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Richtlinie zur Umsetzung des „Internationalen Jugendfreiwilligendienstes“

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Richtlinie zur Umsetzung des „Internationalen Jugendfreiwilligendienstes“



Vom 20. Dezember 2010



geändert am 17. April 2014, 25. Mai 2018
sowie 29. Mai 2020
zuletzt geändert am 4. Januar 2021



Fundstelle: GMBl 2021 Nr. 4, S. 77



Inhalt



I.
Internationaler Jugendfreiwilligendienst


II.
Rahmenbedingungen des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes


1.
Freiwillige


2.
Pädagogische Begleitung


3.
Träger und Einsatzstellen


4.
Vereinbarung, Bescheinigung und Zeugnis


5.
Absicherung der Freiwilligen


6.
Ableistung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes als Anderer Dienst im Ausland


7.
Datenschutz


8.
Sonderregelung Covid-19-Pandemie


I.
Internationaler Jugendfreiwilligendienst


Das Programm „Internationaler Jugendfreiwilligendienst“ ermöglicht jungen Menschen, einen freiwilligen Dienst im Ausland zu leisten und dadurch interkulturelle, gesellschaftspolitische und persönliche Erfahrungen in einer anderen Kultur zu sammeln. Der Internationale Jugendfreiwilligendienst ist ein Lern- und Bildungsdienst, der sich durch seine Vielschichtigkeit auszeichnet. Zum einen schafft er die Möglichkeit, sich für andere Menschen und andere Gesellschaften zu engagieren. Zugleich hilft der Internationale Jugendfreiwilligendienst durch informelles Lernen im Rahmen der ausgewählten Tätigkeit und durch die das Programm begleitenden Seminare, die eigene Persönlichkeit zu bereichern und weiterzubilden. Die jungen Freiwilligen lernen, sich in einem neuen, ungewohnten Umfeld zu Recht zu finden und erwerben soziale und interkulturelle Kompetenzen, die ihnen auch nach ihrer Rückkehr nach Deutschland zugutekommen. Darüber hinaus bietet der Internationale Jugendfreiwilligendienst die Chance der beruflichen Orientierung, da die Freiwilligen in ein von ihnen gewähltes Tätigkeitsfeld Einblick erhalten und bisher unbekannte Fähigkeiten an sich entdecken können. Der Internationale Jugendfreiwilligendienst steht jungen Frauen und Männern unabhängig vom jeweiligen Schulabschluss, ethnischer Herkunft oder Einkommenssituation gleichermaßen offen. Der Abschluss einer Vereinbarung zum Internationalen Jugendfreiwilligendienst darf nicht von mittelbaren oder unmittelbaren Spenden des Freiwilligen an den Träger abhängig gemacht werden. Eine verhältnismäßige finanzielle Beteiligung der Freiwilligen ist jedoch nicht ausgeschlossen.



Der Internationale Jugendfreiwilligendienst fördert das Verständnis für andere Kulturen und den interkulturellen Dialog in einer von Globalisierung geprägten Welt. Er darf nicht im Gegensatz zu den Interessen der Bundesrepublik Deutschland stehen.



Dieser Jugendfreiwilligendienst im Ausland ist am Gemeinwohl orientiert und wird ganztägig als überwiegend praktische Hilfstätigkeit innerhalb eines mehrmonatigen Aufenthaltes ohne Unterbrechung geleistet.



Der Dienst kann weltweit geleistet werden und ist arbeitsmarktneutral auszurichten.



Die Freiwilligen des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes sind motiviert und bereit, für sich und für andere Verantwortung zu übernehmen sowie sich auf eine andere Kultur einzulassen.



II.
Rahmenbedingungen des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes


1.
Freiwillige


Freiwillige im Internationalen Jugendfreiwilligendienst sind Personen, die



a)
einen freiwilligen ganztägigen Dienst ohne Erwerbsabsicht außerhalb einer Berufsausbildung leisten,


b)
sich auf Grund einer Vereinbarung zur Leistung dieses Dienstes für eine Zeit von in der Regel zwölf Monaten, mindestens sechs Monaten und höchstens 18 Monaten verpflichtet haben,


c)
für den Dienst nur unentgeltliche Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung sowie ein angemessenes Taschengeld und Reisekosten oder anstelle von Unterkunft, Verpflegung und Arbeitskleidung entsprechende Geldersatzleistungen erhalten dürfen, wobei ein Taschengeld dann angemessen ist, wenn es den Betrag von 350 Euro nicht überschreitet,


d)
zum Zeitpunkt des Dienstantrittes im Ausland die Vollzeitschulpflicht erfüllt und bis zum Dienstabschluss das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und


e)
ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor dem Dienst in Deutschland haben.


2.
Pädagogische Begleitung


Der Internationale Jugendfreiwilligendienst wird nach Maßgabe der Nummern 1 bis 3 pädagogisch begleitet:



1.
Die pädagogische Begleitung einschließlich der Seminare wird von einem für den Internationalen Jugendfreiwilligendienst zugelassenen Träger sichergestellt.


2.
Die pädagogische Begleitung erfolgt unter anderem in Form von Bildungsmaßnahmen (Seminaren oder pädagogischen Veranstaltungen) an deren inhaltlichen Gestaltung und Durchführung die Freiwilligen aktiv mitwirken.


Die pädagogische Begleitung erfolgt ferner durch fachliche Anleitung in der Einsatzstelle und die individuelle Betreuung durch Beschäftigte der Einsatzstelle und pädagogische Kräfte des Trägers.


3.
Die Gesamtdauer der Bildungsmaßnahmen beträgt bei einer Dienstdauer von sechs Monaten mindestens 15 Tage, bei Dienstdauer von zwölf Monaten mindestens 25 Tage (ausgenommen sind fremdsprachliche Schulungen). Beträgt die Dienstdauer zwischen acht und elf Monaten erhöht sich der Mindestumfang der Bildungsmaßnahmen um je zwei Tage. Wird ein Dienst über den Zeitraum von zwölf Monaten hinaus vereinbart oder verlängert, erhöht sich die Zahl der Seminartage um mindestens einen Tag je Monat der Verlängerung. Die Bildungsmaßnahmen können innerhalb von fünf Monaten vor, während und innerhalb von sechs Monaten nach dem Auslandseinsatz stattfinden. Insgesamt sind zwei Seminarblöcke von je mindestens fünf zusammenhängenden Tagen anzubieten. In Abstimmung mit dem BMFSFJ bzw. einer vom BMFSFJ beauftragten Stelle und nach Beteiligung der zuständigen zentralen Stelle kann bei Vorlage eines besonderen pädagogischen Konzeptes vor Beginn der einleitenden Bildungsmaßnahme zugelassen werden, dass die Vorbereitungszeit in angemessenem Umfang verlängert wird. Die pädagogische Begleitung soll in der Weise stattfinden, dass vorbereitende und nachbereitende Veranstaltungen stattfinden. Falls der Träger Teile der Bildungsmaßnahmen im Ausland sicherstellen kann, werden diese entsprechend auf die Gesamtdauer der Bildungsmaßnahmen angerechnet. Die Teilnahme an den Bildungsmaßnahmen ist für die Freiwilligen unentgeltlich anzubieten, gilt als Dienstzeit und ist Pflicht.


Die Vorbereitungsveranstaltungen dienen angehenden Freiwilligen zur Information, Einstimmung und Klärung relevanter Fragestellungen. Die Teilnehmenden an den Vorbereitungsveranstaltungen haben sich bereits für die Maßnahme entschieden und wurden vom Träger ausgewählt. Die nachbereitenden Veranstaltungen dienen der Reflexion, der Verarbeitung und Auswertung von Erfahrungen während des Freiwilligendienstes. Sie bieten ebenfalls den Rahmen angesichts der Beendigung des Freiwilligendienstes, mögliche Perspektiven zu erörtern.


3.
Träger und Einsatzstellen


Als Träger des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes im Sinne dieser Richtlinie werden juristische Personen zugelassen, die



a)
Maßnahmen nach dieser Richtlinie durchführen und Freiwillige für einen Dienst im Ausland vorbereiten, entsenden und betreuen,


b)
Gewähr dafür bieten, dass sie auf Grund ihrer nachgewiesenen Auslandserfahrung ihre Aufgabe auf Dauer erfüllen und den ihnen nach der Richtlinie obliegenden Verpflichtungen nachkommen,


c)
ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigten Zwecken im Sinne §§ 51 bis 68 Abgabenordnung dienen,


d)
ihren Sitz in der Bundesrepublik Deutschland haben und


e)
ihr pädagogisches Gesamtkonzept und ihren Qualitätsstand nachweisen können.


Träger des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes schließen sich einer bundesweit tätigen zentralen Stelle mit der Aufgabe des Qualitätsmanagements an.



Prüfung und Erteilung der Zulassung von Trägern für den Internationalen Jugendfreiwilligendienst erfolgt durch das BMFSFJ bzw. eine vom BMFSFJ beauftragte Stelle nach Eingang eines schriftlichen Antrages einschließlich der vollständigen Nachweise.



Mit der Zulassung ist das Recht zur Durchführung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes verbunden. Ein Anspruch auf eine öffentliche Förderung kann aus der Zulassung nicht abgeleitet werden.



Bei der Antragsprüfung werden bestehende Trägerzulassungen für andere Auslandsfreiwilligendienste (FSJ/FÖJ im Ausland, weltwärts) berücksichtigt.



Die Träger des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes beteiligen sich an vom BMFSFJ ggf. beauftragten Evaluationen oder statistischen Erhebungen, insbesondere Teilnehmenden Erhebungen. Die Träger haben auf Verlangen gegenüber dem BMFSFJ in angemessenem Umfang eine Informationspflicht zum Stand und der Entwicklung des Dienstes.



Einsatzstellen sind gemeinwohlorientierte Einrichtungen, insbesondere



in den sozialen Einsatzbereichen, das heißt insbesondere die Arbeit mit alten, kranken und behinderten Menschen, mit Kindern und Jugendlichen,


in der Kultur, im Sport, in der Denkmalpflege,


im ökologischen Bereich, insbesondere im Naturschutz, in umweltbildenden Einrichtungen oder in der nachhaltigen Entwicklung,


im Bildungswesen sowie


in der Friedens- und Versöhnungsarbeit sowie Demokratieförderung1.


Freiwillige dürfen nur auf vom BMFSFJ bzw. einer vom BMFSFJ beauftragten Stelle anerkannte Einsatzplätze des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes entsandt werden.



Für das Gelingen des Auslandsdienstes ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit und angemessene Kooperation zwischen Träger und Einsatzstelle sicherzustellen. Entsprechende Rahmenbedingungen der Zusammenarbeit und der gemeinsamen pädagogischen Begleitung gegenüber dem Freiwilligen sind schriftlich festzuhalten. Die Träger tragen die Gesamtverantwortung für die Organisation und rechtmäßige Durchführung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes.



4.
Vereinbarung, Bescheinigung und Zeugnis


Der zugelassene Träger des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes und die oder der Freiwillige schließen vor Beginn des Jugendfreiwilligendienstes eine schriftliche Vereinbarung ab. Sie muss enthalten:



a)
Vor- und Familienname, Geburtsdatum und Anschrift der oder des Freiwilligen,


b)
die Bezeichnung des Trägers und der Einsatzstelle,


c)
die Angabe des Zeitraumes, für den die oder der Freiwillige sich zum Dienst verpflichtet hat, sowie Regelungen für den Fall der vorzeitigen Beendigung des Dienstes,


d)
die Erklärung, dass die Richtlinie des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes während der Durchführung des Dienstes einzuhalten ist,


e)
die Angabe des Zulassungsbescheides des Trägers,


f)
Angaben zur Art und Höhe der Geld- und Sachleistungen für Unterkunft, Verpflegung, Reisekosten, Arbeitskleidung und Taschengeld,


g)
die Angabe der Anzahl der dienstfreien Tage,


h)
die Ziele des Dienstes und die wesentlichen der Zielerreichung dienenden Maßnahmen und


i)
Informationen über die versicherungsrechtliche Absicherung.


Es sind dienstfreie Tage in angemessenem Umfang zu gewähren. Der Mindestumfang richtet sich dabei nach den landesüblichen gesetzlichen Regelungen. Eine Mindestanzahl von 20 dienstfreien Tagen bei einem zwölfmonatigen Dienst ist zu beachten, wird der Dienst länger oder kürzer absolviert, ist der Urlaub anteilig zu gewähren.



Der Träger stellt der Freiwilligen oder dem Freiwilligen nach Abschluss des Dienstes eine Bescheinigung aus. Die Bescheinigung muss die Angabe des Zulassungsbescheides des Trägers und den Zeitraum des Dienstes enthalten.



Bei Beendigung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes kann die Freiwillige oder der Freiwillige von dem Träger ein schriftliches Zeugnis über die Art und Dauer des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes fordern. Der Träger stellt in diesem Fall sicher, dass die Einsatzstelle ein Zeugnis in deutscher oder englischer Sprache ausfertigt oder erstellt dieses selbst. Das Zeugnis ist auf Verlangen auf die Leistungen und die Führung während der Dienstzeit zu erstrecken. Dabei sind in das Zeugnis berufsqualifizierende Merkmale des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes aufzunehmen.



5.
Absicherung der Freiwilligen


Die Träger sind verpflichtet, die Freiwilligen für die Dauer ihres Auslandsfreiwilligendienstes zu versichern. Dieser Versicherungsschutz umfasst mindestens eine Auslands-Krankenversicherung, eine Unfallversicherung inkl. Invalidität und Todesfall, eine Haftpflicht- sowie Rücktransportversicherung.



Für die Unfallversicherung gilt als Mindestversicherungssumme bei Invalidität 200.000 EUR mit 225 % Progression und für den Todesfall 15.350 EUR.



Während des Dienstes sind die Freiwilligen im In- und Ausland gemäß § 2 Absatz 3 Nr. 2c SGB VII in der gesetzlichen Unfallversicherung pflichtversichert. Die Träger sind verpflichtet, die Freiwilligen bei ihrem gesetzlichen Unfallversicherungsträger in Deutschland anzumelden.



Die Träger sind ebenfalls verpflichtet, während Seminaren im Inland eine Haft- und Unfallversicherung für die Freiwilligen abzuschließen.



Für die Aufrechterhaltung des Kranken- und Pflegeversicherungsschutzes im Inland sind die Freiwilligen selbst verantwortlich. Die Träger können diese Kosten übernehmen.



Die Träger klären die Freiwilligen über die versicherungsrechtliche Situation vor Abschluss der Vereinbarung auf. Sie stellen sicher, dass sich die Freiwilligen rechtzeitig um einen angemessenen Schutz im Inland kümmern.



6.
Ableistung des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes als Anderer Dienst im Ausland


Der Internationale Jugendfreiwilligendienst kann gleichzeitig als Anderer Dienst im Ausland gemäß § 5 BFDG in Verbindung mit § 14 b ZDG abgeleistet werden, wenn der Träger und die Einsatzstelle vor Beginn des Einsatzes gesondert als Träger und Einsatzstelle des Anderen Dienstes im Ausland anerkannt worden sind.



7.
Datenschutz


Der Träger des Internationalen Jugendfreiwilligendienstes darf personenbezogene Daten nach Nr. 4 verarbeiten, soweit diese für die Umsetzung, Förderung und Evaluierung erforderlich sind. Die Daten sind nach Abwicklung des Einsatzes zu löschen.



8.
Sonderregelung Covid-19-Pandemie


In Ergänzung von Nr. 1 dieser Richtlinie gilt:



In der besonderen Situation der Covid-19-Pandemie, in der aufgrund ausdrücklicher Sicherheits- und Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes der Dienst im Ausland nicht mehr fortgesetzt werden kann oder eine Rückholung der Freiwilligen vom BMFSFJ empfohlen wird, kann der Dienst – auch mit Unterbrechung – im Inland fortgesetzt werden, jedoch nicht ohne Zustimmung des BMFSFJ. Eine Fortsetzung des Dienstes im Inland bzw. eine Förderung durch das BMFSFJ ist in diesem besonderen Ausnahmefall längstens für die nach Nr. II.4.c) vereinbarte Dauer des Dienstes möglich. Wenn eine Änderung der in Nr. II.4 genannten schriftlichen Vereinbarung erforderlich wird, ist ggf. eine Ausfallkostenentschädigung für Freiwillige zu regeln. Eine davon zu unterscheidende mögliche Ausfallkostenentschädigung für Träger ist im Einzelfall anhand der durch einen Abbruch des IJFD-Dienstes anfallenden Kosten zu prüfen – ihre Höhe kann bis zu 350 € je bereits bewilligten und durch den Abbruch entfallenden Teilnehmendenmonat betragen. Die Absicherung der Freiwilligen gem. Nr. II.5 ist bei einer Fortsetzung des Dienstes im Inland den dortigen Erfordernissen anzupassen.



Diese Ergänzung tritt rückwirkend zum 01.02.2020 in Kraft und ist befristet bis zum 31.05.2021.



Berlin, den 4. Januar 2021


115-3075/000*02




Die Bundesministerin für Familie, Senioren,
Frauen und Jugend



Franziska Giffey