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Runderlass Außenwirtschaft Nr. 3/2020; Fünfzehnte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung

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Runderlass Außenwirtschaft Nr. 3/2020
Fünfzehnte Verordnung
zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung



Vom 25. Mai 2020



Fundstelle: BAnz AT 02.06.2020 B2



Zur Erläuterung der Fünfzehnten Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 25. Mai 2020 (BAnz AT 02.06.2020 V1) wird hiermit bekannt gemacht:



A. Allgemeiner Teil



I Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen



Die aktuelle, durch SARS-CoV-2 (COVID-19-Pandemie) ausgelöste Entwicklung macht deutlich, dass der Kreis der bei der außenwirtschaftlichen Prüfung von Unternehmenserwerben bislang besonders berücksichtigten Unternehmen unzureichend ist. Daher wird mit dieser Änderungsverordnung der Kreis der inländischen Unternehmen, die in § 55 Absatz 1 Satz 2 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) aufgeführt werden, erweitert.



Erwerbe der von den neuen Fallgruppen erfassten Unternehmen berühren in besonderem Maße das Grundinteresse der deutschen Bevölkerung und des Staates u. a. an der Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems und des Betriebs Kritischer Infrastrukturen (vgl. § 5 Absatz 2 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) in Verbindung mit § 4 Absatz 1 Nummer 4 AWG sowie Artikel 36, 52 Absatz 1 und des Artikels 65 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, AEUV). Der Fokus der Novelle liegt auf dem Gesundheitssektor: Diese Maßnahmen leisten – vor dem Hintergrund der aktuellen Pandemie, aber auch mit Blick auf künftige vergleichbare Krisensituationen – einen Beitrag zur dauerhaften Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems in der Bundesrepublik Deutschland. Mit sämtlichen Fallgruppen wird zudem bereits den Vorgaben des Artikels 4 Absatz 1 der EU-Screening-Verordnung (Verordnung (EU) 2019/452) entsprochen.



Zwar ist die Investitionsprüfung nach AWG und AWV so strukturiert, dass grundsätzlich bei jedem Erwerb eines Unternehmens in Deutschland geprüft werden kann, ob im Einzelfall die öffentliche Ordnung oder Sicherheit beeinträchtigt sein kann und die weiteren Vorgaben der §§ 55 ff. AWV, insbesondere die Beteiligungsschwellen, erfüllt sind. Insbesondere aber die mit der Fallgruppenzugehörigkeit verknüpfte Meldepflicht und der niedrigere Schwellenwert gewährleisten eine effektive Investitionsprüfung. Hinzu kommt, dass mit dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes und anderer Gesetze (siehe dazu den Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8. April 2020) die zivilrechtlich wirkende schwebende Unwirksamkeit des Vollzugsgeschäfts auf alle nach den §§ 55 ff. AWV meldepflichtigen Erwerbe erweitert sowie bestimmte, sanktionsbewehrte Handlungsverbote eingeführt werden.



Mit der ausdrücklichen Nennung investorenbezogener Prüffaktoren (nach dem Vorbild des Artikels 4 Absatz 2 der EU-Screening-Verordnung) wird klargestellt, dass die Prüfbehörden auch weiterhin in der Person des Erwerbers liegende Gründe bei der Beurteilung, ob im Einzelfall eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegt, berücksichtigen können.



Auch die weiteren in der Novelle vorgesehenen Maßnahmen dienen primär der Klarstellung der geltenden Rechtslage.



Mit diesem Änderungsvorhaben werden Maßnahmen vorgezogen, die bislang im Rahmen eines umfassenderen AWV-Änderungsvorhabens geplant waren. Diese weitere AWV-Novelle, die insbesondere Vorgaben der EU-Screening-Verordnung in das deutsche Investitionsprüfungsrecht übertragen und die AWV an die künftig durch das Erste Gesetz zur Änderung des AWG und anderer Gesetze geänderten gesetzlichen Grundlagen anpassen soll, wird im Anschluss an dieses angesichts der aktuellen Entwicklungen eilige Rechtsetzungsvorhaben umgesetzt.



II Wesentlicher Inhalt des Entwurfs



Erweiterung der in den Fallgruppen in § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV enthaltenen Liste der besonders ordnungs- und sicherheitsrelevanten zivilen Unternehmen um u. a. Unternehmen aus dem Gesundheitssektor, die für die Bekämpfung hochinfektiöser Pandemien von wesentlicher Bedeutung sind.



Klarstellung, dass Konstellationen sogenannter „asset deals“ vom Erwerbsbegriff des § 55 Absatz 1 erfasst werden (§ 55 Absatz 1a). Gleiches gilt für die sektorspezifische Prüfung.



Klarstellende Nennung investorenbezogener Prüffaktoren (§ 55 Absatz 1b, § 60 Absatz 1b).



Verfahrensrechtliche Klarstellungen in Folge der (teilweisen) Einführung der Meldepflicht in der sektorübergreifenden Investitionsprüfung durch die Neunte Verordnung zur Änderung der AWV vom 14. Juli 2017 (BAnz AT 17.07.2017 V1).



B. Besonderer Teil



Zu Artikel 1



Zu Nummer 1 Buchstabe a



Der Liste von inländischen Unternehmen in § 55 Absatz 1 Satz 2. bei denen eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit vorliegen kann, werden fünf neue Fallgruppen angefügt.



Die in der neuen Fallgruppe Nummer 7 beschriebenen Unternehmen sind unverzichtbar für den störungsfreien Betrieb der von der Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BDBOS) betriebenen Kommunikationsinfrastrukturen. Es gibt nur einen relativ kleinen Markt. Dazu gehören neben Anbietern von Liegenschaftsverwaltungsdiensten („Facility Management“) auch Unternehmen, die die Wartung, Entstörung und Installation technischer Einrichtungen an den Standorten der BDBOS ausführen sowie Unternehmen, die Sicherheitsberatungsdienstleistungen für die BDBOS erbringen. Gerade in wirtschaftlichen Extremzeiten besteht die Gefahr, dass ein Erwerb von Stimmrechtsanteilen an solchen Unternehmen unerwünschte Auswirkungen auf Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben hat. Außerdem bestehen langfristige Vertragsbindungen und lange Vorbereitungsphasen für die Aufgabenübernahme (u. a. Sicherheitsüberprüfungen). Ein Erwerb der von der Fallgruppe erfassten Unternehmen berührt daher in besonderem Maße das Grundinteresse der deutschen Bevölkerung und des Staates an einem störungsfreien Betrieb staatlicher Kommunikationsinfrastrukturen.



Die von den neuen Fallgruppen Nummer 8 bis 11 erfassten Unternehmen entwickeln bzw. stellen Güter her, die für die dauerhafte Aufrechterhaltung eines funktionierenden Gesundheitssystems in der Bundesrepublik Deutschland unerlässlich sind. Die Schaffung der neuen Fallgruppen leistet hierfür einen Beitrag und dient damit der Abwendung von Gefahren für ein wesentliches Grundinteresse der Gesellschaft (vgl. § 5 Absatz 2 AWG in Verbindung mit § 4 Absatz 1 Nummer 4 AWG sowie Artikel 36, 52 Absatz 1 und Artikel 65 Absatz 1 AEUV). Die EU-Kommission betont in ihrer Auslegungsleitlinie zur EU-Screening-Verordnung vom 25. März 2020 (Leitlinien für die Mitgliedstaaten betreffend ausländische Direktinvestitionen, freien Kapitalverkehr aus Drittländern und Schutz der strategischen Vermögenswerte Europas im Vorfeld der Anwendung der Verordnung (EU) 2019/452 über die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen, C(2020) 1981 final) die zentrale Rolle des Gesundheitssektors für die Grundversorgung der Bevölkerungen der EU-Mitgliedstaaten. Die EU-Kommission folgert daraus, dass dem Gesundheitssektor im Rahmen der nationalen Investitionsprüfungen besonderes Augenmerk zukommen sollte. Zudem wird mit den Fallgruppen Nummer 8 bis 11 dem Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a und c der EU-Screening-Verordnung („kritische Infrastrukturen [...] einschließlich [...] Gesundheit“) entsprochen.



Fallgruppe Nummer 8 erfasst persönliche Schutzausrüstungen im Sinne der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates. Dazu gehören Schutzmasken, z. B. FFP2- und FFP3-Masken, Schutzhandschuhe oder Schutzanzüge, die den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Nutzer gewährleisten. Der Begriff der persönlichen Schutzausrüstungen (PSA) umfasst auch austauschbare Bestandteile und einschlägige Verbindungsysteme. PSA dienen z. B. im Falle einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ insbesondere der Eigensicherung des medizinischen Fachpersonals bzw. von Pflegekräften. Mittelbar wird durch die ausreichende Versorgung des medizinischen Fachpersonals und der Pflegekräfte auch die Gesundheit der Patienten und der zu pflegenden Menschen sowie die Aufrechterhaltung funktionierender Gesundheits- und Pflegestrukturen im Krisenfall gesichert. Darüber hinaus spielt im Fall einer Pandemie oder eines anderweitigen Notfalls auch die Versorgung mit PSA in anderen systemrelevanten Bereichen eine wichtige Rolle. Die ausreichende Versorgung mit PSA ist besonders wichtig bei der Herstellung von lebenswichtigen Arzneimitteln, Medizinprodukten und Produkten (z. B. für Dialyse, Organ- oder Stammzellentransplantation, medizinischer Sauerstoff). Gleiches gilt für die Produktion von Grundchemikalien zur Herstellung von Desinfektionsmitteln.



In den Fallgruppen Nummer 9 bis 11 sind Unternehmen erfasst, die in der Bundesrepublik Deutschland versorgungsrelevante Arzneimittel und Impfstoffe, einschließlich Ausgangs- und Wirkstoffen, entwickeln, herstellen, in Verkehr bringen oder Inhaber einer entsprechenden arzneimittelrechtlichen Zulassung sind sowie Unternehmen, die Medizinprodukte und In-vitro-Diagnostika im Sinne des Medizinproduktegesetzes entwickeln oder herstellen, die u. a. im Zusammenhang mit lebensbedrohlichen und hochansteckenden Infektionskrankheiten stehen. Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit erfasst den Schutz von individuellen Rechtsgütern der Bürger wie das Leben und die Gesundheit sowie die Volksgesundheit als Gemeinschaftsgut. Vor diesem Hintergrund ist die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit den genannten relevanten Produkten erforderlich. Dies gilt insbesondere für Produkte, die in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung benötigt werden. Besonders in Krisenzeiten (Pandemien, Epidemien von nationaler Bedeutung) besteht die Gefahr einer unzureichenden Versorgung mit den genannten Produkten und damit ein hohes Gefahrenpotenzial für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit. Um die Deckung eines lebenswichtigen Bedarfs an den genannten Produkten im Inland zu sichern, ist sicherzustellen, dass die Versorgung durch inländische Unternehmen gewährleistet werden kann.



Für die Versorgung der Bevölkerung wesentliche Arzneimittel im Sinne der Fallgruppe Nummer 9 sind insbesondere solche, deren Wirkstoffe auf der „Liste versorgungsrelevanter und versorgungskritischer Wirkstoffe“ aufgeführt sind, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als zuständige Bundesoberbehörde gemäß § 52b Absatz 3c Satz 1 Arzneimittelgesetz (AMG) erstellt. Impfstoffe unterfallen dem Arzneimittelbegriff des § 2 AMG.



Die in der Fallgruppe Nummer 10 erfassten Unternehmen sind z. B. solche, die für die Aufrechterhaltung des Gesundheitswesens in Katastrophenfällen erforderliche Medizinprodukte, wie etwa chirurgische Masken und Beatmungsgeräte entwickeln oder herstellen.



Mit den in der Fallgruppe Nummer 11 erfassten Unternehmen sind z. B. solche gemeint, die diagnostische Tests zum Nachweis eines Infektionserregers entwickeln oder herstellen.



Bei den Medizinprodukten im Sinne der Fallgruppen Nummer 10 und 11 handelt es sich gegenwärtig um solche im Sinne des § 3 Nummer 1 bis 3 bzw. § 3 Nummer 4 bis 6 des Medizinproduktegesetzes. Mit Geltungsbeginn der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates sowie der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission wird das Medizinproduktegesetz aufgehoben und die beiden Verordnungen gelten unmittelbar. Ab Geltungsbeginn der beiden Verordnungen wird für die Begriffsbestimmung damit unmittelbar Artikel 2 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2017/745 bzw. Artikel 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2017/746 ausschlaggebend sein.



In Einzelfällen sind inhaltliche Überschneidungen der neuen Fallgruppen Nummer 9 bis 11 mit dem Anwendungsbereich von § 55 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 möglich. Ob sich die besondere Sicherheitsrelevanz eines Unternehmens dadurch ergibt, dass eine oder gleich mehrere Fallgruppen einschlägig sind, spielt für die weiteren, durch die Fallgruppenzugehörigkeit ausgelösten Rechtsfolgen keine Rolle.



Zu Nummer 1 Buchstabe b



Mit dem neuen Absatz 1a erfolgt eine Klarstellung der geltenden Rechtslage. Der sogenannte asset deal, bei dem anstelle eines Unternehmensanteils ein selbständiger Betriebsteil oder alle zur Aufrechterhaltung des Betriebs des Unternehmens bzw. eines Betriebsteils wesentlichen Betriebsmittel des Zielunternehmens erworben werden, unterfällt ebenfalls dem Erwerbsbegriff des § 55 Absatz 1 Satz 1.



Mit dem neuen Absatz 1b wird klargestellt, dass in der Person des Erwerbers liegende Faktoren von besonderer Relevanz für die Beurteilung des Gefährdungspotenzials eines Erwerbsfalls sein können. Der Ermessensabwägung der Prüfbehörden auf Grundlage der §§ 4 und 5 AWG in Verbindung mit den §§ 55 ff. AWV sind sämtliche sachlich relevanten Faktoren zugrunde zu legen. Umstände, die in der Person des Erwerbers liegen, kommen dafür grundsätzlich ebenso in Betracht wie zielunternehmensbezogene Faktoren. Die Formulierung lehnt sich weitestgehend an Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a bis c der EU-Screening-Verordnung an.



Aus Gründen der Rechtsklarheit und Verhältnismäßigkeit werden die Fallgruppen Nummer 1 (in Verbindung mit Satz 2) und 3 konkretisiert:



Maßgeblicher Tatbestand unter Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der EU-Screening-Verordnung ist, dass der Investor direkt oder indirekt von der Regierung eines Drittstaates kontrolliert wird. Eigentümerstruktur und Finanzausstattung sind hier nur zwei nicht abschließende Beispiele für Umstände, aus denen sich eine solche Kontrolle ergeben kann. Es kann aber auch jeder andere, im Einzelfall kontrollbegründende Umstand herangezogen werden. Die Anforderung der Verordnung, dass die Finanzausstattung „beträchtlich“ sein muss, dient dabei der Abgrenzung zu geringfügigen finanziellen Verflechtungen. Aus Klarstellungsgründen wird in Absatz 1b Satz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Satz 2 daher eine Negativabgrenzung verwendet. Ein Fall einer lediglich geringfügigen Finanzausstattung kann z. B. gegeben sein, wenn eine ausländische staatlich kontrollierte Bank dem Erwerber lediglich einen in Zinssatz und Umfang marktüblichen Überziehungskredit auf sein Geschäftskonto gewährt.



Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c der EU-Screening-Verordnung erfasst das Risiko einer Beteiligung des Erwerbers – oder der für ihn handelnden Personen – an „kriminellen“ oder „illegalen“ Aktivitäten. Den deutschen Behörden ist eine solche Beurteilung alleine am Maßstab des deutschen Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts möglich. Dem entspricht Absatz 1b Satz 1 Nummer 3. Aus der gebotenen sicherheitspolitischen Perspektive sind nicht sämtliche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten prüfrelevant, sondern insbesondere Straftaten, die einer der im Straftatenkatalog des § 123 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) genannten Straftaten entsprechen würden bzw. solche Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten, die nach deutschem Recht auf Vorschriften des AWG oder des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG) beruhen würden. Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit wird es daher geboten sein, nur Handlungen, die nach deutschem Recht eine Straftat darstellen würden, die in § 123 Absatz 1 GWB bezeichnet ist, bzw. Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten nach dem AWG oder dem KrWaffKontrG darstellen würden, zu Lasten des Investors in die Ermessenentscheidung der Prüfbehörden einzustellen. Es müssen objektive Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Erwerber an einer solchen Handlung beteiligt war bzw. beteiligt ist. Prüfrelevant ist zudem, wenn das Risiko besteht, dass der Erwerber künftig an entsprechenden straf- oder ordnungswidrigkeitsrechtlichen Aktivitäten beteiligt sein könnte. Bestehen begründete Zweifel an der – künftigen – Rechtstreue des Erwerbers, kann dies für die Prüfbehörden einen sicherheitsrelevanten und entscheidungserheblichen Faktor darstellen. Gleiches gilt jeweils für die für den Erwerber handelnden Personen.



Zu Nummer 1 Buchstabe c



Es handelt sich um eine Klarstellung. Das Prüfrecht nach § 55 Absatz 1 besteht unabhängig vom Vorliegen der formellen Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 des Absatzes 3. Die Voraussetzungen des Absatzes 3 wiederum müssen erfüllt sein, um ein konkretes Prüfverfahren weiter vorantreiben und gegebenenfalls mit einer belastenden Verfügung im Sinne des § 59 abschließen zu können.



Zu Nummer 1 Buchstabe d



Die in Satz 1 vorgenommenen Änderungen bezwecken eine Klarstellung: Die Meldepflicht entsteht unmittelbar mit dem Zustandekommen des schuldrechtlichen Vertrags über den Erwerb von bzw. die Beteiligung an Unternehmen, die einer der Fallgruppen nach § 55 Absatz 1 Satz 2 zuzuordnen sind.



Der neue Satz 2 entspricht inhaltlich den bereits aus § 58 Absatz 2 und § 60 Absatz 3 bekannten Vorgaben an die mit einer Meldung zwingend an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zu übermittelnden Informationen.



Die neuen Sätze 3 und 4 regeln, wer meldepflichtig ist. Die Formulierung von Satz 3 lehnt sich weitgehend an die entsprechenden Vorgaben in der sektorspezifischen Prüfung an (§ 60 Absatz 3). Meldepflichtig ist grundsätzlich der unmittelbare Erwerber. Dies gilt auch in den Fällen, in denen es sich beim unmittelbaren Erwerber nicht um einen Unionsfremden, sondern wie in der Praxis oftmals der Fall, um ein nach dem Gesellschaftsrecht eines EU-Mitgliedstaates gegründetes Erwerbsvehikel handelt. In solchen oder ähnlichen Konstellationen kann aber auch direkt der unionsfremde mittelbare Erwerber die Meldung abgeben (neuer Satz 4).



Der neue Satz 5 entspricht weitestgehend § 58 Absatz 2 Satz 2. Letzterer betrifft die Konstellation, dass der Eröffnung eines Prüfverfahrens ein Antrag auf Unbedenklichkeitsbescheinigung vorausgegangen ist. In beiden Fällen (Meldung bzw. Antrag auf Unbedenklichkeitsbescheinigung) ist der Kontakt zu den Erwerbsbeteiligten bzw. deren Rechtsbeiständen bereits hergestellt.



Zu Nummer 2



Es handelt sich um Klarstellungen. Siehe Begründung zu Nummer 1 Buchstabe b. Bezüglich des neuen Absatzes 1b gilt dies ungeachtet dessen, dass die Rechtswirkung der EU-Screening-VO grundsätzlich nur für die sektorübergreifende Prüfung relevant ist. Auch in der sektorspezifischen Prüfung sind der Ermessenentscheidung sämtliche sachlich relevanten Faktoren zugrunde zu legen. Umstände, die in der Person des Erwerbers liegen, kommen dafür grundsätzlich ebenso in Betracht wie zielunternehmensbezogene Faktoren.



Zu Artikel 2



Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.



Berlin, den 25. Mai 2020
V B 2 - 50103/002-05



Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie



Im Auftrag
Dr. Conrad