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Bekanntmachung einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission (Blendattacken durch Laser vom 2. Dezember 2010)

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit





Blendattacken durch Laser

Empfehlung der Strahlenschutzkommission





Verabschiedet in der 246. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 02./03. Dezember 2010





Inhalt

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Einleitung

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Empfehlung

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3

Begründung

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Literatur

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 Einleitung

Die Strahlenschutzkommission (SSK) beobachtet mit großer Sorge die Zunahme von gefährlichen Blendattacken durch “Laserpointer“ hoher Leistung. Zu den Betroffenen gehören neben Piloten zunehmend LKW- und Autofahrer, Fußballspieler, Schiedsrichter, aber auch Besucher von Fußballspielen.



Im Zeitraum vom 1.1. bis 26.11.2010 wurden dem Luftfahrt-Bundesamt 260 Laser-Attacken auf gewerblich betriebene Luftfahrzeuge gemeldet wurden, wobei sich die meisten Laser-Attacken im Monat August ereigneten (53 Meldungen), In den Monaten September und Oktober gab es 38 bzw. 40 Meldungen. 183 dieser 260 Attacken ereigneten sich in Deutschland. Für das Jahr 2009 erhielt das Luftfahrt-Bundesamt insgesamt 36 Meldungen, davon 31 für Deutschland. Nach Einführung der Meldepflicht (ab Ende Oktober 2009) waren es für 2009 25 Meldungen (Luftfahrt-Bundesamt 2010).



Die Folgen missbräuchlichen Umgangs mit Lasern sind seit Jahrzehnten bekannt. Je nach Leistung, Wellenlänge, Strahlquerschnitt und Betriebsart (Dauerstrich, Pulsung) können Blendung, irreversible Netzhautschäden bis hin zu dauerhafter Erblindung und Verbrennungen entstehen. Entsprechende Vorschriften wurden erlassen, die den Erwerb und die sichere Nutzung von Lasern regulieren sollen. Diese Vorschriften sind jedoch für die bestehende Situation nicht ausreichend. Die Gefährdungslage ist drei Tatsachen zuzuschreiben:

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 Entwicklung von kleinen Halbleiterlasern (Laserdioden) großer Leistung mit Wellenlängen im grünen, blauen und ultravioletten Spektralbereich,
-
 Betrieb von leistungsstarken Halbleiterlasern durch Batterien, damit Einsatz als transportable Quelle,
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 leichte Beschaffbarkeit von leistungsstarken Halbleiterlasern durch Bestellungen aus dem Internet .


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 Empfehlung

Die Strahlenschutzkommission empfiehlt mit Nachdruck, den Besitz und Erwerb von “Laserpointern“ der Klassen 3B und 4 (entsprechend (DIN EN-60825-1 2008) gesetzlich zu regeln, so dass missbräuchliche Nutzung verhindert wird.



Aufgrund ihres Gefährdungspotenzials könnten „Laserpointer“, die den Klassen 3B und 4 entsprechen, z. B. als Waffen eingestuft werden.



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 Begründung

Lasergeräte senden kohärente, elektromagnetische Strahlung im optischen Spektralbereich von 180 nm bis 1 mm Wellenlänge mit geringer Strahldivergenz aus. Durch diese besonderen Eigenschaften werden Laser in unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt, z. B. in CD- bzw. DVD-Geräten, optischen Laufwerken von Computern, als Laserpointer für Präsentationen, zur Ermittlung von Entfernungen und Geschwindigkeiten, als Laserskalpelle in der Medizin oder als Schneid- und Schweißwerkzeuge.



Die Gefahren von Lasern für die menschliche Gesundheit sind seit mehr als 50 Jahren bekannt. Neben möglichen Schädigungen der Haut ist insbesondere das Auge gefährdet, da starke Laserstrahlung unmittelbar zu Verbrennungen der Netzhaut bis hin zur vollständigen Erblindung führen kann. Zur Übersicht sei auf entsprechende frühere Stellungnahmen der SSK (SSK 2000, SSK 2005) sowie auf eine kritische Bewertung der Laserklassifizierung (Reidenbach et al. 2003) verwiesen.



Die Laser sind entsprechend ihrem Gefährdungspotenzial in die Laserklassen 1, 1M, 2, 2M, 3R, 3B und 4 unterteilt (DIN EN 60825-1 2008):

Klasse 3B:

Die zugängliche Laserstrahlung ist gefährlich für das Auge, häufig auch für die Haut. Eine Gefährdung der Haut durch die zugängliche Laserstrahlung besteht bei Lasereinrichtungen der Klasse 3B, wenn die Werte der maximal zulässigen Bestrahlung (MZB) überschritten werden.

Klasse 4:

Lasereinrichtungen der Klasse 4 sind Hochleistungslaser, deren Ausgangsleistungen die Grenzwerte der zugänglichen Strahlung (GZS) für Klasse 3B übertreffen.


Die zugängliche Laserstrahlung ist sehr gefährlich für das Auge und gefährlich für die Haut. Auch diffus gestreute Strahlung kann gefährlich sein. Die Laserstrahlung kann Brand- und Explosionsgefahr verursachen. Es muss daher bei der Anwendung von Lasereinrichtungen der Klasse 4 immer geprüft werden, ob ausreichende Maßnahmen gegen Brand- und Explosionsgefahren getroffen sind; siehe auch §§ 10 und 16 der Unfallverhütungsvorschrift „Laserstrahlung“ (BGV B2).



Die Grenzwerte für die zugängliche Strahlung für eine Laserklasse sind Wellenlängenabhängig, unterschiedlich für gepulste und kontinuierliche Strahlung und unterliegen häufig noch weiteren Bedingungen. Für kontinuierliche Strahlung im Wellenlängenbereich 315 bis 106 nm ist der Grenzwert der Laserklasse 3B 500 mW.



Laserstrahlung ab Klasse 3B kann unmittelbar – innerhalb von Sekundenbruchteilen – zu Schädigungen der Netzhaut führen, da die durch die Augenlinse auf die Netzhaut fokussierte Strahlung zu lokaler Überhitzung und irreversibler Schädigung des Gewebes führt. Ein Schutz durch den Lidschlussreflex, der nach DIN EN 60825-1 mit einer Dauer von ca. 0,25 Sekunden angenommen wird, besteht nicht, da es bei der Mehrheit der untersuchten Personen sogar noch länger dauert, bis die Augen geschlossen sind (Reidenbach et al. 2003).



Neben der Netzhautschädigung kann sichtbare Laserstrahlung auch zur Blendung führen mit der Folge eines vorübergehenden Verlustes der Sehfähigkeit (zu Blendung siehe (SSK 2006). Die derzeitig rasant zunehmende Anzahl von Blendattacken auf Piloten und Fahrzeugführer hat Befürchtungen ausgelöst, dass es hierdurch zu schwerwiegenden Gefährdungen kommen kann, wenn z. B. Piloten nicht mehr in der Lage sind, das Flugzeug zu führen. Die Tatsache, dass bei Nachtflügen die Pupillen der Piloten weit geöffnet sind, stellt ein zusätzliches Risiko dar. Hubschrauberpiloten sind besonders gefährdet, da sie in geringerer Höhe und mit geringerer Geschwindigkeit fliegen, wodurch das „Zielen“ erleichtert wird. Hinzu kommt, dass Hubschrauberstart- und Landeplätze oft nicht – wie Flugplätze – großräumig eingezäunt sind. Laserstrahlen können daher hier über kurze Distanzen wirken, wodurch es nur zu einer minimalen Strahlaufweitung kommt.



Weniger spektakulär, aber für den Betroffenen nicht minder bedrohlich, sind Attacken bei Sportereignissen und anderen öffentlichen Veranstaltungen. Ebenso gefährdet sind Fahrer von Schienenfahrzeugen, Lastkraftwagen und Personenkraftwagen sowie jede Person, die starker Laserstrahlung ausgesetzt wird. Der Kreis der potenziell gefährdeten Personen ist somit grundsätzlich nicht eingrenzbar.



Blendattacken auf Personen sind unter den verschiedensten Bedingungen möglich. Zu befürchten ist, dass die Anzahl und Schwere solcher Attacken in Zukunft weiter zunehmen werden, da die vertriebenen Laser immer leistungsfähiger und billiger werden. Im Internet werden von verschiedenen Herstellern Laser der Klassen 3B und 4 angeboten (allerdings ohne die Klassen zu nennen; es werden vielmehr die Ausgangsleistungen genannt), die zudem im grünen und blauen Spektralbereich arbeiten.



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 Literatur

BGV B2

BGV B2: Berufsgenossenschaftliche Vorschrift „Laserstrahlung (4.88/01.97), Carl Heymanns Köln 1997 oder
http:// publikationen.dguv.de/dguv/pdf/10002/b2.pdf
(zuletzt besucht 14.12.2010)

DIN EN 60825-1 2008

Sicherheit von Lasereinrichtungen Teil 1: Klassifizierung von Anlagen und Anforderungen (IEC: 60825 1:2007). Deutsche Fassung EN 60825-1:2007, Beuth Verlag 2008

Luftfahrt-Bundesamt 2010

Persönliche Information des Bundes-Luftfahrtamtes, Referat B2 Flugbetrieb, an den Vorsitzenden des Ausschusses „Nichtionisierende Strahlen“ der SSK vom 01.12.2010

Reidenbach et al. 2003

Reidenbach, H.D.; Dollinger, K.; Hofmann, J.: Überprüfung der Laserklassifizierung unter Berücksichtigung des Lidschlussreflexes. In: Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin. Fb 985, Wirtschaftsverlag NW, Bremerhaven 2003

SSK 2000

Strahlenschutzkommission (SSK): Gefahren bei Laseranwendung an der menschlichen Haut. Empfehlung der Strahlenschutzkommission. Verabschiedet in der 169. Sitzung der SSK am 31.10.2000, veröffentlicht im BAnz Nr. 73 vom 18. April 2001

SSK 2005

Strahlenschutzkommission (SSK): Gefährdungen durch Laserpointer. Empfehlung der Strahlenschutzkommission. Verabschiedet in der 204. Sitzung der SSK am 8./9. Dezember 2005, veröffentlicht in BAnz Nr. 75 vom 20. April 2006

SSK 2006

Strahlenschutzkommission (SSK): Blendung durch natürliche und neue künstliche Lichtquellen und ihre Gefahren. Empfehlung der Strahlenschutzkommission. Verabschiedet in der 205. Sitzung der SSK am 16./17. Februar 2006. Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission Band 61, H. Hoffmann GmbH – Fachverlag, Berlin 2007