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BMVI-LF15-20200424-KF-001-A006.htm

Zum Hauptdokument : Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen



Anhang 6



Anforderungen an die bedarfsgesteuerte Nachtkennzeichnung (BNK)



1 Allgemeine Anforderungen



Erfolgt die Aktivierung der Nachtkennzeichnung von Luftfahrthindernissen bedarfsgesteuert, so muss die Nachtkennzeichnung alle Anforderungen der AVV erfüllen. Darüber hinaus ist die Nachtkennzeichnung mit einer dauerhaft aktivierten Infrarotkennzeichnung gemäß Artikel 1 Teil 2 Nummer 3.6 zu kombinieren. Sollte beim Einbau der verpflichtenden BNK gemäß § 9 Absatz 8 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG 2017) noch kein zugelassenes Infrarotsystem verfügbar sein, ist eine Nachrüstung ab Verfügbarkeit innerhalb von zwei Jahren vorzunehmen.



Der Wirkungsraum der BNK wird gebildet durch den Luftraum, der sich um jedes Hindernis in einem Radius von mindestens 4 000 Metern erstreckt und vom Boden bis zu einer Höhe von nicht weniger als 600 Metern (2 000 Fuß [ft.]) über dem Hindernis reicht. Der gesamte Wirkungsraum ist zu erfassen.



Die Nachtkennzeichnung darf abgeschaltet werden, wenn



sich kein relevantes Luftfahrzeug im Wirkungsraum befindet,


die Systemintegrität gewährleistet ist und


keine externe Aktivierung vorliegt.


Für die flugbetriebliche Betrachtung sind im Wirkungsraum alle Luftfahrzeuge relevant, die nach Sichtflugregeln bei Nacht (NVFR) Flüge durchführen. Spätestens beim Einfliegen von Luftfahrzeugen in den Wirkungsraum sowie während des Aufenthalts im Wirkungsraum ist die Nachtkennzeichnung zu aktivieren. Wurde die Nachtkennzeichnung durch den Einflug eines relevanten Luftfahrzeuges aktiviert, muss diese über eine Dauer von mindestens 10 Minuten aktiviert bleiben, wenn das Signal des relevanten Luftfahrzeugs vor dem Verlassen des Wirkungsraums aus unbekannten Gründen verschwindet. Wurde die Nachtkennzeichnung extern aktiviert, muss diese über eine Dauer von mindestens 240 Minuten eingeschaltet bleiben. Ebenso muss die vorzeitige Deaktivierung bedarfsgesteuert möglich sein.



Der Betreiber stellt sicher, dass das BNK-System auch bei nachträglichen Veränderungen in der Umgebung die Funktionsfähigkeit behält oder anderenfalls das System außer Betrieb genommen wird; dies beinhaltet auch die Beobachtung von baulichen Veränderungen in der Umgebung von Windparks, die Auswirkung auf die BNK haben könnten. Der Betreiber hat im Rahmen des Wartungskonzepts alle 6 Monate die ordnungsgemäße Funktion des BNK-Systems zu überprüfen. Die Dokumentation über die erfolgte Prüfung ist 2 Jahre aufzubewahren.



2 Baumusterprüfung durch die vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr benannte Stelle (BMPSt)



BNK-Systeme müssen durch eine BMPSt einer Baumusterprüfung unterzogen werden. BMPSt werden durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr benannt. Die Benennung wird in den Nachrichten für Luftfahrer veröffentlicht.



Im Rahmen der Baumusterprüfung muss der Hersteller den Nachweis über die Erfüllung der Anforderungen dieser AVV erbringen. Hierzu gehört auch die Vorlage von systembezogenen Prüfkriterien, die im Verfahren nach Anhang 6 Nummer 3 als Grundlage der Prüfung der Funktionsfähigkeit der BNK am Standort des Luftfahrthindernisses dienen. Der Umfang der für die Baumusterprüfung erforderlichen Dokumentationen und Nachweise inklusive der Prüfkriterien wird zwischen dem Hersteller und der BMPSt festgelegt. Neuinstallationen von BNK-Systemen, die bereits eine Anerkennung nach der AVV vom 2. September 2004 (BAnz. S. 19 937), die zuletzt durch Artikel 1 der AVV vom 26. August 2015 (BAnz AT 01.09.2015 B4) geändert worden ist, erhalten haben, sind noch bis zum 30. April 2025 zulässig. Artikel 1 Nummer 23 der AVV bleibt hiervon unberührt.



2.1 Eine BNK ist zulassungsfähig, wenn mindestens folgende Systemfunktionen nachgewiesen wurden:



a)
Steuerung aller Systemkomponenten,


b)
Erfassung von Luftfahrzeugen,


c)
Selbstdiagnose zur ständigen Prüfung der Systemintegrität. Das System muss systemeigene Fehler erkennen; die Befeuerung ist im Fehlerfall zu aktivieren;


d)
Aufzeichnung der Betriebszustände für mindestens 30 Tage. Dies umfasst wenigstens die Signale von den Detektionseinheiten, Aktivierungsbefehle, Zustand der Kommunikationssysteme, Zustand der Steuereinheit und Zustand der Befeuerung;


e)
Schnittstelle zur Ansteuerung des angeschlossenen Befeuerungssystems.


2.2 Es gilt für BNK-Systeme basierend auf dem Empfang und der Auswertung von



a)
Transpondersignalen


aa)
Das BNK-System muss mindestens folgende Signale zur Aktivierung der Nachtkennzeichnung empfangen und auswerten können:


DF11 (Mode S),


Mode A/C.


bb)
Weitere nichtluftfahrtzugelassene Signale und Informationen, die gegebenenfalls von Luftfahrzeugen ausgesendet werden (z. B. FLARM), können ergänzend zur Aktivierung genutzt werden, nicht jedoch zur logischen Filterung der Signale nach Anhang 6 Nummer 2.2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa.


cc)
Weitere Signale und Informationen des Mode-S-Systems (z. B. DF17) können zur logischen Filterung der Signale nach Anhang 6 Nummer 2.2 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa verwendet werden, wenn folgende Qualitätskriterien empfangen werden und erfüllt sind:


Surveillance Integrity Level (SIL) ≥ 1,


System Design Assurance (SDA) ≥ 1,


Navigation Accuracy Category – Position (NACP) ≥ 7.


dd)
Aktive Abfragen von Transpondern und Eingriffe in Systeme der Flugsicherung sind nicht zugelassen.


ee)
Die Aktivierung muss zeitgerecht erfolgen, daher muss die BNK die Häufigkeit der Abfragen sowie die Geschwindigkeit des sich nähernden Luftfahrzeugs mit einbeziehen.


b)
Radarsignalen


aa)
Das System muss Radarziele mit einer Radarrückstrahlfläche von 1 m2 erfassen und berücksichtigen können.


bb)
Schwebende und langsame Luftfahrzeuge sind zu berücksichtigen.


Soll die BNK auch innerhalb des Nachttiefflugsystems (NLFS) der Bundeswehr zum Einsatz kommen können, ist eine Geschwindigkeit von 550 Knoten über Grund zu berücksichtigen. Die Kombination von unterschiedlichen Technologien zur Erfassung von Luftfahrzeugen ist möglich. Andere Technologien können auch anerkennungsfähig sein, wenn nachgewiesen wird, dass die Anforderungen dieses Anhangs erfüllt werden (vergleichbares Sicherheitsniveau). Der Hersteller muss ein Qualitätsmanagementsystem nach ISO 9001 führen.



3 Verfahren bei der zuständigen Landesluftfahrtbehörde im Falle der §§ 12, 14 bis 17 des Lufterkehrsgesetzes



Vor Inbetriebnahme einer BNK ist die geplante Installation der zuständigen Landesluftfahrtbehörde anzuzeigen. Hierbei sind folgende Unterlagen vollständig und prüffähig vorzulegen:



Nachweis der Baumusterprüfung gemäß Anhang 6 Nummer 2,


Nachweis der Funktionsfähigkeit der BNK am Standort des Luftfahrthindernisses durch eine BMPSt. Kann dieser Nachweis nicht vor Installation erbracht werden, ist ein praktischer Funktionsnachweis (z. B. Befliegung) durch eine BMPSt vor Inbetriebnahme zu erbringen, hierbei ist insbesondere auch der militärische und polizeiliche Flugbetrieb zu berücksichtigen. Grundlage für den Nachweis nach Satz 1 sind die Prüfkriterien nach Anhang 6, Nummer 2. Die Einbindung der BMPSt in Satz 1 und 2 des Anstrichs gilt für die Installation aller BNK-Systeme, bei denen die Anzeige bei der zuständigen Landesluftfahrtbehörde ab dem 01. Januar 2025 erfolgt.


Stellt die zuständige Landesluftfahrtbehörde fest, dass der Betrieb der angezeigten BNK den Luftverkehr gefährden könnte, kann sie weitere Auflagen erteilen (z. B. vergrößerter Wirkraum der BNK) oder eine dauerhafte Befeuerung anordnen. Eine solche Notwendigkeit kann bestehen:


im Umkreis von 10 Kilometern um den Flugplatzbezugspunkt, wenn für den jeweiligen Flugplatz Nachtflugbetrieb zugelassen ist,


in Bereichen der nach § 33 LuftVO festgelegten Flugverfahren für Flüge nach Sichtflugregeln gemäß der Festlegung von Mindestabständen von Hindernissen zu festgelegten Sichtflugverfahren (NfL I-847/16),


im kontrollierten Luftraum und den unmittelbar angrenzenden Bereichen,


in Bereichen des Nachttiefflugsystems der Bundeswehr.


In diesen nicht abschließenden Fallbeispielen kann eine vertiefte Prüfung des Sachverhalts erforderlich werden.