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Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke - Empfehlung der Strahlenschutzkommission

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Bekanntmachung einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission
(Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke
vom 10. April 2014)



Vom 15. September 2014



Fundstelle: BAnz AT 05.11.2014 B3





Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission (SSK), verabschiedet in der 269. Sitzung der Kommission am 10. April 2014, bekannt gegeben.



Bonn, den 15. September 2014
RS II 2 - 17027/2



Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit



Im Auftrag
Dr. Böttger





Anlage



Planung der Iodblockade
in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke
Empfehlung der Strahlenschutzkommission
Verabschiedet in der 269. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 10. April 2014





Inhaltsverzeichnis



1

Einleitung

2

Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke

2.1

Empfehlung

2.2

Begründung





1 Einleitung



In Deutschland wurde die Energiepolitik geändert und beschlossen, die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung einzustellen und die in Betrieb befindlichen Leistungsreaktoren schrittweise stillzulegen. In einem ersten Schritt wurde 2011 die Stromerzeugung durch die sieben ältesten Reaktoren und das Kernkraftwerk Krümmel dauerhaft eingestellt.



Solange der bestrahlte Brennstoff nicht aus den stillgelegten Kernkraftwerken* entfernt ist, muss die Vorsorge für Notfälle sichergestellt sein. Allerdings kann die Planung der Schutzmaßnahmen wegen des veränderten Gefährdungspotenzials modifiziert werden. Die SSK untersucht, inwieweit die Planungen verändert werden können.



Diese Empfehlung befasst sich mit der Schutzmaßnahme „Einnahme von Iodtabletten“, die auch unter der Bezeichnung Iodblockade bekannt ist.





2 Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke



2.1
Empfehlung


Bereits stillgelegte Kernkraftwerke:



Die Planung der Iodblockade für die Umgebung der in 2011 endgültig stillgelegten Kernkraftwerke muss nicht mehr aufrechterhalten werden.



Zukünftig stillzulegende Kernkraftwerke:



Für die Umgebung aller künftig in Deutschland endgültig stillgelegten Kernkraftwerke empfiehlt die SSK, dass die Planung der Iodblockade für die Dauer eines Jahres entsprechend 12 Monaten ab dem Tag der letzten Abschaltung beibehalten werden muss.



Für zukünftig im grenznahen Ausland stillzulegende Kernkraftwerke sollte die Übertragbarkeit des für deutsche Anlagen empfohlenen Vorgehens im Einzelfall durch Rücksprache mit den zuständigen Behörden des Auslands geprüft werden.



2.2
Begründung


Die Durchführung der Schutzmaßnahme „Einnahme von Iodtabletten“ in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke, die länger als ein Jahr außer Betrieb sind, aufgrund eines Ereignisses in diesen Anlagen muss aus folgenden Gründen nicht vorgesehen werden:



Durch den radioaktiven Zerfall ist das Inventar der für die Iodblockade relevanten Iodisotope, insbesondere des Iod-131, im Kernbrennstoff so reduziert, dass auch bei unfallbedingter Freisetzung radioaktiver Stoffe die Eingreifrichtwerte für die Durchführung der Iodblockade bei allen Personengruppen (für Kinder, Jugendliche und Schwangere sowie für Personen bis 45 Jahre) nicht erreicht werden können.


Die SSK hat in diesem Zusammenhang untersucht, ab welchem Zeitraum das Freisetzungspotenzial so gering ist, dass die Eingreifrichtwerte nicht mehr erreicht werden können. Dabei wurde konservativ davon ausgegangen, dass das etwa doppelte Inventar des Reaktorkerns als Freisetzungspotenzial anzusehen ist (ca. 7E+18 Bq für I-131). Damit sind auch alle weiteren Quellen für eine Freisetzung von Iod-Isotopen wie das Brennelementlagerbecken abgedeckt. Nach 365 Tagen Abklingzeit wäre das Iod-131-Inventar des Kraftwerks so gering, dass selbst bei einer vollständigen Freisetzung die Grenzwerte für die Ableitung im Normalbetrieb erheblich unterschritten sein würden. Die Eingreifrichtwerte für die Iodblockade können unabhängig von unterstellten Szenarien nicht erreicht werden.


Szenarien, bei denen eine ungewollte Kritikalität aufträte, die zur Entstehung von Iod-Isotopen in einer Menge führt, die für die Durchführung einer Iodblockade relevant sein könnte, z.B. durch Einwirkung von außen auf die im Lagerbecken aufbewahrten Brennelemente, können sicher ausgeschlossen werden. Zur Beurteilung der Möglichkeit des Auftretens solcher Szenarien hat die SSK die Reaktorsicherheitskommission (RSK) um eine Bewertung gebeten.


Die RSK hat sich mit der Fragestellung in mehreren Sitzungen befasst und die Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) wurde mit entsprechenden Kritikalitätsrechnungen beauftragt.


Die Beratungen der RSK wurden in der 465. Sitzung der Kommission am 24. April 2014 abgeschlossen. Die RSK stellte fest, dass unter den aktuellen Bedingungen der bereits längerfristig abgeschalteten Kernkraftwerke eine Kritikalität im Brennelement-Lagerbecken nur unter sehr theoretischen Annahmen möglich ist. Auch dann würde die Kritikalität zeitlich eng begrenzt sein. Eine signifikante Produktion von Iod ist deshalb nicht zu besorgen. Diese Aussage kann auch auf diejenigen deutschen Anlagen übertragen werden, die in Zukunft endgültig abgeschaltet werden, sobald deren Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter in das Lagerbecken umgelagert worden sind.