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BMU-IGI2-20210818-SF-A007.htm

Zum Hauptdokument : Neufassung der Ersten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft – TA Luft)



Anhang 7

Feststellung und Beurteilung von Geruchsimmissionen



Inhaltsübersicht



1.
Allgemeines
2.
Anforderungen an die Begrenzung und Ableitung der Geruchsemissionen
2.1
Schornsteinhöhe
2.2
Bagatell-Geruchsstoffstrom
3.
Beurteilungskriterien
3.1
Immissionswerte
3.2
Anwendung der Immissionswerte
3.3
Erheblichkeit der Immissionsbeiträge
4.
Ermittlung der Kenngrößen der Geruchsimmission
4.1
Allgemeines
4.2
Ermittlung im Genehmigungsverfahren
4.3
Ermittlung im Überwachungsverfahren
4.4
Kenngröße für die Vorbelastung
4.4.1
Allgemeines
4.4.2
Beurteilungsgebiet
4.4.3
Beurteilungsfläche
4.4.4
Messhöhe
4.4.5
Messzeitraum
4.4.6
Messpunkte
4.4.7
Messverfahren und Messhäufigkeit
4.5
Kenngröße für die Zusatzbelastung und die Gesamtzusatzbelastung
4.6
Auswertung
5.
Beurteilung im Einzelfall


1.
Allgemeines


In der Umwelt können Geruchsbelästigungen vor allem durch Luftverunreinigungen aus Chemieanlagen, Mineralölraffinerien, Lebensmittelfabriken, Tierhaltungsanlagen und Abfallbehandlungsanlagen sowie aus dem Kraftfahrzeugverkehr, aus Hausbrand, Landwirtschaft und Vegetation verursacht werden.



Die Vorgehensweise bei der Beurteilung dieser Belästigungen unterscheidet sich grundlegend von der anderer Immissionen. In der Regel können Immissionen durch Luftverunreinigungen als Massenkonzentration mit Hilfe physikalisch-chemischer Messverfahren objektiv nachgewiesen werden. Der Vergleich gemessener oder ggf. berechneter Immissionskonzentrationen mit Immissionswerten bereitet dann im Allgemeinen keine besonderen Schwierigkeiten. Hingegen entzieht sich die Erfassung und Beurteilung von Geruchsimmissionen weitgehend einem solchen Verfahren. Da Geruchsbelästigungen meist schon bei sehr niedrigen Stoffkonzentrationen und im Übrigen durch das Zusammenwirken verschiedener Substanzen hervorgerufen werden, ist ein Nachweis mittels physikalisch-chemischer Messverfahren äußerst aufwändig oder überhaupt nicht möglich. Hinzu kommt, dass die belästigende Wirkung von Geruchsimmissionen stark von der Sensibilität und der subjektiven Einstellung der Betroffenen abhängt. Dies erfordert, dass bei Erfassung, Bewertung und Beurteilung von Geruchsimmissionen eine Vielzahl von Kriterien in Betracht zu ziehen ist.



So hängt die Frage, ob derartige Belästigungen als erheblich und damit als schädliche Umwelteinwirkungen anzusehen sind, nicht nur von der jeweiligen Immissionskonzentration, sondern auch von der Geruchsqualität (es riecht nach ...), der Geruchsintensität, der Hedonik (angenehm, neutral oder unangenehm), der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Einwirkungen, dem Rhythmus, in dem die Belästigungen auftreten, der Nutzung des beeinträchtigten Gebietes sowie von weiteren Kriterien ab (vgl. Nummern 3.1 und 5 dieses Anhangs). Wissenschaftliche Erkenntnisse belegen, dass mit der Geruchshäufigkeit eine sachgerechte und hinreichend genaue Beschreibung des Belästigungsgrades von Anwohnerinnen und Anwohnern möglich ist.



Zur Beurteilung der Erheblichkeit der Geruchsimmission werden in diesem Anhang in Abhängigkeit von verschiedenen Nutzungsgebieten Immissionswerte als regelmäßiger Maßstab für die höchstzulässige Geruchsimmission festgelegt. Mit diesen Immissionswerten sind Kenngrößen zu vergleichen, die auch die durch andere Anlagen verursachte Vorbelastung berücksichtigen. Die Geruchsqualität (Tierhaltungsanlagen; vgl. Nummer 4.6 dieses Anhangs) und die Hedonik (Industrieanlagen; vgl. Nummer 5 dieses Anhangs) können dabei ergänzend durch Gewichtungsfaktoren berücksichtigt werden.



Bei nicht genehmigungsbedürftigen Tierhaltungsanlagen kann die zuständige Behörde die Entscheidung auf die Einhaltung der Abstände nach der Richtlinie VDI 3894 Blatt 2 (Ausgabe November 2012) in Verbindung mit der Richtlinie VDI 3894 Blatt 1 (Ausgabe September 2011) gründen.



Bei immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftigen Rinderhaltungsanlagen mit erheblich weniger als der Hälfte der die Genehmigungsbedürftigkeit einer derartigen Anlage auslösende Mengenschwelle nach § 1 i. V. m. Anhang 1 der 4. BImSchV können abweichend von der im Folgenden beschriebenen Vorgehensweise auch spezielle landesspezifische Regelungen angewendet werden.



Die Ermittlung der Vorbelastung hat im Allgemeinen durch olfaktorische Feststellungen im Rahmen von Rastermessungen gemäß DIN EN 16841 Teil 1 (Ausgabe März 2017) oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen.



Die Ermittlung der Zusatzbelastung und der Gesamtzusatzbelastung (vgl. Nummer 2.2 der TA Luft) erfolgt durch Geruchsausbreitungsrechnung (vgl. auch Nummer 4.5 dieses Anhangs). Sie ist auf der Basis der Richtlinie VDI 3788 Blatt 1 (Ausgabe Juli 2000), des Anhangs 2 der TA Luft und der speziellen Anpassungen für Geruch (Janicke, L. und Janicke, U., 2004)* durchzuführen. Die Gesamtbelastung, die mit dem Immissionswert zu vergleichen ist, ist nach Nummer 2.2 der TA Luft zu ermitteln.



Der Anhang enthält auch Regelungen für die Fälle, in denen bereits die Kenngröße für die Vorbelastung auf einer Beurteilungsfläche einen Immissionswert überschreitet (vgl. Nummer 3.3 und Nummer 5 dieses Anhangs) oder Geruchsimmissionen durch andere als in Nummer 3.1 dieses Anhangs aufgeführte Quellen auf einer Beurteilungsfläche relevant sind (vgl. Nummer 5 dieses Anhangs).



In den Fällen der Nummer 3.3 dieses Anhangs soll eine Genehmigung wegen der Überschreitung der Immissionswerte nicht versagt werden, wenn die Zusatzbelastung durch das zu beurteilende Vorhaben die in Nummer 3.3 dieses Anhangs genannten Kriterien der Irrelevanz erfüllt oder eine Einzelfallprüfung unter Berücksichtigung anderer die Zumutbarkeit der Geruchsimmission beeinflussender Kriterien ergibt, dass die Geruchsbelästigung nicht als erheblich zu qualifizieren ist. Darüber hinaus enthält der Anhang Vorschriften, in welchen Fällen von der Ermittlung der Vorbelastung abgesehen werden kann.



2.
Anforderungen an die Begrenzung und Ableitung der Geruchsemissionen


Vor Bestimmung der Ableithöhe ist sicherzustellen, dass die Maßnahmen zur Begrenzung der Emissionen dem Stand der Technik entsprechen.



2.1
Schornsteinhöhe


Die Schornsteinhöhe ist in der Regel so zu bemessen, dass die relative Häufigkeit der Geruchsstunden bezogen auf ein Jahr (vgl. Nummer 4.5 dieses Anhangs) auf keiner Beurteilungsfläche, für die Immissionswerte gelten, den Wert 0,06 überschreitet.*



In atypischen Fällen können sich unverhältnismäßige Schornsteinhöhen ergeben; in diesen Fällen ist eine Stellungnahme der zuständigen Fachbehörde einzuholen.



2.2
Bagatell-Geruchsstoffstrom


Die Bestimmung der Kenngröße der Geruchsimmission nach Nummer 4 dieses Anhangs ist im Genehmigungsverfahren nicht erforderlich, wenn die Gesamtemissionen der Anlage den Bagatell-Geruchsstoffstrom gemäß Abbildung 1 nicht überschreiten. Hierdurch ist sichergestellt, dass der immissionsseitige Beitrag der Anlage irrelevant im Sinne von Nummer 3.3 dieses Anhangs ist.



Abbildung



Abbildung 1: Bagatell-Geruchsstoffstromkurve



Zwischen 10 und 50m Quellhöhe gilt für die Berechnung des Bagatell-Geruchsstoffstromes die Gleichung



Q = –0,0005 · h3 + 0,0687 · h2 – 1,25 · h + 6,78



mit dem Geruchsstoffstrom Q in MGEE/h und der Quellhöhe h in m.



Bei der Anwendung der Bagatell-Geruchsstoffströme nach Abbildung 1 sind folgende Bedingungen einzuhalten:



1.
Es handelt sich um eine gefasste Quelle mit einer Höhe von mindestens 10m und maximal 50 m.


2.
Die Quellhöhe beträgt mindestens das 1,7 fache der zu berücksichtigenden Gebäudehöhen.


3.
Die Emissionsquelle steht in ebenem Gelände.


4.
Die Entfernung zwischen der Emissionsquelle und dem Immissionsort, an dem sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, beträgt 100m oder mehr.


5.
Am Standort der Quelle treten mittlere Windgeschwindigkeiten von kleiner 1 m/s in weniger als 20 Prozent der Jahresstunden auf.


Für Schornsteinhöhen von mehr als 50m gilt der Bagatell-Geruchsstoffstrom für die Schornsteinhöhe von 50 m.



3.
Beurteilungskriterien


3.1
Immissionswerte


Eine Geruchsimmission ist nach diesem Anhang zu beurteilen, wenn sie gemäß Nummer 4.4.7 dieses Anhangs nach ihrer Herkunft aus Anlagen erkennbar, d.h. abgrenzbar ist gegenüber Gerüchen aus dem Kraftfahrzeugverkehr, dem Hausbrandbereich, der Vegetation, landwirtschaftlichen Düngemaßnahmen oder ähnlichem. Sie ist in der Regel als erhebliche Belästigung zu werten, wenn die Gesamtbelastung (Nummer 4.6 dieses Anhangs) die in Tabelle 22 angegebenen Immissionswerte überschreitet. Bei den Immissionswerten handelt es sich um relative Häufigkeiten der Geruchsstunden bezogen auf ein Jahr (vgl. Nummer 4 dieses Anhangs).



Tabelle 22: Immissionswerte für verschiedene Nutzungsgebiete



Wohn-/Mischgebiete, Kerngebiete mit Wohnen, urbane Gebiete

Gewerbe-/Industriegebiete, Kerngebiete ohne Wohnen

Dorfgebiete

0,10

0,15

0,15



Der Immissionswert von 0,15 für Gewerbe- und Industriegebiete bezieht sich auf Wohnnutzung im Gewerbe- bzw. Industriegebiet (beispielsweise Betriebsinhaberinnen und Betriebsinhaber, die auf dem Firmengelände wohnen). Aber auch Beschäftigte eines anderen Betriebes sind Nachbarinnen und Nachbarn mit einem Schutzanspruch vor erheblichen Belästigungen durch Geruchsimmissionen. Aufgrund der grundsätzlich kürzeren Aufenthaltsdauer (ggf. auch der Tätigkeitsart) benachbarter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können in der Regel höhere Immissionen zumutbar sein. Die Höhe der zumutbaren Immissionen ist im Einzelfall zu beurteilen. Ein Immissionswert von 0,25 soll nicht überschritten werden.



Sonstige Gebiete, in denen sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten, sind entsprechend den Grundsätzen des Planungsrechtes den einzelnen Spalten der Tabelle 22 zuzuordnen. Bei der Geruchsbeurteilung im Außenbereich ist es unter Prüfung der speziellen Randbedingungen des Einzelfalles möglich, Werte von 0,20 (Regelfall) bis 0,25 (begründete Ausnahme) für Tierhaltungsgerüche heranzuziehen.



Der Immissionswert der Spalte „Dorfgebiete“ gilt nur für Geruchsimmissionen verursacht durch Tierhaltungsanlagen in Verbindung mit der belästigungsrelevanten Kenngröße der Gesamtbelastung (s. Nummer 4.6 dieses Anhangs). Er kann im Einzelfall auch auf Siedlungsbereiche angewendet werden, die durch die unmittelbare Nachbarschaft einer vorhandenen Tierhaltungsanlage historisch geprägt, aber nicht als Dorfgebiete ausgewiesen sind.



Wenn gewerblich, industriell oder hinsichtlich ihrer Geruchsauswirkungen vergleichbar genutzte Gebiete und zum Wohnen dienende Gebiete aneinandergrenzen (Gemengelage), können die für die zum Wohnen dienenden Gebiete geltenden Immissionswerte auf einen geeigneten Zwischenwert der für die aneinandergrenzenden Gebietskategorien geltenden Werte erhöht werden, soweit dies nach der gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme erforderlich ist. Es ist vorauszusetzen, dass der Stand der Emissionsminderungstechnik eingehalten wird. Für die Höhe des Zwischenwertes ist die konkrete Schutzwürdigkeit des betroffenen Gebiets maßgeblich. Wesentliche Kriterien sind die Prägung des Einwirkungsbereichs durch den Umfang der Wohnbebauung einerseits und durch Gewerbe- und Industriebetriebe andererseits, die Ortsüblichkeit der Geruchauswirkung und die Frage, welche der unverträglichen Nutzungen zuerst verwirklicht wurde.



Gemäß § 3 Absatz 1 BImSchG sind schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes „Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen“. In der Regel werden die Art der Immissionen durch die Geruchsqualität, das Ausmaß durch die Feststellung von Gerüchen ab ihrer Erkennbarkeit und über die Definition der Geruchsstunde (s. Nummer 4.4.7 dieses Anhangs) sowie die Dauer durch die Ermittlung der Geruchshäufigkeit hinreichend berücksichtigt.



Ein Vergleich mit den Immissionswerten reicht jedoch nicht immer zur Beurteilung der Erheblichkeit der Belästigung aus. Regelmäßiger Bestandteil dieser Beurteilung ist deshalb im Anschluss an die Bestimmung der Geruchshäufigkeit die Prüfung, ob Anhaltspunkte für die Notwendigkeit einer Prüfung nach Nummer 5 dieses Anhangs für den jeweiligen Einzelfall bestehen.



3.2
Anwendung der Immissionswerte


Die Immissionswerte gelten nur in Verbindung mit den im Folgenden festgelegten Verfahren zur Ermittlung der Kenngrößen für die Geruchsimmission. Über die Regelung in Nummer 4.4.1 dieses Anhangs hinausgehend berücksichtigt die Festlegung der Immissionswerte Unsicherheiten, die sich aus der olfaktometrischen Emissionsmessung sowie der Berechnung der Gesamtzusatzbelastung bzw. der Zusatzbelastung nach Nummer 4.5 dieses Anhangs ergeben.



3.3
Erheblichkeit der Immissionsbeiträge


Die Genehmigung für eine Anlage soll auch bei Überschreitung der Immissionswerte der dieses Anhangs auf einer Beurteilungsfläche nicht wegen der Geruchsimmissionen versagt werden, wenn der von dem zu beurteilenden Vorhaben zu erwartende Immissionsbeitrag (Kenngröße der Zusatzbelastung nach Nummer 4.5 dieses Anhangs) auf keiner Beurteilungsfläche, auf der sich Personen nicht nur vorübergehend aufhalten (vgl. Nummer 3.1 dieses Anhangs), den Wert 0,02 überschreitet. Bei Einhaltung dieses Wertes ist davon auszugehen, dass das Vorhaben die belästigende Wirkung der Vorbelastung nicht relevant erhöht (Irrelevanzkriterium)*. In Fällen, in denen übermäßige Kumulationen durch bereits vorhandene Anlagen befürchtet werden, ist zusätzlich zu den erforderlichen Berechnungen auch die Gesamtbelastung im Istzustand in die Beurteilung einzubeziehen. D.h. es ist zu prüfen, ob bei der Vorbelastung noch ein zusätzlicher Beitrag von 0,02 toleriert werden kann. Eine Gesamtzusatzbelastung von 0,02 ist auch bei übermäßiger Kumulation als irrelevant anzusehen. Für nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen ist auch eine negative Zusatzbelastung bei übermäßiger Kumulation irrelevant, sofern die Anforderungen des § 22 Absatz 1 BImSchG eingehalten werden.



4.
Ermittlung der Kenngrößen der Geruchsimmission


4.1
Allgemeines


Grundsätzlich gibt es verschiedene Methoden zur Ermittlung der Geruchsimmission als relative Häufigkeit (Tabelle 23). In allen Fällen wird die Geruchsimmission durch einen Wert (Kenngröße) gekennzeichnet, der ihre zeitliche Wahrnehmbarkeit oberhalb einer bestimmten Intensität (Erkennungsschwelle) beschreibt.



Die Ausbreitungsrechnung kann insbesondere dann vorgenommen werden, wenn auf Grund vorliegender Messungen oder Schätzungen anzunehmen ist, dass die Vorbelastung 70 Prozent des anzuwendenden Immissionswertes nach Tabelle 22 unterschreitet oder wenn die Ermittlung der Belastung durch Begehungen als unverhältnismäßig eingeschätzt werden muss. Wird die Ermittlung der Vorbelastung rechnerisch vorgenommen, so sind alle Emittenten von Geruchsstoffen, die das Beurteilungsgebiet beaufschlagen, zu erfassen.



Um in speziellen Fällen auf Emissionen zurückrechnen zu können (nicht zur Bestimmung von Geruchshäufigkeiten), können statische Fahnenmessungen nach DIN EN 16841 Teil 2 (Ausgabe März 2017) verwendet werden.



Tabelle 23: Methoden zur Ermittlung der Geruchsimmission



Methode

Vorbelastung (Nummer 4.4 dieses Anhangs)

Zusatzbelastung Gesamtzusatzbelastung (Nummer 4.5 dieses Anhangs)

Ausbreitungsrechnung

Möglich, aber Ermittlung der Emissionsdaten mit Hilfe von olfaktometrischen Emissionsmessungen gemäß

vorrangig anzuwenden


Berechnung der Geruchsimmission


DIN EN 13725
(Ausgabe Juli 2003) oder auch statische Fahnenmessungen gemäß DIN EN 16841 Teil 2 (Ausgabe März 2017)) erforderlich; bei Tierhaltungsanlagen können qualitätsgesicherte Emissionsfaktoren, insbesondere gemäß VDI 3894 Blatt 1 (Ausgabe September 2011) verwendet werden.


Rastermessung gemäß
DIN EN 16841
Teil 1 (Ausgabe März 2017)

Möglich

nicht möglich


Olfaktorische Ermittlung der Geruchsimmission



4.2
Ermittlung im Genehmigungsverfahren


Unterschieden werden die Kenngrößen für die Vorbelastung, die Zusatzbelastung, die Gesamtzusatzbelastung und die Gesamtbelastung gemäß Nummer 2.2 TA Luft, die für jede Beurteilungsfläche in dem für die Beurteilung der Einwirkung maßgeblichen Gebiet (Beurteilungsgebiet) ermittelt werden. Die Gesamtzusatzbelastung ist nach Nummer 4.5 dieses Anhangs zu ermitteln.



Die Kenngröße für die Gesamtbelastung ist aus den Kenngrößen für die Vorbelastung, die Zusatzbelastung und die Gesamtzusatzbelastung nach Nummer 4.6 dieses Anhangs unter Berücksichtigung von Nummer 2.2 TA Luft zu bilden.



Bei der Ermittlung der Vorbelastung ist bei zu betrachtenden Anlagen auf den ohne weitere Genehmigungen rechtlich und tatsächlich möglichen Betriebsumfang abzustellen.



4.3
Ermittlung im Überwachungsverfahren


Ermittlungen im Überwachungsverfahren können erforderlich sein für die Entscheidung über eine nachträgliche Anordnung. Eine nachträgliche Anordnung kommt in Betracht, wenn der Vergleich der Kenngröße für die Vorbelastung mit den Immissionswerten nach Tabelle 22 ergibt, dass die Immissionswerte nicht eingehalten sind (auch in dieser Situation ist eine Einzelfallprüfung erforderlich), oder wenn sich in den Fällen der Nummer 5 dieses Anhangs herausstellt, dass erhebliche Belästigungen hervorgerufen werden.



Im Überwachungsverfahren können zur Feststellung, ob die Voraussetzungen für nachträgliche Anordnungen vorliegen, bei der Durchführung von Rastermessungen innerhalb der Beurteilungsfläche nach Nummer 4.4.3 dieses Anhangs zusätzliche Messpunkte nach Nummer 4.4.6 dieses Anhangs oder eine höhere Messhäufigkeit nach Nummer 4.4.7 dieses Anhangs gefordert werden. Darüber hinaus kommen zur Verursacheranalyse auch statische Fahnenmessungen nach DIN EN 16841 Teil 2 (Ausgabe März 2017) in Betracht (Nummer 4.1 dieses Anhangs).



4.4
Kenngröße für die Vorbelastung


Die Ermittlung der Vorbelastung* als relative Häufigkeit hat durch Rastermessung oder durch Geruchsausbreitungsrechnung zu erfolgen. Wird die Vorbelastung durch Rastermessung bestimmt, sind die Maßgaben unter Nummern 4.4.1 bis 4.4.7 dieses Anhangs zu beachten.



4.4.1
Allgemeines


Die Kenngröße für die Vorbelastung (IV) ergibt sich aus



IV

=

nV

(1)

N



Hierbei bedeuten N den Erhebungsumfang (N = 52 oder 104) und nv die Summe der an den vier Eckpunkten der Beurteilungsfläche erhobenen Geruchsstunden (vgl. Nummer 4.4.7 dieses Anhangs).



Die Ermittlung der Vorbelastung durch Rastermessung ist nach einem mit der zuständigen Behörde abgestimmten Messplan durchzuführen, in dem unter anderem die Anlagenbeschreibung, das Beurteilungsgebiet, die Beurteilungsflächen, die einzelnen Messpunkte mit Dokumentation (Bild, Text), der Messzeitraum, die Messzeit innerhalb des Tages, der genaue zeitliche Messplan mit Angabe der Prüferinnen und Prüfer, die Namenliste der teilnehmenden Prüferinnen und Prüfer, die Erfassungsmethode zur Bestimmung des Geruchszeitanteils und ggf. die Gründe für die Freistellung von Messungen anzugeben sind.



Soweit dieser Anhang keine abweichenden Festlegungen trifft, erfolgt die Durchführung der Messungen nach DIN EN 16841 Teil 1 (Ausgabe März 2017).



Der Antragsteller kann von der Ermittlung der Vorbelastung der Geruchsimmission für die Beurteilungsflächen freigestellt werden, für die durch Abschätzungen zum Beispiel mittels Windrichtungshäufigkeitsverteilung, durch orientierende Begehungen o. ä. festgestellt wird, dass die Kenngröße für die Vorbelastung nicht mehr als 50 Prozent des Immissionswertes in Tabelle 22 beträgt.



In diesen Fällen ist bei der Ermittlung der Gesamtbelastung nach Nummer 4.6 dieses Anhangs als Vorbelastung die Hälfte des in Betracht kommenden Immissionswertes nach Tabelle 22 einzusetzen. Außerdem erübrigt sich die Ermittlung der Vorbelastung der Geruchsimmission, wenn die Gesamtzusatzbelastung der zu genehmigenden Anlage das Irrelevanzkriterium nach Nummer 3.3 dieses Anhangs erfüllt.



Wenn das Vorhandensein anderer geruchsemittierender Anlagen auszuschließen ist, ist keine Vorbelastung anzusetzen.



Zurückliegende Messungen oder Feststellungen über Immissionen und Emissionen dürfen nur herangezogen werden, wenn sich die für die Immissionssituation im Beurteilungsgebiet maßgeblichen Verhältnisse in der Zwischenzeit nicht erheblich verändert haben.



4.4.2
Beurteilungsgebiet


Das Beurteilungsgebiet ist die Summe der Beurteilungsflächen nach Nummer 4.4.3 dieses Anhangs, die sich vollständig innerhalb eines Kreises um den Emissionsschwerpunkt mit einem Radius befinden, der dem 30-fachen der nach Nummer 2 dieses Anhangs ermittelten Schornsteinhöhe entspricht. Als kleinster Radius ist 600 m zu wählen.



Bei Anlagen mit diffusen Quellen von Geruchsemissionen mit Austrittshöhen von weniger als 10m über der Flur ist der Radius bei der Rastermessung zur Vorbelastungsermittlung so festzulegen, dass der kleinste Abstand vom Rand des Anlagengeländes bis zur äußeren Grenze des Beurteilungsgebietes mindestens 600m beträgt. Das Rechengebiet einer Geruchsausbreitungsrechnung zur Ermittlung der Vorbelastung ist größer als das Beurteilungsgebiet. Das Rechengebiet ist so zu wählen, dass alle Geruchsemittenten, die das Beurteilungsgebiet relevant beaufschlagen, berücksichtigt werden.



4.4.3
Beurteilungsfläche


Die Beurteilungsflächen sind quadratische Teilflächen des Beurteilungsgebietes, deren Seitenlänge bei weitgehend homogener Geruchsbelastung in der Regel 250m beträgt. Eine Verkleinerung der Beurteilungsfläche soll gewählt werden, wenn außergewöhnlich ungleichmäßig verteilte Geruchsimmissionen auf Teilen von Beurteilungsflächen zu erwarten sind, so dass sie mit den Vorgaben nach Satz 1 auch nicht annähernd zutreffend erfasst werden können. Entsprechend ist auch eine Vergrößerung der Beurteilungsfläche zulässig, wenn innerhalb dieser Fläche eine weitgehend homogene Geruchsstoffverteilung gewährleistet ist. Die in diesem Anhang festgelegten Immissionswerte (Nummer 3.1 dieses Anhangs) bleiben hiervon unberührt, da deren Ableitung von der Flächengröße unabhängig ist. Das quadratische Gitternetz ist so festzulegen, dass der Emissionsschwerpunkt in der Mitte einer Beurteilungsfläche liegt.



4.4.4
Messhöhe


Die Geruchsimmissionen sind in der Regel etwa in 1,5 bis 2,0m Höhe über der Flur sowie in mehr als 1,5m seitlichem Abstand von Bauwerken oder anderen Hindernissen zu bestimmen.



4.4.5
Messzeitraum


Der Messzeitraum soll für das Gesamtjahr repräsentativ sein. Er kann in der Regel ein halbes Jahr betragen; eine Verkürzung auf drei Monate ist nur in besonderen Fällen zulässig. Die Repräsentativität ist nach DIN EN 16841 Teil 1 (Ausgabe März 2017) zu belegen.



Die Messungen sind repräsentativ auf die 24 Stunden des Tages zu verteilen. Sie können sich auch an der Betriebszeit der Emittenten orientieren, die für die Vorbelastung maßgeblich sind. Die ermittelten Zahlen der Geruchsstunden sind in diesem Fall mit einem Faktor zu korrigieren, der das Verhältnis von Betriebszeit zu Gesamtzeit berücksichtigt.



4.4.6
Messpunkte


Die Messpunkte sind möglichst nahe an den Schnittpunkten des quadratischen Gitternetzes festzulegen, das dem Beurteilungsgebiet zu Grunde liegt. Bei Abweichungen wegen besonderer örtlicher Verhältnisse ist der nächst benachbarte Punkt auszuwählen. Bei Flächenquellen sind die Messpunkte außerhalb der Quellen festzulegen.



Grundsätzlich brauchen Messpunkte nur in den Bereichen der Umgebung der Anlage festgelegt zu werden, in denen die Geruchsimmission für die Entscheidung relevant ist. Dies sind insbesondere Gebiete, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind. Messpunkte sind daher zum Beispiel nicht erforderlich in Waldgebieten und auf zusammenhängenden landwirtschaftlich oder gartenbaulich genutzten Flächen.



4.4.7
Messverfahren und Messhäufigkeit


Jeder Eckpunkt der Beurteilungsfläche ist im Messzeitraum 13 oder 26 mal durch Prüferinnen oder Prüfer zu begehen. Diese Messungen sollten in zeitlich annähernd gleichen Abständen über den Messzeitraum verteilt sein. Bei einem Messzeitraum von einem halben Jahr ist jeder Eckpunkt 13 oder 26 mal, bei einem Messzeitraum von einem ganzen Jahr 26 mal zu begehen.



Aus den Ergebnissen, die an den vier Eckpunkten einer Beurteilungsfläche ermittelt wurden, ist durch Addition die Zahl der Geruchsstunden nv für die Beurteilungsfläche zu bestimmen. Die Begehung der Messpunkte ist in ihrer Reihenfolge so festzulegen, dass benachbarte Messpunkte an unterschiedlichen Tagen begangen werden. Dies stellt sicher, dass bei der räumlich gleitenden Auswertung für jede Beurteilungsfläche und Messperiode jeweils vier unterschiedliche Messtage in die Kenngrößenermittlung eingehen.



Die für jede einzelne Messung einzusetzenden Prüferinnen und Prüfer sind aus einem festen Pool auszuwählen. Über den gesamten Messzeitraum sind mindestens 10 Prüferinnen und Prüfer annähernd gleich verteilt einzusetzen. Die individuelle Geruchsempfindlichkeit der Prüferinnen und Prüfer ist vorab zu testen. Die Anforderungen der DIN EN 13725 (Ausgabe Juli 2003), der Richtlinien VDI 4220 Blatt 1 (Ausgabe November 2018) und VDI 3884 Blatt 1 (Ausgabe Februar 2015) sind zu beachten.



Der Einsatz der einzelnen Prüferinnen und Prüfer ist nicht systematisch auf einzelne Wochentage und einzelne Messpunkte (Messtouren) zu beschränken.



Es ist unbedingt darauf zu achten, dass nur deutlich wahrnehmbare Geruchsimmissionen registriert werden dürfen, d.h. solche Geruchsimmissionen, die mit hinreichender Sicherheit und zweifelsfrei ihrer Herkunft nach aus Anlagen oder Anlagengruppen erkennbar und damit abgrenzbar sind gegenüber Gerüchen aus dem Kraftfahrzeugverkehr, dem Hausbrandbereich, der Vegetation, landwirtschaftlichen Düngemaßnahmen oder ähnlichem (vgl. Nummer 3.1 dieses Anhangs).



Im Übrigen sollen nur Stellen mit der Durchführung der olfaktorischen Erhebung der Vorbelastung beauftragt werden, die nach § 29b BImSchG in Verbindung mit der 41. BImSchV für den Tätigkeitsbereich der Gruppe IV Nummer 1 und für den Stoffbereich O gemäß der Anlage 1 der 41. BImSchV bekannt gegeben worden sind.



Auf die differenzierte Erfassung von Geruchsintensitäten während des Messzeitintervalls ist zu verzichten. Ein hinreichender Zusammenhang zwischen diesem Merkmal und der Ausprägung der Geruchsbelästigung konnte nicht nachgewiesen werden. Bei der Anwendung der Immissionswerte nach Nummer 3.1 dieses Anhangs sind in jedem Fall alle anlagenbezogenen Geruchsimmissionen ab ihrer Erkennbarkeit zu berücksichtigen.



Die vorhandene Geruchsimmission wird durch eine Aufenthaltszeit von 10 Minuten an jedem Messpunkt (Messzeitintervall) bei Beachtung der oben beschriebenen Vorgaben hinreichend genau erfasst. Werden während des Messzeitintervalls in mindestens 10 Prozent der Zeit (Geruchszeitanteil) Geruchsimmissionen der vorbezeichneten Art erkannt, ist dieses Messzeitintervall als „Geruchsstunde“ im Sinne der Nummer 2.1 Buchstabe c der TA Luft zu zählen. Die Geruchswahrnehmungen sind gemäß dem Datenaufnahmebogen der DIN EN 16841 Teil 1 (Ausgabe März 2017) festzuhalten.



4.5
Kenngröße für die Zusatzbelastung und die Gesamtzusatzbelastung


Die Kenngröße für die Zusatzbelastung und die Gesamtzusatzbelastung ist nach Nummer 1 dieses Anhangs mit dem in Anhang 2 Nummer 5 der TA Luft beschriebenen Ausbreitungsmodell und der speziellen Anpassung für Gerüche (Janicke, L. und Janicke, U. 2004*) zu ermitteln.



Die Festlegung der Seitenlänge der Beurteilungsflächen erfolgt gemäß Nummer 4.4.3 dieses Anhangs. Bei der Festlegung der horizontalen Maschenweite des Rechengebietes sind die Vorgaben der TA Luft Anhang 2, Nummer 7 zu beachten.



Das Rechengebiet einer Geruchsausbreitungsrechnung zur Ermittlung der Zusatzbelastung bzw. der Gesamtzusatzbelastung ist größer als das Beurteilungsgebiet (s. Nummer 4.4.2 dieses Anhangs.)



Bei der olfaktometrischen Ermittlung der Emissionen als Eingangsgröße für die Ausbreitungsrechnung müssen die Anforderungen der DIN EN 13725 (Ausgabe Juli 2003) in Verbindung mit den Richtlinien VDI 4220 Blatt 1 (Ausgabe November 2018), VDI 3884 Blatt 1 (Ausgabe Februar 2015) und VDI 3880 (Ausgabe Oktober 2011) beachtet werden.



4.6
Auswertung


Im Beurteilungsgebiet ist für jede Beurteilungsfläche die Kenngröße für die Vorbelastung aus den Ergebnissen der Rastermessung oder der Ausbreitungsrechnung zu bestimmen. Bei der Bestimmung der Zusatzbelastung und der Gesamtzusatzbelastung ist nach Nummer 4.5 dieses Anhangs zu verfahren.



Werden sowohl die Vorbelastung als auch die Gesamtzusatzbelastung über Ausbreitungsrechnung ermittelt, so ist die Gesamtbelastung in der Regel in einem Rechengang zu bestimmen.



Wird die Vorbelastung mit Hilfe der Rastermessung bestimmt, ergibt sich die Gesamtbelastung aus der Addition* der Kenngrößen für die Vorbelastung und die Zusatzbelastung (vgl. Nummer 2.2 TA Luft).



Im Falle der Beurteilung von Geruchsimmissionen, verursacht durch Tierhaltungsanlagen, ist eine belästigungsrelevante Kenngröße der Gesamtbelastung zu berechnen und diese anschließend mit den Immissionswerten nach Tabelle 22 zu vergleichen. Nummer 5 dieses Anhangs bleibt unberührt



Für die Berechnung der belästigungsrelevanten Kenngröße IGb wird die Gesamtbelastung IG mit dem Faktor fgesamt multipliziert:




IGb = IG * fgesamt.

(2)



Der Faktor fgesamt ist nach der Formel



fgesamt = (1 / (H1 + H2 + ... + Hn)) * (H1 f1 + H2 * f2 + ... + Hn * fn)

(3)



zu berechnen. Dabei ist n = 1 bis 4



und

H1

=

r1,




H2

=

min(r2, r - H1),




H3

=

min(r3, r - H1 - H2),




H4

=

min(r4, r - H1 - H2 - H3)




mit


r

die Geruchshäufigkeit aus der Summe aller Emissionen (unbewertete Geruchshäufigkeit),



r1

die Geruchshäufigkeit für die Tierart Mastgeflügel,



r2

die Geruchshäufigkeit für sonstige Tierarten,



r3

die Geruchshäufigkeit für die Tierart Mastschweine, Sauen,



r4

die Geruchshäufigkeit für die Tierarten Milchkühe mit Jungtieren, Mastbullen, Pferde, Milch-/Mutterschafe, Milchziegen



und


f1

der Gewichtungsfaktor für die Tierart Mastgeflügel,



f2

der Gewichtungsfaktor 1 (sonstige Tierarten),



f3

der Gewichtungsfaktor für die Tierart Mastschweine, Sauen,



f4

der Gewichtungsfaktor für die Tierarten Milchkühe mit Jungtieren, Mastbullen, Pferde, Milch-/Mutterschafe, Milchziegen.



Die Gewichtungsfaktoren für die einzelnen Tierarten sind Tabelle 24 zu entnehmen.



Von den Gewichtungsfaktoren der Tabelle 24 kann abgewichen werden, wenn wissenschaftliche Untersuchungen eine abweichende Belästigungsreaktion der Betroffenen belegen.



Tabelle 24: Gewichtungsfaktoren f für die einzelnen Tierarten



Tierartspezifische Geruchsqualität

Gewichtungsfaktor f

Mastgeflügel
(Puten, Masthähnchen)

1,5

Mastschweine
(bis zu einer Tierplatzzahl von 500 in qualitätsgesicherten Haltungsverfahren mit Auslauf und Einstreu, die nachweislich dem Tierwohl dienen)

0,65

Mastschweine, Sauen
(bis zu einer Tierplatzzahl von 5.000 Mastschweinen bzw. unter Berücksichtigung der jeweiligen Umrechnungsfaktoren für eine entsprechende Anzahl von Zuchtsauen)

0,75

Milchkühe mit Jungtieren, Mastbullen
(einschl. Kälbermast, sofern diese zur Geruchsimmissionsbelastung nur unwesentlich beiträgt)

0,5

Pferde*

0,5

Milch-/Mutterschafe mit Jungtieren
(bis zu einer Tierplatzzahl von 1.000 und Heu/Stroh als Einstreu)

0,5

Milchziegen mit Jungtieren
(bis zu einer Tierplatzzahl von 750 und Heu/Stroh als Einstreu)

0,5

Sonstige Tierarten

1



*
Ein Mistlager für Pferdemist ist ggf. gesondert zu berücksichtigen.
† Jungtiere bleiben bei der Bestimmung der Tierplatzzahl unberücksichtigt.
‡ Jungtiere bleiben bei der Bestimmung der Tierplatzzahl unberücksichtigt.


Für die Berechnung der Kenngrößen der Gesamtbelastung sind die Kenngrößen für die Vorbelastung, die Zusatzbelastung und die Gesamtzusatzbelastung mit drei Stellen nach dem Komma zu verwenden.



Zum Vergleich der Kenngrößen der Gesamtbelastung mit dem Immissionswert (Tabelle 22) für das jeweilige Gebiet sind sie auf zwei Stellen hinter dem Komma zu runden.



5.
Beurteilung im Einzelfall


Für die Beurteilung, ob schädliche Umwelteinwirkungen durch Geruchsimmissionen hervorgerufen werden, ist ein Vergleich der nach diesem Anhang zu ermittelnden Kenngrößen mit den in Tabelle 22 festgelegten Immissionswerten nicht ausreichend, wenn



a)
in Gemengelagen Anhaltspunkte dafür bestehen, dass trotz Überschreitung der Immissionswerte aufgrund der Ortüblichkeit der Gerüche keine erhebliche Belästigung zu erwarten ist, wenn zum Beispiel durch eine über lange Zeit gewachsene Gemengelage von einer Bereitschaft zur gegenseitigen Rücksichtnahme ausgegangen werden kann


oder



b)
auf einzelnen Beurteilungsflächen in besonderem Maße Geruchsimmissionen aus dem Kraftfahrzeugverkehr, dem Hausbrandbereich, der Vegetation, landwirtschaftlichen Düngemaßnahmen oder anderen nicht nach Nummer 3.1 Absatz 1 dieses Anhangs zu erfassenden Quellen auftreten


oder



c)
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass wegen der außergewöhnlichen Verhältnisse hinsichtlich Hedonik und Intensität der Geruchswirkung, der ungewöhnlichen Nutzungen in dem betroffenen Gebiet oder sonstiger atypischer Verhältnisse


trotz Einhaltung der Immissionswerte schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden (zum Beispiel Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche) oder


trotz Überschreitung der Immissionswerte eine erhebliche Belästigung der Nachbarschaft oder der Allgemeinheit durch Geruchsimmissionen nicht zu erwarten ist (zum Beispiel bei Vorliegen eindeutig angenehmer Gerüche).


In derartigen Fällen ist zu ermitteln, welche Geruchsimmissionen insgesamt auftreten können und welchen Anteil daran der Betrieb von Anlagen verursacht, die nach Nummer 3.1 Absatz 1 dieses Anhangs zu betrachten sind. Anschließend ist zu beurteilen, ob die Geruchsimmissionen als erheblich anzusehen sind und ob die Anlagen hierzu relevant beitragen.



Im Falle hedonisch eindeutig angenehmer Gerüche besteht die Möglichkeit, deren Beitrag zur Gesamtbelastung mit dem Faktor 0,5 zu wichten. Die Entscheidung hierüber trifft die zuständige Behörde. Zur Feststellung eindeutig angenehmer Anlagengerüche ist die in der Richtlinie VDI 3940 Blatt 4 (Ausgabe Juni 2010) beschriebene Methode zur hedonischen Klassifikation von Anlagengerüchen – Methode der Polaritätenprofile – anzuwenden.



Nur diejenigen Geruchsbelästigungen sind als schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne des § 3 Absatz 1 BImSchG zu werten, die erheblich sind. Die Erheblichkeit ist keine absolut festliegende Größe, sie kann in Einzelfällen nur durch Abwägung der dann bedeutsamen Umstände festgestellt werden.



Dabei sind – unter Berücksichtigung der evtl. bisherigen Prägung eines Gebietes durch eine bereits vorhandene Geruchsbelastung (Ortsüblichkeit) – insbesondere folgende Beurteilungskriterien heranzuziehen:



der Charakter der Umgebung, insbesondere die in Bebauungsplänen festgelegte Nutzung der Grundstücke,


landes- oder fachplanerische Ausweisungen und vereinbarte oder angeordnete Nutzungsbeschränkungen,


besondere Verhältnisse in der tages- und jahreszeitlichen Verteilung der Geruchsimmission sowie Art (zum Beispiel Ekel erregende Gerüche; Ekel und Übelkeit auslösende Gerüche können bereits eine Gesundheitsgefahr darstellen) und Intensität der Geruchsimmission.


Außerdem ist zu berücksichtigen, dass bei der Grundstücksnutzung eine gegenseitige Pflicht zur Rücksichtnahme bestehen kann, die unter anderem dazu führen kann, dass die Belästigte oder der Belästigte in höherem Maße Geruchsimmissionen hinnehmen muss. Dies wird besonders dann der Fall sein, soweit einer emittierenden Anlage Bestandsschutz zukommt. In diesem Fall können Belästigungen hinzunehmen sein, selbst wenn sie bei gleichartigen Immissionen in anderen Situationen als erheblich anzusehen wären.