Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Internen Revision in der Bundesverwaltung (Allgemeine Verwaltungsvorschrift Interne Revision – VwV IR)
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Allgemeine Verwaltungsvorschrift
zur Internen Revision in der Bundesverwaltung
(Allgemeine Verwaltungsvorschrift Interne Revision – VwV IR)
Vom 21. September 2023
Fundstelle: BAnz AT 29.09.2023 B1
Nach Artikel 86 Satz 1 des Grundgesetzes erlässt die Bundesregierung folgende Allgemeine Verwaltungsvorschrift:
Inhaltsübersicht
§ 1 Anwendungsbereich
§ 2 Einrichtung und Organisation der Internen Revision
§ 3 Aufsicht
§ 4 Ausstattung
§ 5 Ziele und Aufgaben
§ 6 Rechte der Internen Revision
§ 7 Pflichten der Beschäftigten
§ 8 Prüfplan
§ 9 Prüfablauf
§ 10 Umsetzung der Empfehlungen der Internen Revision
§ 11 Jahresbericht
§ 12 Qualitätssicherung
§ 13 Datenschutzrechtliche Regelung
§ 14 Inkrafttreten
Präambel
Als Instrument der Behördenleitung soll die Interne Revision diese bei der Wahrnehmung ihrer Verantwortung unterstützen und entlasten. Mit Objektivität, Gewissenhaftigkeit und Verschwiegenheit bewertet sie unabhängig die Rechtmäßigkeit, Qualität und Effizienz aller Bereiche der Verwaltung. Mit Sorgfalt geht sie mit den erlangten Informationen um und wahrt zu jeder Zeit den Grundsatz der Vertraulichkeit. Politische Entscheidungen werden von Revisionsaufgaben nicht erfasst. Die Interne Revision versteht sich auch als Unterstützung für die Aufgabenerledigung der Beschäftigten der Dienststelle. Die nachfolgenden Regelungen lehnen sich an die internationalen Standards für die berufliche Praxis der Internen Revision sowie an die Revisionsstandards des Deutschen Instituts für Interne Revision e. V. an.
§ 1
Anwendungsbereich
(1) Die Einrichtung der Internen Revisionen der Dienststellen des Bundes sowie die Durchführung ihrer Aufgaben bestimmen sich nach dieser Verwaltungsvorschrift.
(2) Dienststellen des Bundes im Sinne dieser Verwaltungsvorschrift sind
- 1.
- die Behörden der unmittelbaren Bundesverwaltung,
- 2.
- die Bundesgerichte, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen, sowie die Behörden der mittelbaren Bundesverwaltung: Davon umfasst sind Körperschaften, Anstalten, Stiftungen des öffentlichen Rechts des Bundes und Sondervermögen des Bundes, wenn diese selbst rechtsfähig und mit Personal ausgestattet sind.
Diese Verwaltungsvorschrift ist nicht anzuwenden auf
- 1.
- die Träger der gesetzlichen Sozialversicherungen,
- 2.
- Behörden anderer Verfassungsorgane sowie
- 3.
- sonstige nicht der Bundesregierung zugehörige oberste Bundesbehörden.
(3) Die Tätigkeit der Internen Revision erstreckt sich auf das gesamte Verwaltungshandeln. Bei weisungsfreien Aufgaben der Bundesverwaltung beschränkt sich die Tätigkeit der Internen Revision auf die Überprüfung von Handlungspflichten, von deren rechtmäßiger Ausübung sowie die Überprüfung der Einhaltung arbeits- und dienstrechtlicher Vorgaben; die weisungsfreien Aufgaben sind einer Inhaltskontrolle durch die Interne Revision nicht zugänglich. Andere Aufgaben und Pflichten unterfallen vollumfänglich der Tätigkeit der Internen Revision.
(4) Die Interne Revision liefert der Behördenleitung Erkenntnisse und gibt Empfehlungen für die Ausübung der Dienst- und Fachaufsicht, ersetzt diese jedoch nicht.
§ 2
Einrichtung und Organisation der Internen Revision
(1) Für jede Dienststelle des Bundes ist eine Interne Revision einzurichten. Sie ist als Organisationseinheit mit Stabsfunktion unmittelbar der Behördenleitung zu unterstellen. Bei obersten Bundesbehörden kann die Interne Revision auch auf Staatssekretärsebene eingerichtet werden. Satz 3 findet auf die der Bundeskanzlerin oder dem Bundeskanzler unmittelbar unterstellten obersten Bundesbehörden sinngemäß Anwendung.
(2) Die Interne Revision arbeitet auf der Grundlage einer für die Dienststelle erstellten Risikoanalyse zu revisionseigenen Zwecken.
(3) Aufgaben der Internen Revision können zentral oder dezentral wahrgenommen werden. Die Behördenleitung der obersten Bundesbehörde entscheidet hierüber unter Beachtung des Risikopotentials und der Leistungsfähigkeit.
(4) Mit Zustimmung der obersten Bundesbehörde können Aufgaben der Internen Revision auch durch andere Dienststellen wahrgenommen werden. Die Entscheidung erfolgt auf Grundlage des Risikopotentials und der Leistungsfähigkeit. Die Verantwortung der delegierenden Behördenleitung bleibt hiervon unberührt.
(5) Die Beschäftigten der Dienststelle können sich unmittelbar an die Interne Revision wenden.
(6) Die Behördenleitung erlässt eine Revisionsordnung, die sie in Kraft setzt und in der Behörde bekannt gibt.
§ 3
Aufsicht
Im Fall einer dezentralen Aufgabenwahrnehmung obliegt die Aufsicht über die Interne Revision der Dienststellen des Geschäftsbereichs der obersten Bundesbehörde. Sonstige aufsichtsrechtliche Vorschriften, insbesondere bei Dienststellen mit eigener Rechtsfähigkeit und Selbstverwaltungsrechten, bleiben unberührt.
§ 4
Ausstattung
(1) Die Interne Revision verfügt über eine angemessene personelle und sächliche Ausstattung. Zur Bemessung der Ausstattung sollen neben organisatorischen Instrumenten wie zum Beispiel der Personalbedarfsermittlung auch Kriterien wie zum Beispiel Risikopotential, Größe, Struktur und Komplexität der Dienststelle herangezogen werden.
(2) Die Beschäftigten der Internen Revision sollen über eine angemessene Ausbildung im Hinblick auf die Prüfaufgaben sowie über hinreichende Berufserfahrung verfügen. Sie sind verpflichtet, sich stetig weiterzubilden und ihren Wissensstand aktuell zu halten.
(3) Die Durchführung von Prüfungen obliegt grundsätzlich den Beschäftigten der Internen Revision. In begründeten Einzelfällen können andere Beschäftigte der Dienststelle auf Grund ihrer Kenntnisse zeitweise für die Interne Revision tätig werden.
(4) Ist die für die Erfüllung des Prüfungs- und Beratungsauftrages notwendige Berufserfahrung und Qualifikation in der Dienststelle nicht vorhanden, so kann die Interne Revision sachkundige externe Dritte hinzuziehen.
§ 5
Ziele und Aufgaben
(1) Die Interne Revision unterstützt die Dienststelle bei der Erreichung ihrer Ziele, indem sie unabhängige und objektive Prüfungs- und Beratungsleistungen erbringt, welche darauf ausgerichtet sind, die Geschäftsprozesse der Dienststelle zu verbessern und Risiken zu mindern. Die Interne Revision ist neutral. Sie hat vor allem folgende Aufgaben:
- 1.
- Unterstützung der Behördenleitung
- a)
- durch eine transparente und entscheidungsorientierte Darstellung der Risiken behördlicher Prozesse,
- b)
- bei der Analyse und Bewertung der behördeninternen Vorschriften,
- 2.
- Prüfung der Recht- und Ordnungsmäßigkeit, der Funktionsfähigkeit, der Zweckmäßigkeit und der Wirtschaftlichkeit des Verwaltungshandelns. Insbesondere prüft die Interne Revision, ob
- a)
- die geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften (einschließlich interner Regelungen) eingehalten werden,
- b)
- die Zielvorgaben der Behördenleitung zweckmäßig umgesetzt und ordnungsgemäß erfüllt werden,
- c)
- die Grundsätze wirtschaftlichen Handelns gewahrt werden,
- d)
- die Vermögensgegenstände ausreichend gesichert sind,
- e)
- die behördeninternen Vorschriften zweckmäßig sind,
- f)
- das behördeninterne Kontrollsystem (prozessabhängige, präventive Kontrollsysteme) sowie die Informations- und Geschäftsprozesse zweckmäßig aufgebaut sind und zuverlässig arbeiten,
- g)
- die Vorgesetzten ihre Führungsfunktion einschließlich der Dienst- und Fachaufsicht ordnungsgemäß wahrnehmen,
- h)
- ein gegebenenfalls bestehendes internes Risikomanagementsystem funktionsfähig und zweckmäßig ist und
- i)
- ein Wissenstransfer erfolgt, sowie
- 3.
- Information und allgemeine Beratung der Vorgesetzten sowie Beschäftigten.
(2) Die Beschäftigten der Internen Revision sollen nicht mit revisionsfremden Aufgaben betraut werden. Sie sollen insbesondere keine Aufgaben wahrnehmen, die nicht mit ihrer spezifischen Prüfungstätigkeit im Einklang stehen oder mögliche Prüfungsfelder der Internen Revision einengen oder verkürzen können.
§ 6
Rechte der Internen Revision
(1) Die Interne Revision hat gegenüber der Behördenleitung ein unmittelbares mündliches und schriftliches Vortragsrecht.
(2) Die Interne Revision hat kein Weisungsrecht.
(3) Zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben verfügt die Interne Revision über ein umfassendes Informationsrecht sowie über Prüf-, Zutritts- und Zugriffsrechte. Im Rahmen ihrer Prüfungen können Datenbankauswertungen veranlasst werden. Die geltenden besonderen Vertraulichkeits- und Verschwiegenheitspflichten sowie Geheimschutzvorschriften bleiben unberührt.
(4) Die Aufgabenwahrnehmung der an der Umsetzung und Durchführung der Geheimschutzangelegenheiten beteiligten Organisationseinheiten der Dienststelle kann durch die Interne Revision überprüft werden. Hinsichtlich Verschlusssachen-Angelegenheiten gelten die Bestimmungen des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes sowie der hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften.
§ 7
Pflichten der Beschäftigten
Alle Beschäftigten der Dienststelle haben die Interne Revision zu unterstützen. Sie erteilen die hierzu erforderlichen Auskünfte und stellen die erforderlichen Unterlagen unverzüglich bereit. Die geltenden, besonderen Vertraulichkeits- und Verschwiegenheitspflichten sowie Geheimschutzvorschriften bleiben unberührt.
§ 8
Prüfplan
(1) Die Interne Revision erstellt auf der Grundlage der Risikoanalyse nach § 2 Absatz 2 einen Prüfplan. Der Prüfplan beinhaltet die sachlichen, personellen und zeitlichen Aspekte der Prüfungen.
(2) Der Prüfplan ist jährlich fortzuschreiben.
(3) Der Prüfplan sowie erhebliche unterjährige Abweichungen vom Prüfplan sind der Behördenleitung zur Genehmigung vorzulegen.
§ 9
Prüfablauf
(1) Die Interne Revision kündigt in der Regel die Prüfung gegenüber der betroffenen Organisationseinheit an.
(2) Im Rahmen der Prüfung erhebt und bewertet die Interne Revision die zu prüfenden Sachverhalte, dokumentiert die Prüfungshandlungen, -feststellungen und -bewertungen. Die gewonnenen Erkenntnisse und die darauf aufbauenden Empfehlungen zu Maßnahmen sind mit der geprüften Organisationseinheit zu erörtern.
(3) Die Prüfung erfolgt grundsätzlich in Teamarbeit.
(4) Zum Abschluss der Prüfung übersendet die Interne Revision den geprüften Organisationseinheiten unverzüglich einen Entwurf des Prüfungsberichts, in dem die Feststellungen, Bewertungen und Empfehlungen enthalten sind.
(5) In einer Abschlussbesprechung können die geprüften Organisationseinheiten nach Erörterung zum Prüfbericht Stellung nehmen. Stellungnahmen können in Textform erfolgen. Die Ergebnisse der Abschlussbesprechung sind zu dokumentieren.
(6) Nach Abschluss der Prüfung wird der Behördenleitung unverzüglich der endgültige Prüfungsbericht vorgelegt. Die geprüfte Organisationseinheit erhält in der Regel eine Abschrift des Prüfungsberichts.
(7) Die Einzelheiten zur Planung und zum Ablauf der Prüfung werden durch die Revisionsordnung nach § 2 Absatz 6 geregelt.
§ 10
Umsetzung der Empfehlungen der Internen Revision
(1) Die Behördenleitung entscheidet über die Umsetzung der Empfehlungen der Internen Revision. Die Umsetzung selbst obliegt den fachlich zuständigen Organisationseinheiten. Die Zuständigkeiten anderer Organisationseinheiten bleiben unberührt.
(2) Die durch die Behördenleitung beschlossene Umsetzung der in den Prüfberichten dokumentierten Empfehlungen wird von der Internen Revision in geeigneter Form nachgehalten. Werden die Empfehlungen nicht in angemessener Zeit umgesetzt, informiert die Interne Revision die Behördenleitung, die über das weitere Vorgehen entscheidet.
(3) Die Berücksichtigung von Nachschauprüfungen im Prüfplan der Internen Revision bleibt unberührt.
§ 11
Jahresbericht
Die Behördenleitung kann zu Beginn eines Jahres von der Internen Revision verlangen, einen Jahresbericht über ihre Tätigkeit des abgelaufenen Jahres vorzulegen.
§ 12
Qualitätssicherung
(1) Die Interne Revision sichert durch geeignete Maßnahmen die Qualität ihrer Arbeit. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere:
- 1.
- aufgabenspezifische Aus- und Fortbildung der Beschäftigten der Internen Revision,
- 2.
- standardisierte und transparente Prüfabläufe, die in der behördenspezifischen Revisionsordnung nach § 2 Absatz 6 geregelt sind,
- 3.
- einheitliches Berichtslayout,
- 4.
- Erfahrungsaustausch,
- 5.
- Hospitation bei anderen Internen Revisionen,
- 6.
- Wissenstransfer.
(2) Die obersten Bundesbehörden stellen den internen Erfahrungsaustausch sicher, das Bundesministerium des Innern und für Heimat den ressortübergreifenden Erfahrungsaustausch.
§ 13
Datenschutzrechtliche Regelung
Datenschutzrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.
§ 14
Inkrafttreten
Diese Allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt drei Monate nach der Veröffentlichung in Kraft.
Berlin, den 21. September 2023
Der Bundeskanzler
Olaf Scholz
Die Bundesministerin
des Innern und für Heimat
Nancy Faeser