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BMU-SII5-20200608-SF-A007.htm

Zum Hauptdokument : Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Ermittlung der Exposition von Einzelpersonen der Bevölkerung durch genehmigungs- oder anzeigebedürftige Tätigkeiten (AVV Tätigkeiten)



Anhang A7. Berücksichtigung von radioaktiven Tochternukliden bei der Berechnung der Exposition



A7.1 Expositionspfade



Radioaktive Tochternuklide können nach der Ableitung radioaktiver Stoffe beim Transport in der Atmosphäre oder im Vorfluter, nach der Ablagerung auf Pflanzen und Böden und im Sediment entstehen. Soweit die Beiträge der Tochternuklide zur Exposition während der Betriebsphase relevant sind, sind sie in den entsprechenden Dosiskoeffizienten und Dosisleistungskoeffizienten, z. B. für Beta- und Gammasubmersion und für Gammabodenstrahlung, berücksichtigt. Bei langlebigen Radionukliden mit radioaktiven Tochternukliden ist zu prüfen, ob durch Aufbau der Aktivität der Tochternuklide im Boden auf folgenden Expositionspfaden relevante Expositionen auftreten:



Bei der Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft:



1.
Gammabodenstrahlung


2.
Ingestion von Blattgemüse und anderen pflanzlichen Nahrungsmitteln, Fleisch, Milch und Muttermilch


Bei der Ableitung radioaktiver Stoffe mit Wasser:



3.
Gammabodenstrahlung auf Ufersedimenten, Überschwemmungsgebieten und Spülfeldern


4.
Ingestion von Blattgemüse und anderen pflanzlichen Nahrungsmitteln, Fleisch und Milch, die aus Gebieten stammen, die mit kontaminiertem Wasser beregnet wurden


5.
Ingestion von Blattgemüse und anderen pflanzlichen Nahrungsmitteln, Fleisch und Milch, die auf Überschwemmungsgebieten erzeugt wurden


6.
Ingestion von Muttermilch


Bei der Berechnung der flächenbezogenen Aktivität oder der spezifischen Aktivität im Oberboden ist gegebenenfalls die Verlagerung der Radionuklide in tiefere Bodenschichten zu berücksichtigen (siehe Abschnitt 6.2.3). Die Gleichungen, welche Bildung und Zerfall der Radionuklide einer Zerfallskette beschreiben, sind entsprechend zu modifizieren.



A7.2 Exposition des Menschen infolge der Ableitung mit Luft oder Wasser



Für die flächenbezogene Aktivität des Radionuklids ri im Boden im k-ten Kalenderjahr nach Beginn der Ableitungen (Betriebsphase und Nach- und Restbetriebsphase) ergibt sich unter Berücksichtigung der Tochternuklide folgendes System gewöhnlicher Differentialgleichungen:



Beschreibung: Formel

(64)



Das System gewöhnlicher Differentialgleichungen besteht aus je einer Gleichung für das Mutternuklid und jedes berücksichtigte Tochternuklid.



Außer den bereits erklärten Symbolen bedeuten hier:



ri:

Index zur Bezeichnung der Radionuklide innerhalb der Zerfallskette. Es ist




ri = 1 für das Mutternuklid




ri = 2, 3, 4 ... für das 1., 2., 3. ... Tochternuklid.



Bk,ri(t):

Flächenbezogene Aktivität des Radionuklids ri im k-ten Kalenderjahr in Bq·m-2



ari–1,ri:

Anteil der Zerfälle des Radionuklids ri-1, die zum Radionuklid ri führen



k,ri:

Flächenbezogene Aktivitätsdepositionsrate des Radionuklids ri im k-ten Kalenderjahr in Bq·m-2·s-1




k,ri = Q̇B,k,ri

für trockene und nasse Ablagerung, siehe Gleichungen (67) und (70)





k,ri = Q̇W,k,ri

für Beregnung, siehe Gleichungen (68) und (71)





k,ri = Q̇Ü,k,ri

für Überschwemmungsgebiete und auf Ufersedimenten, siehe Gleichungen (69) und (72)




λv,ri:

Verweilkonstante des Radionuklids ri im Wurzelbereich der Pflanzen (λÜ oder λm,r)




Zur Berechnung der Gammabodenstrahlung infolge trockener und nasser Ablagerung sowie bei Ufersedimenten ist λv,ri = 0 zu setzen.



Gleichung (64) setzt voraus, dass die Zerfallskette für die dosisdominierenden Radionuklide nicht verzweigt ist. Verzweigte Zerfallsketten sind durch eine geeignete Indizierung der Radionuklide zu berücksichtigen.



Wegen der Indizierung der Radionuklide und der flächenbezogenen Aktivitätsdepositionsraten sind alle Radionuklide, die im Emissionsspektrum der Ableitung vorkommen, als Mutternuklid (ri = 1) zu betrachten, unabhängig davon, ob sie als Tochternuklid auch in anderen Zerfallsketten auftreten.



Die flächenbezogenen Aktivitäten der Radionuklide am Ende des Vorjahres bilden die Anfangswerte für das Folgejahr. Daraus ergeben sich die folgenden Randbedingungen für das k-te Kalenderjahr (Betriebsphase und Nach- und Restbetriebsphase):



B1,ri(0) = 0

für alle ri

(65)




Bk,ri(0) = Bk–1,ri(t1a)

für alle ri und k > 1

(66)



Bei der Berechnung der flächenbezogenen Aktivität des Radionuklids ri sind die Betriebsphase und die Nach- und Restbetriebsphase zu unterscheiden. In der Betriebsphase ist die flächenbezogene Aktivitätsdepositionsrate im k-ten Kalenderjahr



durch trockene und nasse Ablagerung



Beschreibung: Formel

falls ri = 1

(67)

falls ri > 1



durch Beregnung



Beschreibung: Formel

falls ri = 1

(68)

falls ri > 1



durch Überschwemmung und auf Ufersedimenten



Beschreibung: Formel

falls ri = 1

(69)

falls ri > 1



In der Nach- und Restbetriebsphase sind die flächenbezogenen Aktivitätsdepositionsraten



B,k,ri = 0

für alle k, ri

(70)




W,k,ri = 0

für alle k, ri

(71)




Ü,k,ri = 0

für alle k, ri

(72)



Die flächenbezogene Aktivität ist nach Gleichung (64) iterativ für jedes Kalenderjahr zu berechnen. In der Betriebsphase sind die Anfangsbedingungen gemäß den Gleichungen (65) und (66) sowie Q̇B,k,ri nach Gleichung (67), Q̇W,k,ri nach Gleichung (68) und Q̇Ü,k,ri nach Gleichung (69) zu berücksichtigen. In der Nach- und Restbetriebsphase ist die Anfangsbedingung gemäß Gleichung (66) sowie Q̇B,k,ri nach Gleichung (70), Q̇W,k,ri nach Gleichung (71) und Q̇Ü,k,ri nach Gleichung (72) zu berücksichtigen.



Die spezifische Aktivität des Radionuklids ri im Wurzelbereich im k-ten Kalenderjahr ist:



Beschreibung: Formel

(73)



Außer den bereits erklärten Symbolen bedeutet hier:



Beschreibung: Formel:

Spezifische Aktivität des Radionuklids ri im Wurzelbereich im k-ten Kalenderjahr in Bq·kg-1 Trockenmasse; m = A für Ackerboden, m = Wd für Weideboden



Die spezifische Aktivität Beschreibung: Formel des Tochternuklids ri in pflanzlichen Nahrungsmitteln außer Blattgemüse (n = Pf), in Blattgemüse (n = Bl) und in Weidepflanzen (n = Wd) ist im k-ten Kalenderjahr wie folgt zu berechnen:



Beschreibung: Formel

(74)



Außer den bereits erklärten Symbolen bedeutet hier:



Beschreibung: Formel

Transferfaktor vom Boden zur Pflanze für das Radionuklid ri in Bq·kg-1 Feuchtmasse pro Bq·kg-1 Trockenboden, jeweils für pflanzliche Nahrungsmittel (n = Pf, Bl) oder für Weidepflanzen (n = Wd), siehe Anhang A3 Tabelle 4



Die Jahresdosis (effektive Folgedosis) durch Ingestion des Radionuklids ri ist wie in den Abschnitten 8.5.2 und 9.5 beschrieben zu berechnen, wobei sich die spezifische Aktivität des Tochternuklids ri in pflanzlichen Nahrungsmitteln außer Blattgemüse (n = Pf), in Blattgemüse (n = Bl) und in Weidepflanzen (n = Wd) gemäß Gleichung (74) ergibt.



Die Jahresdosis (effektive Dosis) durch Gammabodenstrahlung des Radionuklids ri während des k-ten Kalenderjahres (Betriebs- und Nach- und Restbetriebsphase) ist



bei nasser und trockener Ablagerung radioaktiver Stoffe gemäß Gleichung (26),
bei Aufenthalt auf Ufersediment gemäß Gleichung (44) und
bei Aufenthalt auf Überschwemmungsgebieten gemäß Gleichung (46)


zu berechnen, wobei Bk,ri am Ende des k-ten Kalenderjahres auszuwerten ist.



Zur Berechnung der Jahresdosis (effektive Dosis) durch Gammabodenstrahlung bei Aufenthalt auf Spülfeldern ist es ausreichend, wie in Abschnitt 9.4.3 eine einmalige Aufbringung von ausgebaggertem Sediment zu betrachten. Nach der Aufbringung zum Zeitpunkt t = 0 ist die mittlere spezifische Aktivität Beschreibung: Formel zu berechnen nach:



Beschreibung: Formel

falls ri = 1

(75)




Beschreibung: Formel

falls ri > 1

(76)



Die mittlere spezifische Aktivität des Radionuklids ri zum Zeitpunkt des Ausbaggerns Beschreibung: Formel ist nach Gleichung (17) zu berechnen.



Die Jahresdosis (effektive Dosis) durch Gammabodenstrahlung bei Aufenthalt auf Spülfeldern ist gemäß Gleichung (48) zu berechnen, wobei Beschreibung: Formel zu dem Zeitpunkt auszuwerten ist, an dem das Spülfeld begehbar (t > tSp) und die Summe der Beiträge aller Radionuklide ri zur effektiven Dosis durch Gammabodenstrahlung maximal ist.



A7.3 Vereinfachende Näherungslösungen



Bei zeitabhängigen Dosisberechnungen für Zerfallsketten sind im Einzelfall gleichwertige vereinfachende Näherungslösungen bei der Berechnung zulässig. Eine solche Vereinfachung ist bei der prospektiven Berechnung der Exposition infolge der Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft oder Wasser z. B. die Annahme, dass jedes Tochternuklid mit der gleichen Aktivität vorliegt wie das Mutternuklid am Ende der Betriebsphase oder die Nichtberücksichtigung des Dosisbeitrags der Tochternuklide, wenn nachgewiesen wurde, dass dieser Beitrag vernachlässigbar ist.