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Anlage: Bekanntmachung der Begründung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder - 26. BImSchV (26. BImSchVVwV)

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Bekanntmachung
der Begründung
der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift
zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder –
26. BImSchV (26. BImSchVVwV)



Vom 26. Februar 2016



Fundstelle: BAnz AT 03.03.2016 B6





Nachstehend wird die Begründung der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV (26. BImSchVVwV) vom 26. Februar 2016 (BAnz AT 03.03.2016 B5) bekannt gemacht (Anlage).



Bonn, den 26. Februar 2016



Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit



Im Auftrag
Dr. Keller



Anlage



Begründung
der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Durchführung
der Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV (26. BImSchVVwV)



A.
Allgemeiner Teil


I. Ziel der Verwaltungsvorschrift


Die 26. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verordnung über elektromagnetische Felder – 26. BImSchV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. August 2013 (BGBl. I S. 3266, 3942) legt in § 4 Absatz 2 fest, dass bei Errichtung und wesentlicher Änderung von Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen die Möglichkeiten auszuschöpfen sind, die von der jeweiligen Anlage ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder nach dem Stand der Technik unter Berücksichtigung von Gegebenheiten im Einwirkungsbereich zu minimieren. Mit dieser Verwaltungsvorschrift, die auf Grundlage des § 48 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) erlassen wird, wird diese Anforderung konkretisiert (§ 4 Absatz 2 Satz 2 26. BImSchV).



II. Rahmenbedingungen der Minimierung



Im Mittelpunkt der Minimierungsbetrachtung steht die allgemeine Bevölkerung. Diese soll durch geeignete technische Maßnahmen an der Anlage so wenig wie möglich von den hiervon ausgehenden elektrischen und magnetischen Feldern exponiert werden. Ob und in welcher Form eine Minimierungsmaßnahme an einer Anlage notwendig ist, hängt jedoch von den Gegebenheiten im Einwirkungsbereich der Anlage ab. Nur wenn sich dort Personen für längere Zeit aufhalten, bedarf es einer Minimierungsprüfung. Dazu werden gezielt die Orte im Einwirkungsbereich einer Anlage betrachtet, an denen sich Menschen bevorzugt längere Zeit oder dauerhaft aufhalten.



Eine Minimierungsmaßnahme kommt nur in Betracht, wenn die Bevölkerung an allen maßgeblichen Minimierungsorten innerhalb des Einwirkungsbereiches davon profitiert, also an keinem der maßgeblichen Minimierungsorte eine Felderhöhung bewirkt wird.



Diese Verwaltungsvorschrift legt die Prüfanforderungen an die nach § 4 Absatz 2 26. BImSchV gebotene Minimierung fest.



III. Erfüllungsaufwand



Die nachfolgenden Ausführungen betreffen einerseits den Erfüllungsaufwand der 26. BImSchVVwV. Darüber hinaus enthalten sie andererseits auch Aussagen zum Erfüllungsaufwand des Minimierungsgebotes nach § 4 Absatz 2 26. BImSchV, das mit Inkrafttreten der Novelle der Verordnung am 22. August 2013 neu in die Verordnung aufgenommen worden ist. Seinerzeit konnte diesbezüglich keine fundierte Kostenaussage gemacht werden, da die Konkretisierung der Minimierungspflicht fehlte.



1.
Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft


Die 26. BImSchVVwV legt ein einheitliches Prüf- und Bewertungsschema für die Minimierung nach § 4 Absatz 2 26. BImSchV fest. Sie führt daher selbst nicht zu einem zusätzlichen Erfüllungsaufwand für die Wirtschaft.



Durch die Minimierungspflicht nach § 4 Absatz 2 26. BImSchV kann dagegen Erfüllungsaufwand im Sinne von § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Einsetzung eines Nationalen Normenkontrollrates vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1866) für Unternehmen (Betreiber von Stromnetzen) entstehen. Dieser Aufwand für die Netzbetreiber entsteht bei jedem Neubau und wesentlicher Änderung durch Prüfung der Notwendigkeit einer Minimierung, Prüfung der in Frage kommenden Minimierungsmöglichkeiten, ihre Bewertung sowie gegebenenfalls ihre Durchführung. Durch die technische Umsetzung der Maßnahmen zur Minimierung können Kosten entstehen, die ohne Minimierung nicht angefallen wären. Diese fließen in die Netzausbaukosten ein und werden letztendlich über die Netzentgelte von den Stromverbrauchern getragen.



Es können nur allgemeine Aussagen zu der Höhe der Erfüllungskosten gemacht werden, da diese Verwaltungsvorschrift lediglich die Kriterien der Minimierung für den jeweiligen Einzelfall beschreibt. Ohne jeweilige Einzelfallprüfung der Anlagen können der Umfang der Minimierung und der damit verbundenen Erfüllungsaufwand vorab nur grob abgeschätzt werden. Grundlage dafür sind die Dena-Netzstudie II, die Dena-Verteilnetzstudie, die BMWi-Verteilernetzstudie, die Netzstrukturkennzahlen der Bundesnetzagentur (Stand 2013) sowie Angaben der Netzbetreiber.



Das deutsche Übertragungsnetz hat insgesamt eine Länge von rund 35 000 km und wird von vier Unternehmen betrieben. Der aktuell bestätigte Netzentwicklungsplan Strom mit dem Zieljahr 2024 umfasst rund 3 050 km an Optimierungs- und Verstärkungsmaßnahmen in bestehenden Trassen und zusätzlich rund 2 750 km an kompletten Neubauvorhaben. Der zusätzliche Erfüllungsaufwand durch das Minimierungsgebot des § 4 Absatz 2 26. BImSchV wird von den Übertragungsnetzbetreibern mit ca. 5 % der Projekt- und Planungskosten abgeschätzt. Dabei wird nicht dargelegt, wie weit diese Kosten mit den Kosten identisch sind, die auf der nach dem Fachplanungsrecht vorzunehmenden Abwägung beruhen, also nicht zusätzlich entstehen. Denn bereits vor Inkrafttreten des § 4 Absatz 2 26. BImSchV hatte eine Minimierung unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV planungsrechtlich zu erfolgen. Aufgrund dessen sind keine ins Gewicht fallenden zusätzlichen Kosten zu erwarten.



Gleiches gilt für die Freileitungen auf der 110-kV-Hochspannungsebene, die nach § 43 des Energiewirtschaftsgesetzes ebenfalls planfeststellungspflichtig sind.



Das Verteilernetz in Deutschland umfasst auf der Mittelspannungsebene insgesamt rund 405 000 km Erdkabel und 109 000 km Freileitungen. Im Bestand werden voraussichtlich bis 2020 ca. 2 000 km der Erdkabel und 2 200 km der Freileitungen aufgrund von wesentlichen Änderungen von dem Minimierungsgebot des § 4 Absatz 2 26. BImSchV betroffen sein. Bis 2020 ist von einem Neubau von insgesamt ca. 34 000 km Erdkabeln und ca. 9 000 km Freileitungen auszugehen. Davon werden voraussichtlich 10 100 km der Erdkabel und 900 km der Freileitungen von dem Minimierungsgebot betroffen sein. Daneben existieren in Deutschland ca. 560 000 Ortsnetzumspannstationen, die sich auf ca. 900 Verteilernetzbetreiber verteilen. Die Betreiber gehen davon aus, dass ca. 5 % der Bestandsanlagen wesentlich geändert werden müssen und somit ca. 28 000 der bestehenden Ortsnetzumspannstationen unter das Minimierungsgebot fallen werden. Dazu kommen ca. 5 500 der ca. 11 000 geplanten neuen Ortsnetzumspannstationen, die bis 2020 errichtet werden sollen. Zusätzlich sind ca. 180 km Erdkabel auf der 110-kV-Hochspannungsebene zu berücksichtigen, da diese im Gegensatz zu den 110-kV-Freileitungen nicht planfestzustellen sind und daher bislang keine Minimierung unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV planungsrechtlich zu erfolgen hatte.



Im Vergleich zu den Investitionskosten wird der Erfüllungsaufwand bei Freileitungen auf Mittelspannungsebene von den Verteilnetzbetreibern grundsätzlich als sehr gering angesehen. Bei den Erdkabeln und Ortsnetzumspannstationen wird von den Betreibern u. a. aufgrund der großen Anzahl der geplanten Projekte für möglich gehalten, dass die Kosten im Vergleich zu den Investitionskosten um bis zu ca. 50 % steigen könnten. Insgesamt könnten sich nach den Schätzungen der Betreiber bis 2020 zusätzliche Kosten von bis zu 300 Millionen € pro Jahr ergeben. Bei diesem Maximumwert wird jedoch nicht der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Kosten für die Minimierung voraussichtlich deutlich niedriger ausfallen, weil aufgrund der Verhältnismäßigkeitsabwägung im Einzelfall die Investitionskosten nicht mehr als 33 % betragen werden. Der Erfüllungsaufwand wird daher maximal 200 Millionen€ pro Jahr betragen.



Die Stromleitungen der Deutschen Bahn AG umfassen insgesamt ca. 7 700 km 110-kV-Bahnstromleitungen und ca. 31 000 km elektrifizierte Streckenlänge mit Oberleitungen. Die Deutsche Bahn AG kalkuliert, dass von den Bahnstromleitungen ca. 120 km pro Jahr erneuert und davon ca. 20 % von dem Minimierungsgebot betroffen sein werden. Im Bereich der Oberleitungen sind für den Zeitraum von 2016 bis 2020 und darüber hinaus zusammen ca. 1 600 km Neubau und wesentliche Änderungen geplant. Der zusätzliche Erfüllungsaufwand wird von der Deutschen Bahn AG ohne Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeitsabwägung für die 110-kV-Bahnstromleitungen mit ca. 2 Millionen € pro Jahr und für Oberleitungen mit bis zu 150 Millionen € pro Jahr abgeschätzt. Bei diesem Maximumwert werden aber Minimierungskosten von 150 % über den Investitionskosten zugrunde gelegt. Dies würde jedoch dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der eine wirtschaftliche Vertretbarkeit zugrunde legt, widersprechen. Es ist daher davon auszugehen, dass aufgrund der Verhältnismäßigkeitsabwägung im Einzelfall die Investitionskosten nicht mehr als 45 % betragen werden. Insoweit werden die Kosten für die Minimierung voraussichtlich deutlich niedriger ausfallen und für die 110-kV-Bahnstromleitungen bis zu ca. 1 Million € pro Jahr und für Oberleitungen bis zu ca. 45 Millionen € pro Jahr betragen. Insgesamt werden die Kosten im Bereich von maximal 46 Millionen € pro Jahr liegen.



2.
Erfüllungsaufwand für die Verwaltung


Diese Verwaltungsvorschrift legt für die Verwaltung ein einheitliches Prüf- und Bewertungsschema für die Minimierung fest. Die Vollzugsbehörden werden dadurch in die Lage versetzt, die Anforderungen des § 4 Absatz 2 26. BImSchV zeitnah und abschließend zu prüfen. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift selbst führt daher nicht zu einem zusätzlichen Erfüllungsaufwand der Verwaltung.



Die aufgrund von § 23 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 in Verbindung mit § 48b BImSchG erlassene Verordnung über elektromagnetische Felder gilt für immissionsschutzrechtlich nichtgenehmigungsbedürftige Anlagen. Die Verordnung enthält dementsprechend keine Vorgaben für die Überprüfung der Einhaltung des § 4 Absatz 2 26. BImSchV. Die Minimierungsregelung hat daher nur dann Erfüllungsaufwand zur Folge, wenn eine Vollzugsbehörde anlassbezogen die Einhaltung des § 4 Absatz 2 26. BImSchV überwacht. Damit ist nur ein Teil der von den Betreibern bis 2020 geschätzten 75 000 Einzelprojekte von einer Prüfung betroffen. Wie hoch dieser Anteil ist, kann nicht beziffert werden, da die Entscheidung einer Prüfung jeweils durch die zuständige Vollzugsbehörde erfolgt. Dabei ist zu unterscheiden, ob eine vereinfachte Prüfung der Minimierungsmaßnahmen nur an den Bezugspunkten oder eine individuelle Minimierungsprüfung durchgeführt wird. Konservativ betrachtet können für eine vereinfachte Prüfung pauschal zwei Sachbearbeiterstunden und für eine individuelle Minimierungsprüfung pauschal acht Sachbearbeiterstunden kalkuliert werden. Nach dem Leitfaden zur Ermittlung und Darstellung des Erfüllungsaufwands in Regelungsvorhaben der Bundesregierung (Stand Oktober 2012) betragen die Kosten pro Sachbearbeiterstunde im gehobenen Dienst der Länder 35,10 €. Somit können die Kosten für eine vereinfachte Prüfung bis zu 70,20 € und für eine individuelle Prüfung bis zu 280,80 € betragen. Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Prüfaufwand aufgrund von möglichen Anlagenstandardisierungen verringert.



Wird das Minimierungsgebot im Rahmen von Planfeststellungsverfahren geprüft, geht die Überprüfung in die fachplanungsrechtliche Prüfung ein. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Möglichkeit der Minimierung der elektrischen und magnetischen Felder auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV in die planungsrechtlich vorzunehmende Abwägungsentscheidung einzubeziehen. Das heißt bereits vor Inkrafttreten des Minimierungsgebotes nach § 4 Absatz 2 26. BImSchV wurde im Rahmen von Planfeststellungsverfahren für Stromnetzanlagen die Möglichkeit einer Feldminimierung planungsrechtlich geprüft. Es lässt sich insoweit nicht feststellen, ob und wenn ja in welcher Höhe das Minimierungsgebot nach § 4 Absatz 2 auf der Basis des nach dieser Verwaltungsvorschrift vorgesehenen Prüfschemas zu einem zusätzlichen Erfüllungsaufwand der Verwaltung in Planfeststellungsverfahren führen wird.



IV. Evaluation



Die Ziele und tatsächlich erzielte Wirkung dieser 26. BImSchVVwV sowie die damit einhergehenden Folgekosten werden fünf Jahre nach Inkrafttreten der 26. BImSchVVwV evaluiert.



B.
Besonderer Teil – zu den Einzelvorschriften


I. Zu Nummer 1 „Anwendungsbereich“



Mit dieser Verwaltungsvorschrift sollen die Anforderungen und Rahmenbedingungen zur Erfüllung des in § 4 Absatz 2 26. BImSchV bestimmten Minimierungsgebots für Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen, die neu errichtet oder wesentlich geändert werden, festgelegt werden. Sie dient als Grundlage für die Vollzugsbehörden, bundesweit bei der Umsetzung einheitlich zu verfahren.



Die Prüfung möglicher Minimierungsmaßnahmen erfolgt immer individuell für die geplante Anlage einschließlich ihrer geplanten Leistung und für die festgelegte Trasse. Die allgemeine Verwaltungsvorschrift verlangt keine Alternativenprüfung (wie z. B. Erdkabel statt Freileitung, Gleichstrom- statt Niederfrequenzanlage, alternative Trassenführung oder Standortalternativen). Das Gleiche gilt für das im Energiewirtschaftsrecht verankerte NOVA Prinzip (Netz-Optimierung vor Verstärkung vor Ausbau). Insgesamt sind sämtliche fachrechtlichen Vorgaben (u. a. die Regelungen des Naturschutzes, insbesondere des Gebiets- und Artenschutzes) zu beachten.



Das Minimierungsgebot nach § 4 Absatz 2 26. BImSchV entspricht weder dem Emissionsminimierungsgebot aus Nummer 5.2.7 der TA Luft noch der Dynamisierungsklausel in Nummer 5.2.8 der TA Luft, sondern hat einen anderen, eigenen Regelungsgehalt, der durch diese allgemeine Verwaltungsvorschrift konkretisiert wird.



II. Zu Nummer 3 „Minimierung“



Dieses Kapitel umfasst die wesentlichen Rahmenbedingungen unter welchen Voraussetzungen und in welcher Form die Minimierung zu erfolgen hat.



Zu Nummer 3.1 Minimierungsziel



Das Ziel des Minimierungsgebotes ist es, die von Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder so zu minimieren, dass dadurch die Immissionen an den maßgeblichen Minimierungsorten minimiert werden. Liegen mehrere maßgebliche Minimierungsorte innerhalb des Einwirkungsbereiches, werden bei der Minimierung alle maßgeblichen Minimierungsorte gleichrangig betrachtet. Das bedeutet, dass keine Gewichtung zum Beispiel hinsichtlich Anzahl und Alter der Personen, die sich an den maßgeblichen Minimierungsorten aufhalten können, gemacht wird. Ebenso wird nicht zwischen der Art und Nutzung des maßgeblichen Minimierungsortes unterschieden. Eine gewichtete Differenzierung der einzelnen maßgeblichen Minimierungsorte hinsichtlich der Minimierung ist wissenschaftlich nicht begründbar. Zudem sind die Gegebenheiten an den einzelnen maßgeblichen Minimierungsorten einem stetigen Wandel unterworfen. Mit großer Wahrscheinlichkeit würde die durchgeführte Minimierung mit der Zeit nicht mehr der gewollten Gewichtung entsprechen oder könnte ihr sogar entgegenstehen.



Insgesamt kommen nur Maßnahmen als Minimierungsmaßnahme in Betracht, wenn sie nicht zu einer Erhöhung der Immissionen an einem maßgeblichen Minimierungsort führen würden. Das bedeutet, dass durch die Minimierung kein maßgeblicher Minimierungsort schlechter gestellt werden darf als vorher.



Zu Nummer 3.2 Vorgehen zur Umsetzung des Minimierungsgebotes



Dieser Abschnitt legt das Vorgehen bei der Festlegung der Minimierung bei einer zu prüfenden Anlage fest. Die Prüfschritte sind hierbei in einem Flussdiagramm in Anhang I dargestellt. Dabei stellt sich zunächst die Frage nach der Notwendigkeit einer Prüfung der Minimierungsmöglichkeiten. Die Notwendigkeit liegt vor, wenn es sich bei der Anlage um einen Neubau oder eine wesentliche Änderung handelt und innerhalb des Einwirkungsbereiches maßgebliche Minimierungsorte existieren. Dann erfolgt eine Prüfung möglicher Minimierungsmaßnahmen an Hand der in Nummer 5 aufgeführten technischen Möglichkeiten. Dieser Schritt ist eine reine Prüfung der technischen Minimierungsmöglichkeiten. Andere Aspekte – auch ökonomische – werden erst im Rahmen der Maßnahmenbewertung betrachtet.



Zu Nummer 3.2.1.2 Betrachtung des Einwirkungsbereiches



Der Einwirkungsbereich einer Anlage wird definiert als der Bereich, in dem die Anlage signifikante von der Hintergrundexposition abhebende Immissionen verursacht, die sich der jeweiligen Anlage eindeutig zuordnen lassen. Insgesamt ist der Einwirkungsbereich einer Anlage zum einen abhängig von der Hintergrundexposition, die von der Frequenz abhängig ist und örtlich sehr unterschiedlich sein kann, und zum anderen von anlagenbezogenen Faktoren (z. B. Masthöhe, Anzahl der Systeme, Spannungsebene) sowie anlagenunabhängigen Faktoren (z. B. Topografie, Bebauung, Bewuchs). Zur Vermeidung von aufwändigen Mess- und Berechnungsverfahren ist der Einwirkungsbereich für die verschiedenen Anlagentypen über die in der Verwaltungsvorschrift genannten konservativen Pauschalwerte zu bestimmen. Diese Pauschalwerte sind tabellarisch in Metern angegeben und basieren auf der mittleren in Deutschland vorkommenden Hintergrundexposition.



Die Hintergrundexposition setzt sich aus den natürlich und anthropogen hervorgerufenen Feldstärken zusammen. Das natürlich vorkommende statische Erdmagnetfeld beträgt in Deutschland 30 µT bis 60 µT. Das statische elektrische Feld variiert abhängig von der Jahreszeit und der Wetterlage zwischen 0,1 kV/m und 0,3 kV/m. Im Gewitterfeld können deutlich höhere Feldstärken bis 20 kV/m auftreten. Es liegen keine Werte für eine mittlere anthropogene Hintergrundexposition für statische Felder vor. Der größte Beitrag zur Hintergrundexposition bei statischen Feldern wird fast ausschließlich durch die natürlichen Feldstärken erzeugt. Der Einwirkungsbereich von Gleichstromanlagen (außer Gleichstromerdkabel) wird im Wesentlichen durch das elektrische Feld bestimmt, da sich aufgrund physikalischer Prozesse Raumladungswolken an den Leiterseilen bilden, die sich durch Windverfrachtung über größere Bereiche erstrecken können.



Bei natürlich vorkommenden niederfrequenten Feldern liegt die Magnetfeldstärke im pT-Bereich (<< 1 µT) und die niederfrequenten elektrischen Felder bei weniger als 1 mV/m (Schumann Resonanz). Der dominierende Beitrag der niederfrequenten Hintergrundexposition wird durch die anthropogen vorkommenden Feldstärken erzeugt, die im Wesentlichen durch die elektrische Hausinstallation und Elektrogeräte verursacht werden. In Deutschland beträgt die niederfrequente anthropogene Magnetfeldstärke im Mittel 0,1 µT und die elektrische Feldstärke weniger als 1 V/m.



Zu Nummer 3.2.2 Ermittlung der Minimierungsmaßnahmen



In dem Einwirkungsbereich einer Anlage, der je nach Anlagentyp bis zu mehreren hundert Metern betragen kann, können sich viele maßgebliche Minimierungsorte befinden. Damit alle diese Orte sachgerecht bei der Minimierung betrachtet werden können, jedoch nicht jeder maßgebliche Minimierungsort einzeln bewertet werden muss, wird ein Bewertungsabstand eingeführt. Bei leitungsgeführten Anlagen (Freileitung, Erdkabel) stellt der Bewertungsabstand einen Streifen links und rechts der Anlage dar, der mit der Trasse verläuft. Bei Stationen (z. B. Umspannstationen, Trafoanlagen) verläuft der Bewertungsabstand näherungsweise kreisförmig um die Anlage. Die Bewertungsabstände sind angelehnt an die Abstände, die bereits bei der Überprüfung der Grenzwerte der 26. BImSchV durch die Bundesländer angewendet werden („Hinweise zur Durchführung der Verordnung über elektromagnetische Felder“ der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz [LAI] in der Fassung des Beschlusses der 128. Sitzung am 17. und 18. September 2014). Im Gegensatz dazu dient der Bewertungsabstand nicht der Überprüfung, ab wann die gesetzlichen Grenzwerte immer sicher eingehalten werden, sondern einer vereinfachten und handhabbaren Umsetzung der Minimierung.



Die größten elektrischen und magnetischen Feldstärken, die von Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen erzeugt werden, entstehen bei Freileitungen in der Regel direkt unter den Leiterseilen oder bei Erdkabeln über den Kabeln. Im Nahbereich ist die physikalische Kompensationswirkung der einzelnen Felder, die von jedem Leiterseil/Kabel der Anlage ausgehen, aufgrund der notwendigen Abstände der Leiterseile/Kabel zueinander (z. B. Mindestisolierluftstrecke, thermische Randbedingungen) nicht optimal. Daher nehmen die Feldstärken bei Leitungsanlagen nicht gleichmäßig von der Anlagenmitte/Trassenachse zu den Seiten hin ab und es können im Nahbereich der Anlage höhere Feldstärken als in der Anlagenmitte/Trassenachse auftreten.



Gleiches gilt für Stromrichter-, Umspann- und Schaltanlagen sowie Ortsnetzstationen.



Der Bewertungsabstand berücksichtigt die bessere physikalische Kompensationswirkung der elektrischen und magnetischen Felder in größeren Abständen zu den Leitern. Die Feldstärken nehmen ab dem Bewertungsabstand mit zunehmender Entfernung nur noch weiter ab. Das bedeutet, dass eine Minimierung der Feldstärken im Bewertungsabstand auch immer dazu führt, dass die Feldstärken in größeren Abständen minimiert werden. Zu diesem Zweck wird für jeden maßgeblichen Minimierungsort, der sich weiter als der Bewertungsabstand von einer Anlage entfernt befindet, ein Bezugspunkt gebildet. Dieser Bezugspunkt liegt jeweils im Bewertungsabstand auf der kürzesten Geraden zwischen dem jeweiligen maßgeblichen Minimierungsort und der jeweiligen Anlagenmitte/Trassenachse. Bei dichter Bebauung, d. h. einer Vielzahl von Bezugspunkten, können stattdessen ein oder mehrere repräsentative Bezugspunkte gewählt werden. Aufgrund der Bezugspunkte sind keine Nachweise direkt an den maßgeblichen Minimierungsorten, die sich außerhalb des Bewertungsabstandes befinden, notwendig.



In dem Bereich zwischen der Anlagenmitte/Trassenachse und dem Bewertungsabstand ist die Kompensationswirkung der Felder von der Geometrie der Anlage und der Leiterzuordnung abhängig. Dort kann es zu inhomogenen Feldern kommen, sodass die Feldstärken in diesem Bereich nicht zwangsweise mit dem Abstand abnehmen. Maßgebliche Minimierungsorte, die sich zwischen der Anlagenmitte/Trassenachse und dem Bewertungsabstand befinden, müssen aus diesem Grund immer einzeln betrachtet werden. Für diese maßgeblichen Minimierungsorte wird kein Bezugspunkt gebildet. Sie können auch nicht repräsentativ zusammengefasst werden.



Zu Nummer 3.2.3 Maßnahmenbewertung



Die unter Berücksichtigung des Minimierungsziels in Frage kommenden Minimierungsmaßnahmen sind auf ihre Verhältnismäßigkeit zu bewerten. Es kommen keine Maßnahmen in Betracht, die mit unvertretbarem Aufwand außer Verhältnis zu dem Nutzen stehen. Hierbei sind zum Beispiel die Immissionsreduzierung an den maßgeblichen Minimierungsorten, die Wirksamkeit der Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Wartung und Verfügbarkeit der Anlagen sowie die Wirtschaftlichkeit (Investitions- und Betriebskosten) der Maßnahmen zu berücksichtigen.



Bei der Maßnahmenbewertung ist nicht nur auf die Wirksamkeit der Maßnahme im Hinblick auf die Minimierung der von einer Anlage ausgehenden elektrischen und magnetischen Felder zu achten, sondern auch auf ihre Auswirkung auf die Gesamtimmission an den maßgeblichen Minimierungsorten (Effizienz). So kann zum Beispiel eine Minimierungsmaßnahme mit einer hohen Wirksamkeit für einen maßgeblichen Minimierungsort unverhältnismäßig sein, wenn die von der Anlage versursachte Immission an diesem maßgeblichen Minimierungsort ohnehin sehr gering ist. In Einzelfällen kann eine Minimierungsmaßnahme unverhältnismäßig für einen maßgeblichen Minimierungsort sein, wenn dieser selbst eine Quelle mit hohen elektrischen und magnetischen Feldstärken (z. B. Aluminiumhüttenwerke) darstellt und die Minimierung der von einer Anlage ausgehenden Felder die Gesamtimmission nur geringfügig senken würde.



Der Minimierungspflicht wird genüge getan, wenn die Minimierungsmöglichkeiten nach dem beschriebenen Vorgehen geprüft, bewertet und entsprechend umgesetzt werden.



III. Zu Nummer 5 „Technische Möglichkeiten der Minimierung“



Die allgemeine Verwaltungsvorschrift beschreibt in Nummer 5 abschließend die möglichen Minimierungsmaßnahmen, die bei Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen zur Minimierung der elektrischen und magnetischen Felder eingesetzt werden können. Maßnahmen, die zwar technisch zur Minimierung geeignet sind, sich aber systemimmanent ausschließen, wurden nicht in Nummer 5 aufgenommen.



Bei der Ermittlung der möglichen Minimierungsmaßnahmen für Niederfrequenz- und Gleichstromanlagen wurde der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Techniken und Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Minimierung von elektrischen und magnetischen Feldern gesichert erscheinen lässt, berücksichtigt.



Für jeden Anlagentyp sind die möglichen Minimierungsmaßnahmen einzeln aufgelistet. Neben einer kurzen Beschreibung der Maßnahme werden die notwendigen Voraussetzungen dargestellt. Die Voraussetzungen können zwischen neuen und wesentlich geänderten Anlagen unterschiedlich sein. Die Wirksamkeit einer Maßnahme beschreibt der Feldminimierung durch die Maßnahme in Bezug auf die Feldstärken, die ohne diese Maßnahme vorliegen würde. Die Angabe der Wirksamkeit in dieser Verwaltungsvorschrift bezieht sich auf den Regelfall. Bei einer konkreten Anlage oder bei besonderen Gegebenheiten vor Ort kann die Wirksamkeit sowohl kleiner als auch größer sein.



Bei jeder Minimierungsmaßnahme sind Hinweise zu dem abgeschätzten baulichen und technischen Aufwand für die Realisierung der jeweiligen Maßnahme angegeben. Dieser Aufwand kann erheblich davon abhängen, ob eine Minimierungsmaßnahme auf einen größeren Anlagenzusammenhang oder nur auf einen Teil, zum Beispiel einen Leitungsabschnitt, angewendet wird. Bei wesentlichen Änderungen ist der zusätzliche Aufwand von Art und Umfang der geplanten wesentlichen Änderung selbst abhängig. In der Regel muss der Aufwand deshalb im Einzelfall bewertet werden.



Die Hinweise können zudem zusätzliche Informationen zu Besonderheiten und möglichen Folgen der einzelnen Maßnahmen enthalten. Diese Angaben sind nicht abschließend.



Sämtliche aufgeführten Maßnahmen sind betriebsmittelspezifisch sowohl bei einem Neubau als auch bei einer wesentlichen Änderung zu prüfen. Dabei ist zu beachten, dass die jeweilige Anlage auf die genannten Minimierungsmaßnahmen hin zu prüfen ist, jedoch nicht alle Maßnahmen zwingend anzuwenden sind. Es sind die technischen Maßnahmen zu identifizieren, die sich zum einen an der konkreten Anlage technisch umsetzen lassen und zum anderen das Minimierungsziel erfüllen. Kommt unter diesen Kriterien keine Minimierungsmaßnahme in Frage, ist der Prüfung der Minimierung unter Darlegung der Sachverhalte genüge getan. Dagegen kann auch die Anwendung mehrerer Minimierungsmaßnahmen in Betracht kommen. Soweit deren kumulative Anwendung ausscheidet, ist eine begründete Auswahl zwischen den Alternativen zu treffen.



Wirken sich eine oder mehrere Minimierungsmaßnahmen unterschiedlich auf das elektrische und das magnetische Feld aus, ist bei der Auswahl für Gleichstromanlagen (außer Gleichstromerdkabel) die Minimierung des elektrischen Feldes zu bevorzugen, da das elektrische Gleichfeld den Einwirkungsbereich dieser Anlagen bestimmt. Das elektrische Gleichfeld hat keine direkten gesundheitlich relevanten Auswirkungen auf den menschlichen Körper, kann jedoch aufgrund der physikalischen Eigenschaften zu indirekten Wirkungen, wie Funkenentladungen zwischen Personen und leitfähigen Objekten, führen. Diese möglichen erheblichen Belästigungen sind nach § 3a Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 26. BImSchV zu vermeiden. Demgegenüber wird das magnetische Gleichfeld von derzeit geplanten Anlagen voraussichtlich im Bereich des statischen Erdmagnetfeldes liegen und schöpft den gesetzlichen Grenzwert nur zu einem kleinen Teil aus. Zusammengefasst entspricht die bevorzugte Minimierung der elektrischen Felder von Gleichstromanlagen dem Schutzgedanken der 26. BImSchV.



Bei der Auswahl von Minimierungsmaßnahmen für eine Niederfrequenzanlange, die sich unterschiedlich auf das elektrische und das magnetische Feld auswirken, ist die Minimierung des magnetischen Feldes zu bevorzugen. Im Gegensatz zu Gleichstromanlagen wird das elektrische Feld nicht über größere Bereiche ausgedehnt. Darüber hinaus können niederfrequente Magnetfelder aufgrund wissenschaftlicher Unsicherheiten bezüglich ihrer gesundheitlichen Relevanz nicht abschließend beurteilt werden. Dies zeigt die Einstufung der Weltgesundheitsorganisation (World Health Organization – WHO) von niederfrequenten Feldern in die Klasse 2B, „möglicherweise krebserregend“ (IARC monographs on the evaluation of carcinogenic risks to humans; Non-ionizing radiation, part 1: Static and extremely low-frequency (ELF) electric and magnetic fields, 2002). Ausschlaggebend für diese Einstufung waren epidemiologische Beobachtungen einer statistischen Assoziation von magnetischen Feldern der Energieversorgung in der Größenordnung von 0,3 bis 0,4 µT und dem Auftreten von Leukämie bei Kindern. Ob diese statistischen Zusammenhänge auf einer kausalen Beziehung beruhen, ist umstritten und wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Die WHO hat 2007 diese Einstufung niederfrequenter Felder nach einer erneuten Begutachtung der wissenschaftlichen Erkenntnisse trotz weiterhin offener Fragen zum Wirkungsmechanismus bestätigt (Electromagnetic fields and public health; Exposure to extremely low frequency fields, 2007). Allerdings geht die WHO davon aus, dass die Aussagekraft der epidemiologischen Studien durch mögliche andere Einflussfaktoren und sehr kleiner Fallzahl geschwächt ist und stuft daher die Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs als schwach ein. Zu diesem Schluss kam auch 2011 die Strahlenschutzkommission (SSK) in ihrer Stellungnahme „Vergleichende Bewertung der Evidenz von Krebsrisiken durch elektromagnetische Felder und Strahlungen“. Entsprechend hat die SSK in der genannten Empfehlung darauf hingewiesen, dass sich aus diesen Zusammenhängen keine belastbaren Kriterien ableiten lassen, die Vorsorgewerte in dieser Größenordnung unterhalb der wissenschaftlichen gesicherten Werte rechtfertigen können.



Die Maßnahme der magnetischen Schirmung ist in Nummer 5 nicht erfasst. Sie ist zwar theoretisch möglich, indem Schirmflächen zwischen den stromführenden Leitungssystemen und den maßgeblichen Minimierungsorten eingefügt werden. Diese zusätzliche Verwendung magnetischer Schirmungsmaterialien kann die Ausführung der Anlage sowohl technisch als auch baulich stark beeinflussen. Derzeit liegen in Deutschland hierzu noch keine praktischen Erfahrungen vor. Erfahrungen von Netzbetreibern aus dem europäischen Ausland sind ebenfalls nicht bekannt. Ihre praktische Eignung ist nicht gesichert. Sie entspricht deshalb nicht dem derzeitigen Stand der Technik.