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Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung der Besonderen Ernteermittlung (BEE-Durchführungs-VwV)

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Vfg.



Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Durchführung
der Besonderen Ernteermittlung (BEE-Durchführungs-VwV)
Vom 23. Juli 1997



I. Vorbemerkungen

1.
Allgemeines


Diese allgemeine Verwaltungsvorschrift legt die Grundsätze für die Durchführung der Besonderen Ernteermittlung (BEE) fest. Sie richtet sich an die mit der Durchführung der BEE befaßten Mitarbeiter


- des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Bundesministerium),
- des Statistischen Bundesamtes,
- der Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung,
- der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung,
- der für Ernährung und Landwirtschaft zuständigen Obersten Landesbehörden und der Statistischen Ämter der Länder,
- der von den Ländern mit der Untersuchung der eingesandten Getreideproben beauftragten Untersuchungsanstalten sowie an die
- von den Landesbehörden gemäß § 95 Abs. 2 des Agrarstatistikgesetzes eingesetzten Erhebungsbeauftragten.


Die Richtlinie der Bundesregierung zur Gestaltung, Ordnung und Überprüfung von Verwaltungsvorschriften des Bundes vom 20.12.1989 wurde beachtet.


2.
Zweck der Besonderen Ernteermittlung


Die BEE hat in Verbindung mit der Bodennutzungshaupterhebung die Aufgabe, zu einem möglichst frühen Zeitpunkt exakte Angaben über die Menge und die Qualität der Ernte ausgewählter Fruchtarten für das gesamte Bundesgebiet und für die Länder zu liefern. Sie wird jährlich bei Getreide und Kartoffeln durchgeführt.


Die BEE ist wesentlicher Bestandteil des für agrar- und wirtschaftspolitische, betriebs- und marktwirtschaftliche sowie ökologische und wissenschaftliche Zwecke erforderlichen Informationssystems über die Produktion der Landwirtschaft, insbesondere für einen regional- und artenspezifischen Überblick über die Höhe der Hektarerträge und die inländischen Produktionsmengen bei Getreide und Kartoffeln. Ergebnisse von Ernteberichterstattung und mathematischen Verfahren zur Erntevorausschätzung (§§ 45 und 46 des Agrarstatistikgesetzes) allein sind für die erforderliche Markttransparenz als Grundlage für eine umfassende Beurteilung der Versorgungslage nicht ausreichend, da sie nur Näherungswerte im Rahmen einer Frühinformation liefern und ihrerseits wiederum von den Ergebnissen der BEE abhängen.


Die Ergebnisse der BEE sind deshalb unverzichtbar für die Ermittlung der Versorgungssituation in Form nationaler Versorgungsbilanzen und als Teil der Versorgungsbilanzen der Europäischen Union eine wesentliche Grundlage für die Beurteilung der Marktsituation. Außerdem wird mit ihrer Hilfe eine bessere Markttransparenz erzielt, was sowohl im Interesse der Erzeuger als auch der Verbraucher liegt.


Die BEE dient der Erfüllung der Anforderungen der Verordnungen (EWG) Nr. 837/90 des Rates vom 26. März 1990 über die von den Mitgliedstaaten zu liefernden statistischen Informationen über die Getreiderzeugung (ABl. EG Nr. L 88 S. 1) sowie (EWG) Nr. 959/93 des Rates vom 5. April 1993 über die von den Mitgliedstaaten zu liefernden statistischen Informationen über pflanzliche Erzeugnisse außer Getreide (ABl. EG Nr. L 98 S. 1).


Die Einzelangaben der BEE dienen ausschließlich statistischen Zwecken.


3.
Erhebungsmethode


Grundlage der BEE sind die im Rahmen eines Stichprobenverfahrens auf zufällig ausgewählten Feldern gezogenen Proben und getroffenen Gewichtsfeststellungen sowie ergänzende Ermittlungen von ertragsbestimmenden Merkmalen bei den gezogenen Proben. Anhand der Ertragsmessungen werden jährlich die Durchschnittserträge ausgewählter Getreidearten und der Kartoffeln für das Bundesgebiet und für die Länder mit der erforderlichen Genauigkeit ermittelt. Unter Verwendung der Anbauflächen aus der Bodennutzungshaupterhebung wird daraus die vorläufige und endgültige Getreide- und Kartoffelernte der Länder und des Bundesgebietes berechnet.


Die bei Durchführung der BEE anzuwendende Erhebungsmethodik wird in einer gesonderten Technischen Anleitung geregelt.




II.



Nach § 47 Abs. 3 des Agrarstatistikgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 1992 (BGBl. I S. 1632), der durch Artikel 21 des Gesetzes vom 2. August 1994 (BGBl. I S. 2018) geändert worden ist, wird folgende allgemeine Verwaltungsvorschrift erlassen:



1.
Verfahren


1.1
Erhebungsmerkmale


Das Bundesministerium legt nach Anhörung des Sachverständigenausschusses fest, welche Getreidearten, Kartoffelreifegruppen und Beschaffenheitsmerkmale in das Stichprobenverfahren der BEE einbezogen werden.


1.2
Zusammenstellung der Ergebnisse


(1) Aggregierte Zwischenergebnisse der Länder werden dem Bundesministerium wöchentlich ab Mitte Juli als erste Anhaltspunkte über Entwicklung und Stand der Ernte von den Ländern übermittelt.


(2) Die Länder legen die von ihnen errechneten Werte der einzelnen Fruchtarten dem Sachverständigenausschuß (vgl. Nr. 2.1) vor, der im Regelfall Ende August zur Zusammenstellung eines ersten vorläufigen Ergebnisses und Ende September zu einer weiteren Sitzung zusammentritt. Im Sachverständigenausschuß erfolgt eine Abstimmung der Ergebnisse zwischen den Ländern und eine Zusammenstellung der Länderergebnisse unter Einbeziehung von nicht unmittelbar in das Stichprobenverfahren der BEE einbezogenen Fruchtarten zum Bundesergebnis. Hierzu werden die Ergebnisse der Ernteberichterstattung herangezogen.




1.3
Veröffentlichung der Ergebnisse


1.3.1
Bekanntgabe der Ergebnisse


Das Bundesministerium gibt das erste vorläufige Ergebnis über Menge und Qualität der Ernte spätestens eine Woche nach Zusammenstellung im Sachverständigenausschuß bekannt. Die Länder geben das Bundesergebnis nicht vor diesem Termin bekannt.


1.3.2
Abschlußbericht


(1) Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erstellt den Abschlußbericht über die BEE nach Vorliegen der endgültigen Ergebnisse der Bodennutzungshaupterhebung, der endgültigen Hektarerträge und Erntemengen, der Auswertungen der einzelnen Zusatzfragen (Sorte, Schlaggröße) bei den Volldruschen und Proberodungen, der Ergebnisse der Untersuchungen von Beschaffenheitsmerkmalen durch die Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung und der Zusammenstellung der Fehlerrechnung durch das Statistische Bundesamt.


(2) Das Bundesministerium veröffentlicht den Abschlußbericht über die BEE.


2.
Organisation


2.1
Sachverständigenausschuß auf Bundesebene


(1) Beim Bundesministerium wird ein Sachverständigenausschuß für die BEE gebildet. Er setzt sich zusammen aus:


a) einem Vertreter des Bundesministeriums als Vorsitzenden,
b) einem Vertreter des Statistischen Bundesamtes,
c) einem Vertreter der Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung,
d) einem Vertreter der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung,
e) bis zu zwei Vertretern der Länder, in denen die BEE durchgeführt wird, von denen jeweils einer der für Ernährung und Landwirtschaft zuständigen Obersten Landesbehörde und einer dem Statistischen Amt des Landes angehören sollte,
f) einem Vertreter des Verbandes der Landwirtschaftskammern.


(2) Die Aufgaben des Sachverständigenausschusses sind:


a) die bei der Durchführung der BEE anzuwendende Methodik nach Maßgabe dieser Verwaltungvorschrift im Rahmen einer Technischen Anleitung zu regeln,
b) die Verfahren der BEE gemäß der Technischen Anleitung umzusetzen,
c) Beschlüsse nach Maßgabe dieser Verwaltungsvorschrift und der Technischen Anleitung über die Durchführung der BEE zu fassen,
d) Vorschläge zur Auswahl der Fruchtarten, die in das Stichprobenverfahren der BEE einbezogen werden sollen, zu unterbreiten,
e) das Aufbereitungsverfahren gemäß der Technischen Anleitung weiterzuentwickeln,
f) die Zahlenunterlagen auszuwerten und die Ernteergebnisse festzustellen,
g) bei der Auswahl der zu untersuchenden Beschaffenheitsmerkmale und bei der Interpretation der Ergebnisse der Beschaffenheitsuntersuchungen mitzuwirken.


(3) Der Sachverständigenausschuß wird vom Vorsitzenden nach Bedarf, mindestens jedoch zweimal jährlich, einberufen. Soweit der Sachverständigenausschuß nichts anderes beschließt, tagt er am Sitz des Bundesministeriums.


(4) Der Sachverständigenausschuß faßt seine Beschlüsse mit einer Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Stimmberechtigten. Jeder Sachverständige hat eine Stimme. Die Vertreter der Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung, der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und des Verbandes der Landwirtschaftskammern sind nicht stimmberechtigt. Der Sachverständigenausschuß ist beschlußfähig, wenn der Bund und mindestens zehn Länder vertreten sind.


(5) Über die Sitzungen des Ausschusses wird eine Niederschrift angefertigt. Sie hat insbesondere die Namen der Teilnehmer, die behandelten Beratungsgegenstände, eine kurze Darstellung des Verlaufs der Diskussion und, soweit Abstimmungen vorgenommen wurden, auch die Anträge, die Beschlüsse und das zahlenmäßige Ergebnis der Abstimmung zu enthalten. Die Niederschrift ist vom Vorsitzenden und vom Protokollführer zu unterzeichnen; sie soll den Mitgliedern des Ausschusses spätestens vier Wochen nach der Sitzung übersandt werden. Die Niederschrift gilt als genehmigt, wenn die Mitglieder nicht innerhalb von vier Wochen nach Eingang schriftlich Einwendungen erheben. Werden Einwendungen erhoben, so entscheidet der Sachverständigenausschuß.


(6) Weitere Sachverständige können beratend hinzugezogen werden.


2.2
Organisation auf Landesebene


(1) Für die Planung und Durchführung der auf Landesebene notwendigen Arbeiten treffen die Länder die erforderlichen Maßnahmen. Hierzu kann die Bildung einer Landesarbeitsgemeinschaft gehören.


(2) Die Länder stellen sicher, daß das in dieser Verwaltungsvorschrift festgelegte Verfahren (Vorarbeiten, Probenahme und Drusch) eingehalten wird. Insbesondere haben sie geeignetes Personal auszuwählen und zu unterweisen sowie die erforderlichen Verwaltungsunterlagen bereitzustellen.


(3) Bei der Durchführung der BEE können auf regionaler Ebene (z.B. Landkreis, Verwaltungsbezirk, Dienstbereich der Ämter für Landwirtschaft) nach § 95 Abs. 2 des Agrarstatistikgesetzes Erhebungsbeauftragte eingesetzt werden. Sie müssen hierfür sachkundig und geeignet sein.


2.3
Untersuchungsanstalten


Von den Ländern werden Untersuchungsanstalten bestimmt, die die eingesandten Getreideproben dreschen, wiegen und untersuchen. Die Untersuchung erstreckt sich zumindest auf Feuchtigkeitsgehalt der Probeschnitte sowie Feuchtigkeitsgehalt, Auswuchs und Schwarzbesatz der Volldrusche. Die Untersuchungsanstalten geben die Ergebnisse zur Berechnung der Ernteerträge an die nach Landesrecht zuständigen Stellen weiter.


2.4
Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung


(1) Zur Ermittlung der Beschaffenheitsmerkmale gemäß § 47 Abs. 2 Satz 3 und Abs. 4 des Agrarstatistikgesetzes erhält die Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung von den Ländern zur Feststellung der Getreidequalität je eine Teilprobe von den ausgedroschenen Probeschnitten und von den festgelegten Volldruschen sowie zur Untersuchung auf Schadstoffe zusätzlich je eine Teilprobe von den Volldruschen. Einzelheiten werden durch das Bundesministerium in Abstimmung mit dem Sachverständigenausschuß festgelegt.


(2) Zur Feststellung der Getreidequalität werden bei den Getreideproben der Probeschnitte von Weizen der Proteingehalt und Sedimentationswert, bei den Getreideproben der Volldrusche von Weizen Besatzfraktionen, Aschegehalt, Fallzahl, Proteingehalt und Sedimentationswert sowie auf Anforderung des Bundesministeriums Klebermenge und Hektolitergewicht ermittelt, bei den Getreideproben der Volldrusche von Roggen Besatzfraktionen, Aschegehalt, Amylogramm, Fallzahl und Proteingehalt sowie auf Anforderung des Bundesministeriums Hektolitergewicht.


(3) Die Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung stellt den von den Ländern bestimmten Untersuchungsanstalten rechtzeitig das benötigte Material für den Versand der Teilproben an die Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung zur Verfügung. Die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse durch die Bundesanstalt für Getreide-, Kartoffel- und Fettforschung erfolgt erst, nachdem diese mit dem Sachverständigenausschuß abgestimmt wurden. Die Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse nach Ländern erfolgt nach Erörterung und Zustimmung des Sachverständigenausschusses.


3.
Inkrafttreten


Diese Verwaltungsvorschrift tritt mit der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Durch diese Verwaltungsvorschrift werden die bisher geltenden "Grundsätze für die Durchführung der Besonderen Ernteermittlung bei Getreide und Kartoffeln" des Bundesministeriums aus dem Jahr 1972 abgelöst.


___________________________
Der Bundesrat hat zugestimmt.


Bonn, den 23. Juli 1997


Der Bundesminister für Ernährung,

Landwirtschaft und Forsten

Jochen Borchert