14a AWG keine Rechtswirkung mehr entfaltet. Ausnahmen von den gesetzlich festgelegten Fristenvorgaben müssen ebenfalls auf gesetzlicher Ebene statuiert werden.



Zu Nummer 2 Buchstabe f



Der bisherige § 55 Absatz 4 wird, inhaltlich modifiziert, zu § 55a Absatz 4.



Zu Nummer 3



Zur besseren Übersichtlichkeit wird der bisherige § 55 Absatz 1 Satz 2 in einen neuen § 55a überführt. Der Satzteil vor Nummer 1 in § 55a Absatz 1 wird sprachlich neugefasst, ohne dass damit gegenüber dem Satzteil vor Nummer 1 in § 55 Absatz 1 Satz 2 eine inhaltliche Änderung verbunden wäre.



Bisherige Fallgruppen der sektorübergreifenden Prüfung



§ 55a Absatz 1 Nummer 1 bis 11 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 55 Absatz 1 Satz 2.



Im Wortlaut von § 55a Absatz 1 Nummer 3 wird klargestellt, dass § 110 des Telekommunikationsgesetzes für die betreffenden Unternehmen eine Rechtspflicht zur Umsetzung organisatorischer Maßnahmen enthält („verpflichtet“ statt bislang „betraut“). Die Ergänzung um das Wort „Zugang“ dient der Klarstellung und der Vereinheitlichung im Hinblick auf den an § 5 Absatz 3 AWG in der Fassung der 1. AWG-Novelle angepassten Wortlaut von § 60 Absatz 1.



Die Ergänzung „in Bezug auf den jeweiligen Cloud-Computing-Dienst“ in § 55a Absatz 1 Nummer 4 dient der Klarstellung. Sinn und Zweck der Fallgruppe war es stets, Cloud-Computing-Dienste und nicht die dafür genutzten Kritischen Infrastrukturen – diese werden bereits durch Fallgruppe Nummer 1 erfasst – zu schützen. Daher kommt es auf das Erreichen bzw. Überschreiten der Schwellenwerte durch die für den jeweiligen Cloud-Computing-Dienst genutzten Kapazitäten an und nicht auf die Gesamtkapazität einer genutzten Kritischen Infrastruktur, die ggf. zum größten Teil keinen Bezug zum Cloud-Computing-Dienst hat. Letzterer Fall wäre unverhältnismäßig, da ein Unternehmen, das nur in sehr geringem Umfang Cloud-Computing-Dienste anbietet, dafür aber auf eine besonders große Serverfarm eines Drittanbieters zurückgreift, nicht die hier maßgebliche Sicherheitsrelevanz aufweist. Im Umkehrschluss fällt ein Cloud-Computing-Dienst auch dann unter diese Fallgruppe, wenn dieser z. B. auf verschiedene Rechenzentren zurückgreift, die alle einzeln unter den maßgeblichen Schwellenwerten der BSI-KritisV liegen, aber zusammen in ihrem von dem Cloud-Computing-Dienst genutzten Kapazitäten darüber liegen. Andernfalls könnte die Regelung durch Aufteilung des Dienstes auf viele kleine Rechenzentren umgangen werden. Die Ergänzung bei der Verweisvorschrift dient der Klarstellung.



Mit der Änderung in § 55a Absatz 1 Nummer 5 werden die Verweisvorschriften an die Neufassung der Regelungen zur Telematikinfrastruktur im Fünften Buch Sozialgesetzbuch angepasst.



In Fallgruppe Nummer 6 wird der bisher enthaltene Bezug zu konkreten Verbreitungswegen gestrichen. Damit wird klargestellt, dass der konkrete Verbreitungsweg für die Eröffnung des Anwendungsbereichs der Fallgruppe irrelevant ist. Die bisher enthaltene Aufzählung sollte auch bislang den Anwendungsbereich nicht einschränken, sondern diente lediglich der Erläuterung. Durch die fortschreitende Digitalisierung und Vielfalt der Verbreitungswege könnte jedwede Aufzählung künftig hinsichtlich des Anwendungsbereichs der Fallgruppe beschränkend wirken. Daher war die Streichung geboten. Unabhängig davon bleibt es dabei, dass vor dem Hintergrund von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe e der EU-Screening-Verordnung im Rahmen der Investitionsprüfung nach den §§ 55 ff. AWV die Grundsätze der Freiheit und Pluralität der Medien bei der Prüfung, ob ein konkreter Erwerb die öffentliche Ordnung oder Sicherheit beeinträchtigt, in besonderem Maße zu berücksichtigen sind. Unternehmen der Medienwirtschaft im Sinne der Fallgruppe sind insbesondere solche, die der Zulieferung zu, Herstellung oder Verbreitung von journalistisch-redaktionellen Inhalten dienen.



In der mit der 15. AWV-Novelle eingeführten Fallgruppe Nummer 8 (persönliche Schutzausrüstung) wird klargestellt, dass ausschließlich solche Produkte fallgruppenrelevant sind, die der Risikokategorie III des Anhangs I der Verordnung (EU) 2016/425 zugeordnet werden können. Die in der Fallgruppe genannten Vliesstoffe werden als Vorprodukte u. a. zur Herstellung von Atemschutzmasken benötigt. Die Erfassung der Entwickler und Hersteller der entsprechenden Herstellungsanlagen ist eine aus der COVID-19-Pandemie zu ziehende Konsequenz. Sie dient der Sicherstellung elementarer Schutzbedürfnisse der deutschen Bevölkerung. Auf eine weitergehende Erfassung, insbesondere weiterer Vorprodukte oder der Hersteller von Vliesstoffen und anderen Vorprodukten, wird aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zum jetzigen Zeitpunkt verzichtet.



Inkorporierung der bislang im Satellitendatensicherheitsgesetz geregelten Fallgruppe



Mit § 55a Absatz 1 Nummer 12 wird die bis zum Inkrafttreten der 1. AWG-Novelle in § 10 Absatz 1 des Satellitendatensicherheitsgesetzes (SatDSiG) fachgesetzlich geregelte Möglichkeit, Erwerbe von Betreibern hochwertiger Erdfernerkundungssysteme im Sinne von § 2 Absatz 1 SatDSiG durch Unionsfremde einer Prüfung zu unterziehen, in die AWV inkorporiert. In bestimmten Einzelfällen kann überdies § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 einschlägig sein: Hochwertige Erdfernerkundungssysteme im Sinne von § 2 Absatz 1 SatDSiG können als Rüstungsgüter im Sinne der Listenposition 011 Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste zu bewerten sein. § 10 Absatz 1 SatDSiG wich zuletzt deutlich von den in den Jahren 2017 und 2018 novellierten Regelungen in der AWV ab. In einem einschlägigen Erwerbsfall wären die Regelungen des SatDSiG aber trotzdem vorrangig gegenüber der AWV gewesen. Um unterschiedliche Regelungen zur Investitionsprüfung zu vermeiden und ein gleichwertiges Schutzniveau herzustellen, wurden alle einschlägigen Regelungen im SatDSiG aufgehoben (siehe Artikel 2 der 1. AWG-Novelle). Während im Fokus der Fallgruppe Nummer 12 der Betrieb von hochwertigen Erdfernerkundungssystemen steht, die bereits im Orbit sind, erfasst die neue Fallgruppe Nummer 18 unter anderem Unternehmen, die Güter oder Technologien für die Anwendung im Raumfahrtbereich entwickeln oder herstellen.



Einführung neuer Fallgruppen im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung



Mit § 55a Absatz 1 Nummer 13 bis 27 werden weitere Sektoren beziehungsweise Technologien als besonders prüfrelevant im Sinne der Investitionsprüfung identifiziert.



Allgemeines/Vorbemerkung



Die sicherheitspolitische Bedeutung der durch die in diesen Fallgruppen erfassten Sektoren beziehungsweise Technologien ist besonders hoch, so dass die daran geknüpften Rechtsfolgen (Meldepflicht, abgesenkte Prüfeintrittsschwelle sowie die – mit der 1. AWG-Novelle eingeführten – Vollzugsbeschränkungen nach § 15 Absatz 3 und 4 AWG) grundsätzlich denen der bisherigen Fallgruppen im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung entsprechen. Allerdings erscheint es nach Abwägung aller Umstände und unter Betrachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes geboten, die besonders strenge Erst-Prüfschwelle von 10 % künftig ausschließlich auf Kritische Infrastrukturen (im Sinne der Fallgruppen Nummer 1 bis 7) sowie den Rüstungssektor (sektorspezifische Prüfung) anzuwenden, siehe dazu die Begründung zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc und dd.



Die Fallgruppenzugehörigkeit ist ein Indiz für eine besondere Sicherheitsrelevanz des Zielunternehmens und die damit einhergehende Prüfrelevanz von Erwerbsfällen. Mit den neuen Fallgruppen werden weitere Fälle konkretisiert, in denen eine Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit besonders naheliegt. Damit wird die Wertung des Unionsgesetzgebers, die dem – nicht abschließenden – Katalog des Artikels 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung zugrunde liegt, nachvollzogen: Erwerbsbeschränkende Verfügungen – bis hin zu einer Untersagung – kommen nach Einschätzung des Unionsgesetzgebers insbesondere in diesen Sektoren bzw. bezüglich der dort genannten Technologien und wirtschaftlichen Aktivitäten zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit und damit in Einklang mit dem Europarecht in Betracht. Erforderlich bleibt allerdings, auch dies macht die EU-Screening-Verordnung deutlich, eine stets einzelfall- und sachbezogene Ermessens- und Verhältnismäßigkeitsabwägung.



Die in Artikel 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung genannten Sektoren, Technologien und wirtschaftlichen Aktivitäten werden – soweit sie, wie die kritischen Infrastrukturen, die Medien und der Verteidigungssektor, nicht ohnehin bereits im Rahmen der sektorübergreifenden oder der sektorspezifischen Prüfung hinreichend abgebildet werden – allerdings nicht pauschal, sondern selektiv mit Blick auf ihr jeweiliges Gefahrenpotential für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland Bestandteil der neuen Fallgruppen im Rahmen der nationalen Investitionsprüfung.



Soweit einzelne der in den Buchstaben a bis e des Artikels 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung schlagwortartig genannten Sektoren, Technologien oder sonstigen wirtschaftlichen Aktivitäten nicht ausdrücklich in die Fallgruppen nach deutschem Recht übertragen werden, hat dies allerdings keinen Einfluss auf die grundsätzliche Wertung des Unionsgesetzgebers, dass allen in Buchstaben a bis e genannten Sektoren, Technologien und wirtschaftlichen Aktivitäten grundsätzlich besonderes ordnungs- und sicherheitsrelevantes Gefährdungs- und damit Prüfpotenzial zukommt. Der Verzicht auf die Aufnahme einer damit korrespondierenden neuen Fallgruppe im deutschen Außenwirtschaftsrecht bringt lediglich zum Ausdruck, dass der nationale Verordnungsgeber in Abwägung aller Interessen zu dem Schluss gekommen ist, dass in bestimmten Bereichen zum jetzigen Zeitpunkt auf die Anordnung einer Meldepflicht und die weiteren o. g. Rechtsfolgen verzichtet werden soll. Dies ist beispielsweise hinsichtlich des Aspekts der „personenbezogenen Daten“ in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der Fall: Da nahezu jedes Unternehmen eine substantielle Zahl personenbezogener Daten verarbeitet, hätte eine spezifische Fallgruppe zum Einfallstor für eine nahezu unbegrenzte Meldepflicht werden können.



Weiter kann der Verzicht auf eine Fallgruppe aber auch darauf gründen, dass ein in Artikel 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung schlagwortartig genannter Sektor oder eine dort adressierte Technologie bereits durch andere Fallgruppen hinreichend erfasst wird. So wird der in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung explizit erwähnten Biotechnologie keine separate Fallgruppe zugewiesen. Die besonders sicherheitsrelevanten Aspekte dieses Technologiesektors werden bereits von den mit der 15. AWV-Novelle eingeführten neuen Fallgruppen aus dem Gesundheitssektor abgedeckt. Auch die Nanotechnologie wird in Buchstabe b ausdrücklich genannt. Der Begriff der nanotechnologischen Verfahren umfasst in seiner üblichen Begriffsbestimmung alle Verfahren, bei denen Techniken angewandt werden, die sich mit Größenordnungen unter 100nm beschäftigen. Diese Techniken werden in den meisten anderen ebenfalls in Buchstabe b genannten Technologien genutzt – sind also eine Querschnittstechnologie. Eine eigenständige Fallgruppe „Nanotechnologie“ erscheint daher nicht erforderlich. Auf eine eigenständige Fallgruppe für die ebenfalls in Buchstabe b schlagwortartig genannte „Energiespeicherung“ wird ebenfalls verzichtet, da sicherheitsrelevante Erwerbe in diesem Sektor bereits jetzt von § 55a Absatz 1 Nummer 1 erfasst werden. Gleiches gilt bzgl. des Schlagwortes „Verteidigung“: Der Verteidigungssektor wird bereits durch die – ausgeweitete – sektorspezifische Investitionsprüfung und überdies durch technologische Querschnittsbezüge in vielen der neuen technologie-spezifischen Fallgruppen der Nummern 13 ff. erfasst.



§ 55a Absatz 1 Nummer 13, 15, 16 (Buchstabe a) sowie die Nummern 17 bis 20 fokussieren auf die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung bespielhaft aufgezählten Bereiche der Künstlichen Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt, sowie Quanten- und Nukleartechnologie.



Die in den Fallgruppen Nummern 14, 16 (Buchstabe b), Nummer 21 und 22 erfassten Bereiche automatisiertes oder autonomes Fahren bzw. Fliegen, Optoelektronik, additive Fertigung sowie Netztechnologien werden zwar in der beispielhaften Aufzählung in Buchstabe b nicht ausdrücklich genannt; es handelt sich in allen Fällen aber ebenfalls um (weitere) kritische Technologien im Sinne des Artikels 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung.



Anders als in der EU-Screening-Verordnung sind die neuen Fallgruppen nicht nur schlagwortartig erfasst, sondern konkret und spezifisch formuliert. Damit wird es den Normadressaten so deutlich wie möglich gemacht, ob ein bestimmter Erwerbsvorgang von einer Fallgruppe und damit auch den mit einer Fallgruppenzugehörigkeit verbundenen Rechtsfolgen, einschließlich der neuen nach § 18 Absatz 1b AWG strafbewehrten Handlungsverbote nach § 15 Absatz 4 AWG, betroffen ist.



Durchweg handelt es sich bei den in den Nummern 13 bis 22 geregelten Fallgruppen um Branchen, deren grundlegende Bedeutung für die Zukunfts- und Widerstandsfähigkeit der deutschen Wirtschaft künftig noch zunehmen wird. Dieser Befund gilt umso mehr, als es sich größtenteils um Schlüsseltechnologien handelt, die für weitere Industrien in Deutschland und in der EU von essentieller Bedeutung sind. Technologien und Anwendungen aus beispielsweise den Bereichen der Künstlichen Intelligenz, des automatisierten Fahrens, der Robotik oder Cybersicherheit werden zudem in stetig wachsendem Maß praktische Relevanz für das gesellschaftliche Zusammenleben in Deutschland und der EU gewinnen. Sie werden damit die Zukunftsfähigkeit Deutschlands und der EU sowie das deutsche und europäische Gemeinwohl maßgeblich mitbestimmen.



Auf einen weiteren Indikator, um die grundsätzliche Sicherheitsrelevanz bestimmter Teil- und Anwendungsbereiche der aufgezählten kritischen Technologien zu bestimmen, nimmt der EU-Gesetzgeber ebenfalls in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung Bezug: Handelt es sich um ein Gut, das im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 in Verbindung mit Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 (Dual-Use-Verordnung) einen doppelten, also zivilen und militärischen, Verwendungszweck hat? Auf eine generelle Bezugnahme auf die gesamte Liste des Anhangs I der Dual-Use-Verordnung wird allerdings schon aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verzichtet. Die neuen Fallgruppen verweisen auch im Übrigen nur zu einem kleinen Teil ausdrücklich auf bestimmte Listenpositionen der Dual-Use-Verordnung – und zwar dort, wo sich die Sicherheitsrelevanz einer Technologie oder eines Sektors umfassend in den bestehenden Listenpositionen widerspiegelt. Namentlich ist dies bei der Luft- und Raumfahrt (Fallgruppe Nummer 18) und der Nukleartechnologie (Fallgruppe Nummer 19) der Fall. Auch in den anderen Fallgruppen ist eine Listung der betreffenden Güter in Anhang I der Dual-Use-Verordnung zwar ein wichtiger Indikator für eine Sicherheitsrelevanz. Allerdings geht der Anwendungsbereich der neuen Fallgruppen noch darüber hinaus. Gerade bei den sogenannten „emerging technologies“, die ein sich immer weiter beschleunigender technischer Wandel kennzeichnet, vermag die Güterliste des Anhangs I der Dual-Use-Verordnung für sich genommen nicht das gesamte Gefahrenpotential für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit widerzuspiegeln. In der Konsequenz muss der Anwendungsbereich dieser Fallgruppen in anderer Weise konkretisiert werden.



Zu den einzelnen neuen Fallgruppen im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung



Die Fallgruppe Nummer 13 konkretisiert den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff „Künstliche Intelligenz“ (KI). In Umsetzung der „Strategie Künstliche Intelligenz“ der Bundesregierung ist die Fallgruppe auf missbräuchliche Einsatzfelder von KI-Anwendungen fokussiert, die im Widerspruch mit den Grundwerten der freiheitlich-demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschlands und den Grundrechten – insbesondere dem Recht auf allgemeine Handlungsfreiheit, auf den Schutz der Privatsphäre und auf informationelle Selbstbestimmung – stehen. Entscheidend ist die objektive Nutzbarkeit der Anwendung für die genannten missbräuchlichen Zwecke („genutzt werden kann“). Eine konkrete missbräuchliche Verwendungsabsicht muss nicht dargelegt werden. Es genügt vielmehr, wenn die Gesamtumstände eine missbräuchliche Nutzung in Folge des Erwerbs möglich erscheinen lassen. Soweit KI für die Abwehr von Cyberangriffen eingesetzt wird, wird dieses Einsatzfeld durch die neue Fallgruppe Nummer 17 abgedeckt.



Bei den mit Fallgruppe Nummer 14 erfassten Bereichen „automatisiertes oder autonomes Fahren beziehungsweise Fliegen“ handelt es sich um nicht ausdrücklich im Beispielskatalog von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannte kritische Technologien: Die Automatisierung von Kraftfahrzeugen und unbemannten Luftfahrzeugen (Drohnen) birgt, gerade vor dem Hintergrund des hochdynamischen technischen Fortschritts in diesem Bereich, erhebliche Risiken in Bezug auf die öffentliche Sicherheit. Ein wichtiger Aspekt hierbei ist die Verkehrssicherheit: Die umfassende Vernetzung der fallgruppenrelevanten Fahr- und Flugzeuge stellt hohe Anforderungen an die IT-Sicherheit von Fahrzeugen und Infrastruktur. Weiterhin hat die Fähigkeit zum autonomen Fahren bzw. Fliegen auch eine militärische Relevanz. Typische militärische Szenarien, in denen diese Fähigkeit eine Rolle spielen oder die Erlangung dieser Fähigkeit gewünscht wird, sind bspw. Konvoifahrten bei gesteigerten Gefährdungslagen oder die Einsatzunterstützung von militärischen Kräften, die mit Hilfe von autonomen Systemen logistisch versorgt werden (z. B. mit Verpflegung oder Munition). Weiterhin können unbemannte Land- oder Luftfahrzeuge die (Gefechts-)Aufklärung oder die Teilnahme an Kampfhandlungen durchführen. Die Fallgruppe trägt zum Schutz der Fahr- und Flugzeuge gegen unbefugte potentielle Eingriffe oder Manipulationen bei. Erfasst wird neben Kraftfahrzeugen oder unbemannten Luftfahrzeugen, die über eine technische Ausrüstung für die Steuerung von automatisierten oder autonomen Fahr- oder Navigationsfunktionen verfügen, auch die Entwicklung und Herstellung von für die Steuerung solcher Fahr- oder Navigationsfunktionen wesentlicher Komponenten und der hierfür erforderlichen Software. Wesentliche Komponenten im Sinne der Fallgruppe Nummer 14 sind solche, die bei objektiver Betrachtung aus technischer Sicht für die Steuerung der benannten Fahr- oder Navigationsfunktionen zwingend erforderlich sind. Einrichtungen, die so oder in geringfügig abgewandelter Form üblicherweise auch bei anderen Fahrzeugen ohne solche Fahr- und Navigationsfunktionen verwendet werden, gehören nicht dazu.



Die Fallgruppe Nummer 15 konkretisiert den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff „Robotik“ durch Eingrenzung auf Roboter, die nur für bestimmte, besonders sicherheitsrelevante Einsatzfelder geeignet sind. Damit werden nur für bestimmte, besonders sicherheitsrelevante Einsatzfelder konstruierte Roboter der strengen Investitionsprüfung unterworfen.



Die Fallgruppe Nummer 16 konkretisiert in Buchstabe a den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff der „Halbleiter“. Neben integrierten Schaltungen auf einem Substrat werden auch diskrete Halbleiter erfasst. Unter diskreten Halbleitern versteht man ein in einem eigenen Gehäuse befindliches Schaltungselement mit eigenen äußeren Anschlüssen. Das Schaltungselement selbst ist dabei eine einzelne aktive oder passive Funktionseinheit einer elektronischen Schaltung, z. B. eine Diode, ein Transistor, ein Widerstand oder ein Kondensator. Bei der mit Buchstabe b erfassten Optoelektronik handelt es sich ebenfalls um eine (weitere) kritische Technologie im Sinne der EU-Screening-Verordnung: Die Optoelektronik birgt, vor dem Hintergrund des schnellen technischen Fortschritts in diesem Bereich, erhebliche Risiken in Bezug auf die innere und äußere öffentliche Sicherheit: Die Optoelektronik ist wesentliche Grundlage einer Vielzahl sicherheitsrelevanter Technologien, von der Informations- und Kommunikationstechnologie über Technologien zur bildgebenden Aufklärung und Gegenmaßnahmen bis hin zur Zieleinweisung in Waffensystemen oder als Wirkquelle in Waffenlasern. Zusätzlich zur Entwicklung und Herstellung erfasst die Fallgruppe auch die „Veredelung“ der fallgruppenrelevanten Güter. Hierunter fallen bspw. Hersteller von optischen Vergütungsschichten, welche selbst weder Optiken herstellen oder verkaufen und selbst auch keine Beschichtungsmaschinen herstellen, sondern primär über besondere Kenntnisse über die Verfahren zur Herstellung leistungsfähiger optischer Schichten verfügen. Die Beschichtung definiert u. a. die Zerstörschwelle der Optik. Die Fallgruppe umfasst neben integrierten Schaltungen und diskreten Halbleitern (Buchstabe a) bzw. den optischen Schaltungen und diskreten optischen Bauelementen (Buchstabe b) in Buchstabe c auch Herstellungs- und Bearbeitungswerkzeuge sowie Reinraumtransporteinrichtungen, Testwerkzeuge und Masken. Bestimmte besonders verbreitete Herstellungs- und Bearbeitungswerkzeuge werden in Buchstabe c beispielhaft genannt. Einige diese Werkzeuge finden bei Gütern im Sinne der Buchstaben a und b Anwendung, einige nur bei Gütern im Sinne des Buchstaben b.



Die Fallgruppe Nummer 17 konkretisiert den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff „Cybersicherheit“. Erfasst werden von dieser Fallgruppe die IT-Sicherheitsbranche (Buchstaben a und b) sowie die IT-Forensikbranche (Buchstabe c). In den Bereichen der Buchstaben a und b werden ausschließlich die Hersteller und Entwickler von IT-Sicherheitsprodukten, d.h. Software und IT-Hardware aus dem Bereich IT-Sicherheit, oder von wesentlichen Komponenten solcher Produkte erfasst. Sonstige Güter, die der IT-Sicherheit oder IT-Forensik dienen, werden nicht erfasst. Zu dieser Gruppe nicht-erfasster Produkte gehören zum Beispiel dem physischen Schutz von IT-Systemen dienende Güter wie Serverraumtüren und Bohrschutzfolien für IT-Geräte. Die Formulierung „als das wesentliche Funktionsmerkmal“ stellt zudem klar, dass allein IT-Sicherheits- bzw. IT-Forensik-Produkte unter die Fallgruppe Nummer 17 fallen, die ausgehend von ihrer Zweckbestimmung spezifisch und vorrangig dafür bestimmt sind, einem der in den Buchstaben a bis c genannten Anwendungszwecke zu dienen. In Buchstabe a bedeutet dies, dass zum Beispiel Virenschutzprogramme oder Firewalls, die andere informationstechnische Systeme und Komponenten schützen, erfasst werden. Sonstige Anwendersoftware und IT-Hardware, die neben ihrem eigentlichen Anwendungszweck zusätzliche integrierte Sicherheitsfunktionen aufweist, fällt demgegenüber nicht in den Anwendungsbereich. Durch die Formulierung „mit dem Ziel des Verkaufs an Dritte“ wird sichergestellt, dass von dieser Fallgruppe nur solche IT-Sicherheits- bzw. IT-Forensik-Produkte oder deren Komponenten erfasst werden, die dafür entwickelt oder hergestellt werden, am Markt kommerziell angeboten zu werden. Produkte, die ein Unternehmen nur zum eigenen Schutz entwickelt und herstellt – z. B. unternehmensinterne Software –, werden davon nicht erfasst.



Die Fallgruppe Nummer 18 konkretisiert den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff „Luft- und Raumfahrt“ mittels Verweises auf die einschlägigen Listenpositionen der Dual-Use-Verordnung. Zudem werden Unternehmen erfasst, die Güter oder Technologien entwickeln oder herstellen, die für die Verwendung in der Raumfahrt oder für den Einsatz in Raumfahrtinfrastruktursystemen bestimmt sind. Diese Güter oder Technologien müssen für den Einsatz in der Raumfahrt oder für den Einsatz in Raumfahrtinfrastruktursystemen nicht besonders entwickelt worden sein. So gibt es Unternehmen, die bestimmte Güter herstellen, die zwar auch in anderen Kontexten verbaut werden können, aber von zentraler Bedeutung für bestimmte Raumfahrtanwendungen sind. Auch diese Unternehmen werden von der Fallgruppe erfasst. Schließlich werden Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über gemeinsame Vorschriften für die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft vom 24. September 2008 erfasst. Ihnen kommt aufgrund ihrer wesentlichen Bedeutung für die Personen- und Frachtbeförderung innerhalb Deutschlands sowie von und nach Deutschland besondere ordnungs- und sicherheitspolitische Relevanz zu.



Die Fallgruppe Nummer 19 konkretisiert den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff „Nukleartechnologie“. Anders als bei den anderen Technologie-Fallgruppen ist auch die bloße Nutzung von Nukleartechnologie fallgruppenrelevant.



Die Fallgruppe Nummer 20 konkretisiert den in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe b der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff „Quantentechnologie“ auf die besonders sicherheitsrelevante sogenannte Quantentechnologie der zweiten Generation. Diese grenzt sich durch aktive Manipulation von Quantenzuständen (beispielsweise Verschränkung und Überlagerung) von der Quantentechnologie der ersten Generation ab.



Bei der in Fallgruppe Nummer 21 erfassten additiven Fertigung handelt es sich ebenfalls um eine (weitere) kritische Technologie im Sinne der EU-Screening-Verordnung: Bei den in Nummer 21 beschriebenen additiven Fertigungsverfahren handelt es sich um professionelle Produktionsverfahren, insbesondere um solche, die pulverförmige Materialien verarbeiten. Diese Verfahren unterscheiden sich deutlich von konventionellen, abtragenden Fertigungsmethoden. Anstatt zum Beispiel ein Werkstück aus einem festen Block herauszufräsen, baut die additive Fertigung Bauteile Schicht für Schicht aus Werkstoffen auf. Dabei wird Material Schicht für Schicht verschmolzen und es werden somit dreidimensionale Bauteile erzeugt. Fallgruppenrelevant sind ausschließlich die besonders sicherheitsrelevanten additiven Fertigungsverfahren, in denen Metalle oder Keramiken als Werkstoffe verwendet werden (Buchstabe a der Fallgruppe). Additive Fertigungsverfahren, die Kunststoffe verwenden, fallen dagegen nicht in den Anwendungsbereich der Fallgruppe. Vorteile bietet die additive Fertigung insbesondere bei komplexen Bauteilgeometrien, welche in Kleinserien hergestellt werden. Die mit dem Einsatz von Verfahren der additiven Fertigung verbundenen Vorteile für die Industrie lassen sich auch auf Anwendungen übertragen, die Risiken in Bezug auf die innere und auch äußere öffentliche Sicherheit aufweisen. So könnte der Einsatz von Verfahren der additiven Fertigung im Rahmen einer militärischen Produktentwicklung zu kürzeren Entwicklungszeiten führen, da Prototypen schneller realisiert und getestet werden können. Auch im Bereich der Ersatzteilfertigung ließen sich schnellere Verfügbarkeiten von Ersatzteilen für sensitive Güter realisieren. Zudem könnten Verfahren der additiven Fertigung in Bezug auf militärische Luft- und Raumfahrt zu Vorteilen durch die Realisierung von leichteren Bauteilen führen. Erfasst wird neben der Entwicklung und Herstellung von Gütern, mit denen Bauteile aus Metallen oder Keramiken für industrielle Anwendungen mittels additiver Fertigungsverfahren hergestellt werden, auch die Entwicklung und Herstellung wesentlicher Komponenten, die in den additiven Fertigungsverfahren im Sinne des Buchstabens a zum Einsatz kommen (Buchstabe b der Fallgruppe). Wesentliche Komponenten in diesem Sinne sind solche, die für das jeweilige Herstellungs- oder Entwicklungsverfahren bei objektiver Betrachtung aus technischer Sicht zwingend erforderlich sind. Einrichtungen, die so oder in geringfügig abgewandelter Form üblicherweise auch bei der Entwicklung und Herstellung von Gütern für andere, herkömmliche Fertigungsverfahren verwendet werden, gehören nicht dazu. Beispielhaft sind Hersteller von spezifischer Steuerungstechnik für diese Fertigungsverfahren oder Hersteller von Energiequellen, die speziell für in diesen Fertigungsanlagen zum Einsatz kommen, zu nennen. Ferner erfasst werden die Entwickler und Hersteller der Pulvermaterialien, die durch die unter Buchstabe a genannten Fertigungsverfahren verarbeitet werden (Buchstabe c der Fallgruppe). Sonstige Ausgangsmaterialien für fallgruppenrelevante Fertigungsverfahren werden aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht erfasst.



Die neue Fallgruppe Nummer 22 mit dem Fokus auf Netztechnologien dient der Umsetzung des von der Bundesregierung im Februar 2020 beschlossenen Strategiepapiers zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie. Netztechnologien werden dort unter „Sicherheitsrelevante IT- und Kommunikationstechnologien“ sowie „IT-/Kommunikationshardware“ erfasst. Des Weiteren dient der Vorschlag der Umsetzung der Empfehlungen der „5G-Toolbox“, vgl. die Mitteilung der EU-Kommission „Sichere 5G-Einführung in der EU – Umsetzung des EU-Instrumentariums“ vom 29. Januar 2020. Darin wird als Ziel formuliert: „[...] die umfassende Nutzung der bestehenden Werkzeuge und Instrumente der EU, insbesondere durch die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen mit potenziellen Auswirkungen auf wichtige 5G-Anlagen und -Einrichtungen und durch die Vermeidung von Verzerrungen auf dem 5G-Zuliefermarkt aufgrund von potenziellem Dumping oder möglichen Subventionen“.



Die neuen Fallgruppen 23 (Smart-Meter-Gateways) und 24 (lebenswichtige Einrichtungen) sind Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der EU-Screening-Verordnung („Zugang zu sensiblen Informationen“) zuzuordnen:



Unternehmen, die Kommunikationseinheiten intelligenter Messsysteme (sog. Smart-Meter-Gateways, Fallgruppe Nummer 23 Buchstabe a) oder Sicherheitsmodule für Smart-Meter-Gateways (Fallgruppe Nummer 23 Buchstabe b) herstellen, sind Schlüsselunternehmen für die Gewährleistung der hohen gesetzlichen Anforderungen an den Datenschutz und an die Datensicherheit von intelligenten Messsystemen nach dem Messstellenbetriebsgesetz. Nach der gesetzgeberischen Grundsatzentscheidung dürfen nur solche Messsysteme in den Verkehr gebracht und verwendet werden, die den Anforderungen aus den Schutzprofilen und den Technischen Richtlinien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) genügen. Dies wird in einem Zertifizierungsverfahren durch das BSI geprüft. Das Messstellenbetriebsgesetz trägt damit der entscheidenden Bedeutung von intelligenten Messsystemen für den Schutz der kritischen Energieinfrastruktur in einem zunehmend digitalisierten und automatisierten Energiesystem Rechnung. Der Erwerb eines solchen Unternehmens könnte die durch das Smart-Meter-Gateway und das in ihm enthaltene Sicherheitsmodul gewährleistete Datensicherheit und somit die Sicherheit der Energieversorgung der Bundesrepublik Deutschland insgesamt gefährden.



Die Fallgruppe Nummer 24 erfasst Unternehmen, die für die Bundesrepublik Deutschland wichtige Leistungen und Dienstleistungen im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik erbringen. Derartige Aufträge setzen ein detailliertes Spezialwissen über die Informationstechnik des Bundes voraus; sie können zum Teil nur von sehr wenigen Unternehmen ausgeführt werden. Die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann durch entsprechende Erwerbsvorgänge gefährdet werden – beispielsweise, wenn sie sich auf Unternehmen beziehen, die mit dem Aufbau oder Betrieb des Digitalfunks der Behörden oder Organisationen mit Sicherheitsaufgaben beauftragt sind und den Sicherheitsbehörden die Ausstattung liefern, die für deren Kommunikation erforderlich ist. Die Aufnahme der Vorschrift dient insofern dem Schutz staatlicher Sicherheitsinteressen, die nicht bereits durch eine der anderen Fallgruppen in § 55a Absatz 1 abgedeckt sind. Aus Verhältnismäßigkeitserwägungen erfasst die Fallgruppe lediglich sogenannte „lebenswichtige Einrichtungen“ im Sinne von § 1 Absatz 5 Satz 1 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) in Verbindung mit § 5a (oberste Bundesbehörden), § 5b (Geschäftsbereiche der obersten Bundesbehörden) und § 9a (Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat) der Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV). Überdies sind nicht alle Tätigkeiten mit Bezug zur Informations- und Kommunikationstechnik des Bundes fallgruppenrelevant, sondern nur solche Tätigkeiten von Unternehmen, die an sicherheitsempfindlichen Stellen im Sinne von § 1 Absatz 5 Satz 3 SÜG ausgeführt werden.



Die neue Fallgruppe Nummer 25 erfasst Unternehmen, die Rohstoffe bzw. deren Erze entsprechend der „Liste kritischer Rohstoffe für die EU“ gewinnen, aufbereiten oder raffinieren. Damit wird Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der EU-Screening-Verordnung („die Versorgung mit kritischen Ressourcen, einschließlich [...] Rohstoffen“) aufgegriffen. Die EU-Kommission betont in ihrer Auslegungsleitlinie zur EU-Screening-Verordnung vom 25. März 2020 (Leitlinien für die Mitgliedstaaten betreffend ausländische Direktinvestitionen, freien Kapitalverkehr aus Drittländern und Schutz der strategischen Vermögenswerte Europas im Vorfeld der Anwendung der Verordnung (EU) 2019/452 über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen, C(2020) 1981 final), die Gewährleistung der Versorgungssicherheit eines Mitgliedstaates als hinreichende Rechtfertigung für eine Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit. Die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Änderungsverordnung maßgebliche Liste kritischer Rohstoffe findet sich in Anhang 1 der Mitteilung der Europäischen Kommission KOM(2020) 474 endg. vom 3. September 2020. Diese wird nach Inkrafttreten dieser Änderungsverordnung im Bundesanzeiger bekannt gemacht. Die zugrunde liegende Rohstoffinitiative geht auf die Mitteilung der Europäischen Kommission vom 4. November 2008 (KOM(2008) 699 endg.) zurück, in deren Rahmen die Liste der kritischen Rohstoffe erstmals erstellt wurde und seitdem fortlaufend alle drei Jahre aktualisiert wird. Die Liste der kritischen Rohstoffe für die EU enthält jene Rohstoffe, für die ein hohes Versorgungsrisiko bei gleichzeitiger hoher wirtschaftlicher Bedeutung für die europäische Industrie besteht. Unter Unternehmen, die fallgruppenrelevante Rohstoffe aufbereiten oder raffinieren, sind insbesondere solche Unternehmen zu verstehen, die technische Verfahren zur Reinigung, Veredlung, Trennung oder Aufkonzentration von Rohstoffen betreiben.



Mit der neuen Fallgruppe Nummer 26 werden Unternehmen erfasst, die Güter entwickeln oder herstellen, denen ein geheimgestelltes Patent oder Gebrauchsmuster zugrunde liegt. Soweit wehrtechnische Geheimpatente vorliegen, kann auch der Anwendungsbereich der neuen Fallgruppe Nummer 2 in § 60 Absatz 1 Satz 1 eröffnet sein. Die Fallgruppe Nummer 26 ist Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe d der EU-Screening-Verordnung zuzuordnen (Zugang zu sensiblen Informationen). Geheimpatente und geheimgestellte Gebrauchsmuster sind nach Prüfung durch die zuständigen Behörden als Staatsgeheimnis eingestuft und unterliegen den entsprechenden Beschränkungen. Nach § 93 StGB liegt ein Staatsgeheimnis vor, wenn Tatsachen, Gegenstände oder Erkenntnisse vorhanden sind, die nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und vor einer fremden Macht geheim gehalten werden müssen, um die Gefahr eines schweren Nachteils für die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland abzuwenden. Geheimpatente und geheimgestellte Gebrauchsmuster können z. B. bei Technologien zur Anreicherung von atomaren Isotopen, bei Kryptoschlüsseln und Verschlüsselungstechnologien, sowie bei Technologien für die Herstellung von Banknoten/Wertpapieren vorliegen.



Die neue Fallgruppe Nummer 27 erfasst Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft. Die Fallgruppe ist dem in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe c der EU-Screening-Verordnung genannten Oberbegriff der „Nahrungsmittelsicherheit“ zuzuordnen. Der Begriff „Nahrungsmittelsicherheit“ wird dabei unter Zuhilfenahme des Wortlauts der englischsprachigen Fassung der EU-Screening-Verordnung („food security“) und der Verknüpfung des Begriffs mit der Versorgung mit kritischen Ressourcen spezifisch als Nahrungsmittelversorgungssicherheit verstanden (nicht als Lebensmittelsicherheit in Bezug auf etwaige Gesundheitsschädlichkeit). Auch in Artikel 33 Absatz 1 der EU Richtlinie 2018/2001 vom 11. Dezember 2018 zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen wird der Begriff der „Nahrungsmittelsicherheit“ im Sinne von Nahrungsmittelversorgungssicherheit verwendet. Unternehmen, die unmittelbar oder mittelbar eine landwirtschaftliche Fläche von mehr als 10 000 ha bewirtschaften, können von grundlegender Bedeutung für die Nahrungsmittelsicherheit sein. „Landwirtschaftliche Flächen“ sind Flächen, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt werden. Die Prüfschwelle von 10 000 ha bewirtschafteter Fläche entspricht der bewirtschafteten Fläche von 150 durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland. Damit ist die Prüfschwelle ausreichend, um mögliche Beeinträchtigungen der Nahrungsmittelversorgungssicherheit zu erkennen. Die bewirtschaftete Fläche umfasst Pacht- und Eigentumsflächen, da das Unternehmen über die Erträge beider Flächen verfügen kann. Der Nahrungsmittelversorgungssicherheit dienen auch Betreiber kritischer Infrastrukturen aus dem Sektor Ernährung (§ 2 Absatz 10, § 10 Absatz 1 Satz 1 BSI-Gesetz, § 4 BSI-KritisV). Diese Unternehmen werden aber bereits von Fallgruppe Nummer 1 erfasst.



§ 55a Absatz 3 entspricht dem bisherigen § 55 Absatz 1b.



§ 55a Absatz 4 und 5 entspricht im Wesentlichen dem bisherigen § 55 Absatz 4 – mit folgenden Änderungen: Die Bezugnahme auf die einzelnen Nummern der Fallgruppen in Absatz 4 Satz 1 stellt klar, dass sich die Meldepflicht nur auf die ausdrücklich genannten Fallgruppen bezieht. Es wird dort zudem klargestellt, wann die Meldepflicht entsteht („unverzüglich nach Abschluss des schuldrechtlichen Erwerbsgeschäfts“). Eine Ausnahme gilt bei öffentlichen Übernahmeangeboten: Dort entsteht die Meldepflicht bereits mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (neuer Satz 2). Zudem wird in Satz 1 durch technikoffene Formulierung („schriftlich oder elektronisch“) künftig auch die rechtswirksame Meldung per E-Mail ermöglicht.



Durch die Bezugnahme auf „§ 56 Absatz 1 oder 2“ wird in Satz 1 die Meldepflicht auf die Fälle beschränkt, in denen eine der Prüfeintrittsschwellen bei Ersterwerb erreicht bzw. überschritten wird beziehungsweise ein prüfrelevanter Hinzuerwerb vorliegt. Konstellationen des atypischen Kontrollerwerbs im Sinne von § 56 Absatz 3 werden von der Meldepflicht dagegen nicht erfasst. Dies stellt auch der neue Absatz 4 Satz 3 ausdrücklich klar. Anders als bei den rein objektiven Kriterien des § 56 Absatz 1 oder Absatz 2 umfasst bereits die Entscheidung über den Prüfeintritt in Konstellationen des atypischen Erwerbs wertende Elemente (insbesondere die Vergleichbarkeit der Beteiligungsintensität), deren Vorliegen Teil der behördlichen Einzelfallprüfung ist. Der Erwerber kann das Ergebnis dieser Prüfung nicht vorhersehen. Eine eigenverantwortliche Einschätzung, ob die Voraussetzungen von § 56 Absatz 3 vorliegen und mithin eine Meldepflicht besteht, ist dem Erwerber daher nicht zuzumuten.



Die Bezugnahme (nur) auf „§ 56 ..., jeweils auch in Verbindung mit Absatz 4 Satz 1 oder 2“ in Satz 1 macht im Umkehrschluss deutlich, dass die Meldepflicht auch nicht für Fallkonstellationen gilt, die der neuen Vermutungsregel nach § 56 Absatz 4 Satz 3 zugeordnet werden können. Auch das Vorliegen eines investorenbezogenen Prüffaktors im Sinne von § 55a Absatz 3 löst keine Meldepflicht aus (und auch keine Absenkung der Prüfeintrittsschwelle nach § 56 Absatz 1 Nummer 1 oder 2 auf 10 % beziehungsweise 20 %). Anders als bei den rein objektiven Kriterien des § 55a Absatz 1 enthalten die drei investorenbezogenen Faktoren wertende Elemente, deren Vorliegen Teil der behördlichen Einzelfallprüfung ist. Der Erwerber kann das Ergebnis dieser Prüfung nicht vorhersehen. Eine eigenverantwortliche Einschätzung, ob die Voraussetzungen des Absatzes 3 vorliegen und mithin eine Meldepflicht besteht, ist dem Erwerber daher nicht zuzumuten.



In Absatz 4 Satz 4 wird klargestellt, dass im Zuge einer Meldung bereits konkrete Informationen über bestehende Beteiligungsverhältnisse am unmittelbaren Erwerber und, im Fall einer Kette mit mehreren mittelbaren Erwerbern, auch an weiteren Zwischengesellschaften übermittelt werden müssen. Grund hierfür ist die stetig wachsende gesellschaftsrechtliche Komplexität der Erwerbsstrukturen. Mit dem neuen Absatz 4 Satz 5 wird klargestellt, dass bei Erwerbskonstellationen mit prüfrelevanten Stimmrechtsvereinbarungen diese im Zuge der Meldung anzugeben sind. Mit dem neuen Absatz 4 Satz 6 erhält das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Möglichkeit, die Details der Meldevorgaben, einschließlich der beispielhaft in Absatz 4 Satz 4 und 5 genannten Informationen, durch Allgemeinverfügung zu bestimmen. Vorbild hierfür sind die aufgrund § 14a Absatz 2 Satz 1 und 2 AWG bereits bestehenden Allgemeinverfügungen betreffend die Vorlagepflichten anlässlich der Eröffnung eines förmlichen Prüfverfahrens. Zu den für eine ordnungsgemäße Prüfung erforderlichen personenbezogenen Daten gehören insbesondere personenbezogene Daten der Mitglieder der Geschäftsführung, der sonstigen vertretungsberechtigten Personen des unmittelbaren Erwerbers, des mittelbaren Erwerbers, des zu erwerbenden Unternehmens und der inländischen Unternehmen, an denen das zu erwerbende Unternehmen wesentlich beteiligt ist. Durch Allgemeinverfügungen können künftig zudem die Vorlagepflichten im Fall eines Antrags auf Erteilung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung (§ 58 Absatz 1 Satz 3 und 4) sowie die Meldevorgaben im Rahmen der sektorspezifischen Prüfung (§ 60 Absatz 3 Satz 4 und 5) bestimmt werden. Dessen ungeachtet kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im weiteren Verlauf des Vorprüfungsverfahrens auch künftig die Vorlage zusätzlicher geschäftlicher Unterlagen verlangen, soweit diese für eine ordentliche Durchführung des Vorprüfungsverfahrens erforderlich sind (vgl. § 23 Absatz 6a in Verbindung mit Absatz 1 Satz 2 AWG).



Zur besseren Übersichtlichkeit werden die Vorgaben zum Meldepflichtigen im neuen Absatz 5 geregelt. Der bisherige § 55 Absatz 4 Satz 4 wird gestrichen. Eine Meldung durch den mittelbaren Erwerber befreit den unmittelbaren Erwerber künftig nicht mehr von seiner Meldeflicht nach § 55a Absatz 5. Damit wird die inhaltliche Kohärenz mit dem neuen Freigabetatbestand (§ 58a) gewährleistet: Die Freigabe erfolgt gegenüber dem Meldepflichtigen (§ 58a Absatz 1 Satz 2).



Zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa



Sprachliche Klarstellung, um zu verdeutlichen, dass auf den prüfgegenständlichen Erwerb Bezug genommen wird. Es bleibt dabei, dass zeitlich auf die künftige Stimmrechtsverteilung (nach Erwerbsvollzug) abgestellt wird. Insoweit ist also weiterhin eine auf die Zukunft gerichtete Prognoseentscheidung zu treffen.



Zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb



Es handelt sich um eine sprachliche Anpassung an den neu eingeführten § 55a.



Zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe cc und dd



Nach Abwägung aller Umstände und unter Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ist es geboten, die besonders strenge Erst-Prüfschwelle von 10 % künftig ausschließlich auf Kritische Infrastrukturen (im Sinne der Fallgruppen Nummer 1 bis 7 in § 55a Absatz 1) sowie den Rüstungssektor (sektorspezifische Prüfung) anzuwenden. Zwar handelt es sich auch bei allen von den Fallgruppen Nummer 8 bis 27 erfassten Sachmaterien um solche mit besonderem Gefährdungspotential im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Es gilt jedoch zu berücksichtigen, dass die Fallgruppenzugehörigkeit mit der abgesenkten Prüfschwelle, der Meldepflicht und den Vollzugsbeschränkungen des § 15 AWG substantielle Mehr-Belastungen für Investoren und Unternehmen im Vergleich zu sonstigen Erwerbsfällen mit sich bringt. Daher ist hier eine besonders strenge Abwägung nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit erforderlich. Danach besteht bei Kritischen Infrastrukturen und Rüstungsgütern im Hinblick auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ein besonders hohes Gefährdungspotential: Im Rüstungssektor ist neben dem Aspekt der Versorgungssicherheit der Bundeswehr auch das erhebliche Proliferations- und Missbrauchspotential zu berücksichtigen, sollten rüstungstechnologische Fähigkeiten in die falschen Hände geraten. Im Bereich der Kritischen Infrastrukturen besteht im Missbrauchsfall ein gesteigertes Gefährdungspotential für das Gemeinwesen. Bei den sonstigen von Fallgruppen erfassten Sachmaterien erscheint es dagegen sicherheitspolitisch vertretbar und ist damit aus Gründen der Verhältnismäßigkeit auch geboten, zu einer höheren Prüfeintrittsschwelle zurückzukehren (im Fall der Fallgruppen Nummer 8 bis 11) beziehungsweise eine solche erstmals zu statuieren (im Fall der Fallgruppen Nummer 12 bis 27). Aus Gründen der Einfachheit und Transparenz des Gesamtinstrumentariums kommt hierfür grundsätzlich die an die gesellschaftsrechtliche Schwelle für das Erreichen einer Sperrminorität anknüpfende Schwelle von 25 % in Betracht. Der im Vergleich zu den übrigen, von § 56 Absatz 1 Nummer 3 (neu) erfassten Erwerbsfällen erhöhte Sicherheits- und damit Prüfrelevanz der Fallgruppen Nummer 8 bis 27 wird damit primär durch Anordnung einer Meldepflicht und von Vollzugsbeschränkungen Rechnung getragen. Mit Blick auf die 25 %-Schwelle ist allerdings zu berücksichtigen (wie auch bei der Frage des Hinzuerwerbs, siehe die Begründung zu Nummer 4 Buchstabe b), dass in vielen Unternehmen bereits niedrigere Stimmrechtsanteile als 25 % für den Stimmrechtsinhaber faktisch eine Sperrminorität bedeuten können. Dies ist beispielsweise häufig bei börsennotierten Gesellschaften der Fall, bei denen nur ein Teil der Stimmrechtsinhaber auf der Hauptversammlung ihr Stimmrecht ausübt und dadurch das faktische Gewicht der anwesenden Stimmrechtsinhaber entsprechend proportional ansteigt. Aufgrund der im Vergleich zu sonstigen Sachmaterien im Anwendungsbereich der Fallgruppen Nummer 8 bis 27 erhöhten Sicherheits- und damit Prüfrelevanz ist daher eine 20 %-Schwelle geboten, um die Konstellationen faktischer Sperrminoritäten zumindest zum Teil mit der Investitionsprüfung erfassen zu können. Bei besonders geringen Präsenzquoten auf Hauptversammlungen ist zwar denkbar, dass bereits ein Stimmrechtsanteil unterhalb von 20 % eine faktische Sperrminorität bedeuten kann. Aufgrund der erforderlichen besonders strengen Abwägung nach den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit erscheint eine noch weitergehende Absenkung der Prüfeintrittsschwelle allerdings nicht hinreichend begründbar.



Zu Nummer 4 Buchstabe b



Mit dem neuen Absatz 2 wird klargestellt, dass auch Hinzuerwerbe von zusätzlichen Stimmrechtsanteilen durch Investoren, die bereits Anteile am Zielunternehmen halten, der Investitionsprüfung unterliegen. Handelt es sich um einen meldepflichtigen Erwerb, ist auch der Hinzuerwerb meldepflichtig, siehe § 55a Absatz 4. Dies entspricht der bisherigen Rechtslage und Prüfpraxis. Die Klarstellung ist aus Gründen der Transparenz und – mit Blick auf die neue Strafbewehrung gemäß § 18 Absatz 1b AWG im Fall einer Zuwiderhandlung gegen § 15 Absatz 4 AWG – Bestimmtheit geboten. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und Ausgewogenheit des Gesamtinstrumentariums wird die Prüfrelevanz von Hinzuerwerben in diesem Zuge allerdings auf bestimmte gesellschaftsrechtlich besonders relevante Schwellenwerte begrenzt. Dies sind zum einen die Schwellen 25 %, 50 % und 75 %, deren Erreichen beziehungsweise Überschreiten gesellschaftsrechtlich unmittelbar mit einer Verfestigung der Gesellschafterpositionen und entsprechenden erweiterten Einfluss- beziehungsweise Kontrollrechten einhergeht. Überdies bleibt das Erreichen beziehungsweise Überschreiten der Schwellen 20 % (bei Unternehmen im Sinne von § 55a Absatz 1 Nummer 1 bis 7 sowie in der sektorspezifischen Prüfung) und 40 % prüfrelevant und damit – soweit es sich beim Zielunternehmen um ein Unternehmen im Sinne des § 55a Absatz 1 handelt – meldepflichtig: In vielen Unternehmen können bereits niedrigere Stimmrechtsanteile für den Stimmrechtsinhaber faktisch eine Sperrminorität beziehungsweise Kontrollmehrheit bedeuten. Dies ist beispielsweise häufig bei börsennotierten Gesellschaften der Fall, bei denen nur ein Teil der Stimmrechtsinhaber auf der Hauptversammlung ihr Stimmrecht ausübt und dadurch das faktische Gewicht der anwesenden Stimmrechtsinhaber entsprechend proportional ansteigt. Auf eine vergleichbare Annäherungsschwelle unterhalb von 75 % wird aus Gründen der Verhältnismäßigkeit verzichtet. Der Hinzuerwerber verfügt in diesem Fall bereits vor dem Hinzuerwerb über eine – im Rahmen der Erstprüfung für unbedenklich eingestufte – Kontrollmehrheit. Aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit genügt daher eine weitere Kontrolle bei 75 %.



Mit dem neuen Absatz 3 wird, in Anlehnung an die Bestimmung des Begriffs der „ausländischen Direktinvestition“ in Artikel 2 Nummer 1 der EU-Screening-Verordnung, eine Prüfmöglichkeit in Fällen atypischer Kontrollerwerbe geschaffen: Ein ausländischer Investor kann nicht nur durch den Erwerb oder Hinzuerwerb von Stimmrechten (zusätzlichen) Einfluss auf das inländische Unternehmen erlangen. In der Praxis finden sich immer häufiger auch sog. Investoren- oder Gesellschaftervereinbarungen, die Regelungen enthalten, die dem Erwerber im Ergebnis im Vergleich zu seinem eigentlichen Stimmrechtsanteil ein überproportionales Gewicht und somit einem höheren Stimmrechtsanteil vergleichbare Einflussmöglichkeiten verschaffen können. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und Ausgewogenheit des Gesamtinstrumentariums wird die Prüfrelevanz solcher atypischen Kontrollerwerbe auf die in den Nummern 1 bis 3 ausdrücklich beschriebenen Konstellationen beschränkt. Ein atypischer Kontrollerwerb eines einer Fallgruppe nach § 55a Absatz 1 zuzuordnenden Unternehmens löst keine Meldepflicht aus (vgl. auch den neuen § 55a Absatz 4 Satz 3).



Zu Nummer 4 Buchstabe c



Folgeänderung zu Nummer 4 Buchstabe b



Zu Nummer 4 Buchstabe d Doppelbuchstabe aa



Der Verweis auf den „nach Absatz 1 maßgeblichen Zeitpunkt“ verdeutlicht, dass bei der Zurechnung von Stimmrechtsanteilen stets auf den künftigen Zustand im Zeitpunkt nach Vollzug des Erwerbs abzustellen ist. Dies gilt gleichermaßen für die Zurechnung etwaiger paralleler Neu- oder Hinzuerwerbe Dritter. Auch insoweit ist stets die zukünftige, nach Vollzug der Erwerbe durch die Dritten bestehende Stimmrechtsverteilung abzustellen.



Die Ergänzung um das Wort „vollständig“ dient der Klarstellung der bisherigen Rechtslage. Die Stimmrechte Dritter an dem Zielunternehmen sind dem Erwerber in vollem Umfang zuzurechnen, wenn die weiteren Voraussetzungen des Absatzes vorliegen. Es erfolgt keine anteilige Anrechnung entsprechend dem Stimmrechtsanteil des Erwerbers an dem Dritten.



Zu Nummer 4 Buchstabe d Doppelbuchstabe bb



Siehe Begründung zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa.



Zu Nummer 4 Buchstabe d Doppelbuchstabe cc



Ein Zusammenwirken mehrerer Investoren ist nicht nur bei Vorliegen gesellschaftsrechtlich wirkender Stimmrechtsvereinbarungen denkbar. In Betracht kommt unter anderem der Durchgriff einer übergeordneten Entität auf mehrere Investoren mit der Folge einer gleichlaufenden Stimmrechtsausübung. Auch in solchen Konstellationen ist eine Zusammenrechnung der Stimmrechtsanteile dieser Investoren bei der Berechnung der Beteiligungsschwellen des § 56 angezeigt.



Zu Nummer 4 Buchstabe d Doppelbuchstabe dd



Mit dem neuen Satz 2 in Absatz 4 wird klargestellt, dass auch Konstellationen einer dem Erwerbsvorgang zeitlich nachfolgenden Stimmrechtsvereinbarung als prüfrelevanter Erwerbsvorgang im Sinne der §§ 55, 56 anzusehen sind. Die relevanten Melde- und Prüffristen entstehen in diesen Fällen zum Zeitpunkt des Abschlusses der nachträglichen Stimmrechtsvereinbarung.



Der neue Satz 3 enthält eine (widerlegbare) Vermutungsregel für Erwerbskonstellationen, in denen mehrere Investoren aus demselben Land stammen und für jeden dieser Investoren die Voraussetzungen des § 55a Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 (in Verbindung mit Satz 2) erfüllt sind. Werden mehrere Investoren durch denselben Staat kontrolliert, ist in der Regel davon auszugehen, dass der Staat die Investoren jederzeit zu gleichlaufenden Stimmrechtsverhalten anhalten kann. Es ist daher geboten, die Beteiligungsanteile dieser Investoren bei der Investitionsprüfung kumuliert zu betrachten.



Zu Nummer 4 Buchstabe e Doppelbuchstabe aa



Durch die Ergänzung „jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 2 und 3“ in § 56 Absatz 4 wird gewährleistet, dass für eine Zurechnung im Sinne des Absatzes 4 auch der Hinzuerwerb im Sinne von § 56 Absatz 2 oder der atypische Kontrollerwerb einzubeziehen ist. Siehe des Weiteren die Begründung zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa.



Zu Nummer 4 Buchstabe e Doppelbuchstabe bb



Durch die Ergänzung „jeweils auch in Verbindung mit den Absätzen 2 und 3“ in § 56 Absatz 5 wird gewährleistet, dass für eine Zurechnung im Sinne des Absatzes 5 auch der Hinzuerwerb im Sinne von § 56 Absatz 2 oder der atypische Kontrollerwerb im Sinne von § 56 Absatz 3 an einer Stelle der Zurechnungskette genügt. Es ist nicht erforderlich, dass der Aufwuchs bei jedem Glied der Zurechnungskette auch tatsächlich nachvollzogen wird.



Die Ergänzung „jeweiligen“ dient der Klarstellung der bisherigen Rechtslage. Die Zurechnung kann auch über eine Kette von mehreren Zwischengesellschaften erfolgen.



Die Bezugnahme auf Absatz 4 ist eine Folgeänderung der Neunummerierung des bisherigen Absatzes 2.



Zu Nummer 5 Buchstabe a



§ 58 Absatz 1 Satz 1 wird wortgenau an die durch die 1. AWG-Novelle geänderten § 4 Absatz 1 Nummer 4 und 4a und § 5 Absatz 2 AWG angepasst. Durch technikoffene Formulierung („schriftlich oder elektronisch“) wird künftig auch ein rechtswirksamer Antrag per E-Mail ermöglicht. Mit dem neuen Satz 3 erhält das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Möglichkeit, die Details der mit einem Antrag einzureichenden Unterlagen und Informationen, einschließlich der beispielhaft in Satz 2 genannten Informationen, durch Allgemeinverfügung zu bestimmen.



Zu Nummer 5 Buchstabe b



Auch hier wird auf das Zustellungserfordernis verzichtet. Siehe dazu die Begründung zu Nummer 2 Buchstabe e. Die Verweise werden an die Streichung des bisherigen § 55 Absatz 3 Satz 3 angepasst.



Zu Nummer 5 Buchstabe c



Das Bestehen einer Meldepflicht nach § 55a Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 4 und ein paralleler Antrag auf Unbedenklichkeit im Sinne von § 58 Absatz 1 Satz 1 schließen sich künftig aus. Meldepflichtige Rechtsgeschäfte sind seit Inkrafttreten der 1. AWG-Novelle auch im sektorübergreifenden Bereich schwebend unwirksam (siehe § 15 Absatz 3 AWG) und stehen künftig unter Freigabevorbehalt nach § 58a. Eine bloße Bescheinigung der Unbedenklichkeit würde nicht genügen, um die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts wiederherzustellen. Dies entspricht dem regulatorischen Rahmen im sektorspezifischen Bereich, der ebenfalls vom Zusammenspiel von schwebender Unwirksamkeit und Freigabevorbehalt geprägt ist.



Die Regelung dient der Klarstellung, dass ein Antrag auf Bescheinigung der Unbedenklichkeit im Fall eines meldepflichtigen Erwerbs und im Fall eines bereits von Amts wegen eingeleiteten Prüfverfahrens ausscheidet. Meldepflichtig sind solche Erwerbsfälle, die nach der Wertung des Verordnungsgebers grundsätzlich besonders prüfrelevant sind. Leitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie von Amts wegen ein Prüfverfahren ein, liegen zumindest erste Anhaltspunkte für eine besondere Sicherheitsrelevanz des prüfgegenständlichen Erwerbs vor. In beiden Fällen kann daher das vereinfachte Verfahren nach § 58 nicht mehr zum Zuge kommen. Sollte ein Erwerber Zweifel an der Meldepflichtigkeit eines Erwerbs haben, hat er die Möglichkeit, die Meldung mit einem hilfsweisen Antrag nach § 58 zu verknüpfen.



Zu Nummer 6



Der neue § 58a trägt zur Vereinheitlichung von sektorspezifischem und sektorübergreifendem Prüfverfahren bei (siehe § 61) und gewährleistet ein größeres Maß an Rechtssicherheit. Dies ist insbesondere für meldepflichtige Erwerber relevant. Grund hierfür sind die neuen, durch die 1. AWG-Novelle eingeführten, Vollzugsbeschränkungen für alle meldepflichtigen Erwerbsfälle nach § 15 Absatz 3 und 4 AWG.



Ein mittels Meldung eingeleitetes Vorprüfverfahren endet entweder künftig mittels Freigabe (§ 58a Absatz 1) oder Freigabefiktion (§ 58a Absatz 2).



Dem Bundesministerium steht es frei, auch noch nach Einleitung eines Prüfverfahrens (sei es aufgrund einer Meldung oder aufgrund einer Verfahrenseröffnung von Amts wegen, § 58a Absatz 1 Satz 2) eine ausdrückliche Freigabe des Erwerbs zu erteilen. Mit Blick auf § 15 AWG ist dies jedoch nicht zwingend erforderlich, da dessen, das schuldrechtliche bzw. das Vollzugsgeschäft einschränkende, Rechtsfolgen jedenfalls dann enden, wenn der Erwerb nicht innerhalb der Prüffrist untersagt wird. Nach § 58a Absatz 2 wird bei Fristablauf künftig die Freigabe fingiert.



Mit dem neuen § 58a Absatz 3 wird zum einen – unbeschadet § 14 Absatz 1 Satz 1 AWG – klargestellt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eine Freigabe mit der Auflage verbinden kann, dass der Erwerber dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie den künftigen Erwerb weiterer Stimmrechte auch unterhalb der in § 56 Absatz 2 genannten Schwellenwerte anzuzeigen hat. Eine solche Auflage und damit eine gesteigerte Prüfrelevanz von Hinzuerwerben muss stets durch die besonderen Umstände des Einzelfalls gerechtfertigt sein. Dies kann insbesondere dann der Fall sein, wenn im konkreten Zielunternehmen bereits niedrigere als die in § 56 Absatz 2 genannten Stimmrechtsanteile zu faktischen Sperrminoritäten beziehungsweise Kontrollmehrheiten führen können. Dies kann beispielsweise bei börsennotierten Gesellschaften dann der Fall sein, wenn regelmäßig nur ein Teil der Stimmrechtsinhaber auf der Hauptversammlung ihr Stimmrecht ausübt und dadurch das faktische Gewicht der anwesenden Stimmrechtsinhaber entsprechend proportional ansteigt. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat hierfür eine Prognoseentscheidung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Präsenzquoten auf vergangenen Hauptversammlungen des Zielunternehmens, vorzunehmen. Die Möglichkeit der Einzelfallauflage ergänzt dabei die in § 56 Absatz 2 bereits in pauschalisierter Weise berücksichtigten Annährungsschwellen von 20 % und 40 %. Eine Auflage im Sinne von § 58a Absatz 3 kommt daher immer dann in Betracht, wenn im Einzelfall eine faktische Sperrminorität beziehungsweise Kontrollmehrheit bei noch geringeren Schwellen als 20 % und 40 % erreicht werden kann. Zudem wird in § 58a Absatz 3 mittels Rechtsfolgenverweisung auf § 55 Absatz 1 verdeutlicht, dass eine entsprechend zweckgerichtete Auflage auch mit einem Prüfrecht nach § 55 Absatz 1 einhergeht (denn § 55 Absatz 1 setzt eine Beteiligung im Sinne des § 56 voraus, die in den Fällen des § 58a Absatz 3 aber gerade nicht vorliegt). Bei der „Anzeige“ im Sinne des Absatzes 3 handelt es sich nicht um eine Meldung im Sinne des § 15 Absatz 3 AWG.



Zu Nummer 7 Buchstabe a



§ 59 Absatz 1 wird hinsichtlich der Prüfkriterien, die einer Untersagung oder Anordnung zugrunde liegen können, ausdrücklich an den Wortlaut von den §§ 4 und 5 AWG und § 55 Absatz 1 angeglichen.



Die Ergänzung von „gegenüber den am Erwerb Beteiligten“ in § 59 Absatz 1 dient der Klarstellung. Die mögliche Regelungswirkung von Anordnungen ist, um effektiven Schutz vor erkannten Gefahrenpotentialen bieten zu können, nicht auf die Erwerberseite beschränkt. Anordnungen können – im Gegensatz zu Untersagungen, deren Rechtswirkungen sich ausschließlich gegen den unmittelbaren Erwerber richten – gegenüber allen Personen erlassen werden, die am Erwerb beteiligt sind. Dazu zählen der unmittelbare Erwerber, der mittelbare Erwerber, das Zielunternehmen und die mit diesem verbundenen juristischen Personen, der (unmittelbare) Veräußerer und, in seltenen Fällen, auch ein mittelbarer Veräußerer. Nachrangig ist hierbei, ob das Rechtssubjekt aktiv oder nur passiv (wie in der Regel das Zielunternehmen als Objekt des Erwerbs) an einem Verfahren beteiligt ist. § 13 Absatz 1 Nummer 4 VwVfG belegt in diesem Zusammenhang, dass auch Rechtssubjekte, die von einer Behörde zu einem Verfahren aufgrund ihrer Betroffenheit hinzugezogen werden, ebenfalls Verfahrensbeteiligte sind.



Zu Nummer 7 Buchstabe b



Die Aufhebung von Absatz 2 (und Neufassung des bisherigen Absatz 2 als Absatz 3) stellt die Fortgeltung von Drittverweisen auf § 59 Absatz 3 sicher (der Inhalt des bisherigen Absatzes 2 war bis zur Neunummerierung der Vorschrift im Zuge der 1. AWG-Novelle in Absatz 3 geregelt).



Zu Nummer 7 Buchstabe c



Der bisherige Absatz 2 wird (wieder) zu Absatz 3, siehe Begründung zu Nummer 7 Buchstabe b.



Der neue Absatz 4 regelt, wer als „Dritter“ nach § 23 Absatz 6b AWG beauftragt werden kann. Die mit § 23 Absatz 6b AWG im Zuge der 1. AWG-Novelle geschaffene Möglichkeit, Dritte mit der Kontrolle der durch Vertrag eingegangenen oder durch Anordnung auferlegten Pflichten zu beauftragen, gewährleistet eine effektive Überwachung des Erwerbers und erlaubt es den zuständigen Bundesministerien, ihre jeweiligen Personalressourcen für die eigentliche Prüftätigkeit zu nutzen. Bei der Abwehr der aus einzelnen Erwerbsvorgängen resultierenden Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit ist stets das mildeste Mittel mit der geringsten Eingriffsintensität anzuwenden. Mittel der Wahl ist daher regelmäßig ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den am Erwerb beteiligten Unternehmen, in dem die Unternehmen bestimmte Verpflichtungen übernehmen. Mit steigender Anzahl der geschlossenen Verträge wird das Nachhalten der einzelnen Vertragspflichten zunehmend zur Belastung für die beteiligten Bundesministerien. Bei der Beauftragung von Dritten findet grundsätzlich das Vergaberecht – unter besonderer Beachtung der in § 59 Absatz 4 festgelegten Anforderungen – Anwendung.



Auch die im neuen Absatz 5 statuierte Möglichkeit, den Erwerbsbeteiligten im Einzelfall eine Berichtspflicht aufzuerlegen, folgt dem Grundgedanken, dass bei der Abwehr der aus einzelnen Erwerbsvorgängen resultierenden Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit stets das Mittel mit der geringsten Eingriffsintensität anzuwenden ist. Dies gilt entsprechend für die nachträgliche Kontrolle, ob die mit einem Vertrag oder einer Anordnung einhergehenden Verpflichtungen auch fortlaufend beachtet werden. Alternativ zu einer Vor-Ort-Kontrolle durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie oder Dritte (vgl. § 23 Absatz 6b AWG) oder einer solchen Kontrolle vorgeschaltet, kann das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie als Verfahrensauflage im Sinne des § 11 Absatz 1 Nummer 2 AWG eine wiederkehrende Berichtspflicht (technikoffen schriftlich oder elektronisch) anordnen. In diesem Fall ist die Einsetzung eines kompetenten und unabhängigen Dritten als Berichterstatter unabdingbar, um die Glaubwürdigkeit des Berichterstatters und die Glaubhaftigkeit der übermittelten Berichte sicherzustellen und das Risiko von Missbräuchen zu minimieren.



Zu Nummer 8 Buchstabe a



§ 60 Absatz 1 wird an die neue Gesetzeslage nach Inkrafttreten der 1. AWG-Novelle angepasst.



Der bisherige Gefährdungsbegriff wird – entsprechend der neuen Rechtslage bei der sektorübergreifenden Investitionsprüfung – durch den Prüfmaßstab einer „voraussichtlichen Beeinträchtigung“ ersetzt. Die unterschiedlichen Prüfkriterien von sektorspezifischer und sektorübergreifender Investitionsprüfung – die öffentliche Ordnung oder Sicherheit einerseits und die wesentlichen Sicherheitsinteressen andererseits – bleiben von dieser Änderung unberührt. Wenn aber künftig im sektorübergreifenden Bereich ein geringerer Gefährdungsgrad für staatliche Eingriffe genügen und perspektivische Elemente stärkere Berücksichtigung finden können, muss dies erst recht für den besonders sensiblen Sicherheits- und Rüstungsbereich gelten, in dem den Mitgliedstaaten auf Grundlage von Artikel 346 AEUV weitreichende Beurteilungs- und Ermessensspielräume zustehen.



Mit der neuformulierten Fallgruppe Nummer 1 wird künftig Bezug auf sämtliche Rüstungsgüter im Sinne von Teil I Abschnitt A der Ausfuhrliste genommen. Die bisherigen Fallgruppen Nummer 1, 2, 4 und 5 werden aufgrund dieser umfassenden Verweisung entbehrlich. Die sicherheitspolitische Bedeutung der bisher nicht von § 60 erfassten Positionen des Teils I Abschnitt A der Ausfuhrliste steht nicht hinter der von den bisherigen Nummern 1, 2, 4 und 5 erfassten Listenpositionen zurück. Durch die Bezugnahme auf die den Unternehmen aus der Exportkontrolle bekannten Ausfuhrliste wird die bisherige Systematik des § 60 gewahrt und ein Höchstmaß an Rechtssicherheit gewährleistet.



Die neuformulierte Fallgruppe Nummer 2 erfasst Unternehmen, die militärische Güter bzw. Technologien entwickeln, herstellen, modifizieren oder im Besitz haben, auf die sich Geheimpatente nach § 50 des Patentgesetzes oder geheimgestellte Gebrauchsmuster nach § 9 des Gebrauchsmustergesetzes beziehen. Geheimpatente und geheimgestellte Gebrauchsmuster sind nach Prüfung durch die zuständigen Behörden als Staatsgeheimnis (§ 93 StGB) eingestuft und unterliegen den entsprechenden Beschränkungen. Solche Unternehmen müssen bereits aus Gründen des Geheimschutzes sicherstellen, dass keine Veröffentlichung der Patente und Technologien, sowie kein Abfluss von Know-how an fremde Mächte erfolgt. Diese Anforderungen greifen auch im Zuge einer Beteiligung von ausländischen Unternehmen. Hier wird es bei der Prüfung insbesondere darauf ankommen, ob der ausländische Erwerber aus einem Land kommt, mit dem eine gesonderte Vereinbarung über die Wahrung von Staatsgeheimnissen besteht. Die von der neuformulierten Fallgruppe Nummer 2 erfassten Patente werden überdies von der neuen, breiteren sektorübergreifenden Fallgruppe in § 55a Absatz 1 Nummer 26 erfasst.



In beiden Fallgruppen wird die in § 5 Absatz 3 Nummer 1 AWG vorgenommene Erweiterung nachvollzogen: Der Erwerb von Unternehmen, die Güter im Sinne von § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 modifizieren oder die tatsächliche Gewalt über solche Güter innehaben, kann in gleichem Maße wesentliche Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland berühren, wie der Erwerb eines diese Güter herstellenden oder entwickelnden Unternehmens.



Des Weiteren wird mit § 60 Absatz 1 Satz 2 die in § 5 Absatz 3 Nummer 1 AWG vorgenommene Klarstellung des vergangenheitsbezogenen Anwendungsbereichs nachvollzogen: Prüfrelevant sind auch alle Erwerbskonstellationen, bei denen die Entwicklung, Herstellung, Modifikation oder das Innehaben der tatsächlichen Gewalt über Güter im Sinne der Nummern 1 und 2 zwar in der Vergangenheit liegen, aber das Zielunternehmen noch über Zugang zur oder Kenntnisse über die sicherheitskritische Technologie verfügt.



Der Wortlaut der Fallgruppe § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 wird an die lediglich sprachlichen Änderungen in § 5 Absatz 3 Nummer 2 AWG angepasst. Zudem wird klargestellt, dass sich bei der Herstellung von bloßen Komponenten die Zulassung des BSI auf das Gesamtprodukt eines anderen Unternehmens bezieht.



Die neuformulierte Fallgruppe Nummer 4 erfasst sogenannte verteidigungswichtige Einrichtungen. Erwerbsvorgänge in Bezug auf derartige Unternehmen (und eine etwaige anschließende Änderung der Geschäftspolitik) können eine Beeinträchtigung wesentlicher Sicherheitsinteressen nach sich ziehen. Verteidigungswichtige Unternehmen im Sinne von § 1 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 SÜG können im Einzelfall insbesondere auch dem Anwendungsbereich der Fallgruppe Nummer 1 unterfallen. Erfasst werden von der Fallgruppe Nummer 4 Unternehmen, die zum Beispiel unmittelbar mit dem Bau von wehrtechnischem Material befasst sind, allerdings nur dann, wenn sie auch der Herstellung oder Erhaltung der Verteidigungsbereitschaft dienen. Weitere Voraussetzung des § 1 Absatz 5 Satz 2 Nummer 1 SÜG ist, dass eine Beeinträchtigung des Unternehmens infolge mangelnder kurzfristiger Ersetzbarkeit die Funktionsfähigkeit der Bundeswehr und verbündeter Streitkräfte (NATO- und EU-Partnerstaaten) erheblich gefährden würde.



Zu Nummer 8 Buchstabe b



Es handelt sich um eine Folgeänderung zu Nummer 8 Buchstabe a.



Zu Nummer 8 Buchstabe c



Es handelt sich um eine strukturelle Vereinheitlichung von sektorübergreifender und sektorspezifischer Prüfung: Die bisherigen Sätze 2 und 3 von § 60 Absatz 1 werden Absatz 2 Sätze 1 und 2. Der bisherige § 60 Absatz 2 Satz 1 wird zu Satz 3. Beide Änderungen folgen dem inhaltlichen Aufbau von § 55 Absatz 2. Für die inhaltlichen Änderungen wird auf die Begründung zu Nummer 2 Buchstabe d verwiesen.



Zu Nummer 8 Buchstabe d



In Satz 1 wird der Zeitpunkt der Entstehung der Meldepflicht konkretisiert („unverzüglich nach Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages“). Eine Ausnahme gilt bei öffentlichen Übernahmeangeboten: Dort entsteht die Meldepflicht bereits mit der Veröffentlichung der Entscheidung zur Abgabe eines Angebots (neuer Satz 2). Zudem wird in Satz 1 durch technikoffene Formulierung („schriftlich oder elektronisch“) künftig auch die rechtswirksame Meldung per E-Mail ermöglicht. Satz 3 und 4 wird analog § 55a Absatz 4 Satz 4 und 5 erweitert. Siehe die entsprechende Begründung zu Nummer 3. Mit dem neuen Satz 6 erhält das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Möglichkeit, die Details der Meldevorgaben, einschließlich der beispielhaft in Satz 2 und 3 genannten Informationen, durch Allgemeinverfügung zu bestimmen. Satz 7 entspricht dem bisherigen Satz 3.



Zu Nummer 8 Buchstabe e



Die sektorspezifische Prüfung wird hinsichtlich Schriftform- und Bekanntgabeerfordernis an die sektorübergreifende Prüfung angeglichen.



Zu Nummer 9 Buchstabe a



Siehe die Begründung zu Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa.



Zu Nummer 9 Buchstabe b und c



Die Neufassung von § 60a Absatz 2 und die Aufhebung von Absatz 3 dienen der strukturellen Vereinheitlichung von sektorübergreifender und sektorspezifischer Prüfung, indem auf die Bestimmungen in § 56 verwiesen wird. Die besonderen Prüfvoraussetzungen der sektorspezifischen Prüfung (Ausländer statt Unionsfremder, durchweg 10 % Prüfeintrittsschwelle) bleiben davon unbenommen. Hinzuerwerbe sind damit künftig bei Erreichen oder Überschreiten von 20 %, 25 %, 40 %, 50 % oder 75 % prüfrelevant und überdies meldepflichtig.



Zu Nummer 10 Buchstabe a



Bei der Anpassung des Normverweises handelt es sich um eine Folgeänderung zu Nummer 8 Buchstabe d. Durch technikoffene Formulierung („schriftlich oder elektronisch“) wird künftig auch eine Freigabe per E-Mail ermöglicht.



Zu Nummer 10 Buchstabe b



Sprachliche Klarstellung.



Zu Nummer 10 Buchstabe c



Folgeänderung zu Nummer 6 (neuer § 58a Absatz 3).



Zu Nummer 11 Buchstabe a



Klarstellung, dass erwerbsbeschränkende Anordnungen gegen sämtliche Erwerbsbeteiligte ausgesprochen werden können. Siehe ferner die Begründung zu Nummer 7 Buchstabe a zur analogen Klarstellung im Rahmen der sektorübergreifenden Prüfung.



Zu Nummer 11 Buchstabe b



Vereinheitlichung der sektorübergreifenden und sektorspezifischen Prüfung. Siehe dazu die Begründung zu Nummer 7 Buchstabe c.



Zu Nummer 12



Klarstellend wird geregelt, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie nach Eröffnung eines Prüfverfahrens die Verfahrensgrundlage von einer sektorübergreifenden zu einer sektorspezifischen Investitionsprüfung wechseln kann – und umgekehrt. Die Fallpraxis der letzten Jahre zeigt, dass sich immer mehr Fälle an der Schnittstelle der Anwendungsbereiche von sektorübergreifender und sektorspezifischer Investitionsprüfung bewegen. Oft kann erst im weiteren Verfahrenslauf, nach Eingang und Prüfung von Detailinformationen, festgestellt werden, welches Prüfverfahren im konkreten Fall tatsächlich einschlägig ist.



Ein Verfahrenswechsel ist während der laufenden Prüffrist jederzeit möglich – auch noch nach Ablauf der Eröffnungsfrist nach § 14a Absatz 1 Nummer 2 AWG, da sich Details der Güterspezifikation teils erst sehr spät im Prüfverfahren verlässlich aufklären lassen. Durch die Vereinheitlichung der Prüffristen von sektorübergreifender und sektorspezifischer Investitionskontrolle ist gewährleistet, dass ein Verfahrenswechsel keine nachteiligen Auswirkungen auf den Fristenlauf hat.



Im Zuge der Ausweitung der Fallgruppen in der sektorübergreifenden und sektorspezifischen Prüfung sind künftig vermehrt Fallkonstellationen vorstellbar, in denen parallel sowohl der Anwendungsbereich des § 55 Absatz 1 als auch derjenige des § 60 Absatz 1 eröffnet sind. Es bleibt unverändert dabei, dass es den Prüfbehörden in solchen Fallkonstellationen freisteht, ob sie das Prüfverfahren auf Grundlage des § 55 oder des § 60 oder auf Grundlage beider Vorschriften durchführen.



Zu Nummer 13



Die Überschrift des Kapitels 10 wird ergänzt.



Zu Nummer 14



Mit dem neuen § 82a wird ein rechtssicherer und klarer Übergang zwischen altem und neuem Recht ermöglicht.



Der neue § 82b ergänzt die gesetzliche Evaluierungsvorgabe nach § 31 AWG: Die Anwendung der §§ 4, 5, 13, 14a und 15 AWG ist gemäß § 31 AWG durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie im Hinblick auf die Wirksamkeit und den Aufwand der Regelungen zu evaluieren. Die Einvernehmensressorts und Ressorts, deren Zuständigkeitsbereich durch eine oder mehrere Fallgruppen im Sinne des § 55a Absatz 1 berührt wird, unterstützen das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie bei dieser Aufgabe. Der Evaluierungszeitraum beginnt mit dem ersten Tag nach Verkündung des Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze und beträgt 24 Monate. Mit dieser Evaluierung soll auch eine Evaluierung der mit der Fünfzehnten, Sechzehnten und Siebzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung geänderten Bestimmungen über die Prüfung von Unternehmenserwerben verknüpft werden. Dem dient der neue § 82a.



Hinsichtlich der §§ 55a und 60 wird insbesondere zu prüfen sein, ob die neu gefassten oder hinzugefügten Fallgruppen den aus der sachlichen, rechtlichen und sicherheitspolitischen Komplexität resultierenden Notwendigkeiten gerecht werden. Gleichzeitig muss mit Blick auf die berechtigten Interessen der Unternehmen an einer möglichst geringen Anzahl von Prüfverfahren überprüft werden, ob einzelne dieser Fallgruppen möglicherweise entbehrlich sind.



Die Effektivität und Wirkungen der Änderungen werden sich unmittelbar in den konkreten Verwaltungsverfahren des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie abzeichnen. Die Änderungen sollen, gemeinsam mit vorangegangenen Anpassungen in den §§ 4, 5, 13, 14a und 15 AWG, künftig einen noch wirksameren Schutz der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit bzw. der wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Fall von kritischen Unternehmenserwerben durch Unionsfremde bzw. durch Ausländer gewährleisten. Insbesondere sollte in den kommenden Jahren ein spürbarer Anstieg an meldepflichtigen Erwerben und an eingeleiteten Prüfverfahren zu verzeichnen sein. Zu beachten ist allerdings, dass die Zahl der meldepflichtigen Erwerbe und der durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie eingeleiteten Prüfverfahren insbesondere auch von der allgemeinen Entwicklung des Volumens und des inhaltlichen Fokus der Direktinvestitionen durch Unionsfremde bzw. durch Ausländer in Deutschland abhängig sein wird. Kein belastbarer Indikator für die Zielerreichung der angestrebten gesetzlichen Änderungen ist dagegen, ob die Änderungen eventuell einen Anstieg in der Zahl der durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie verfügten Untersagungen oder Anordnungen bzw. der mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie geschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge auslöst oder nicht. Denn es geht nicht vorrangig darum, den Erwerb inländischer Unternehmen inhaltlich zu beschränken, sondern darum, von möglicherweise sensiblen Erwerbsfällen Kenntnis zu erlangen und sie prüfen zu können.



Zu Artikel 2



Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.



Berlin, den 27. April 2021
V B 2 - 50103/002-07



Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie



Im Auftrag
Decker