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Schadenshaftung der bei den Bundesbehörden beschäftigten Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer im Beamtenverhältnis sowie der Beamtinnen und Beamten, die zumindest zeitweilig mit der Führung eines Kraftwagens beauftragt sind, im Verhältnis zu ihrem Dienstherrn

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Schadenshaftung der bei den Bundesbehörden beschäftigten Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer
im Beamtenverhältnis sowie der Beamtinnen und Beamten, die zumindest zeitweilig mit der Führung
eines Kraftwagens beauftragt sind, im Verhältnis zu ihrem Dienstherrn



Fundstelle: GMBl 2018 Nr. 3, S. 26



Bezug: 

Rundschreiben BMI – D I 3 210 178/24 / BMF – Z B 1 – P 1070/06/0001 vom 27. Juni 2007 (GMBl 2007, S. 721)



– Gems. RdSchr. d. BMI u. BMF vom 19.12.2017 – BMI –
D 2 – 30101/1#13 – BMF – Z B 1 – P 1070/17/10002: 001 –





Mit Rundschreiben BMI – D I 3 210 178/24/BMF – Z B 1 – P 1070/06/0001 vom 27. Juni 2007 wurde zu den Voraussetzungen für den Rückgriff gegenüber Beamtinnen und Beamten des Bundes ausgeführt und bzgl. der Tarifbeschäftigten mit Rundschreiben BMI D 5 – 220 210 – 2/3 I f vom 29. September 2009 ergänzt. Änderungen im Beamten- und Versicherungsvertragsrecht, die Kündigung des Rahmenvertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Gothaer Allgemeinen Versicherung AG und die neuere Rechtsprechung zur Fürsorgepflicht machen Abänderungen der damaligen Ausführungen und eine Neufassung des Rundschreibens notwendig.



1
Grundsatz

§ 75 BBG regelt wie § 78 BBG a. F. abschließend die vermögensrechtliche Haftung des Beamten gegenüber dem Dienstherrn (Innenverhältnis).



Beamtinnen und Beamte haften für Schäden, die sie dem Dienstherrn zufügen, nur bei vorsätzlichem oder grob fahrlässigem Handeln (Artikel 34 Satz 2 GG; § 75 Absatz 1 Satz 1 des Bundesbeamtengesetzes [BBG]). Die frühere Unterscheidung zwischen hoheitlicher und nicht hoheitlicher Tätigkeit ist nicht mehr für den Haftungsmaßstab, sondern nur noch für den Rechtsweg beim Rückgriff des Dienstherrn von Bedeutung (Artikel 34 Satz 3 GG).



2
Schaden des Dienstherrn


2.1
Schadensarten

Der Schaden, für den Bedienstete des Bundes als Fahrerin oder Fahrer eines dienstlich geführten Kraftfahrzeuges haften, kann beim Bund entstanden sein entweder



unmittelbar an dem gelenkten Dienstkraftfahrzeug oder an sonstigem Bundeseigentum (Eigenschaden) oder


mittelbar dadurch, dass der Bund für den unmittelbar bei einem Dritten eingetretenen Schaden einstehen muss (Fremdschaden), z. B. gemäß Artikel 34 Satz 1 GG i.V.m. § 839 BGB, § 7 Absatz 1 des Straßenverkehrsgesetzes (StVG).


Durch dasselbe schädigende Ereignis kann zugleich ein Eigenschaden und ein Fremdschaden entstehen (Beispiel: Durch einen Kraftfahrzeugunfall wird sowohl das Dienstkraftfahrzeug beschädigt als auch eine dritte Person verletzt).



2.2
Schadensumfang

Zum Schaden rechnen u.a. auch Nutzungsausfall und Wertminderung des beschädigten (Dienst-)Kraftfahrzeuges sowie die Abschleppkosten. Ein Anspruch des Bundes auf eine abstrakt berechnete Nutzungsausfallentschädigung kommt in aller Regel nicht in Betracht (vgl. OLG Köln, Urteil vom 24. Februar 2005, Az. 7 U 118/04).



Wie Fremdschäden sind die Fälle zu behandeln, in denen der Bund aus Anlass eines von der Fahrerin oder dem Fahrer eines Dienstkraftfahrzeugs verursachten Kraftfahrzeugunfalls aufgrund zum Beispiel der §§ 30 ff. des Beamtenversorgungsgesetzes der Beifahrerin/dem Beifahrer oder sonstigen Insassen des Dienstkraftfahrzeugs oder der Fahrerin oder dem Fahrer, der Beifahrerin oder dem Beifahrer oder sonstigen Insassen eines beteiligten Dienstkraftfahrzeugs Unfallfürsorge (Heilverfahren, Unfallruhegehalt usw.) zu gewähren hat.



3
Verschulden

Die Pflichtverletzung muss vorsätzlich oder grob fahrlässig begangen worden sein. Das Verschulden muss sich nach § 75 Absatz 1 Satz 1 BBG nur auf die Pflichtverletzung, grundsätzlich nicht auch auf den Eintritt des durch sie verursachten Schadens und den Schadensumfang erstrecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.3.1999, Az. 2 C 15.98, Rdnr. 23; OVG Sachsen-Anhalt [OV ST], Urteil vom 20.2.2014, Az. 1 L 51/12, Rdnr. 44, zitiert nach Juris).



3.1
Vorsatz

Ob Vorsatz vorliegt, bestimmt sich nach den zivilrechtlichen Bestimmungen. Vorsätzlich handeln Bedienstete, die bewusst und gewollt ihre Dienstpflichten verletzen und sich der Pflichtwidrigkeit ihres Verhaltens bewusst sind (grds. BVerwG, Urteil vom 7.12.1984, Az. 6 C 199.81, BVerwGE 70, 296, 299). Vorsätzlich handelt auch, wer eine als möglich erkannte Pflichtverletzung billigend in Kauf nimmt (bedingter Vorsatz).



3.2
Grobe Fahrlässigkeit

Grob fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nach den gesamten Umständen in einem ungewöhnlich hohen Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem hätte einleuchten müssen. Nur objektiv ganz besonders schwere und zudem subjektiv schlechthin unentschuldbare Pflichtverletzungen, die das gewöhnliche, nach § 276 Absatz 2 BGB bestimmte Maß erheblich übersteigen, können den schwerwiegenden Vorwurf der groben Fahrlässigkeit rechtfertigen. Grobe Fahrlässigkeit kann gegebenenfalls angenommen werden



beim Überholen bei Nebel und unübersichtlicher Straßenführung;


beim Führen eines Kraftfahrzeugs, wenn feststeht, dass sich der Fahrer bewusst über von ihm erkannte deutliche Anzeichen einer Übermüdung hinweggesetzt hat;


beim Fahren mit überhöhter Geschwindigkeit trotz schlechter Sichtverhältnisse;


beim Einfahren eines Polizeifahrzeuges bei Rot in eine Kreuzung mit hoher Geschwindigkeit und/oder ohne rechtzeitige und ausreichende Sondersignale;


beim Nichtbeachten einer roten Ampel durch eine bestellte Kraftfahrzeugführerin oder einen bestellten Kraftfahrzeugführer;


bei Falschbetankung.


Ob und in welchem Maß ein Verhalten einfach oder grob fahrlässig war, muss unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, der individuellen Kenntnisse und der Erfahrungen des Handelnden beurteilt werden. Das Ergebnis hängt von der Abwägung aller objektiven und subjektiven Tatumstände im Einzelfall ab (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.8.2008, Az. 2 A 8.07, Rdnrn. 13 und 14, zitiert nach Juris). So hat z.B. das VG Aachen in seinem Urteil vom 8.2.2011, Az. 1 K 1880/10, bei einer Falschbetankung das Vorliegen grober Fahrlässigkeit verneint, weil der Kraftfahrer (Postzusteller) durch eine Postkundin abgelenkt gewesen sei, unter einer die Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigenden Krankheit gelitten habe und seine Arbeitsbelastung besonders hoch gewesen sei.



3.3
Unterschiede bei bestellten Kraftfahrzeugführern und Selbstfahrern

Bei der Feststellung des Grads der Fahrlässigkeit kann bei bestellten Kraftfahrzeugführern i.S.d. § 6 DKfzR ein strengerer Maßstab anzuwenden sein als bei „Selbstfahrerinnen“ und „Selbstfahrern“ i.S.d. § 7 DKfzR.



Für „Selbstfahrerinnen“ und „Selbstfahrer“, die gemäß § 5 Absatz 1, § 7 DKfzR zur Erfüllung ihrer Fachaufgaben berechtigt sind, ein Dienstkraftfahrzeug selbst zu führen, sind gegebenenfalls die Anforderungen weniger hoch anzusetzen, da sie das Lenken eines Kraftfahrzeuges nur „nebenbei“ übernehmen und deshalb bei ihnen eher mit der Möglichkeit eines Versagens im Straßenverkehr gerechnet werden muss.



4
Beweislast

In der Regel obliegt dem Dienstherrn, der eine Schadensersatzforderung gegen seine Bediensteten geltend macht, die Beweislast für die (objektive) Pflichtverletzung, den Schaden, die Kausalität und das Verschulden.



Steht allerdings fest, dass Bedienstete während der ausschließlichen Beherrschung des Gefahrenbereichs objektiv eine Dienstpflichtverletzung begangen haben, so kann sie die materielle Beweislast dafür treffen, dass die Pflichtverletzung ohne Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit begangen wurde (vgl. BVerwG, Urteil vom 11.3.1999, a.a.O., Rdnr. 27; Urteil vom 11.2.1986, 6 B 117/85, Rdnr. 6). Die Anforderungen an die Beweisführung dürfen nicht überzogen werden, damit nicht im Ergebnis eine Haftung schon für leichte Fahrlässigkeit eintritt.



5
Haftung bei Eigenschäden

Für Eigenschäden nimmt der Bund seine Bediensteten in vollem Umfang in Anspruch, wenn die oben dargestellten Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind. § 75 BBG geht vom Bestehen des Schadensersatzanspruchs in voller Höhe aus. Allerdings kann der Dienstherr die Durchsetzung mit Rücksicht auf seine Fürsorgepflicht im konkreten Einzelfall begrenzen. Bei grober Fahrlässigkeit bestehen demnach zwar die Ansprüche des Bundes in voller Höhe, die Geltendmachung bzw. Einziehung gegenüber dem Bediensteten kann aber begrenzt werden (vgl. hierzu unten Randnummer 7.3.2).



6
Rückgriff bei Fremdschäden

Bei Fremdschäden tritt der Bund für seine Bediensteten in gleicher Weise wie eine Haftpflichtversicherung ein (§ 2 Absatz 2 Satz 1 des Pflichtversicherungsgesetzes [PflVG]), so dass ein Rückgriff des Bundes gegenüber Bediensteten für Fremdschäden nur insoweit erfolgt, wie die gesetzliche Mindestversicherungssumme überschritten ist oder eine Haftpflichtversicherung berechtigt wäre, gegenüber dem Versicherungsnehmer Rückgriff zu nehmen (§ 2 Absatz 2 Satz 6 PflVG). Maßgebendes Kriterium hierbei muss sein, Fahrerinnen und Fahrer von Dienstkraftfahrzeugen nicht schlechter zu stellen, als sie bei Abschluss einer von Versicherungsunternehmen angebotenen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung stünden.



6.1
Rückgriff bei Überschreiten der Versicherungssumme


Die Eintrittsverpflichtung des Bundes beschränkt sich gemäß § 2 Absatz 2 Satz 2 PflVG auf die Mindestversicherungssummen. Diese betragen zurzeit bei Kraftfahrzeugen einschließlich der Anhänger je Schadensfall für Personenschäden je 7,5 Millionen Euro, für Sachschäden 1,22 Millionen Euro, für reine Vermögensschäden 50 000 Euro (vgl. § 4 Absatz 2 PflVG i.V.m. der Anlage). Bei Kraftfahrzeugen, die der Beförderung von Personen dienen und mehr als neun Plätze (ohne Fahrersitz) aufweisen, erhöhen sich die Beträge (vgl. § 4 Absatz 2 PflVG i.V.m. der Anlage). Bei einem Unfall im europäischen Ausland oder in den außereuropäischen Gebieten, die zum Geltungsbereich des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (ursprünglich Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft) gehören, sind die in dem jeweiligen Land des Schadensereignisses gesetzlich vorgeschriebenen, mindestens jedoch die in Deutschland geltenden Mindestversicherungssummen (vgl. § 1 Absatz 1 KfzPflVV) zugrunde zu legen.



Über diese Mindestsummen hinausgehend wird in Anpassung an die von gewerblichen Haftpflichtversicherern angebotenen Versicherungssummen der Bund Fahrerinnen und Fahrer bei grob fahrlässiger Pflichtverletzung nur für den Teil eines verursachten Fremdschadens in Regress nehmen, der 50 Millionen Euro Gesamtschaden für sämtliche Personen-, Sach- und Vermögensschäden übersteigt oder der im Rahmen der Gesamtdeckung einen Schaden von acht Millionen Euro für jede geschädigte oder getötete Person übersteigt.



6.2
Rückgriff bei Obliegenheitsverletzungen oder Gefahrerhöhung


Soweit der Schaden die in Randnummer 6.1 genannten Mindestversicherungssummen nicht übersteigt, kann der Bund Fahrerinnen und Fahrer nur dann in Anspruch nehmen, wenn bei gleichem Tatbestand ein Versicherer berechtigt wäre, gegen den Versicherungsnehmer oder die mitversicherte Fahrerin oder den mitversicherten Fahrer (§ 2 Absatz 2 Nummer 3 KfzPflVV) Rückgriff zu nehmen (§ 2 Absatz 2 Satz 6 PflVG). Dies ist gem. § 116 Absatz 2 Satz 2 VVG der Fall, wenn der Versicherer im Außenverhältnis, d. h. dem Geschädigten gegenüber, zur Leistung gem. § 117 VVG verpflichtet war, im Innenverhältnis zum Versicherungsnehmer aber – z.B. aufgrund von Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers – leistungsfrei ist. Solche Rückgriffsmöglichkeiten können sich u.a. aus den §§ 5 bis 7 KfzPflVV ergeben, in denen der Rahmen für Regressansprüche der Versicherer geregelt ist. Aufgrund der bisherigen Praxis ist davon auszugehen, dass die Versicherer diesen Rahmen voll ausschöpfen. Bediensteten steht jedoch der Nachweis offen, dass eine aufgrund der KfzPflVV zugelassene Regelung in der Mehrzahl der in der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossenen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherungsverträge nicht vereinbart wurde.



Nach den §§ 26, 28, 103 des Versicherungsvertragsgesetzes [VVG] bzw. den §§ 5 bis 7 KfzPflVV kommt eine Leistungsfreiheit des Versicherers beispielsweise in Betracht bei



6.2.1 vorsätzlicher widerrechtlicher Herbeiführung des Versicherungsfalles/Schadensereignisses (§ 2 Absatz 2 Satz 3 PflVG i.V.m. § 103 VVG);



6.2.2 Verletzung von vor Eintritt eines Versicherungsfalles zu erfüllenden Obliegenheiten (§ 5 Absatz 1 KfzPflVV, § 28 Absatz 2 VVG), z. B. durch



zweckwidrige Verwendung eines Fahrzeugs,


Verwendung eines Fahrzeugs bei nicht genehmigten Fahrveranstaltungen, bei denen es auf die Erzielung einer Höchstgeschwindigkeit ankommt (illegale Autorennen),


unberechtigten Gebrauchens oder unberechtigtes Gebrauchenlassens eines Fahrzeugs (Schwarzfahrt),


Führen oder Führenlassen des Fahrzeugs auf öffentlichen Wegen und Plätzen ohne die vorgeschriebene Fahrerlaubnis oder,


Führen oder Führenlassen des Fahrzeugs, obwohl die Fahrerin oder der Fahrer infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel dazu nicht sicher in der Lage ist.


Dem Dienstherrn steht ein Rückgriffsanspruch bei einer Obliegenheitsverletzung nach § 5 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 KfzPlfVV nur dann zu, wenn der Bedienstete die Obliegenheitsverletzung selbst begangen oder grob fahrlässig bzw. vorsätzlich ermöglicht hat. Eine Obliegenheitsverletzung nach § 5 Absatz 1 Nummer 5 KfzPflVV befreit den Dienstherrn nicht von der Leistungspflicht, soweit der Bedienstete durch den Versicherungsfall als Fahrzeuginsasse, der das Fahrzeug nicht geführt hat, geschädigt wurde (vgl. hierzu § 5 Absatz 2 KfzPflVV).



Bei Verletzung einer nach § 5 Absatz 1 KfzPflVV genannten Obliegenheit ist die Leistungsfreiheit des Dienstherrn und damit der Rückgriffsanspruch gegenüber dem Bediensteten auf den Betrag von höchstens je 5 000 Euro beschränkt. Dies gilt nicht gegenüber einem Fahrer, der das Fahrzeug durch eine strafbare Handlung erlangt hat (vgl. § 5 Absatz 3 KfzPflVV). Im Übrigen ist § 28 Absatz 2 und 3 VVG zu beachten.



6.2.3 Gefahrerhöhung gemäß § 26 VVG. Hier ist die Leistungsfreiheit ebenfalls auf einen Betrag von 5 000 Euro je betroffener Person beschränkt (§ 5 Absatz 3 Satz 1 KfzPflVV). Diese gilt nicht, wenn der Bedienstete diese oder dieser das Fahrzeug durch eine strafbare Handlung erlangt hat (§ 5 Absatz 3 Satz 2 KfzPflVV).



6.2.4 vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Verletzung von nach dem Eintritt eines Versicherungsfalles zu erfüllenden Obliegenheiten (§ 2 Absatz 2 Satz 3 PflVG, § 28 Absatz 3 VVG, § 6 Absatz 1 KfzPflVV), z. B. Verletzung der Anzeigepflicht aufgrund unterlassener oder verspäteter Schadensmeldung, Verstoß gegen die Aufklärungspflicht, eigenmächtiges (Teil-) Anerkenntnis oder eigenmächtige (Teil-) Anspruchsbefriedigung, Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht. Bei grober Fahrlässigkeit entfällt die Leistungsfreiheit, wenn die Obliegenheitsverletzung weder die Feststellung des Versicherungsfalles noch die Feststellung oder den Umfang der Leistung beeinflusst hat (§ 28 Absatz 3 Satz 1 VVG, § 6 Absatz 2 KfzPflVV). Dies gilt nicht, wenn der Versicherungsnehmer die Obliegenheit arglistig verschwiegen hat. Im Übrigen ist die Leistungsfreiheit auf einen Betrag von höchstens 2 500 Euro, bei besonders schwerwiegender vorsätzlicher Verletzung der Aufklärungs- oder Schadensminderungspflicht auf einen Betrag von höchstens 5 000 Euro beschränkt (§ 6 Absatz 1 und 3 KfzPflVV).



6.2.5 In den unter Randnummern 6.2.2 bis 6.2.4 genannten Fällen entfällt die Beschränkung der Leistungsfreiheit hinsichtlich



eines rechtswidrigen Vermögensvorteils, der dadurch erlangt worden ist, dass eine Obliegenheit in der Absicht verletzt wurde, sich oder einem Dritten dadurch einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen;


eines über den Umfang der nach der Sach- und Rechtslage geschuldeten Haftpflichtentschädigung hinausgehenden Betrages, wenn dieser geleistet worden ist, weil der Versicherungsnehmer vorsätzlich oder grob fahrlässig einen Anspruch ganz oder teilweise unberechtigt anerkannt oder befriedigt, eine Anzeigepflicht verletzt oder bei einem Rechtsstreit dem Versicherer nicht die Führung des Rechtsstreits überlassen hat (§ 7 KfzPflVV).


6.2.6 Weitere Fälle, in denen dem Versicherer ein Rückgriffsanspruch zustehen kann, ergeben sich aus der einschlägigen Rechtsprechung und Kommentarliteratur (u.a. Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Aufl., 350 AKB 2008 D.3, Rdnr. 1 ff.; Stiefel/Maier, Kraftfahrtversicherung, 19. Aufl., D.1 AKB, Rdnr. 25 ff.).



6.2.7 Soweit nach den genannten Bestimmungen die Leistungsfreiheit des Versicherers auf einen bestimmten Betrag beschränkt ist, kommt wegen der gesetzlichen Vorgabe des § 2 Absatz 2 Satz 6 PflVG auch nur in diesem Umfang ein Rückgriff gegen Fahrerinnen und Fahrer des Bundes in Betracht.



7
Geltendmachung des Anspruchs


7.1
Betragsmäßige Feststellung des Haftungsumfangs, Freistellungsanspruch

Bei Verkehrsunfällen wird die genaue Bestimmung der Schadenshöhe häufig [– insbesondere bei Personenschäden –] erst nach geraumer Zeit möglich sein. Spätere Unfallfolgen können den zunächst zugrunde gelegten Schadensbetrag nachträglich nicht unerheblich erhöhen. In solchen Fällen sollte für den Anspruch des Dienstherrn nicht lediglich ein Prozentsatz, sondern ein fester Geldbetrag bestimmt werden. Wenn sich aus dem Unfall Rentenverpflichtungen ergeben, wird bei der Festsetzung des Geldbetrages zweckmäßigerweise von einer angenommenen Kapitalisierung der Rente auszugehen sein.



In dem Umfang, in dem Bedienstete von der Haftung gegenüber dem Dienstherrn frei bleiben, haben sie auch einen Anspruch darauf, vom Dienstherrn von etwaigen Ersatzansprüchen Dritter aus Anlass des Schadensfalles freigestellt zu werden.



7.2
Verfahren

Die Entscheidung darüber, ob und inwieweit nach den Umständen des Einzelfalles ein Haftungsanspruch gegeben ist, trifft grundsätzlich die Behörde der oder des unmittelbar zuständigen Dienstvorgesetzten, soweit die oberste Dienstbehörde keine andere Zuständigkeitsregelung getroffen hat.



Die Entscheidung ist den betroffenen Bediensteten schriftlich mitzuteilen.



Vor Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs sind Bedienstete darüber zu unterrichten, dass sie die Mitbestimmung des Personalrates beantragen können (§ 76 Absatz 2 Satz 1 Nummer 9 i.V.m. Satz 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes).



Soweit die Bediensteten einwilligen, ist ein schriftliches Anerkenntnis ihrer Zahlungsverpflichtung aufzunehmen.



Auf Antrag kann nach § 59 Absatz 1 Nummer 1 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) Stundung bewilligt werden; die Stundung kann durch Einräumung angemessener Teilzahlung gewährt werden. Nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen und das Verfahren für die Stundung von Ansprüchen enthalten die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 59 BHO (GMBl 2001, S. 307; zuletzt geändert durch Rundschreiben vom 10. Februar 2016 – GMBl 2016, S. 204, zu weiteren Möglichkeiten vgl. § 59 BHO – bezüglich des Erlasses der Forderung unten Randnummer 7.3).



Bei einem Eigenschaden oder bei einem Fremdschaden, der nicht im Rahmen hoheitlicher Tätigkeit verursacht wurde, ist der Bund berechtigt, seine Forderung durch Leistungsbescheid oder durch verwaltungsgerichtliche Leistungsklage geltend zu machen oder mit seinem Ersatzanspruch gegen die Forderung auf Zahlung von Dienstbezügen bis zur Höhe des pfändbaren Teils aufzurechnen, soweit nicht auch auf den unpfändbaren Teil zugegriffen werden kann (§ 11 Absatz 2 des Bundesbesoldungsgesetzes [BBesG]). Für den Rückgriff bei Fremdschäden, die in Ausübung eines öffentlichen Amtes entstanden sind, ist gemäß Artikel 34 Satz 3 GG der ordentliche Rechtsweg gewährleistet. Soweit der Aufforderung zum Schadensausgleich nicht nachgekommen wird, muss der Regressanspruch des Dienstherrn im Zivilrechtsweg (Mahnverfahren oder Leistungsklage) durchgesetzt werden.



7.3
Erlass


7.3.1
Grundsatz

Ein Schadensersatzanspruch ist bei Vorliegen der Voraussetzungen grundsätzlich geltend zu machen (§ 34 Absatz 1 BHO), um dem haushaltsrechtlichen Gebot zu sparsamer Verwaltungsführung und der Pflicht zur vorbeugenden und gegebenenfalls pflichtenmahnenden Einwirkung auf die Beamtenschaft zu genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.8.1973, Az. VI C 15.71, BVerwGE 44, 27).



Unter den Voraussetzungen des § 59 Absatz 1 Satz 1 BHO darf das zuständige Bundesministerium oder die von ihr bestimmte Behörde die Ansprüche stunden (Nummer 1); niederschlagen (Nummer 2) oder erlassen (Nummer 3).



Ansprüche dürfen zum Beispiel nur erlassen werden, wenn die Einziehung nach Lage des einzelnen Falles für den Anspruchsgegner eine besondere Härte bedeuten würde.



Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn ist allerdings bei der Bemessung der Schadensersatzforderung und bei der Fragestellung einer besonderen Härte zu berücksichtigen (vgl. BVerwG, Urteil vom 8.8.1973, a.a.O.; BVerwG, Urteil vom 11.3.1999, Az. 2 C 15.98 [m.w.N.]; OVG ST, Urteil vom 20.2.2014, Az. 1 L 51/12, Rdnr. 76, zitiert nach Juris).



Erscheint der festgesetzte Schadensbetrag nach den besonderen Umständen des Einzelfalles in seiner vollen Höhe unzumutbar und/oder wäre die Haftung gegenüber einer Arbeitnehmerin/einem Arbeitnehmer nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts begrenzt, kann gemäß § 59 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 BHO der Anspruch ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn die Einziehung des Betrages für die betroffene Person eine besondere Härte bedeuten würde.



Bei vorsätzlichem Handeln soll ein solcher auch nur teilweiser Erlass auf besonders gestaltete, atypische Einzelschicksale beschränkt bleiben.



Sofern ein Beamter in Ausübung seines Dienstes grob fahrlässig einen so hohen Schaden verursacht hat, dass es selbst bei Berücksichtigung seines verhältnismäßig schweren Verschuldens unbillig oder sogar unzumutbar erscheint, den vollen Ersatz des Schadens von ihm zu verlangen, kann sich für den Dienstherrn die Frage stellen, ob nicht das beiderseitige Treueverhältnis und die beamtenrechtliche Fürsorgepflicht es angemessen erscheinen lassen, den Schadensersatzanspruch nach Maßgabe des Haushaltsrechts nur soweit durchzusetzen, dass die Lebenshaltung und die Dienstfreude des Beamten nicht in unerträglicher Weise beeinträchtigt werden. Dabei würde es sich aber um eine vom Ermessen des Dienstherrn bestimmte Hilfeleistung handeln, die nicht den rechtlichen Bestand des Schadensersatzanspruchs berührt, sondern vielmehr gerade daran anknüpft, dass gegen den Beamten ein nach Grund und Höhe bestimmter voller Schadensersatzanspruch besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.9.1964, Az. II C 147.61, BVerwGE 19, 243 [Obiter Dictum]; OVG ST, a.a.O.). Die Durchsetzung kann nach Würdigung der Umstände im konkreten Einzelfall demzufolge begrenzt werden (vgl. im Weiteren Randnummer 7.3.2). Der Sachverhalt ist im Vorfeld vollumfänglich aufzuklären.



Eine besondere Härte liegt insbesondere nicht vor, soweit die oder der Bedienstete aus Anlass des schadenstiftenden Ereignisses Ansprüche gegen eine Versicherungsgesellschaft besitzt.



7.3.2
Haftungsbegrenzung

Bei Fremdschäden ist eine Haftungsbegrenzung bereits durch die KfzPflVV vorgesehen (vgl. Randnummer 6).



Kommt für Eigenschäden eine Haftungsbegrenzung nach dem in Nr. 7.3.1 beschriebenen Grundsatz in Betracht und besitzt der Bedienstete keine oder keine Ansprüche in der jeweiligen Höhe gegen eine Versicherungsgesellschaft, gilt:



Verletzt ein Bediensteter seine Dienstpflicht grob fahrlässig und entsteht dadurch ein Eigenschaden, soll ein angemessener Schuldbetrag (vgl. Randnummer 7.3.3) eingezogen werden (Ersatzbetrag). Die Angemessenheit ist unter Berücksichtigung des Einzelfalls festzulegen. Für den Normalfall kommt eine Orientierung an drei Messbeträgen in Betracht. Soweit der Schuldbetrag den Ersatzbetrag übersteigt, soll er grundsätzlich nicht weiter geltend gemacht werden, sondern aus Fürsorgegründen (vgl. Randnummer 7.3.1) erlassen werden.



§ 59 Absatz 1 BHO und die Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zu § 59 BHO bleiben im Übrigen unberührt.



7.3.3
Definition Messbetrag

Messbetrag ist das Grundgehalt der Besoldungsgruppe der Beamtin oder des Beamten nach Anlage IV BBesG. In den Messbetrag werden alle in Monatsbeträgen zu zahlenden Zulagen einbezogen. Der Auslandszuschlag wird zur Hälfte berücksichtigt. Der Familienzuschlag bleibt unberücksichtigt. Bei Teilzeitbeschäftigung wird der Messbetrag im gleichen Verhältnis wie die Arbeitszeit gekürzt. Maßgeblich ist der (Brutto-)Besoldungsanspruch, der unabhängig von der tatsächlich bewirkten Auszahlung für den Monat der Schadensverursachung besteht.



8
Verjährung

Für die Verjährung von Rückgriffsansprüchen des Dienstherrn gegen Bedienstete gelten die allgemeinen Verjährungsvorschriften des BGB entsprechend.



Hat der Dienstherr Dritten Schadensersatz geleistet, gilt als Zeitpunkt, zu dem der Dienstherr Kenntnis im Sinne der Verjährungsvorschriften des BGB erlangt, der Zeitpunkt, zu dem der Ersatzanspruch gegenüber Dritten vom Dienstherrn anerkannt oder dem Dienstherrn gegenüber rechtskräftig festgestellt wird (vgl. § 75 Absatz 2 BBG).



9
Ergänzende Regelung

Ergänzende bzw. weitergehende Anordnungen können die Ressorts treffen, um insbesondere den speziellen Gegebenheiten in ihren Bereichen oder einzelnen Verwaltungszweigen gerecht werden zu können. § 59 BHO bleibt unberührt.



Abschließend weise ich darauf hin, dass Bedienstete eine Regress-Haftpflichtversicherung, eine Rechtsschutzversicherung und/oder eine Fahrer-Unfallversicherung abschließen können. Aktuelle Informationen entnehmen Sie dem anliegenden Merkblatt.



Ferner weise ich auf das Rundschreiben BMI – D II 3 – 223 211/2 – vom 12. Februar 2007 zur möglichen Erstattungsfähigkeit von Schäden bei Nutzung von privaten Kraftfahrzeugen zum Zwecke von Dienstreisen hin. Im Falle von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit ist die Kostenerstattung ausgeschlossen (vgl. Nummer 3 vorgenannten Rundschreibens).



Das gemeinsame Rundschreiben des BMF und des BMI vom 27. Juni 2007



– BMI – D I 3 210 178/24 –



– BMF – Z B 1 – P 1070/06/0001 –



wird hiermit aufgehoben.





Oberste Bundesbehörden






Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage: Merkblatt - Abschluss einer freiwilligen Diensthaftpflicht- und Regressversicherung für Kraftfahrerrinnen und Kraftfahrer sowie der Bediensteten, die zumindest zeitweilig mit der Führung eines Kraftwagens beauftragt sind