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Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz zur Sicherung von Verkehrsleistungen (VerkLGVwV)

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Allgemeine Verwaltungsvorschrift
zum Gesetz zur Sicherung von Verkehrsleistungen
(VerkLGVwV)



Fundstelle: GMBl. 2021 Nr. 35/36, S. 762



Nach Artikel 86 Satz 1 des Grundgesetzes in Verbindung mit § 12 des Verkehrsleistungsgesetzes vom 23. Juli 2004 (BGBl. I S. 1865), zuletzt geändert durch Artikel 12 des Gesetzes vom 12. Dezember 2019 (BGBl. I S. 2510), erlässt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur folgende Allgemeine Verwaltungsvorschrift:



Inhaltsübersicht



I.
Vorbemerkungen


II.
Erläuterung von Einzelvorschriften


§ 1 Zweck


§ 2 Anwendung


§ 3 Leistungsarten


§ 4 Leistungspflichtige


§ 5 Verpflichtungsbescheid


§ 6 Leistungsdauer


§ 7 Anforderungsberechtigte Behörde, koordinierende Behörde, zuständige Behörde, Leistungsempfänger


§ 8 Auskunftspflicht


§ 8a Besondere Leistungspflichten der Eisenbahnen des Bundes


§ 9 Entschädigung


§ 10 Härteausgleich


§ 11 Zustellungen


§ 14 Strafvorschriften


§ 15 Zuständige Verwaltungsbehörde bei Ordnungswidrigkeiten


III.
Inkrafttreten


Anlagen (amtliches Verzeichnis)


Anlage 1:

Prozessablaufdiagramm



Anlage 2:

Muster Anforderungsformular



Anlage 3:

Muster Veröffentlichung durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur



Anlage 4:

Muster Verpflichtungsbescheid



Anlage 5:

Muster Empfangsbekenntnis



Anlage 6:

Muster Statusbericht der zuständigen Behörde an die koordinierende Behörde



Hinweis:



§§ ohne nähere Bezeichnung sind Vorschriften des Verkehrsleistungsgesetzes (VerkLG)



I.
Vorbemerkungen


Diese Verwaltungsvorschrift regelt die Vorbereitung des Vollzugs und den Vollzug zur Sicherung von Verkehrsleistungen zur Personen- und Güterbeförderung und beschreibt das vorgesehene Verfahren, die Zuständigkeiten und das Zusammenwirken zwischen anforderungsberechtigter Behörde, koordinierender Behörde, zuständiger Behörde und Leistungsempfänger.



II.
Erläuterung von Einzelvorschriften


Zu § 1 (Zweck)



Für Zwecke der in § 1 beschriebenen Notlagen und zur Unterstützung der Streitkräfte bei Einsätzen ist es erforderlich, dass der Bund Maßnahmen zur Sicherung von Verkehrsleistungen zur Personen- und Güterbeförderung durch Bereitstellung von Beförderungsmitteln aller Verkehrsträger trifft.



Das Verkehrsleistungsgesetz gehört zu den Vorsorgegesetzen, die Ausdruck der staatlichen Vorsorge- und Schutzpflicht sind. Vorsorgegesetze geben dem Staat in Friedenszeiten Eingriffsbefugnisse zur Sicherung der Versorgung der Bevölkerung in besonderen Notsituationen, Krisenlagen und länderübergreifenden Schadensereignissen. Die Vorsorgepflicht des Staates gebietet es, für die genannten Zwecke Eingriffsmöglichkeiten vorzusehen, damit gewährleistet wird, dass erforderliche Transportkompetenzen und -mittel nach Art und Umfang zu einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort bereitgestellt werden können (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 8).



Das Verkehrsleistungsgesetz regelt die Verkehrsleistungen in Zeiten von Krisen und Katastrophen in Fällen, die durch das Verkehrssicherstellungsgesetz nicht erfasst sind.



Zu § 1 Absatz 1 Nummer 1 (Naturkatastrophe oder besonders schwerer Unglücksfall, einschließlich eines terroristischen Anschlags)



Der Anwendungsbereich des Absatzes 1 Nummer 1 gestaltet die Befugnisse des Bundes in Anlehnung an Art. 35 Grundgesetz. Danach ist eine Aktivierung des Verkehrsleistungsgesetzes im Rahmen der Amtshilfe des Bundes zum einen im Fall einer Naturkatastrophe und zum anderen im Fall besonders schwerer Unglücksfälle einschließlich eines terroristischen Anschlags möglich.



Eine Naturkatastrophe i.S.d. § 1 Absatz 1 Nummer 1 Var. 1 ist ein durch Naturgewalten ausgelöstes Schadensereignis, d.h. die nichtmenschliche Natur tritt dem Menschen in katastrophalem Ausmaß gegenüber, z.B. in Form von Waldbränden, Überflutungen, Erdrutschen, Seuchen etc. (vgl. BVerfGE 132, 1, 12; von Lewinski, Kommentar VerkLG, in: Das Deutsche Bundesrecht, VI B 62, Stand: 1339. Lieferung – Mai 2020, § 1, Rn. 9; Erbguth/Schubert in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 35, Rn. 38).



Nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 Var. 2 wird unter Unglücksfall ein Schadensereignis verstanden, welches auf menschliches Fehlverhalten oder technische Fehler zurückzuführen ist (vgl. BVerfGE 115, 118, 143). Das Merkmal „besonders schwer“ umschreibt, dass es sich um Unglücksfälle mit „katastrophischen Dimensionen“ handeln muss, z.B. Flugzeugabsturz, Störfall im Kernkraftwerk, Freisetzung von gesundheitsschädlichen Materialien (Viren, Chemikalien) (vgl. BVerfGE 115, 118, 143; 132, 1, 12).



Nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 Var. 2 wird der besonders schwere Unglücksfall um den terroristischen Anschlag erweitert. Dabei handelt es sich um einen absichtlich herbeigeführten Unglücksfall (vgl. BVerfGE 115, 118, 143; 132, 1, 13; Erbguth/Schubert in Sachs (Hrsg.), Grundgesetz, 8. Auflage 2018, Art. 35, Rn. 38).



Der Unglücksfall muss bereits vorliegen. Das bedeutet nicht, dass auch Schäden notwendigerweise bereits eingetreten sein müssen (vgl. BVerfGE 132, 1, 13). Von einem Unglücksfall kann auch dann gesprochen werden, wenn zwar die zu erwartenden Schäden noch nicht eingetreten sind, der Unglücksverlauf aber bereits begonnen hat und der Eintritt katastrophaler Schäden unmittelbar droht (vgl. BVerfGE 132, 1, 13). Es muss nicht abgewartet werden, bis der Schaden sich realisiert hat. Der Schadenseintritt muss jedoch unmittelbar bevorstehen. Dies ist der Fall, wenn der katastrophale Schaden, sofern ihm nicht rechtzeitig entgegengewirkt wird, mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Kürze eintreten wird (vgl. BVerfGE, 132, 1, 13 f.; 115, 118, 145).



Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist der Eintritt eines schädigenden Ereignisses zu erwarten, wenn der Verlauf bereits begonnen hat, der Eintritt erheblicher Schäden unmittelbar droht und das sofortige Ergreifen von Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung der Gefahr erforderlich ist, um zu verhindern, dass sich die ernsthafte Gefährdung von Rechtsgütern in einem Schaden realisiert.



Zu § 1 Absatz 1 Nummer 2 (wirtschaftliche Krisenlage)



Darüber hinaus stehen die Instrumente des Verkehrsleistungsgesetzes zur Verfügung, wenn bei einer wirtschaftlichen Krisenlage die Versorgung mit Gütern des lebenswichtigen Bedarfs gestört ist.



Eine wirtschaftliche Krisenlage ist eingetreten, wenn die Versorgung mit Gütern des lebensnotwendigen Bedarfs nicht nur vorübergehend gestört ist (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9). Lebenswichtige Güter sind solche Güter, die elementarer Bestandteil der Lebensführung sind und ohne die eine menschliche Existenz nicht möglich wäre (Wasser, Grundnahrungsmittel, Medikamente und Kleidung). Der Versorgungsengpass muss für eine Anwendung des Verkehrsleistungsgesetzes außerhalb des Bündnis-, Spannungs- und Verteidigungsfalles bestehen.



Darüber hinaus fällt unter den Begriff „wirtschaftliche Krise“ nach dem Verkehrsleistungsgesetz auch der Fall, dass anhaltende Störungen unmittelbar bevorstehen und somit eine langfristige Unterversorgung zu befürchten ist (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Zu § 1 Absatz 1 Nummer 3
(Unterstützung der Streitkräfte)



Dabei muss der Einsatz der Streitkräfte entweder auf Grund internationaler Vereinbarungen oder im Rahmen der Vereinten Nationen erfolgen.



Unter „internationalen Vereinbarungen“ sind nicht nur ratifizierte völkerrechtliche Verträge, z.B. North Atlantic Treaty Organization (NATO)-Vertrag, Vertrag über die Europäische Union (EUV) oder die Charta der Vereinten Nationen (VN-Charta) vom Wortlaut erfasst, sondern auch der Einsatz der deutschen Streitkräfte auf Grund internationaler Vereinbarungen, z.B. Bündnisfall nach Art. 5 NATO-Vertrag, Beistandsverpflichtung nach Art. 42 Absatz 7 EUV und im Rahmen der Vereinten Nationen u.a. nach Art. 51 VN-Charta.



Zu § 1 Absatz 1 Nummer 4 (im Rahmen der Notfallbewältigung auf Grund internationaler Vereinbarungen)



Nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 können Mittel für die Notfallbewältigung auf Grund internationaler Vereinbarungen zur Verfügung gestellt werden. Hierbei geht es um eine nichtmilitärische Notfallbewältigung, d. h. die Notfallbewältigung muss sich z.B. auf Grund von Katastrophen oder Unglücksfällen ergeben (z.B. Reaktorunglück von Tschernobyl 1986, Waldbrände in Brasilien im Sommer 2019).



Die Notfallbewältigung erfasst auch humanitäre Einsätze auf Grund internationaler Vereinbarungen (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 8). Ob ein Fall der Notfallbewältigung vorliegt, hängt davon ab, auf welchem internationalen Abkommen der Einsatz basiert und welche Notfälle oder Krisenlagen darin geregelt sind.



Grundsätzlich gilt für alle Anwendungsfälle nach § 1 Absatz 1 Nummern 1–4:



Keine ausreichenden Verkehrsleistungen im Sinne des § 1 sind insbesondere dann anzunehmen, wenn angesichts eines zeitlich herausragenden Handlungsdrucks benötigte Verkehrsleistungen bzw. Transportkapazitäten in der erforderlichen Größenordnung und/oder Spezifikation im gegebenen Zeitrahmen auf andere Weise nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln sichergestellt werden können.



Eine Bedarfsdeckung, die auf andere Weise nicht erfolgen kann, liegt in dem Fall vor, dass eine „quantitative Mangellage“ an bestimmten Transportkompetenzen/-mitteln besteht, z.B. dass die Ressourcen der Eisenbahnunternehmen vollständig ausgelastet sind und daher kein Angebot auf die Nachfrage des Staates erfolgt (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Der Fall, in dem ein Bedarf nicht rechtzeitig gedeckt werden kann, liegt vor, wenn die relevanten Verkehrsunternehmen Verkehrsleistungen nicht sofort, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt erbringen könnten, der Staat aber unmittelbar ein Angebot benötigt (von Lewinski, VerkLG, § 1, Rn. 28).



Der Fall, dass der Bedarf an Verkehrsleistungen nur mit unverhältnismäßigen Mitteln gedeckt werden kann, ist dann gegeben, wenn die geldwerte Gegenleistung nicht im Rahmen der im privaten Geschäftsbereich üblichen Gegenleistung liegt, wobei Aufschläge geringerer Art noch üblich sind (BT-Drucksache 15/2769, vom 24.3.2004, S. 9). Damit werden die haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit gewahrt.



Die Frage, wann die Preissituation einen Eingriff nach dem Gesetz rechtfertigt, kann nur situationsabhängig unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und des Leistungspflichtigen beantwortet werden (BT-Drucksache 15/2769, vom 24.3.2004, S. 9).



Die erfolglosen Beschaffungsversuche (grundsätzlich mindestens drei) der anzufordernden Leistung sind durch die anforderungsberechtigten Behörden begründet und bezogen auf den Verkehrsträger der koordinierenden Behörde im Rahmen des Anforderungsformulars darzulegen.



Die Anforderungen, Maßnahmen und Leistungen nach diesem Gesetz sind dabei auf das unerlässliche Maß zu beschränken und inhaltlich so auszugestalten, dass in die wirtschaftliche Betätigungsfreiheit sowie in die Rechte und Befugnisse der Beteiligten, insbesondere die Berufsfreiheit in Form der Berufsausübung nach Art. 12 Absatz 1 Grundgesetz sowie die Eigentumsfreiheit nach Art. 14 Absatz 1 Grundgesetz, so wenig wie möglich eingegriffen wird.



Im Regelfall werden sich die in § 7 Absatz 1 genannten Behörden die Verkehrsleistung am Markt selbst beschaffen. Nur für bestimmte Ausnahmesituationen, in welchen der Markt den Bedarf nicht decken kann, der Staat aber dringend auf die Verkehrsleistungen angewiesen ist, kann auf das Verkehrsleistungsgesetz zurückgegriffen werden.



Vorbereitungsmaßnahmen sind nicht von § 2 Absatz 1 erfasst und können daher unabhängig von einer Aktivierung des Gesetzes bzgl. der Anforderungen von Leistungen nach § 3 vorgenommen werden.



Zu § 1 Absatz 2
(Unterstützung verbündeter Streitkräfte)



§ 1 Absatz 2 stellt auf den Fall ab, dass verbündete Streitkräfte ausländischer Staaten unterstützt werden sollen (z.B. bei der Verlegung verbündeter Streitkräfte auf deutschem Territorium). Danach ist eine Unterstützung i.S.d. Gesetzes nur zulässig, wenn deutsche Streitkräfte durch den Deutschen Bundestag mit einem entsprechenden Mandat für gemeinsame Maßnahmen mit den verbündeten Streitkräften beauftragt werden. Militärische Übungen sind hiervon nicht erfasst.



Zu § 2 (Anwendung)



Das Verkehrsleistungsgesetz darf nur dann angewandt werden, wenn eine Krise oder Katastrophe vorliegt. Damit die Anwendung in Krisen- und Katastrophenzeiten sichergestellt wird, können nach § 2 Absatz 1 Leistungen gemäß § 3 von den Leistungspflichtigen (§ 4) nur dann angefordert werden, wenn das Verkehrsleistungsgesetz durch die gesetzlich vorgesehenen Organe aktiviert wurde.



Das Verkehrsleistungsgesetz ist nur anwendbar, wenn das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 entschieden oder die Bundesregierung gemäß § 2 Absatz 1 Nummer 2 durch Beschluss festgestellt hat, dass die Voraussetzungen nach § 1 vorliegen.



Der Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur bzw. dem Beschluss der Bundesregierung geht zwingend eine Anwendungsprüfung voraus. Die Anwendungsprüfung erfolgt im Regelfall durch die koordinierende Behörde (vgl. hierzu auch die Erläuterungen zu § 7 Absatz 1a). Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur stellt im Fall des § 1 Absatz 1 Nummer 1 das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 fest und entscheidet über die Anwendbarkeit oder führt in den Fällen des § 1 Absatz 1 Nummern 2 bis 4 den Beschluss der Bundesregierung herbei. Für die inhaltliche und ausreichende Information zur Beschlussfassung der Bundesregierung ist der Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur auf Grund des Ressortprinzips verantwortlich.



Zu § 2 Absatz 2 (Wegfall der Voraussetzungen)



Sind die Voraussetzungen des § 1 entfallen bzw. verlangt der Bundestag mit einfacher Stimmenmehrheit (Art. 42 Absatz 2 Satz 1 Grundgesetz) gemäß § 2 Absatz 2 Satz 2 die Aufhebung einer Entscheidung oder Feststellung, hat gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur seine Entscheidung nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 oder die Bundesregierung gemäß § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 ihre Feststellung nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 aufzuheben.



Die koordinierende Behörde berichtet regelmäßig dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, ob die Voraussetzungen weiterhin vorliegen oder entfallen sind.



Zu § 2 Absatz 3 (Bekanntmachung der Maßnahmen)



Gemäß § 2 Absatz 3 sind die Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 im Bundesanzeiger zu veröffentlichen (vgl. Anlage 3). Dabei werden als Maßnahmen die Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur im Fall des § 2 Absatz 1 Nummer 1 und § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bzw. der Beschluss der Bundesregierung in den Fällen des § 2 Absatz 1 Nummer 2 und § 2 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 verstanden. § 2 Absatz 3 regelt somit die Bekanntmachung der „Aktivierung“ und „Deaktivierung“ des Verkehrsleistungsgesetzes.



Zuvor hat das Bundesamt für Güterverkehr in der Funktion als koordinierende Behörde nach § 7 Absatz 1a im Regelfall eine Anwendungsprüfung durchgeführt, eine Empfehlung über die Anwendbarkeit gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ausgesprochen und dabei die gesetzlich normierten Anwendungsvoraussetzungen (Anwendungsfälle nach § 1) zugrunde gelegt.



Die Kommunikation hinsichtlich der Aktivierung bzw. Deaktivierung ist auch rechtsstaatlich geboten, da insbesondere die Verkehrs- bzw. Verkehrsinfrastrukturunternehmen mit erheblichen Konsequenzen zu rechnen haben. Der Staat ist verpflichtet, seine Maßnahmen und Vorhaben zu kommunizieren, die Öffentlichkeitsarbeit erstreckt sich dabei auf sachgerechte, objektiv gehaltene Information über Rechtsfragen, die den Bürger unmittelbar betreffen (vgl. BVerfGE 63, 230, 243; 44, 125, 147f.).



Für die Maßnahmen nach Absatz 1 und Absatz 2 ist die Publikation keine Wirksamkeitsvoraussetzung (vgl. von Lewinski, VerkLG, § 2, Rn. 21).



Die Bekanntgabe wird den anforderungsberechtigten Behörden nach § 7 Absatz 1, der koordinierenden Behörde nach § 7 Absatz 1a und den nach § 7 Absatz 2 zuständigen Behörden durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur zugeleitet.



Zu § 3 (Leistungsarten)



Zu § 3 Absatz 1 (Anforderung von Leistungen)



Das Verkehrsleistungsgesetz sieht verschiedene Verkehrsleistungen, u.a. Beförderungsleistungen (Absatz 1 Nummer 1), die Gebrauchsüberlassung (Absatz 1 Nummer 2) und die Infrastrukturbenutzung (Absatz 1 Nummer 3) vor, welche angefordert werden können.



Zu § 3 Absatz 1 Nummer 1 (einmalige oder wiederkehrende Beförderungen)



Beförderungsleistungen sind Verkehrsleistungen i.e.S.; Verkehrsleistungen im Sinne dieser Vorschrift sind einmalige oder wiederkehrende Beförderungen von Personen und Gütern. Dabei werden der Straßen- und Schienenbahnverkehr einschließlich sonstiger Straßen- oder Magnetschwebebahnen, die Schifffahrt und der Luftverkehr und somit alle Arten der Beförderung von der Norm erfasst (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 8). Zur Erbringung von Verkehrsleistungen besteht im Allgemeinen Bedarf an Nutzfahrzeugen des Straßenverkehrs, Schiffen, Schienen- und Luftfahrzeugen. Dabei kann es sich insbesondere um spezielle Verkehrsmittel wie z.B. Ro-Ro-Schiffe, Kesselwagen der Eisenbahn, Tieflader, Tiertransporter, Tankfahrzeuge, Frachtflugzeuge/Großraumflugzeuge oder Helikopter handeln. Zur Personenbeförderung zählen auch barrierefreie Beförderungen. Die Ermächtigung nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 dient der Sicherstellung von Verkehrsleistungen (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Wiederkehrende Beförderungsleistungen sind mehrere, gleichartige Beförderungsleistungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes, die zusammengefasst in einem einzigen Verpflichtungsbescheid (siehe Anlage 4) angefordert werden; zur Anschlussanforderung siehe auch § 6 Leistungsdauer.



Zu § 3 Absatz 1 Nummer 2
(Überlassung von Verkehrsmitteln zum Gebrauch)



Die Ermächtigung nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 ermöglicht über die Anforderung von Verkehrsleistungen hinaus auch die Anforderung von Verkehrsmitteln und -anlagen zum Gebrauch. Unter Gebrauch i.S.d. § 3 Absatz 1 Nummer 2 Var. 1 ist die ausschließliche Nutzung durch die Verwaltung (anforderungsberechtigte Behörde oder den Leistungsempfänger) zu verstehen. Mitgebrauch i. S. d. § 3 Absatz 1 Nummer 2 Var. 2 umfasst die Berechtigung sowohl des Staates als auch des Eigentümers zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mittel und Anlagen (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9). Dabei ist die teilweise erfolgende Nutzung durch die anforderungsberechtigte Behörde oder durch den Leistungsempfänger erfasst, die eine weitere Nutzung durch den Eigentümer zu eigenen Zwecken zulässt.



Nicht erfasst ist beispielsweise die Verwendung eines Busses als Straßensperre, da der bestimmungsgemäße Gebrauch die Beförderung von Personen ist.



Unter anderer Nutzung i.S.d. § 3 Absatz 1 Nummer 2 Var. 3 sind alle Nutzungsarten zu verstehen, die mit Beförderungsmitteln und -anlagen möglich sind, wie z.B. die Nutzung eines Tankschiffs als öffentliches Tanklager oder die Bereitstellung von Schlaf- und Liegewagen als örtliche Unterkunft (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Zu § 3 Absatz 1 Nummer 3
(Benutzung der Verkehrsinfrastruktur)



Unter Verkehrsinfrastruktur sind die ortsfesten Verkehrsanlagen, bestehend aus den Verkehrswegen (Straßen, Schienenwege, Wasserstraßen, Flugrouten, Pipelines, Datenleitungen) und deren Zugangs- bzw. Verknüpfungsstellen (wie Bahnhöfe, Terminals, See-, Binnenhäfen und Flugplätze), zu verstehen. Es kann auch die Einbeziehung der Informations- und Kommunikationssysteme vorgesehen werden, die notwendiger Bestandteil zum Aufbau und Betrieb moderner Transportketten sind (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Zu § 3 Absatz 2 (Weitere Anforderung von Leistungen)



Im § 3 Absatz 2 werden die in Absatz 1 verwendeten unbestimmten Rechtsbegriffe näher definiert.



Zu § 3 Absatz 2 Nummer 1 (Verkehrsleistungen)



Verkehrsleistungen sind auch die mit ihnen verbundenen Nebenleistungen, insbesondere der Betrieb von Umschlaganlagen, Speditionsleistungen, wie z.B. die Organisation von Transporten über mehrere Verkehrsträger, sowie Leistungen der Lagerei, wie z.B. die Bereitstellung von Lagerflächen und -hallen zur ordnungsgemäßen Lagerhaltung, soweit sie dem Verkehr dienen. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Es werden jedoch nur solche Nebenleistungen erfasst, die in einer dem Verkehr dienenden Funktion stehen (vgl. von Lewinski, VerkLG, § 3, Rn. 13). Somit zählen hierzu auch Verkehrswege einschließlich aller für den Betrieb notwendigen Einrichtungen wie z.B. Stellwerke und Schleusen. Als mit den Verkehrsleistungen verbundene Nebenleistungen gelten auch Abschlepp- und Räumungsdienste und die Versorgung mit Treibstoff, z.B. Tanklager, der Betrieb von Bundesautobahntankstellen und Werkstankstellen auf dem Speditionsgelände.



Zu § 3 Absatz 2 Nummer 2 (Verkehrsmittel)



Unter den Begriff Verkehrsmittel fallen nicht nur klassische Transportmittel, sondern auch die Ausrüstung einschließlich Informations- und Kommunikationssystemen zur Transportsteuerung, z.B. Telematiksysteme (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Zu § 3 Absatz 2 Nummer 3 (Verkehrsanlagen)



Verkehrsanlagen sind z.B. Bahnhöfe, Flugplätze, See- und Binnenhäfen,



Umschlagsanlagen wie z.B. Krananlagen, Förderbänder, Containerbrücken, Reach-Stacker, Straddle-Carrier, Manifolds, Pumpen, Pipelines, Containerterminals,



Anlagen der Verkehrsregelung (Verkehrszeichen, Lichtsignale), Abstell- und Warteanlagen (Parkplätze) und Bundesautobahntankstellen.



Zu § 3 Absatz 2 Nummer 4 (Verkehrsinfrastruktur)



Unter Verkehrsinfrastruktur fallen Straßen (Bundesautobahnen, Bundesstraßen, Landstraßen), Schienenwege, Wasserstraßen und Luftverkehrsstrecken bzw. Luftstraßen sowie auch die für den Betrieb der Verkehrswege notwendigen Einrichtungen als Teil der Verkehrsinfrastruktur. Die Grenze zwischen Verkehrsanlage, Verkehrsmittel und Verkehrsinfrastruktur als Oberbegriff der beiden erstgenannten Begriffe ist dabei nicht immer scharf zu ziehen.



Zu § 4 (Leistungspflichtige)



Zu § 4 Absatz 1 Nummer 1 (Verkehrs- und Verkehrsinfrastrukturunternehmen)



Nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 Halbsatz 1 sind zunächst Verkehrsunternehmen Adressaten. Ein Verkehrsunternehmen ist ein Unternehmen, das Verkehrsdienstleistungen, also Transportweg, Verkehrsleistung, Abfertigung oder weitere Funktionen wie beispielsweise Lagern oder Verpacken i. S. d. § 3 Absatz 1 Nummer 1, Absatz 2 Nummer 1 anbietet. Dazu stehen dem Verkehrsunternehmen Verkehrsmittel (Infrastruktur, mobiles Gerät, Antriebsenergie, Arbeitskraft, Organisation und Betrieb u.a.) zur Verfügung. Adressaten können auch Verkehrsinfrastrukturunternehmen sein. Das sind Unternehmen, die Verkehrsinfrastruktur i. S. d. § 3 Absatz 1 Nummer 3, Absatz 2 Nummer 4 betreiben. Verpflichtet werden können nur solche Unternehmen, die der deutschen Rechtsordnung unterworfen sind.



Zu § 4 Absatz 1 Nummer 2
(Reeder oder Ausrüster von Seeschiffen)



Nach § 4 Absatz 1 Nummer 2 sind Adressaten auch Reeder und Ausrüster von Seeschiffen unter Bundesflagge. Bei den Seeschiffen muss es sich um solche Schiffe handeln, die unter Bundesflagge fahren. Nach § 1 Absatz 1 und 2 Flaggenrechtsgesetz sind das nur solche Seeschiffe, deren Eigentümer (Reeder) Deutsche sind und ihren Wohnsitz im Hoheitsbereich des Grundgesetzes haben. Ausrüster von Seeschiffen ist gemäß § 477 Absatz 1 Handelsgesetzbuch, wer ein ihm nicht gehörendes Schiff zum Erwerb durch Seefahrt betreibt. Der Ausrüster wird gemäß § 477 Absatz 2 Handelsgesetzbuch im Verhältnis zu Dritten als Reeder angesehen.



Eine besondere Form des Schiffsüberlassungsvertrages ist der Bareboat-Chartervertrag. Der Eigentümer des Schiffes verschafft dem Ausrüster (Charterer) die vollständige Verfügungsgewalt über das Schiff. Der Bareboat-Charterer fällt unter das Verkehrsleistungsgesetz, wenn das Schiff unter deutscher Flagge fährt.



Im Internationalen Seeschiffsregister können gemäß § 12 Flaggenrechtsgesetz deutsche Seeschiffe eingetragen werden, die die Bundesflagge führen und überwiegend im internationalen Verkehr eingesetzt sind. Die Schiffe sind weiterhin der deutschen Rechtsordnung unterworfen und damit auch dem Verkehrsleistungsgesetz.



Schiffe, die befristet nach § 7 Flaggenrechtsgesetz ausgeflaggt wurden, fallen nicht unter das Verkehrsleistungsgesetz.



Zu § 4 Absatz 1 Nummer 3
(sonstige Eigentümer und Besitzer)



Nach § 4 Absatz 1 Nummer 3 können sonstige Eigentümer und Besitzer von Verkehrsmitteln oder von Verkehrsinfrastruktur zu Leistungen nach dem Gesetz verpflichtet werden. Voraussetzung dafür ist, dass diese Verkehrsmittel und diese Verkehrsinfrastruktur zum Betrieb eines Unternehmens gehören. Für die Leistungspflicht von Besitzern, die nicht zugleich Eigentümer sind, ist es unerheblich, welches Rechtsgeschäft dem Erwerb des Besitzes zugrunde liegt, z.B. Miete, Leasing (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 9).



Zu § 4 Absatz 2
(weitere Verkehrsunternehmen)



§ 4 Absatz 2 nimmt eine Erweiterung der Verkehrsleistungspflichtigen vor, soweit sie tatsächlich dem Verkehr dienen. Danach sind Verkehrsunternehmen auch Spediteure i.S.d. § 453 Handelsgesetzbuch, aber auch Lagergeschäfte nach § 467 Handelsgesetzbuch sowie Betreiber von Informations- und Kommunikationssystemen. Damit werden auch die Technisierung und Digitalisierung berücksichtigt. Der dahingehenden Erweiterung der Verkehrspflichtigen wird insbesondere dadurch Rechnung getragen, dass Transporte zunehmend nicht mehr über einen Verkehrsträger allein abgewickelt, sondern vielmehr Transportketten unter Einbeziehung verschiedener Verkehrsträger gebildet werden. Es ist deshalb konsequent, die Umschlags- und Speditionsunternehmen sowie Unternehmen der Lagerei den Verkehrsunternehmen gleichzustellen. Moderner und reibungsloser Transport ist nicht nur eine Frage der Verkehrsleistung an sich. Zur Verkehrsleistung und damit zur Verkehrsabwicklung gehört heute unbestritten die Logistik, die durch Informationssysteme unterstützt wird. Da diese Systeme zum Teil als Fremdleistungen von den eigentlichen Verkehrsunternehmen „eingekauft“ werden, ist es notwendig, auch diese Unternehmen in den Kreis der Verkehrsunternehmen mit einzubeziehen. Die Informationssysteme selbst sind zugleich als „Nebenleistungen“ im Sinne des § 3 Absatz 2 Nummer 2 und 3 anzusehen.



Um eine ausufernde Erweiterung der Verkehrspflichtigen zu vermeiden, sind gemäß § 4 Absatz 2 Halbsatz 2 nur solche Unternehmen als Verkehrspflichtige einzustufen, die auch tatsächlich dem Verkehr dienen, d.h. die ihrem Wesen nach im Verkehrswesen tätig sind (vgl. von Lewinski, VerkLG, § 4, Rn. 11).



Zu § 4 Absatz 3 (Verkehrsunternehmen mit einer gesetzlichen Betriebs- und Beförderungspflicht)



Nach § 4 Absatz 3 können Verkehrsunternehmen, die einer gesetzlichen Betriebs- und Beförderungspflicht unterliegen, nur mit der Zustimmung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur zu Leistungen herangezogen werden.



Dabei knüpft § 4 Absatz 3 an eine Betriebs- und Beförderungspflicht von Verkehrsunternehmen und nicht an Verkehrsinfrastrukturunternehmen an. Der Zugriff nach dem Verkehrsleistungsgesetz ist dabei gestaffelt. Zunächst soll auf die Leistungen nicht Betriebs- und Beförderungspflichtiger zugegriffen werden und erst in einem möglichen zweiten Schritt ausnahmsweise auf diejenigen, die solchen Pflichten unterliegen (vgl. von Lewinski, VerkLG, § 4, Rn. 15).



Zu § 5 (Verpflichtungsbescheid)



Vor Erlass eines Verpflichtungsbescheides (siehe Anlage 4) ist eine weitere Prüfung der Voraussetzungen des § 1 durch die zuständige Behörde nicht mehr erforderlich, da das Vorliegen der Anwendungsvoraussetzung bereits durch die Entscheidung des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur oder den Anwendungsbeschluss der Bundesregierung nach § 2 festgestellt ist. Durch die Entscheidung bzw. den Beschluss über die Anwendbarkeit des Gesetzes ist klargestellt, dass die Leistungsanforderung dem Zweck des Gesetzes entspricht sowie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und dem haushaltsrechtlichen Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit nach § 7 Bundeshaushaltsordnung Rechnung trägt. Eine Anhörung unterbleibt gemäß § 28 Absatz 3 Verwaltungsverfahrensgesetz, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht. Die zuständige Behörde kann somit entsprechend den Erfordernissen der Anforderung unter Berücksichtigung des vorrangigen Interesses an einem wirksamen und schnellen Gesetzesvollzug einen der möglichen Leistungspflichtigen in Anspruch nehmen.



Gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 wird die Bekanntgabe des Verwaltungsaktes nach § 5 Absatz 1 Satz 1 per förmlicher Zustellung angeordnet. Somit hat eine Bekanntgabe im Rahmen der förmlichen Zustellungsformen nach dem Verwaltungszustellungsgesetz zu erfolgen. Danach ist eine Zustellung durch die Post mit Zustellungsurkunde gemäß § 3 Verwaltungszustellungsgesetz, die Zustellung durch die Post mittels Einschreiben nach § 4 Verwaltungszustellungsgesetz sowie die Zustellung durch die Behörde gegen Empfangsbekenntnis nach § 5 Verwaltungszustellungsgesetz möglich (siehe Anlage 5). Ergänzend hierzu sind auch die weitergehenden Regelungen des § 11 zu berücksichtigen.



Beim Verpflichtungsbescheid sind die verwaltungsvollstreckungsrechtlichen Erfordernisse zu berücksichtigen. Nach § 5 Absatz 2 haben der Widerspruch und die Anfechtungsklage gegen den Verpflichtungsbescheid nach § 5 Absatz 1 keine aufschiebende Wirkung. Damit wird der Verpflichtungsbescheid mit Bekanntgabe wirksam und ist unabhängig von Rechtsmitteln sofort vollziehbar.



Für die Verpflichtung zur Erbringung von Verkehrsleistungen ist das in Anlage 4 abgedruckte Muster eines Verpflichtungsbescheides zu verwenden. Es enthält Mindestforderungen zu den Angaben. Ergänzungen können von den zuständigen Behörden bei Bedarf vorgenommen werden.



Zu § 6 (Leistungsdauer)



Nach § 6 Satz 1 sind die Anordnungen von Leistungen i. S. d. § 3 zeitlich zu begrenzen. Danach dürfen sie einen Zeitraum von drei Monaten nicht überschreiten. Dabei muss die Festlegung des Zeitraums der Maßnahme nach § 3 verhältnismäßig sein.



Um so wenig wie möglich in die unternehmerische Betätigungsfreiheit einzugreifen und die Belastung gleichmäßig zu verteilen, sind erneute Leistungsanforderungen an denselben Leistungspflichtigen innerhalb der Bewältigung eines Ereignisfalls nach § 1 möglichst zu vermeiden. Mit der Befristung wird der Zeitraum der Leistungsanforderung begrenzt. Es handelt sich um eine Maximalfrist, die nicht regelmäßig auszuschöpfen ist und im Übrigen im Einzelfall sachlich nachvollziehbar sein muss (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 10). Anschlussanforderungen können in bestimmten Fällen notwendig sein, z.B. wenn andere Leistungspflichtige nicht verfügbar sind oder sich die Leistungsdauer und der Umfang vergrößern. Wiederholte Leistungsanforderungen an denselben Leistungspflichtigen sind schriftlich von der zuständigen Behörde zu begründen und bedürfen einer erneuten Prüfung der tatsächlichen Gegebenheiten (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 10). Zudem muss die wiederholte Anforderung unumgänglich sein. Unumgänglich bedeutet, dass eine Situation eintritt, die ein erneutes Heranziehen des Leistungspflichtigen erforderlich macht, da andernfalls der Zweck nach § 1 nicht erreichbar ist (vgl. von Lewinski, VerkLG, § 6, Rn. 5).



Vorbemerkung vor § 7
(Beteiligte Behörden, Prozessablauf)



Zur Übersicht zum Prozessablauf siehe das in der Anlage 1 beigefügte Prozessablaufdiagramm.



Zu § 7 (anforderungsberechtigte Behörde, koordinierende Behörde, zuständige Behörde und Leistungsempfänger)



Zu § 7 Absatz 1 (anforderungsberechtigte Behörde)



Diejenigen Bundesbehörden, die nach dem Verkehrsleistungsgesetz berechtigt sind, Anforderungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu stellen, werden gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummern 1–11 abschließend normiert.



Diejenigen Behörden, die nicht gemäß § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummern 1–11 als anforderungsberechtigt berücksichtigt sind, können über das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe nach § 7 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 Verkehrsleistungen anfordern. Danach können die obersten Katastrophenschutzbehörden der Länder ihren Leistungsbedarf sowie den Leistungsbedarf der im Katastrophenschutz auf Landesebene mitwirkenden Hilfsorganisationen unter Verwendung des Anforderungsformulars an das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe als anforderungsberechtigte Behörde richten. Es obliegt dem Leistungsanfordernden, die entsprechenden Voraussetzungen der Amtshilfe im Einzelnen nachzuweisen sowie die Informations- bzw. Meldeverpflichtungen sicherzustellen. Eine weiterführende fachliche und rechtliche Prüfung der notwendigen Voraussetzungen durch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe erfolgt nicht. Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe leitet das Anforderungsersuchen im Anschluss an die koordinierende Behörde (Bundesamt für Güterverkehr) weiter. Das Bundesamt für Güterverkehr prüft, ob die Leistungsanforderungen hinreichend begründet wurden.



Die Anforderung einer anforderungsberechtigten Bundesbehörde muss folgende Voraussetzungen erfüllen:



a)
Benennung von Ansprechpartnern der anforderungsberechtigten Behörde gegenüber der koordinierenden Behörde


b)
Benennung des Leistungsempfängers und damit des Erstattungspflichtigen


c)
Begründung der Leistungsanforderung sowie Begründung, warum der Bedarf nach diesen Verkehrsleistungen auf andere Weise nicht, nicht rechtzeitig oder nur mit unverhältnismäßigen Mitteln gedeckt werden kann. Der Begründung sind konkrete und zuverlässige Hinweise zugrunde zu legen.


d)
Angabe zur Priorisierung der Leistungsanforderungen bei mehreren Leistungsanforderungen einer anforderungsberechtigten Behörde bzw. eines Leistungsempfängers. Andernfalls erfolgt eine Priorisierung durch die koordinierende Behörde.


e)
Angabe des benötigten Verkehrsträgers zur Leistungserbringung


Anforderungen werden in die Prioritätsstufen 1 und 2 kategorisiert:


Prioritätsstufe 1: Leib und Leben in Gefahr oder Transport lebenswichtiger Güter.


Prioritätsstufe 2: Durchführung von Personenbeförderungen/Güterbeförderungen zur Bewältigung der vorliegenden Krisenlage.


Bei mehreren Anforderungen derselben Prioritätsstufe ist die Reihenfolge der Bearbeitung aus Sicht des Antragstellers festzulegen. Diese richtet sich nach folgenden Kriterien:


Es ist nach Dringlichkeit der Leistungserbringung zu unterscheiden.


Personenbeförderungen haben grundsätzlich Vorrang vor Güterbeförderungen.


Im Übrigen ist eine lageangemessene Entscheidung im Einzelfall zu treffen.


f)
Angabe zur Erforderlichkeit einer Transportkette


g)
Angabe des Leistungsgegenstands


h)
Angaben bei Personenbeförderung: Personenanzahl sowie ggf. Erforderlichkeit von barrierefreier Beförderung


i)
Angaben bei Güterbeförderung: Menge in kg oder t, l oder m3, die notwendige Transportkompetenz (ggf. Containertransport, Gefahrgut, Lebensmittel), bei unkonventionellen Transporten: überschwer, überlang, überbreit, überhoch bzw. die Abmessungen, Stückzahl bei Kranfahrzeugen und Tiertransporten


j)
Angabe zur Häufigkeit der Beförderung (einmalig oder wiederkehrend sowie Beförderungsmodalitäten)


k)
Angabe von Startadresse und Zieladresse(n) sowie Erreichbarkeiten der Ansprechpartner


l)
Angaben bei der Überlassung von Beförderungsmitteln/Verkehrsanlagen/Verkehrsinfrastruktur


m)
Verpflichtungserklärung von der anforderungsberechtigten Behörde, dass sie unverzüglich die erfolgreiche Erbringung jeder einmaligen Beförderung, jeder Teilbeförderung einer einmaligen Beförderung und jeder wiederkehrenden Beförderung der koordinierenden Behörde abschließend bestätigt.


Für die Anforderung zur Erbringung von Verkehrsleistungen ist das in Anlage 2 abgedruckte Muster eines Anforderungsformulars zu verwenden.



Die anforderungsberechtigte Behörde legt gegenüber der koordinierenden Behörde begründet dar, dass die Voraussetzungen eines Anwendungsfalls i. S. d. § 1 Absatz 1 vorliegen.



Die anforderungsberechtigte Behörde leitet das Anforderungsersuchen an die koordinierende Behörde weiter. Die koordinierende Behörde prüft, ob die Leistungsanforderungen hinreichend begründet sind.



Zu § 7 Absatz 1a (koordinierende Behörde)



Die koordinierende Behörde ist gemäß § 7 Absatz 1a das Bundesamt für Güterverkehr.



Die koordinierende Behörde legt fest, welcher Verkehrsträger die Verkehrsleistung zu erbringen hat und übermittelt die Anforderungen an die zuständige Behörde.



Zu den Aufgaben der koordinierenden Behörde gehören insbesondere:



a)
Anwendungsprüfung sowie -empfehlung an das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, wenn nach Auffassung der koordinierenden Behörde die Voraussetzungen gemäß § 1 Absatz 1 erfüllt sind; entsprechende Zwischenberichte; Prüfung, ob die Leistungsanforderungen der anforderungsberechtigten Behörden hinreichend begründet sind.


b)
Identifikation mehrfach gestellter gleicher Leistungsanforderungen durch unterschiedliche anforderungsberechtigte Behörden


c)
Falls erforderlich, abschließende Festlegung des für die Leistungserbringung zu verpflichtenden Verkehrsträgers. Kommen mehrere unterschiedliche Verkehrsträger für die Leistungserbringung in Betracht und stehen für die geltend gemachten Anforderungen genügend Transportmittel zur Verfügung, so ist grundsätzlich der Anforderung der anforderungsberechtigten Behörde zu entsprechen.


d)
Die Anforderungen wurden bereits gemäß den Erläuterungen zu § 7 Absatz 1 unter Buchstabe d durch die anforderungsberechtigten Behörden in die Prioritätsstufen 1 und 2 kategorisiert. Bei mehreren Anforderungen derselben Prioritätsstufe wurde die Reihenfolge der Bearbeitung aus Sicht des Antragstellers festgelegt. Bei gleichzeitigen Anforderungen verschiedener anforderungsberechtigter Behörden an die koordinierende Behörde entscheidet diese über die Reihenfolge der Leistungserbringung nach folgenden Kriterien:


Es ist nach Dringlichkeit der Leistungserbringung zu unterscheiden.


Personenbeförderungen haben grundsätzlich Vorrang vor Güterbeförderungen.


Im Übrigen ist lageangemessen eine Entscheidung im Einzelfall zu treffen.


Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur kann die Entscheidung jederzeit an sich ziehen und entscheidet in Zweifelsfällen.


e)
Weiterleitung der Anforderung samt notwendigen Informationen an die zuständige Behörde gemäß § 7 Absatz 2


f)
Koordination der Leistungserbringung, sofern mehrere unterschiedliche Verkehrsträger betroffen sind (Transportkette)


g)
Prüfung in Abstimmung mit dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, ob die Voraussetzungen zur Anwendung des Gesetzes weiterhin vorliegen


h)
Dokumentation der Leistungserbringung auf Grund von Statusberichten der zuständigen Behörden


i)
Weiterleitung der erhaltenen Informationen von den zuständigen Behörden an die anforderungsberechtigte Behörde nach abgeschlossener Planung und nach erfolgreich erbrachter Leistung im Anschluss an jede einmalige Beförderung, an jede Teilbeförderung bei einer einmaligen Beförderung und bei jeder wiederkehrenden Beförderung


j)
Bericht an anforderungsberechtigte Behörden bei Leistungsstörungen und Beratung zum weiteren Verfahren


k)
Festsetzung der Entschädigung auf Grund einer Ermittlung der marktüblichen Preise in Abstimmung mit den zuständigen Behörden


l)
Führen einer Erreichbarkeitsliste der zuständigen und anforderungsberechtigten Behörden sowie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (Art. 6 Absatz 1 Buchstabe e Datenschutz-Grundverordnung ist zu beachten)


Eine abschließende Aufzählung der Aufgaben ist nicht möglich, da die Erfordernisse an die jeweiligen Situationen anzupassen sind.



Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur stellt relevante Informationen, die zur Bewältigung der Lage notwendig sind, der koordinierenden Behörde im Ereignisfall zur Verfügung.



In der Funktion als koordinierende Behörde nach § 7 Absatz 1a hat im Regelfall zuvor das Bundesamt für Güterverkehr eine Anwendungsprüfung durchgeführt, eine Empfehlung über die Anwendbarkeit gegenüber dem Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ausgesprochen und dabei die gesetzlich normierten Anwendungsvoraussetzungen (Anwendungsfälle nach § 1 Absatz 1) zugrunde gelegt. Bereits vor der Entscheidung über die Anwendung des Verkehrsleistungsgesetzes an die koordinierende Behörde übermittelte konkrete Leistungsanforderungen dienen auch dem Zweck, frühzeitig Vorbereitungsmaßnahmen zu treffen, und werden von der koordinierenden Behörde bei der Anwendungsprüfung berücksichtigt und nach der Feststellung der Gesetzesanwendung (vgl. § 2) bearbeitet.



Zu § 7 Absatz 2 (zuständige Behörde)



Zuständige Behörden sind die in § 7 Absatz 2 genannten Behörden. Die sachliche Zuständigkeit der Behörden gemäß § 7 Absatz 2 leitet sich grundsätzlich von dem Verkehrsträger ab, von dem die angeforderte Verkehrsleistung zu erbringen ist.



Bei stationären Umschlaganlagen und mobilen Umschlaggeräten ist die Behörde desjenigen Verkehrsträgers zuständig, in dessen Wirkungsbereich sich die Umschlaganlagen oder -geräte befinden (Prinzip des Sachzusammenhangs).



Beispiele:



Hafenumschlag

Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt




Umschlagbahnhöfe

Eisenbahn-Bundesamt




Luftumschlag

Luftfahrt-Bundesamt



Für den Hafenumschlag gilt die Besonderheit, dass die zuständige Behörde unverzüglich die für die Häfen zuständigen Landesbehörden über Anforderungen zu unterrichten hat. Dies gilt auch für § 8.



Für Leistungen von Flugplätzen wie flughafenbetriebliche und logistische Leistungen oder die Benutzung von Instrumenten-Lande-Anlagen erlässt das Luftfahrt-Bundesamt nach vorheriger Abstimmung mit der zuständigen Landesluftfahrtbehörde einen Verpflichtungsbescheid. Dieser wird der Landesluftfahrtbehörde vorab zur Kenntnis gegeben.



Für den Einsatz von Automobilkränen und sonstigen selbstfahrenden Arbeitsmaschinen, die für den Straßenverkehr zugelassen sind, ist das Bundesamt für Güterverkehr zuständig. Befinden sich die Automobilkräne oder selbstfahrenden Arbeitsmaschinen in Häfen, ist abweichend die Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt zuständig.



Zu den Aufgaben der zuständigen Behörden gehören insbesondere:



a)
Benennung einer zentralen Ansprechperson gegenüber der koordinierenden Behörde


b)
Entsendung einer Mitarbeiterin oder eines Mitarbeiters – sofern von der koordinierenden Behörde angefordert – an die koordinierende Behörde, um die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Behörden zu optimieren


c)
Auswahl eines geeigneten Unternehmens und Erlass des Verpflichtungsbescheids nach Übermittlung der Leistungsanforderung der anforderungsberechtigten Behörde und nach Festlegung der zuständigen Behörde durch die koordinierende Behörde


d)
Zeitnahe Übermittlung von Statusberichten an die koordinierende Behörde nach abgeschlossener Planung, bei Abfahrt, auf halber Strecke und bei Ankunft bei jeder einmaligen Beförderung, bei jeder Teilbeförderung einer einmaligen Beförderung und bei jeder wiederkehrenden Beförderung sowie beim Eintritt von Leistungsstörungen ggf. auch darüber, dass eine Leistungserbringung nicht im vollen Umfang möglich ist. Für die Statusberichte ist das in Anlage 6 abgedruckte Muster eines Statusberichts zu verwenden.


e)
Überwachung der Leistungserbringung des Leistungspflichtigen beim Leistungsempfänger


f)
Prüfung eines Kostenerstattungsanspruches für auf Grund eines Verpflichtungsbescheides erbrachte Leistungen, insbesondere Ermittlung der marktüblichen Preise in Abstimmung mit der koordinierenden Behörde auf der Grundlage der im Vorfeld regelmäßig ermittelten marktüblichen Preise


g)
Die Prüfung umfasst insbesondere die Auskunft über die ordnungsgemäße Leistungserbringung (rechtzeitig und vollständig) in Abstimmung mit der koordinierenden Behörde auf der Grundlage der vorliegenden Statusberichte.


Zu § 7 Absatz 3
(Zustellung des Verpflichtungsbescheides im Ausland)



Die zuständigen Behörden wenden sich für eine Zustellung des Verpflichtungsbescheides im Ausland unmittelbar an die zuständige diplomatische oder konsularische Vertretung der Bundesrepublik Deutschland.



Zu § 7 Absatz 4 (Leistungsempfänger)



Leistungsempfänger ist die anforderungsberechtigte Behörde, soweit gemäß § 7 Absatz 4 im Verpflichtungsbescheid nicht etwas anderes angegeben ist. Der Leistungsempfänger ist die Stelle, für die die Leistung erbracht wird.



Zu § 8 (Auskunftspflicht)



Die zuständigen Behörden haben – unabhängig von der Anwendung des Verkehrsleistungsgesetzes – zur Vorbereitung des Vollzugs und zur Durchführung des Verkehrsleistungsgesetzes die erforderlichen Auskünfte einzuholen.



Die Erteilung einer Auskunft ist keine Leistung im Sinne des Verkehrsleistungsgesetzes; sie ist daher auch nicht entschädigungspflichtig.



Die Auskünfte sind grundsätzlich als Einzelauskünfte mündlich, schriftlich oder elektronisch einzuholen. Dabei hat die zuständige Behörde zuvor zu prüfen, ob in anderen Fachbereichen der eigenen Behörde Kenntnisse und Daten vorhanden sind, die für die Aufgabenerfüllung genutzt werden können. Soweit es sich hierbei um personenbezogene Daten handelt, die auf Grund einer anderen Rechtsvorschrift als § 8 erhoben oder gespeichert wurden, dürfen diese nur unter Beachtung der Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung bzw. hier gemäß § 23 Bundesdatenschutzgesetz (Verarbeitung zu anderen Zwecken durch öffentliche Stellen bzw. anderer bereichsspezifischer Datenschutzbestimmungen) für Zwecke des Verkehrsleistungsgesetzes genutzt werden.



Für die zuständigen Behörden können insbesondere folgende Kenntnisse erforderlich sein:



Straßenverkehr:



Unternehmensdaten (z. B. Anschrift, weitere Kontaktdaten)


Anzahl, Transportkompetenzen und Nutzlast der Beförderungsmittel


Geeignetheit der Fahrer und Zulässigkeit der Fahrzeuge zur Beförderung von Gefahrgut


Verkehrsteilnahme (Fernverkehr oder Regional- und Verteilerverkehr)


Intermodale Kompetenz (Containertransporte, intermodale Umschlaganlagen)


Besondere Eigenschaften des Unternehmens (z.B. Lagerhalle, Stellplätze, Notstromaggregat)


Mitgliedschaft in Speditionskooperationen und/oder Verbänden


Vorhalten von Partnern im intermodalen Verkehr


Telekommunikationssicherstellung (Anschlüsse und Übertragungswege von telekommunikationsbevorrechtigten Unternehmen sind nach § 6 Absatz 1 Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetz unverzüglich und vorrangig bereitzustellen und zu entstören)


Schienenverkehr:



Anschriften von Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen, Ansprechpartnern


Anschriften von Fahrzeughaltern


Dispositionsstellen für Reisezug- und Güterzugwagen


Gattung, Anzahl und Standorte von Eisenbahnfahrzeugen für den Güter- und Personenverkehr allgemein sowie für die Durchführung von Spezialtransporten (z.B. Kühlwagen, Containertragwagen, Flachwagen, Tankwagen, Kesselwagen, Kran- bzw. Gerätewagen)


Zugbildungs- und Rangierbahnhöfe, Umschlag- und Abstellanlagen sowie Verladeanlagen (z.B. Rampen) mit evtl. vorhandenen verladetechnischen Einrichtungen (z.B. Kräne)


Telekommunikationsverbindungen


Die Informationen über die nicht-staatlichen Eisenbahnverkehrs- und -infrastrukturunternehmen sind vom Eisenbahn-Bundesamt bei den zuständigen Landesbehörden (§ 5 Absatz 1 Nummer 3 Verwaltungsverfahrensgesetz) oder direkt bei den Unternehmen einzuholen.


See- und Binnenschifffahrt:



Schiffsbezogen



Anschriften von Reedereien, Partikulieren, Ansprechpartnern


Standorte, Liegeplätze und Positionen von Wasserfahrzeugen


Art der Schiffe (z.B. Containerschiff, Fähre, Tankschiff, RoRo-Schiff, Stückgutschiff, Kühlschiff, Massengutfrachter, Schleppfahrzeug)


Schiffsdaten: Größe in Bruttoraumzahl, Länge, Breite, max. Tiefgang, Geschwindigkeit, Maschinenstärke, Ladekapazitäten, Laderaumabmessungen, Kräne oder Ladegeschirr, Rampen, Klassifikation


Telekommunikationsverbindungen des Schiffs


Hafenbezogen



Eigentümer, Besitzer und Ansprechpartner von Häfen und/oder Hafenanlagen (z.B. Umschlageinrichtungen, Passagierterminals, Löschplätze)


Ansprechpartner von Lagerplätzen/-hallen


Lage der Einrichtung (Lagepläne)


Vorhandene Infra- und Suprastruktur (Belastungsgrenzen der Kajenanlagen, Ladevorrichtungen und deren Art, Tragfähigkeit etc.)


Zufahrtsmöglichkeiten (landseitig, wasserseitig)


Besondere Einrichtungen, wie z.B. für RoRo-Verkehre entsprechende Rampen


Telekommunikationsverbindungen des Hafenbetriebs


Geplante Häfen, Hafenanlagen und Lagerhallen mit Angabe des Zeithorizonts der Realisierung


Die hafenbezogenen Informationen über Hafenanlagen der Länder/Kommunen (nicht bundeseigene Häfen) sind von der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt bei den zuständigen Landesbehörden einzuholen (§ 5 Absatz 1 Nummer 3 Verwaltungsverfahrensgesetz).



Luftfahrt



Folgende Informationen liegen dem Luftfahrt-Bundesamt tagesaktuell vor:



Anschriften und Ansprechpartner von Luftfahrtunternehmen


Unternehmen und Ansprechpartner für spezialisierten Flugbetrieb (dieser umfasst u.a. die Arbeitsluftfahrt)


Anschriften und Ansprechpartner von Instandhaltungsbetrieben


Art und Anzahl der Luftfahrzeuge sowie genehmigte Betriebsarten (Passagiere, Fracht, Ambulanz, Gefahrgut)


Darüber hinaus werden folgende Informationen vom Luftfahrt-Bundesamt bei den zuständigen Landesluftfahrtbehörden (§ 5 Absatz 1 Nummer 3 Verwaltungsverfahrensgesetz) eingeholt:



Liste und Ansprechpartner der Flughäfen


Für den Fall, dass sich flugbetriebliche Aktivitäten auf Grund des Verkehrsleistungsgesetzes auf das Ausland erstrecken, stellt das Luftfahrt-Bundesamt den kurzfristigen Zugriff auf das Luftfahrthandbuch (Aeronautical Information Publication, AIP) des jeweiligen Staates sicher.



Eine abschließende Aufzählung der Auskünfte ist nicht möglich, da die Erfordernisse zur Auskunftserteilung an die jeweilige Notsituation anzupassen ist (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 10).



Soweit personenbezogene Daten erhoben und gespeichert werden, sind diese gemäß Art. 17 Absatz 1 Buchstabe a Datenschutz-Grundverordnung zu löschen, sobald ihre Kenntnis zur Erfüllung der Aufgaben nach dem Verkehrsleistungsgesetz nicht mehr erforderlich ist.



Die von den Auskunftspflichtigen erlangten Daten unterliegen der Datenschutz-Grundverordnung, den Datenschutzvorschriften des Bundesdatenschutzgesetzes (sofern personenbezogen oder -beziehbar) und auch regelmäßig dem Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nach § 30 Verwaltungsverfahrensgesetz. Eine Weitergabe der Daten an andere Stellen ist daher ohne Einwilligung des Betroffenen grundsätzlich nicht gestattet; gesetzliche Ausnahmen ergeben sich vor allem aus der Abgabenordnung (z.B. §§ 93, 105 AO) und der Strafprozessordnung (z.B. §§ 98a, 161, 163 StPO) sowie auch § 25 Bundesdatenschutzgesetz.



Die Regelung zu § 5 Absatz 1 Verwaltungs-Vollstreckungsgesetz gilt entsprechend.



Die Verweigerung einer Auskunft darf nur dann als Ordnungswidrigkeit geahndet werden, wenn die Auskunft schriftlich unter Hinweis auf die Auskunftspflicht nach § 8 und auf die Bußgeldbewehrung nach § 13 Absatz 1 Nummer 2 verlangt worden ist.



Zu § 8a (besondere Leistungspflichten
der Eisenbahnen des Bundes)



Auf der Grundlage des § 8a Verkehrsleistungsgesetz können die Eisenbahnen des Bundes – unabhängig von der Anwendung des Gesetzes – zur Durchführung von nicht nachholbaren Maßnahmen bzw. Vorbereitungen für die Zivile Notfallvorsorge vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur verpflichtet werden.



Hierzu können insbesondere die Vorhaltung von:



Eisenbahn-Hilfsbrücken,


geschützten Krisenleitstellen,


Strahlenmessfahrzeugen,


mobilen Stellwerken und


sonstige Vorsorgemaßnahmen zur Sicherstellung der Verkehrsleistungen bei den Eisenbahnen des Bundes zählen.


Der Personal- und Sachaufwand für diese zusätzlichen Maßnahmen erfolgt auf Kosten des Bundes.



Zu § 9 (Entschädigung)



Entschädigungspflichtig ist der Leistungsempfänger (vgl. BT-Drucksache 15/2769 vom 24.3.2004, S. 10).



Sofern die zuständige Behörde entsprechend § 7 Absatz 4 Satz 2 im Verpflichtungsbescheid eine außerhalb der anforderungsberechtigten Behörde liegende Stelle als Leistungsempfänger bestimmt, geht die Entschädigungsverpflichtung auf diesen Leistungsempfänger über. Die Festsetzung der Entschädigung erfolgt durch die koordinierende Behörde auf Grund einer Ermittlung des marktüblichen Preises in Abstimmung mit den zuständigen Behörden. Zusammen mit den weiteren vorliegenden Informationen sowie einer Kopie des Verpflichtungsbescheides werden die Unterlagen an den Leistungsempfänger, im Regelfall die anforderungsberechtigte Behörde, übermittelt, sofern im Verpflichtungsbescheid kein anderer Leistungsempfänger bestimmt ist.



Aus der Verweisung auf Vorschriften des Bundesleistungsgesetzes ergibt sich bei der Festsetzung der Entschädigung, dass grundsätzlich von Marktpreisen auszugehen ist (§ 20 Bundesleistungsgesetz). Bestehen Tarife, so sind diese anzuwenden.



Bei der Entschädigung nach § 31 Bundesleistungsgesetz ist die Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen zu berücksichtigen (vgl. BAnz. 1993, Nr. 244).



Zu § 10 (Härteausgleich)



Durch die Härteklausel wird die Entschädigungsregelung des § 9 ergänzt. Die Vorschrift ist § 21 Bundesleistungsgesetz nachgebildet.



Während diese nur für unmittelbare Nachteile einer Maßnahme einen Ausgleich unbilliger Härte vorsieht, ist nach § 10 jeder durch eine Maßnahme dieses Gesetzes hervorgerufene Vermögensnachteil auszugleichen. Hierfür können zivilrechtliche Vorschriften herangezogen werden.



Zu § 11 (Zustellungen)



Für die Zustellung des Verpflichtungsbescheides gilt grundsätzlich das Verwaltungszustellungsgesetz; für Leistungsanforderungen mit besonderer Dringlichkeit gilt die Sonderregelung des § 11. Die Zustellung eines schriftlichen Verpflichtungsbescheides kann nach § 5 Verwaltungszustellungsgesetz auch durch die zuständige Behörde selbst gegen Empfangsbekenntnis erfolgen (vgl. zu § 5 und Anlage 5).



Zu § 14 (Strafvorschriften)



Die Strafanzeige stellt die nach § 7 Absatz 2 zuständige Behörde, die den Verpflichtungsbescheid erlassen oder das Auskunftsersuchen gestellt hat.



Zu § 15 (Ordnungswidrigkeiten)



Die nach § 15 zuständige Verwaltungsbehörde ist die nach § 7 Absatz 2 zuständige Behörde, die den Verpflichtungsbescheid erlassen oder das Auskunftsersuchen gestellt hat.



III.
Inkrafttreten


Diese Allgemeine Verwaltungsvorschrift tritt am 1.7.2021 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Gesetz zur Sicherung von Verkehrsleistungen vom 1.8.2006 außer Kraft.



Berlin, den 8. Juni 2021

G 33/2512.2/1-1



Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur
Im Auftrag

Dr. Klaus Bonhoff


Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage 1: Prozessablaufdiagramm

Anlage 2: Muster Anforderungsformular

Anlage 3: Muster Veröffentlichung durch das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur

Anlage 4: Muster Verpflichtungsbescheid

Anlage 5: Muster Statusbericht der zuständigen Behörde an die koordinierende Behörde