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Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens nach § 7 Absatz 2 Satz 2 BHO

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E-VSF: H 06 01-1





Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens nach § 7 Absatz 2 Satz 2 BHO



Bezug:

Mein Rundschreiben vom 31. August 1995 - II A 3 - H 1005 - 22/95 -

GZ:

II A 3 - H 1005/07/0002

DOK:

2012/0864353



- RdSchr. d. BMF v. 24.9.2012 – II A 3 – H 1005/07/0002 – 2012/ 0864353 -





Bei der Durchführung von Interessenbekundungsverfahren bitte ich Nachstehendes zu beachten.



Dieses Schreiben ersetzt mein Rundschreiben vom 31. August 1995 - II A 3 - H 1005 - 22/95 - (GMBl 1995, S. 764).



Allgemein



Nach § 7 Absatz 2 Satz 2 BHO ist in geeigneten Fällen privaten Anbietern die Möglichkeit zu geben darzulegen, ob und inwieweit sie staatliche Aufgaben oder öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeiten nicht ebenso gut oder besser erbringen können (Interessenbekundungsverfahren).



Interessenbekundungsverfahren kommen bei der Planung neuer und der Überprüfung bestehender Maßnahmen oder Einrichtungen in Betracht (vgl. VV Nr. 3 zu § 7 BHO). Sie sollen es den Behörden ermöglichen, die eigene (optimierte) Aufgabenwahrnehmung unverbindlich mit privaten Lösungsalternativen zu vergleichen. Im Unterschied zum Vergabeverfahren ermöglichen sie dem Staat, vor einer grundsätzlichen Entscheidung über eine private Aufgabenwahrnehmung unverbindlich den Markt zu erkunden und damit auch neue und andere Wege der Aufgabenerfüllung/Zweckverwirklichung in den Entscheidungsprozess mit einzubeziehen. Sie tragen dadurch zur Erweiterung der Handlungsoptionen bei. Interessenbekundungsverfahren stellen in sich abgeschlossene Verfahren dar, deren Ergebnisse keine Vorfestlegung für ggf. sich anschließende Vergabeverfahren darstellen.



Ziel eines Interessenbekundungsverfahrens ist in der Regel, einen umfassenden Marktüberblick zu erlangen. Es dient vorrangig der Feststellung,



-
ob es Interessenten für die Übernahme der Aufgaben gibt,
-
welche Preisvorstellungen zu diesen Leistungen existieren und
-
welche Vorstellungen der Markt zur Art der Aufgabenerfüllung entwickelt.


Das Interessenbekundungsverfahren ist klar zu einem ggf. nachfolgenden Vergabeverfahren abzugrenzen und ersetzt dieses nicht.



Für die Durchführung eines Interessenbekundungsverfahrens sind grundsätzlich Maßnahmen oder Tätigkeiten geeignet, bei denen für einen privaten Anbieter eine Gewinnmöglichkeit in Betracht kommt. Grundsätzlich nicht geeignet sind Fälle, in denen aus tatsächlichen (z. B. keine Rendite) oder rechtlichen (z. B. bei sog. privatisierungsfreien Räumen der Eingriffsverwaltung) Gründen eine Einbindung Privater nicht möglich ist.



Nicht geeignet sind ferner Fälle, bei denen durch das Interessenbekundungsverfahren keine weiteren Erkenntnisse erwartet und lediglich vermeidbare Kosten beim Anbieter und der öffentlichen Hand verursacht werden. Steht bei einem Interessenbekundungsverfahren nur die Ermittlung eines Schätzpreises im Vordergrund, ist wegen der Kosten des Verfahrens abzuwägen, ob andere Methoden zur Schätzpreisermittlung (z. B. Preisableitung von vergleichbaren Leistungen) wirtschaftlich sein können.



Die Entscheidung, ob ein Interessenbekundungsverfahren vorgenommen wird, ist jeweils nach den Umständen des Einzelfalls zu treffen. Dabei müssen Aufwand und Nutzen des Verfahrens in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen.





Durchführung



Bei der Durchführung des Interessenbekundungsverfahrens bitte ich Folgendes zu beachten:



Beschreibung

Die staatliche Aufgabe oder die öffentlichen Zwecken dienende wirtschaftliche Tätigkeit/ finanzwirksame Maßnahme ist möglichst so genau zu beschreiben, dass ein Interessent auf der Grundlage dieser Beschreibung den Umfang erkennen und eine Preisschätzung für diese Aufgabe oder Tätigkeit vornehmen kann. Insbesondere ist anzugeben,



-
inwieweit die Interessenten Planung, Bau, Betrieb und Finanzierung einer Maßnahme übernehmen sollen,
-
wie die Eigentumsverhältnisse geregelt werden sollen,
-
auf welchen Zeitraum sich die Maßnahme oder Tätigkeit erstrecken soll,
-
welche Kriterien für die Entscheidung im Interessenbekundungsverfahren maßgeblich sind und
-
welche Rechte sich der Staat bei der Maßnahme selbst sowie zur Kontrolle über die Ausführung der Aufgaben vorbehält.


Die Beschreibung sollte funktional formuliert sein, damit die Interessenten alle technischen und organisatorischen Neuerungen einbeziehen können. In der Beschreibung kann festgelegt werden, dass die Interessenten eine bestimmte Rechtsform annehmen und/oder über eine bestimmte Kapitalausstattung verfügen müssen, wenn dies sachlich erforderlich ist.



Bekanntmachung

Die Aufforderung zur Teilnahme an einem Interessenbekundungsverfahren wird öffentlich bekannt gemacht. Die Bekanntmachung enthält einen Hinweis auf die Stelle, bei der die Beschreibung der Aufgabe erhältlich ist.



Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um die Vergabe eines öffentlichen Auftrages handelt und die Interessenten nicht an ihre Interessenbekundungen gebunden sind. Für die Abgabe von Interessenbekundungen ist eine Frist von mindestens einen Monat zu gewähren.



Interessenbekundung

Die Interessenbekundung soll



-
die Art der Aufgabenerfüllung darlegen und
-
eine Preisschätzung und deren maßgebliche Faktoren angeben, zu dem die Interessenten bereit wären, die Aufgabe zu erfüllen.


Kostenerstattung, Wettbewerb

Kosten werden im Interessenbekundungsverfahren nicht erstattet. Es können jedoch ein Wettbewerb ausgeschrieben, Preise für die beste Lösung einer Aufgabe ausgelobt und die Gewinner durch ein Preisgericht bestimmt werden.



Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Das Ergebnis des Interessenbekundungsverfahrens ist im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nach § 7 Absatz 2 Satz 1 BHO mit der eigenen Aufgabenwahrnehmung zu vergleichen. Wenn sich danach ergibt, dass eine private Lösung voraussichtlich wirtschaftlich ist, ist ein Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge vorzusehen.