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Runderlass Außenwirtschaft Nr. 3/2018; Zwölfte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung

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Runderlass Außenwirtschaft Nr. 3/2018
Zwölfte Verordnung
zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung



Vom 19. Dezember 2018



Fundstelle: BAnz AT 28.12.2018 B1





Zur Erläuterung der Zwölften Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 19. Dezember 2018 (BAnz AT 28.12.2018 V1) wird hiermit bekannt gemacht:



A. Allgemeiner Teil



I. Zielsetzung und Notwendigkeit der Regelungen



Das in § 7 der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) statuierte umfassende Verbot von Boykotterklärungen ist einzuschränken. Eine erhebliche Störung der auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland ist nicht zu befürchten, wenn Inländer Sanktionen eines Staates gegen einen anderen Staat befolgen, gegen den auch die Vereinten Nationen, die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland Sanktionen verhängt haben. Denn in diesen Fällen werden die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland zu dem betroffenen Staat ohnehin bereits durch die in Deutschland geltenden Sanktionen belastet. Daher wird künftig die Anwendbarkeit des Verbots von Boykotterklärungen in Bezug auf alle diejenigen Staaten ausgeschlossen, gegen die die Vereinten Nationen, die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland ebenfalls wirtschaftliche Sanktionsmaßnahmen verhängt haben. Dies wird angesichts einer stetig wachsenden Komplexität der weltweit verhängten Sanktionen auch die praktische Handhabe des Verbots von Boykotterklärungen, insbesondere für in Deutschland tätige Unternehmen, erleichtern. Auf einen politischen Gleichklang zwischen den in Deutschland geltenden Sanktionen und den ausländischen Sanktionen – etwa vergleichbare außenpolitische Gründe für die Verhängung – kommt es dabei nicht an. Ebenso wenig muss es eine inhaltliche Schnittmenge geben, beispielsweise in dem Sinne, dass jeweils sektorale Beschränkungen erlassen, dieselben Wirtschaftssektoren erfasst oder identische Personen gelistet sind. Der Begriff der „wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme … gegen einen anderen Staat“ im Sinne von § 7 Satz 2 AWV umfasst sämtliche Verbote, Gebote und Beschränkungen, einschließlich Waffenembargos und Finanzsanktionen, sowie sonstige Maßnahmen, die in den einschlägigen Sanktionsrechtsakten der Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland gegen einen Staat enthalten sind. Richten sich die Sanktionen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland nicht gegen einen anderen Staat als solchen, sondern sind angesichts der Lage in einem bestimmten Staat ausschließlich gegen bestimmte gelistete Personen oder Einrichtungen verhängt worden, stellen diese Listungen keine wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahmen gegen einen anderen Staat im Sinne von § 7 Satz 2 AWV dar. Das Verbot von Boykotterklärungen bleibt in diesen Fällen anwendbar. Ebenso bleibt das Verbot weiter in Bezug auf alle diejenigen Staaten anwendbar, gegen die keine Sanktionen der Vereinten Nationen, der Europäischen Union oder der Bundesrepublik Deutschland existieren. Die ablehnende Haltung der Bundesregierung im Hinblick auf extraterritoriale Rechtsakte anderer Staaten wird durch die Einschränkung des Anwendungsbereichs von § 7 AWV nicht in Frage gestellt: Mit der Delegierten Verordnung (EU) 2018/1100 der Kommission vom 6. Juni 2018 zur Änderung des Anhangs der Verordnung (EG) Nr. 2271/96 zum Schutz vor den Auswirkungen der extraterritorialen Anwendung von einem Drittland erlassener Rechtsakte sowie von darauf beruhenden oder sich daraus ergebenden Maßnahmen (ABl. L 199 I vom 7.8.2018, S.1) wird die Verordnung (EG) Nr. 2271/96, die in der Vergangenheit nur in wenigen Einzelfällen zur Anwendung gekommen ist, „aktiviert“. Damit wird § 7 AWV künftig nicht mehr als „Symbol“ gegen US-Sanktionen benötigt und es entfällt die Notwendigkeit, deutsche Unternehmen zusätzlichen Restriktionen zu unterwerfen.



Nach derzeitigem Recht können Erwerbsvorgänge im Hinblick auf eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit geprüft werden, wenn der Erwerber ein inländisches Unternehmen oder eine unmittelbare/mittelbare Beteiligung an einem inländischen Unternehmen erwirbt, welche ihm die Kontrolle über mindestens 25 Prozent der Stimmrechte sichert (Prüfeintrittsschwelle). Hintergrund dieser Regelung ist, dass ein Anteilseigner mit Sperrminorität bestimmenden Einfluss auf die Geschäftsführung hat, weil er Maßnahmen der Stimmrechtsmehrheit verhindern kann. Einzelfälle haben aber gezeigt, dass Prüfbedarf auch unterhalb dieser Schwelle bestehen kann. In vielen Konstellationen ist eine Einflussnahme auch bei geringeren Beteiligungen möglich. Direktinvestitionen, die durch ein langfristiges Interesse und den Kontrollanspruch des Investors gekennzeichnet sind, liegen nach der Benchmark-Definition der OECD (2008) in der Regel vor, wenn sich der Erwerber mit mindestens 10 Prozent am Unternehmen beteiligt. Geboten ist eine Absenkung der Prüfeintrittsschwelle von derzeit 25 Prozent auf 10 Prozent insbesondere bei besonders verteidigungsrelevanten Unternehmen sowie bei Beteiligungserwerben an Unternehmen, die bestimmte, besonders sicherheitsrelevante zivile Infrastrukturen betreiben oder Leistungen im Umfeld solcher Infrastrukturen erbringen. Bestimmte Unternehmen der Medienwirtschaft, die mittels Rundfunk, Telemedien oder Druckerzeugnissen zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen und sich durch besondere Aktualität und Breitenwirkung auszeichnen, werden neu in den Kreis dieser Unternehmen aufgenommen. Eine Absenkung der Prüfeintrittsschwelle auf 10 Prozent führt zu einer Ausweitung der bestehenden Meldepflicht.



Mit den Beschlüssen (GASP) 2018/391 des Rates vom 12. März 2018 (ABl. L 69 vom 13.3.2018, S. 46) und (GASP) 2018/1125 des Rates vom 10. August 2018 (ABl. L 204 vom 13.8.2018, S. 48) sind die Ausnahmeregelungen betreffend das Waffenembargo gegen die Zentralafrikanische Republik und gegen Südsudan geändert worden. Diese Änderungen sind innerstaatlich im Außenwirtschaftsrecht umzusetzen.



Mit der Verordnung (EU) 2018/647 des Rates vom 26. April 2018 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 401/2013 über restriktive Maßnahmen gegen Myanmar/Birma (ABl. L 108 vom 27.4.2018, S.1) hat der Rat der Europäischen Union neue Sanktionen gegen Myanmar/Birma beschlossen, darunter das Verbot der Erfüllung von Ansprüchen, die von Personen geltend gemacht werden, die Finanzsanktionen unterliegen. Die Mitgliedstaaten der Europäischen Union sind gemäß Artikel 8 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 401/2013 verpflichtet, Vorschriften über Sanktionen, die bei Verstößen gegen diese Verordnung zu verhängen sind, zu erlassen. Daher sind die in der AWV bestehenden Regelungen zur Bußgeldbewehrung um eine neue Verbotsvorschrift zu ergänzen.



Außerdem sind die im Jahr 2017 vereinbarten Änderungen des Wassenaar Arrangements für konventionelle Rüstungsgüter in der nationalen Ausfuhrliste zu berücksichtigen.



Mit der Zwölften Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung soll zudem eine Genehmigungspflicht für die Ausfuhr von Technologie, welche für die Herstellung von kleineren und mittelgroßen unbemannten Flugkörpern (UAV – Unmanned Aerial Vehicle) geeignet ist, eingeführt werden. Für UAV mit einer Reichweite von mehr als 300 km besteht bereits auf Grundlage der EG-Dual-use-Verordnung ein Genehmigungserfordernis. Herstellungstechnologie für kleinere und mittelgroße UAV dagegen ist bisher nicht von der Genehmigungspflicht erfasst. Dies erscheint in Anbetracht der fortschreitenden technischen Entwicklung, insbesondere der fortschreitenden Miniaturisierung nicht mehr gerechtfertigt. Nationale Ausfuhrbeschränkungen sind gemäß der Öffnungsklausel in Artikel 8 der EG-Dual-use-Verordnung aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechtserwägungen zulässig. Die strategische Bedeutung von UAV sowohl im militärischen oder terroristischen Einsatz als auch zu Zwecken der privaten bzw. öffentlichen Überwachung nimmt stetig zu. Vor diesem Hintergrund ist eine umfassende nationale Listung der Technologie gerechtfertigt. Die Bundesregierung wird sich für eine internationale Listung der UAV-Herstellungstechnologie im Wassenaar Abkommen einsetzen, um ein level-playing-field für die betroffenen Unternehmen herzustellen.



II. Wesentlicher Inhalt des Entwurfs



Einschränkung des Geltungsbereichs von § 7 AWV. Änderung der Vorschriften zur Prüfung von Unternehmenserwerben in den §§ 55, 56, 60 und 60a (neu) AWV sowie Änderung der Ausnahmen vom Waffenembargo in § 76 AWV und Ergänzung der Vorschriften zur Bußgeldbewehrung in § 82 AWV. Außerdem Anpassung der Ausfuhrliste; dies erfolgt aus Gründen der Vereinfachung in Form einer Neufassung.



B. Besonderer Teil



Artikel 1



Zu Nummer 1



Aus Gründen der Rechtsklarheit wird ein neuer § 60a AWV zur Definition der Stimmrechtsanteile bei der sektorspezifischen Prüfung von Unternehmenserwerben ergänzt.



Zu Nummer 2



Mit der Ergänzung von § 7 AWV wird das umfassende Verbot von Boykotterklärungen eingeschränkt. Künftig ist die Anwendbarkeit des Boykottverbotes in Bezug auf alle diejenigen Staaten ausgeschlossen, gegen die auch die Vereinten Nationen, die Europäische Union oder die Bundesrepublik Deutschland Sanktionen verhängt haben.



Zu Nummer 3



Mit der Ergänzung von § 55 Absatz 1 Satz 2 AWV werden bestimmte Unternehmen der Medienwirtschaft in die Liste der besonders sicherheitsrelevanten Unternehmen aufgenommen. Die Pressefreiheit, die Freiheit der Berichterstattung und die Pluralität der Medien sind Fundament der freiheitlich demokratischen Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland und stehen daher unter dem besonderen Schutz des Grundgesetzes. Der Medienbereich sieht sich erhöhtem Druck auf die eigene Unabhängigkeit durch Versuche ausländischer Beeinflussung im Rahmen vielgestaltiger, hybrider Bedrohungen ausgesetzt. Dazu zählt insbesondere die Nutzung von deutschen Medienorganen, die (teilweise) durch ausländische Investoren übernommen werden, für Zwecke der Desinformation. Eine Einflussnahme auf bzw. die Einschränkung der Pressefreiheit, die Freiheit der Berichterstattung und die Pluralität der Medien kann negative Auswirkungen auf die Gesellschaft und die Regierung haben und die freiheitlich demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Die Klassifizierung bestimmter Unternehmen der Medienbranche als besonders sicherheitsrelevante Unternehmen ist daher angezeigt.



Zu den Nummern 4, 5 und 6



Mit der Änderung von § 56 Absatz 1 und § 60 Absatz 1 sowie Ergänzung von § 60a AWV wird der Anwendungsbereich der sektorspezifischen Prüfung auf Anteilserwerbe ausgedehnt, durch die der Erwerber Kontrolle über mindestens 10 Prozent (bislang: mindestens 25 Prozent) der Stimmrechte erlangt. Gleiches gilt insoweit für den Anwendungsbereich der sektorübergreifenden Prüfung, als Anteile an inländischen Unternehmen erworben werden, die im Bereich bestimmter, besonders sicherheitsrelevanter ziviler Infrastrukturen tätig sind. Dadurch greifen die Rechtsfolgen nach § 55 Absatz 1 und 4 AWV, nach § 60 Absatz 1 und 3 AWV sowie nach § 15 Absatz 2 und 3 AWG in den genannten Fällen zukünftig grundsätzlich bereits ab einem Anteilserwerb von 10 Prozent.



Zu Nummer 7 Buchstabe a



Mit der Änderung in § 76 Absatz 1 AWV erfolgt eine redaktionelle Korrektur.



Zu Nummer 7 Buchstabe b



Mit der Änderung von § 76 Absatz 14a AWV werden die durch den Beschluss (GASP) 2018/1125 des Rates vom 10. August 2018 (ABl. L 204 vom 13.8.2018, S. 48) neu gefassten Ausnahmeregelungen vom Waffenembargo gegen Südsudan umgesetzt. Diese Neufassung ist erforderlich geworden, um die auf Ebene der Europäischen Union bisher bestehenden Embargoregelungen an das von den Vereinten Nationen am 13. Juli 2018 beschlossene Waffenembargo gegen Südsudan und die damit einhergehenden Regelungen anzupassen.



Zu Nummer 7 Buchstabe c



Mit der Änderung von § 76 Absatz 17 AWV wird die im Beschluss (GASP) 2018/391 des Rates vom 12. März 2018 (ABl. L 69 vom 13.3.2018, S. 46) enthaltene Ausweitung der Ausnahmeregelungen vom EU-Waffenembargo gegen die Zentralafrikanische Republik umgesetzt. Danach fallen unter die Ausnahme vom EU-Waffenembargo künftig auch Lieferungen an Truppen anderer Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, die in die Zentralafrikanische Republik entsandt worden sind.



Zu Nummer 8



Mit der Änderung von § 81 Absatz 1 Nummer 6 AWV wird eine redaktionelle Korrektur vorgenommen.



Zu Nummer 9



Mit der Ergänzung von Nummer 5a in § 82 Absatz 1 AWV werden Verstöße gegen das in der Verordnung (EU) 2018/647 des Rates vom 26. April 2018 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 401/2013 über restriktive Maßnahmen gegen Myanmar/Birma (ABl. L 108 vom 27.4.2018, S. 1) enthaltene Erfüllungsverbot bußgeldbewehrt.



Zu Nummer 10



Die Güterliste für konventionelle Rüstungsgüter des internationalen Wassenaar Arrangements wird jährlich unter Berücksichtigung von technologischen und sicherheitsrelevanten Entwicklungen auf Aktualisierungsbedarf überprüft. Die im Jahr 2017 aufgrund dieser Prüfung vereinbarten Änderungen der Güterliste werden mit der Änderung der Ausfuhrliste umgesetzt. Damit wird gleichzeitig dem sich aus der entsprechenden Anpassung der Gemeinsamen Militärgüterliste der EU ergebenden Umsetzungserfordernis Rechnung getragen.



Außerdem wird Teil I Abschnitt B der Ausfuhrliste um Herstellungstechnologie, die für kleinere und mittelgroße UAV geeignet ist, ergänzt. Damit wird künftig eine umfassende Kontrolle der Ausfuhr von Herstellungstechnologie für alle Arten von UAV, unabhängig von deren Größe und Reichweite, ermöglicht. Nach der Öffnungsklausel in Artikel 8 der EG-Dual-use-Verordnung sind nationale Ausfuhrbeschränkungen aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder aus Menschenrechtserwägungen zulässig, wenn mangels unionsrechtlicher Regelungen eine Regelungslücke besteht.



Artikel 2



Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung.



Berlin, den 19. Dezember 2018
V B 2 - 50103/002 - 02



Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie



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