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Bekanntmachung von Richtlinien über die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung von Modellvorhaben nach § 4 Absatz 6 Satz 3 des Ergotherapeutengesetzes, § 6 Absatz 4 Satz 3 des Hebammengesetzes, § 4 Absatz 6 Satz 3 des Logopädengesetzes und § 9 Absatz 3 Satz 3 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes

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Bekanntmachung von Richtlinien über die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung von Modellvorhaben nach
§ 4 Absatz 6 Satz 3 des Ergotherapeutengesetzes,
§ 6 Absatz 4 Satz 3 des Hebammengesetzes,
§ 4 Absatz 6 Satz 3 des Logopädengesetzes
und § 9 Absatz 3 Satz 3 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes



Vom 16. November 2009



Fundstelle: BAnz 2009 Nr. 180, S. 4052



Das Bundesministerium für Gesundheit macht nachstehend die bei der wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung von Modellvorhaben nach § 4 Absatz 6 Satz 3 des Ergotherapeutengesetzes, § 6 Absatz 4 Satz 3 des Hebammengesetzes, § 4 Absatz 6 Satz 3 des Logopädengesetzes und § 9 Absatz 3 Satz 3 des Masseur- und Physiotherapeutengesetzes anzuwendenden Evaluationsrichtlinien bekannt:



Evaluationsrichtlinien



Mit dem Gesetz zur Einführung einer Modellklausel in die Berufsgesetze der Hebammen, Logopäden, Physiotherapeuten und Ergotherapeuten vom 25. September 2009 (BGBl. I S. 3158) wurden die Voraussetzungen für eine Erprobung von Ausbildungsangeboten geschaffen, die der Weiterentwicklung der genannten Berufe unter Berücksichtigung der berufsfeldspezifischen Anforderungen sowie moderner berufspädagogischer Erkenntnisse dienen sollen. Die Erprobung umfasst auch die Möglichkeit, akademische Erstausbildungen in den betreffenden Berufen durchzuführen. Ziele, Dauer, Art und allgemeine Vorgaben zur Ausgestaltung der Modellvorhaben sowie die Bedingungen für die Teilnahme sind jeweils von den Ländern festzulegen. Dabei ist eine wissenschaftliche Begleitung und Auswertung sicherzustellen, die auf den nachfolgenden Evaluationsrichtlinien basiert:



I. Untersuchungen



Bei der Durchführung der Modellausbildungen sollen folgende Fragen untersucht werden:



1 Akademische Erstausbildungen



1.1 Ausbildungsstätten



Die Ausbildungen finden bisher an staatlich anerkannten Fachschulen des Gesundheitswesens statt. Bei einer Ausbildung an Hochschulen sind folgende Fragen zu beantworten:



1.1.1 Welche Voraussetzungen muss die Hochschule erfüllen, um die Genehmigung für eine Modellausbildung zu erhalten?



1.1.2 Wie ist die sachliche und personelle Ausstattung, welche Unterschiede lassen sich dabei zwischen den Hochschulen und Fachschulen erkennen?



1.1.3 Welche Motive haben die Ausbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer, die sich für die Teilnahme an einer Modellausbildung an einer Hochschule entscheiden? Welche Erwartungen haben sie an die Ausbildung?



1.1.4 Wie und in welchem Umfang kooperieren die Hochschulen bei der Ausbildung mit anderen Einrichtungen?



1.2 Struktur und Organisation der Ausbildung



Die gesetzliche Regelausbildungszeit beträgt drei Jahre. Die vom Verordnungsgeber festgelegte Mindeststundenzahl unterscheidet sich bei den einzelnen Berufen teilweise. Üblicherweise besteht die vorgegebene Ausbildung aus theoretischem und praktischem Unterricht und einer praktischen Ausbildung. Die Ausbildungsinhalte sind, ebenso wie die Verteilung der Stunden auf die einzelnen Fächer und die Gebiete der praktischen Ausbildung, in der Anlage 1 zur Ausbildungs- und Prüfungsverordnung vorgegeben. Abweichungen von den Vorgaben der Verordnung erlaubt der Gesetzgeber nur für den theoretischen und praktischen Unterricht. Bei einer Ausbildung an Hochschulen sind folgende Fragen zu beantworten:



1.2.1 Allgemeine Fragen



1.2.1.1 Ist eine dreijährige Ausbildung für eine qualifizierte Patientenversorgung ausreichend?



1.2.1.2 Welche inhaltlichen Unterschiede gibt es bei der Ausbildung an der Hochschule im Vergleich zur Fachschule?



1.2.1.3 Welche Auswirkungen hat eine Hochschulausbildung auf die Organisation und Struktur der Ausbildung?



1.2.1.4 Wie werden die einzelnen Ausbildungsbestandteile im Kontext der Gesamtausbildung und im Vergleich zur fachschulischen Ausbildung grundsätzlich bewertet?



1.2.2 Fragen zu den Lehrveranstaltungen an der Hochschule



1.2.2.1 Wie und in welchem Umfang wird von den Vorgaben zum theoretischen und praktischen Unterricht abgewichen?



1.2.2.2 In welchen Formen werden Lehrveranstaltungen durchgeführt; welche Lehr- und Lernmethoden werden dabei eingesetzt?



1.2.2.3 Wie unterscheiden sich die Lehrveranstaltungen an der Hochschule vom Unterricht an der Fachschule?



1.2.2.4 Wie wird bei den Lehrveranstaltungen an der Hochschule ein praxisnahes Lehren und Lernen gewährleistet?



1.2.2.5 Über welche Qualifikationen verfügt das Lehrpersonal an der Hochschule, insbesondere wie ist der Anteil der Lehrenden mit jeweils einschlägigen berufsspezifischen Qualifikationen?



1.2.2.6 Wie werden die Lehrveranstaltungen als Bestandteil der Ausbildung und im Vergleich zur fachschulischen Ausbildung grundsätzlich bewertet?



1.2.3 Fragen zur praktischen Ausbildung



1.2.3.1 Wie und in welcher Form stellen die Hochschulen die praktische Ausbildung an Patientinnen und Patienten sicher?



1.2.3.2 Wie wird die praktische Ausbildung organisiert (z. B. Praxisblöcke oder Praxissemester)?



1.2.3.3 Wie wird der Stellenwert der praktischen Ausbildung als Bestandteil der Ausbildung und im Vergleich zur fachschulischen Ausbildung grundsätzlich bewertet?



1.2.3.4 Sind während der praktischen Ausbildung Unterschiede zwischen Ausbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmern an Hochschulen und Schülerinnen und Schülern an Fachschulen festgestellt worden? Wenn ja, welche? Welche Ursachen gibt es für die Unterschiede?



1.2.4 Fragen zur Verknüpfung der Ausbildung an der Hochschule mit der praktischen Ausbildung



1.2.4.1 Wie stellt die Hochschule eine Praxisbegleitung während der praktischen Ausbildung sicher?



1.2.4.2 Steht während der praktischen Ausbildung eine Praxisanleitung zur Verfügung? Über welche Qualifikation verfügen diese Personen?



1.3 Staatliche Prüfung



Die staatliche Prüfung umfasst einen schriftlichen, mündlichen und praktischen Teil. Bei einer Ausbildung an Hochschulen sind folgende Fragen zu beantworten:



1.3.1 Wie wird die Prüfung an der Hochschule organisiert?



1.3.2 Welche Auswirkungen hat die Ansiedlung der Ausbildung an die Hochschule auf die Zusammensetzung der Prüfungskommission?



1.3.3 Sind bei den Hochschulen besondere Schwierigkeiten mit der Umsetzung der Vorgaben der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung zur staatlichen Prüfung aufgetreten? Wenn ja, welche?



1.3.4 Waren im Hinblick auf die bestehenden Abweichungsmöglichkeiten beim theoretischen und praktischen Unterricht Probleme mit der Umsetzung der Prüfungsvorschriften erkennbar? Wenn ja, welche?



1.3.5 Enthalten die hochschulischen Ausbildungen Inhalte und Kompetenzen, die über die Regelungen der staatlichen Prüfung hinaus geprüft werden sollten oder wurden?



1.3.6 Wie werden die Regelungen zur staatlichen Prüfung bei Ausbildungen an Hochschulen und im Vergleich zur fachschulischen Ausbildung grundsätzlich bewertet?



1.4 Ausbildungskosten



Die Ausbildungen im Bereich der Ergotherapie, Logopädie und Physiotherapie finden an Fachschulen des Gesundheitswesens statt. Eine Ausbildungsvergütung gibt es nicht. Die Zahlung von Schulgeld, über das sich insbesondere die privaten Schulen refinanzieren, ist üblich. In der Hebammenausbildung wird eine Ausbildungsvergütung gezahlt. Die Ausbildung wird über die Krankenhausfinanzierung refinanziert. Diese Regelungen wurden für die Erprobung von Hochschulausbildungen abbedungen. Hieraus ergeben sich folgende Fragen:



1.4.1 Welche finanziellen Auswirkungen hat eine Hochschulausbildung auf die Ausbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer? Welche Kosten entstehen ihnen?



1.4.2 Welche finanziellen Auswirkungen hat eine Hochschulausbildung auf die Hochschulen? Entstehen zusätzliche Kosten? Wenn ja, welche und wie hoch sind diese?



1.4.3 Wie stellen sich die Kosten für die Ausbildungen an Hochschulen im Vergleich zu den Ausbildungen an Fachschulen dar?



1.4.4 Ergeben sich aus der akademischen Erstausbildung Folgekosten für das Gesundheitssystem? Wenn ja, welche und in welcher Höhe?



2 Untersuchung von fachschulischen Modellausbildungen



Der Evaluation der fachschulischen Modellausbildungen sind die unter Nummer 1 genannten Fragen entsprechend zugrunde zu legen.



II. Bewertung



Auf der Basis der erworbenen Untersuchungsergebnisse soll jedes Modellvorhaben Bewertungen zu folgenden Fragen enthalten:



1 Machbarkeit



1.1 Wie wird die Machbarkeit von akademischen Erstausbildungen in den Berufen bewertet?



1.2 Wären für eine dauerhafte Etablierung akademischer Erstausbildungen Änderungen in den Berufsgesetzen erforderlich? Wenn ja, welche?



1.3 Welche Erkenntnisse ergeben sich bei den fachschulischen Modellen?



2 Kosten



2.1 Wie werden die Kosten bei der akademischen Erstausbildung im Vergleich zu den derzeitigen Kosten der Ausbildung bewertet?



2.2 Welche Erkenntnisse ergeben sich bei den fachschulischen Modellen?



2.3 Wie werden die Kosten im Rahmen des Gesundheitssystems im Vergleich zum Nutzen bewertet?



2.4 Zusatz für die Hebammenausbildung:



Wie wird der Wegfall der Regelungen über den Ausbildungsvertrag und die Zahlung der Ausbildungsvergütung bewertet?



3 Bedarf



3.1 Wie hoch ist der Bedarf für eine akademische Erstausbildung? Für welche Bereiche der jeweiligen Gesundheitsfachberufe ist eine akademische Ausbildung erforderlich?



3.2 Sollte die Akademisierung oder Teilakademisierung der Ausbildungen angestrebt werden?



4 Vorteile/Nachteile



4.1 Was ist der Mehrwert einer hochschulischen Ausbildung, insbesondere im Hinblick auf die Qualität der Versorgung der Patientinnen und Patienten?



4.2 Welcher Mehrwert ergibt sich aus hochschulischer Ausbildung für das Gesundheitssystem insgesamt?



4.3 Rechtfertigt der Mehrwert einer hochschulischen Ausbildung den damit verbundenen Mehraufwand?



4.4 Wie werden die Auswirkungen einer Akademisierung auf die Fachschulen bewertet?



5 Bewährung



Wie haben sich die akademischen Erstausbildungen und Modelle an den Fachschulen insgesamt aus Sicht



5.1 der Hochschulen



5.2 der Fachschulen



5.3 des Lehrpersonals an Hochschulen/Fachschulen



5.4 der Ausbildungsteilnehmerinnen und -teilnehmer



5.5 der Berufspraxis von Praxisanleitern und anderen Berufsangehörigen sowie potenziellen Arbeitgebern



bewährt?



6 Sonstige Bemerkungen



Gibt es über die angesprochenen Fragen hinausgehende Anmerkungen, über die die Beteiligten und insbesondere der Gesetzgeber informiert werden sollte?



7 Schlussfolgerung



Welche Schlussfolgerung ist aus der Evaluation für die Zukunft von akademischen Erstausbildungen an Hochschulen bzw. die Zukunft der fachschulischen Ausbildungsformen zu ziehen?



Diese Richtlinie ist abrufbar unter www.bmg.bund.de/bekanntmachungen oder www.bmg.bund.de/Bekanntmachungen.





Bonn, den 16. November 2009



Bundesministerium für Gesundheit



Im Auftrag
Dr. Volker Grigutsch