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Bekanntmachung von Empfehlungen der Strahlenschutzkommission (Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen)

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Bekanntmachung
von Empfehlungen der Strahlenschutzkommision



(Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen – Einleitung)

und

(Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen – Tabellen)





Nachfolgend werden die Empfehlungen der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 231. Sitzung der Kommission am 9./10. Dezember 2008, bekannt gegeben.





Bonn, den 15. Juli 2009

RS II 2 – 17027/2



Bundesministerium für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit



Im Auftrag
Dr. B ö t t g er





Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen

- Einleitung –



Empfehlung der Strahlenschutzkommision

Verabschiedet in der 231. Sitzung der Strahlenschutzkomission am 9./10.12. 2008





Die mittlere Strahlenexposition der Bevölkerung steigt in Deutschland durch die hohe Anzahl von Röntgenuntersuchungen signifikant an. Ursache ist vor allem die häufige Anwendung von Untersuchungsverfahren in der medizinischen Diagnostik, die mit höheren Strahlendosen für die Patienten verbunden sind, wie z.B. die Computertomographie (CT).



Das Bundesumweltministerium (BMU) als das für Strahlenschutz zuständige Ressort setzt sich dafür ein, die Anzahl der Anwendungen so gering wie möglich zu halten.

Die Strahlenschutzkommission (SSK) hat daher im Auftrag des BMU einen Katalog erstellt, der für die unterschiedlichen diagnostischen Fragestellungen jeweils das beste bildgebende Verfahren empfiehlt. Dieser Katalog soll Ärzten eine Orientierungshilfe bieten, um den potenziellen Gewinn der unterschiedlichen Verfahren und die damit verbundenen gesundheitlichen Risiken besser abwägen zu können. Da medizinische Diagnoseverfahren fortlaufend weiterentwickelt werden, wird auch dieser Katalog immer wieder überarbeitet und aktualisiert.



Der Katalog befreit den anwendenden Arzt oder die anwendende Ärztin nicht von der Pflicht, die rechtfertigende Indikation für die gewählte Untersuchungsart zu stellen und zu dokumentieren. Ziel des Katalogs ist es, unnötige Strahlenbelastungen zu vermeiden und gleichzeitig die medizinische Diagnostik zu verbessern.



Ich danke der Strahlenschutzkommission, den beteiligten medizinischen Fachgesellschaften und insbesondere der Arbeitsgruppe unter dem Vorsitz von Herrn PD Dr. Dr. Reinhard Loose für ihre Arbeit.





Sigmar Gabriel

Bundesminister für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit





Inhaltsverzeichnis






Seite

Einleitung


Vorwort zur 1. Auflage

4

Vorwort zur 2. Auflage

4

Einführung

5

Tabellen


Bildgebende Verfahren

12

Klinische Fragestellungen und empfohlene Untersuchungsverfahren

18


A. Kopf (einschließlich HNO-Probleme)

19


B. Hals

23


C. Wirbelsäule

25


D. Knochenskelett und Muskulatur

27


E. Herz-Kreislaufsystem

31


F. Thorax

34


G. Verdauungssystem

38


H. Urologisches System, Nebennieren und Urogenitaltrakt

44


I. Gynäkologie und Geburtshilfe

47


J. Brusterkrankungen

49


K. Trauma

52


L. Onkologie

60


M. Kinder

71


N. Interventionelle Radiologie

80

Abkürzungsverzeichnis

85





Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen

- Einleitung –





Vorwort zur 1. Auflage 2006 (Auszug)



Der Rat der Europäischen Union fordert in seiner Richtlinie 97/43/EURATOM von den Mitgliedsstaaten neben einer Reihe von Maßnahmen zur Optimierung des medizinischen Strahlenschutzes u.a. die Erstellung von „Empfehlungen hinsichtlich der medizinischen Expositionen". Von der Europäischen Union wurden bereits Leitlinien ähnlichen Inhaltes erarbeitet, die sich an existierenden Orientierungshilfen aus England orientieren und in deutscher Sprache im Internet verfügbar sind. In Österreich steht die zweite1 Auflage einer ähnlichen Leitlinie unter dem Namen „Orientierungshilfe Radiologie" im Internet zur Verfügung.

Die Strahlenschutzkommission (SSK) des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) verabschiedete im Dezember 2001 auf ihrer 175. Sitzung die Empfehlung, solche Überweisungskriterien für Deutschland durch die wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften erstellen zu lassen. Dazu wurde zunächst an die Deutsche Röntgengesellschaft (DRG) und an die Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin (DGN) als Hauptanwender ionisierender Strahlen in der Medizin herangetreten mit der Bitte, einen Entwurf für eine Orientierungshilfe zu erstellen.

Auf Einladung und unter Leitung des Ausschusses „Strahlenschutz in der Medizin“ der SSK haben Experten aus Radiologie und Nuklearmedizin in Abstimmung mit der DRG und DGN Teilentwürfe zu den einzelnen Organbereichen erarbeitet. Ergänzend wurde ein Kapitel zur interventionellen Radiologie aufgenommen. Der mit dem Ausschuss „Strahlenschutz in der Medizin“ und der Strahlenschutzkommission abgestimmte Entwurf wurde anschließend den medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften (AWMF) zur Kommentierung übersandt.

Aufgrund der eingegangenen Kommentare wurde der Entwurf erneut überarbeitet und schließlich als erste Auflage der Orientierungshilfe herausgegeben.





Vorwort zur 2. Auflage 2008



Den österreichischen Fachgesellschaften wird ausdrücklich gedankt, da neben der deutschsprachigen EU-Version auch Teile ihrer ersten Auflage als Vorlage bei der Erstellung der deutschen Orientierungshilfe gedient haben.

Die Orientierungshilfe wird regelmäßig dem aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft und Technik angepasst.

In den zwei Jahren nach dem Erscheinen der ersten Auflage wurde von Ärzten, wissenschaftlichen Fachgesellschaften und Arbeitsgemeinschaften eine Reihe von konstruktiven Änderungs- und Verbesserungsvorschlägen eingebracht. Diese wurden von der Expertengruppe bewertet und größtenteils direkt oder mit kleineren Modifikationen in die aktuelle Version übernommen. Weiterhin wurde bei vielen medizinischen Fragestellungen der Einsatz der Bildgebung überarbeitet und dem aktuellen Stand der Wissenschaft angepasst. Auch in der Gewichtung der einzelnen Verfahren wurden Veränderungen vorgenommen, so ist z.B. dem Ultraschall und der Magnetresonanztomographie in der Abklärung einzelner Fragestellungen eine höhere Bedeutung zugekommen. PET und PET/CT wurden ebenfalls in ihrem Indikationsspektrum erweitert. Mit der flächendeckenden Einführung des Brustkrebs-Früherkennungsprogramms (Mammographie-Screening) in Deutschland konnten jetzt auch die Empfehlungen zur Untersuchung asymptomatischer Frauen zwischen 50 und 69 Jahren aufgenommen werden.

An der nun vorliegenden 2. Auflage der Orientierungshilfe haben folgende Experten der DRG und DGN mitgearbeitet und Teilentwürfe für die einzelnen Organbereiche erstellt, ergänzt oder modifiziert:



Name

Thema

Prof. Dr. Adam, Hamburg

Wirbelsäule

Dr. Antes, Kempten

Magen-Darm

Prof. Dr. Bohndorf, Augsburg

Muskel, Skelett und Trauma

Prof. Dr. Delorme, Heidelberg

Ultraschall

Prof. Dr. Dörfler, Erlangen

ZNS

Prof. Dr. Hamm, Berlin

Gynäkologie

Prof. Dr. Kauczor, Heidelberg

Onkologie

Prof. Dr. Kirsch, Homburg

Nuklearmedizin

PD Dr. Kösling, Halle

Gesichtsschädel, Hals

Dipl.-Phys. Kopp, Augsburg

Medizinphysik

Prof. Dr. Krug, Köln

Thorax, Urologie

PD Dr. Dr. Loose, Nürnberg

Vorwort, Technik, Strahlenschutz

Prof. Dr. Reiners, Würzburg

Nuklearmedizin

Prof. Dr. Schneider, München

Pädiatrische Radiologie

Prof. Dr. Schulz-Wendtland, Erlangen

Mamma

Prof. Dr. Stöver, Berlin

Pädiatrische Radiologie

Prof. Dr. Vorwerk, Ingolstadt

Herz-Kreislauf, Interventionen



Die SSK dankt den zugezogenen Experten für die von ihnen erarbeiteten Beiträge sowie den medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften für die zahlreichen konstruktiven Kommentare.





PD Dr. Dr.
Reinhard Loose

Prof. Dr.
Brigitte Stöver

Prof. Dr.
Rolf Michel

Leiter
der Arbeitsgruppe

Vorsitzende des Auschusses „Strahlenschutz in der Medizin“

Vorsitzender der
Strahlenschutzkommission



Einführung



Vorbemerkung

Die vorliegende „Orientierungshilfe" soll Ärzten im Krankenhaus und im niedergelassenen Bereich helfen, die für die jeweilige Fragestellung bestgeeigneten radiologischen und nuklearmedizinischen Untersuchungsverfahren auszuwählen. Sie soll dazu beitragen, dass Patienten sowohl besser versorgt werden, als auch ihre Strahlenexposition verringert wird.



Diese Kriterien ersetzen nicht das Stellen einer „Rechtfertigenden Indikation“ durch den Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz nach § 80 Strahlenschutzverordnung bzw. § 23 Röntgenverordnung. Die rechtfertigende Indikation erfordert die Feststellung, dass der gesundheitliche Nutzen einer Anwendung am Menschen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt. Andere Verfahren mit vergleichbarem gesundheitlichem Nutzen, die mit keiner oder einer geringeren Strahlenexposition verbunden sind, sind bei der Abwägung zu berücksichtigen. Die rechtfertigende Indikation ist auch dann zu stellen, wenn eine Anforderung eines überweisenden Arztes („anfordernden Arztes“) vorliegt; die Verantwortung liegt immer beim anwendenden Arzt.

Empfehlungen dieser Art erfüllen ihren Zweck am besten, wenn sie in den Dialog zwischen dem anfordernden Arzt und dem Radiologen bzw. Nuklearmediziner („anwendender Arzt“) einfließen. Die Orientierungshilfe bewertet die Rolle von Röntgen (Rö), Computertomographie (CT), Nuklearmedizin (Nuk) mit Positronenemissionstomographie (PET), Ultraschall (US), Magnetresonanztomographie (MRT) und interventionellen Eingriffen bei gegebenen Fragestellungen. Der in der EU-Version vorhandene körpersystembasierte Ansatz wurde beibehalten.



In dieser zweiten Auflage der Orientierungshilfe werden bei weitem nicht alle denkbaren klinischen Fragestellungen behandelt; die Auswahl wurde nach Wichtigkeit und Häufigkeit getroffen. Zweifellos wird es auch Empfehlungen geben, die kontrovers diskutiert werden. Solche Kontroversen sind zum einen in allen sich rasch entwickelnden Teilgebieten der Medizin unvermeidlich, zum anderen tragen sie auch zu deren Fortentwicklung bei.



Es ist das Ziel der SSK wie der beteiligten Autoren und wissenschaftlichen Fachgesellschaften, diese Orientierungshilfe in bestimmten Zeitintervallen zu überarbeiten und so dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens anzupassen. So wird hier bereits zwei Jahre nach der Erstauflage die zweite Auflage der Orientierungshilfe vorgelegt.



Eine allgemeine Darstellung kann niemals die spezielle Entscheidung für einen bestimmten individuellen Patienten ersetzen, dessen besonderer Fall durchaus das Abweichen von den skizzierten Empfehlungen rechtfertigen kann. Die optimale Anpassung des diagnostischen Prozesses an die individuellen Umstände hat immer Vorrang.



Die Empfehlungen können daher lediglich als Anleitung für sinnvolles ärztliches Handeln in charakteristischen Situationen dienen. Sie berücksichtigen vor allem medizinische und weniger wirtschaftliche Aspekte und müssen in Alltagssituationen anwendbar sein. Naturgemäß kann eine allgemeine Darstellung niemals die individuelle Entscheidung für den einzelnen Patienten ersetzen, daher können Abweichungen von den skizzierten Empfehlungen medizinisch sinnvoll und notwendig sein.



Wozu dient die Orientierungshilfe?

Eine Untersuchung ist dann von Nutzen, wenn sich der aus ihr resultierende positive oder negative Befund auf die Therapie auswirkt oder die Verdachtsdiagnose des Arztes bestätigt bzw. ausschließt. Einige radiologische und nuklearmedizinische Untersuchungen erfüllen diese Anforderungen nicht und können zu einer unnötigen Strahlenexposition des Patienten beitragen. Wer sich bereits im Vorfeld die folgenden Fragen stellt, kann viele Untersuchungen einsparen, ohne dass die Qualität der Patientenversorgung darunter leidet:



1.
Wiederholung von Untersuchungen, die bereits zuvor durchgeführt wurden, z.B. in einem anderen Krankenhaus oder ambulant
In diesem Fall sollte alles versucht werden, die zuvor angefertigten Aufnahmen zu erhalten. In Zukunft könnte hierbei die Übertragung elektronischer Daten hilfreich sein.


WURDE DIESE ART VON UNTERSUCHUNG SCHON EINMAL DURCHGEFÜHRT?


2.
Durchführung von Untersuchungen, deren Befunde vermutlich keinen Einfluss auf die Behandlung haben
Dies gilt für Untersuchungen, bei denen entweder der erwartete „positive“ Befund im Normalfall irrelevant ist (z.B. ist der Befund der „degenerativen Wirbelsäulenveränderungen“ ab dem mittleren Alter so „normal“ wie graue Haare), und für Untersuchungen, bei denen ein positiver Befund äußerst unwahrscheinlich ist.


IST DIESE UNTERSUCHUNG WIRKLICH ERFORDERLICH?


3.
Zu häufige Untersuchungen,
d.h., bevor eine Progression oder eine Rückbildung der Erkrankung zu erwarten ist oder bevor die Ergebnisse einen Einfluss auf die Therapie haben können.


IST DIESE UNTERSUCHUNG JETZT ERFORDERLICH?


4.
Anforderung des falschen Diagnoseverfahrens
Die bildgebenden Verfahren entwickeln sich rasch weiter. Häufig kann es von Nutzen sein, die geplante Untersuchung mit einem Radiologen oder Nuklearmediziner zu besprechen, bevor sie angefordert wird. Über das adäquate Untersuchungsverfahren entscheidet der anwendende Arzt.


IST DIES DAS AM BESTEN GEEIGNETE VERFAHREN?


5.
Zweckdienliche klinische Informationen und die Fragen, die das bildgebende Verfahren klären soll, werden nicht mitgeteilt
Derartige Versäumnisse können dazu führen, dass die falsche Technik angewendet wird (z.B. das Weglassen eines wesentlichen Strahlengangs).


LIEGEN DIESE INFORMATIONEN VOR?


6.
Zu häufige Anwendung
Manche Ärzte verlassen sich häufiger auf bildgebende Verfahren als andere. Manche Patienten lassen sich gerne untersuchen.


WERDEN ZU VIELE UNTERSUCHUNGEN DURCHGEFÜHRT?


Wie nützen wir den Rat der anwendenden Ärzte?

In manchen klinischen Situationen gibt es gesicherte radiologische/nuklearmedizinische Vorgehensweisen, die z.B. als Leitlinien oder Verfahrensanweisungen verschiedener Fachgesellschaften veröffentlicht wurden. Systematisch zusammengefasst ergeben sie Empfehlungen, die dem Arzt helfen, in einer gegebenen klinischen Situation die richtigen Entscheidungen zum Wohl des Patienten zu treffen.

Das bedeutet, dass Empfehlungen nicht eine starre Vorgehensweise vorschreiben, sondern ein Konzept sind, welches auf der Erfahrung basiert. Bei der Anwendung der Empfehlungen muss immer die individuelle Situation des Patienten berücksichtigt werden. Kein Regelwerk kann alle Situationen vorhersehen, und im Zweifelsfall ist immer eine Rücksprache mit dem die Untersuchung durchführenden Arzt notwendig.



Welche Art von Aufnahmen ist anzufertigen?

Jede Einrichtung, die bildgebende Verfahren durchführt, muss nach Röntgen- und Strahlenschutzverordnung für häufig vorgenommene Untersuchungen über Arbeitsanweisungen (SOP = Standard Operating Procedure) verfügen. Aus diesem Grund werden zur Durchführung der Untersuchungen keine definitiven Empfehlungen ausgesprochen. Es genügt festzustellen, dass alle Untersuchungsverfahren so zu optimieren sind, dass die für die Beantwortung der Fragestellung notwendigen Informationen bei einem Minimum an Strahlenexposition erhalten werden können. Diese Anmerkung ist wichtig, da bei einem Patienten vielleicht nicht die Aufnahmen gemacht werden, die der anfordernde Arzt erwartet.



Für wen wurde diese Orientierungshilfe erstellt?

Diese Orientierungshilfe ist für Ärzte in Kliniken und im ambulanten Bereich bestimmt, die Patienten zur Durchführung von bildgebenden Verfahren überweisen. Sie ersetzen nicht das Stellen einer „Rechtfertigenden Indikation“ nach Röntgen- und Strahlenschutzverordnung durch den fachkundigen Arzt. Aus der vorhandenen Bandbreite der Untersuchungsmethoden, die den jeweiligen Medizinern zur Verfügung steht, wird in Abstimmung mit dem anwendenden Arzt die individuelle Untersuchung festgelegt, wobei die verfügbaren Ressourcen zu berücksichtigen sind. Es wäre wünschenswert, wenn allen Ärzten mit Beginn ihrer Weiterbildung ein Exemplar dieser Empfehlungen zur Verfügung gestellt würde.



Verwendung der Orientierungshilfe

Der Aufbau dieser Orientierungshilfe besteht aus vier Spalten: Die erste Spalte gibt die klinische Fragestellung an, bei der eine Untersuchung indiziert sein kann, die zweite Spalte listet mögliche bildgebende Verfahren auf, die dritte Spalte enthält die Empfehlung, d.h. die Aussage, ob diese bestimmte radiologische/nuklearmedizinische Untersuchung anzuraten ist oder nicht, die vierte Spalte enthält erläuternde Kommentare. Folgende Empfehlungen werden ausgesprochen:



Indiziert (P): Primäruntersuchung: Es handelt sich dabei um jenes Untersuchungsverfahren, das mit hoher Wahrscheinlichkeit zur Diagnose und zur Behandlung des Patienten beiträgt und daher primär eingesetzt werden sollte.



Indiziert (W): Weiterführende Untersuchung: Dabei handelt es sich um Untersuchungen, die sofort weiterführend oder nach Beobachtung (Symptomrückbildung?) eingesetzt werden, insbesondere dann, wenn nach einer primär (P) indizierten Untersuchung wichtige Fragen offenbleiben. In schwierigen Fällen ist die interdisziplinäre Kommunikation empfehlenswert, und die durchführenden Ärztinnen und Ärzte sollten vorab befragt werden, ob eine Untersuchung die gewünschte Information voraussichtlich auch zu liefern vermag.



Spezialverfahren (S): Diese Einstufung gilt für schwierige oder teure Verfahren. Solche Untersuchungen werden im Normalfall auf Anforderung von Ärzten angefertigt, die über die klinische Expertise verfügen, die nötig ist, um anhand des Untersuchungsbefundes und der angefertigten Aufnahmen handeln zu können. Im Allgemeinen ist hierbei auch eine individuelle Absprache mit einem Radiologen oder Nuklearmediziner erforderlich.



Nicht indiziert (N): Untersuchungen, die in der gegebenen klinischen Situation kein sinnvolles Ergebnis erwarten lassen oder veraltet sind (etwa Ausscheidungsurographie bei der Frage nach Hypertension).



Schwangerschaft und Strahlenschutz des Ungeborenen

Die Strahlenexposition eines Embryos und Fetus sollte wenn immer möglich vermieden werden. Dies betrifft auch Situationen, in denen eine Schwangerschaft von der Frau selbst nicht vermutet wird. Die Verantwortung, eine eventuell bestehende Schwangerschaft abzuklären, liegt zunächst beim anfordernden Arzt. In jedem Fall müssen Frauen im gebärfähigen Alter, die zu einer Röntgen- oder nuklearmedizinischen Untersuchung erscheinen, befragt werden, ob sie schwanger sind oder möglicherweise schwanger sein könnten.

Wenn die Patientin eine Schwangerschaft nicht ausschließen kann, weil die Menstruation überfällig ist, sollte die Untersuchung möglichst bis nach Einsetzen der nächsten Periode verschoben werden.

Allerdings ist es durchaus möglich, dass die geplante Untersuchung für die Mutter oder eventuell auch für das ungeborene Kind so wichtig ist, dass eine Verzögerung zu einer Gefährdung führen könnte. Die rechtfertigende Indikation ist hier unter besonders sorgfältiger Abwägung des Risikos für Mutter und Kind durch den fachkundigen Arzt zu stellen. In Abwägung der Risiken durch andere medizinische Verfahren schätzt er dabei das Strahlenrisiko des anzuwendenden Verfahrens ab.

Wenn eine Schwangerschaft nicht ausgeschlossen werden kann und die geplante Untersuchung den Uterus nur gering belastet, kann sie durchgeführt werden. Bei Untersuchungen mit hoher Exposition des Uterus (Abdominelle CT, IVP, Barium-Durchleuchtungsuntersuchungen, Angiographien) bestehen 2 Möglichkeiten:

In den ersten 10 Tagen des Zyklus wird man die Untersuchungen durchführen, danach wird man - so es die Situation zulässt - die Untersuchung bis in die ersten 10 Tage des nächsten Zyklus verschieben.

In allen Fällen, in denen anfordernder und anwendender Arzt übereinstimmen, dass eine Strahlenexposition der schwangeren oder möglicherweise schwangeren Frau aus medizinischen Gründen in Kauf genommen werden muss, ist diese Entscheidung zu dokumentieren. Der Radiologe/Nuklearmediziner hat sicherzustellen, dass die Exposition mit der geringst möglichen Strahlendosis erfolgt, die für die benötigte Information nötig ist.

Sollte es zu einer unbeabsichtigten Strahlenexposition eines Embryos oder Feten kommen, ist bei allen üblichen radiologischen Verfahren das Risiko – auch bei vergleichsweise hohen Strahlendosen – trotz allem so gering, dass gewöhnlich invasive diagnostische Prozeduren (wie Amniocentesen) am Fetus nicht gerechtfertigt sind. Deren Risiko übersteigt bei weitem das der vorausgegangenen Strahlenexposition. Der anwendende Arzt sollte allerdings auf Basis der Expositionsdaten eine individuelle Analyse erstellen und mit der werdenden Mutter besprechen. Hierbei können Experten für medizinischen Strahlenschutz helfen.

Auch bei der Anwendung der Magnetresonanztomographie und bei Kontrastmittelapplikationen aller Art ist während der Schwangerschaft erhöhte Vorsicht geboten. Obwohl derzeit eindeutige Schäden durch MRT-Untersuchungen nicht nachgewiesen sind, ist die Indikation zu MRT-Untersuchungen in ersten Trimenon der Schwangerschaft besonders streng zu stellen. Kontrastmittelapplikationen aller Art sollten während der gesamten Schwangerschaft nach Möglichkeit unterbleiben.



Verminderung der Strahlendosis

Obwohl aufgrund der rechtfertigenden Indikation der Nutzen gegenüber dem Strahlenrisiko überwiegt, sind auch kleine Strahlendosen nicht gänzlich ohne Risiko. Diagnostische Strahlenanwendungen als wesentlichste zivilisatorische Strahlenquelle tragen, wie aus dem 2007 veröffentlichten Parlamentsbericht des BMU zur Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung im Jahr 2005 hervorgeht, mit 1,7 mSv etwa zur Hälfte zur gesamten jährlichen Pro-Kopf-Dosis der Bevölkerung bei. Dabei ist der Anteil an „dosisintensiven“ CT-Untersuchungen parallel zur Zunahme von MRT-Untersuchungen steigend.

Die Grundsätze des Strahlenschutzes schreiben eine Vermeidung aller unnötigen Strahlenexpositionen vor, und alle verantwortlichen Organisationen und Individuen haben diese Regeln zu beachten. Der effektivste Weg, die Bevölkerungsdosis niedrig zu halten, ist die Vermeidung unnötiger Röntgenuntersuchungen (ganz besonders unnötiger Wiederholungsuntersuchungen!) sowie die Wahl angemessener dosissparender Untersuchungsverfahren. Andererseits darf es nicht dazu kommen, dass notwendige Untersuchungen aus „Strahlenangst“ unterlassen werden.

Die effektive Dosis für eine radiologische/nuklearmedizinische Untersuchung ergibt sich aus der gewichteten Summe der Dosen aller betroffenen Gewebe oder Organe im exponierten Bereich. In die Berechnung fließt die relative Sensitivität der verschiedenen Gewebe oder Organe gegenüber ionisierender Strahlung ein. Daraus ergibt sich eine letztlich geschätzte Einzeldosis, die ein Maß für das gesamte Strahlenrisiko darstellt, unabhängig davon, wie die Dosis tatsächlich im Körper verteilt wurde.

Typische effektive Dosen für die häufigsten Untersuchungen in der Radiologie und Nuklearmedizin zeigt Tabelle 1.



Tabelle 1: Typische effektive Dosen durch medizinische Strahlenexposition



Diagnoseverfahren

Typische
effektive
Dosis
(mSv)

Anzahl von Untersuchungen des Thorax in 2 Ebenen, die zu einer vergleichbaren Exposition führt

Ungefährer Zeitraum der natürlichen Strahlenexposition, der zu einer vergleichbaren Exposition führt2

Röntgenuntersuchungen:3

Extremitäten und Gelenke (außer Hüfte)

0,01

0,1

1,5 Tage

Thorax (einzelne p.a.-Aufnahme)

0,04

0,4

7 Tage

Thorax in 2 Ebenen

0,1

1

15 Tage

Schädel

0,07

0,7

12 Tage

Brustwirbelsäule

0,7

7

4 Monate

Lendenwirbelsäule

1,3

13

7 Monate

Hüfte

0,3

3

7 Wochen

Becken

0,7

7

4 Monate

Abdomen

1,0

10

6 Monate

Mammographie bds. 2 Ebenen

0,5

5

3 Monate

Ausscheidungsurografie

2,5

25

14 Monate

Barium-Bolus

1,5

15

9 Monate

Bariumbrei

3

30

17 Monate

Bariumeinlauf

7

70

3,3 Jahre

CT - Kopf

2,3

23

1,1 Jahr

CT - Thorax

8

80

3,8 Jahre

CT - Abdomen oder Becken

10

100

4,8 Jahre

CT ‑ Ganzkörper4

14

140

6,7 Jahre

Nuklearmedizinische Untersuchungen:5

Nierenfunktionsszintigraphie

(100 MBq Tc-99m-MAG3)

0,7

7

4 Monate

Schilddrüsenszintigraphie

(75 MBq Tc-99m)

1,0

10

5,7 Monate

Lungenperfusionsszintigraphie

(100 MBq Tc-99m-Micropartikel)

1,1

11

6,3 Monate

Skelettszintigraphie

(500 MBq Tc-99m-Phosphonat)

2,9

29

1,4 Jahre

Hirnszintigraphie

(550 MBq Tc-99m-HMPAO o.ä.)

5,1

51

2,4 Jahre

Myocardperfusionsszintigraphie

(600 MBq Tc-99m-MIBI)6

5,4

54

2,6 Jahre

Positronen-Emissions-Tomographie

(200 MBq F-18-FDG)

3,8

38

1,8 Jahre



Es handelt sich dabei meist um niedrige Dosen, die zum besseren Verständnis mit der durchschnittlichen Strahlenexposition einer Thoraxröntgenaufnahme und der natürlichen Umgebungsstrahlung verglichen werden.



Kommunikation mit einer radiologischen/nuklearmedizinischen
Abteilung

Üblicherweise bedeutet die Anforderung einer radiologischen/nuklearmedizinischen Untersuchung, dass vom anwendenden Arzt eine Stellungnahme in Form eines Befundes eingeholt wird. Dieser soll entweder die Diagnose ergeben oder zumindest mithelfen, die Krankheit des Patienten korrekt zu behandeln.

Die Anforderungen müssen genau und eindeutig sein, um Fehlinterpretationen zu vermeiden. Klinische Radiologie bedeutet, dass die Anforderung genügend klinische Details beinhaltet, um dem Radiologen oder Nuklearmediziner die spezielle diagnostische oder klinische Problematik klarzumachen. Nach Röntgen- und Strahlenschutzverordnung kann die rechtfertigende Indikation zur Strahlenanwendung nur vom Arzt mit der erforderlichen Fachkunde im Strahlenschutz gestellt werden. Dieser hat sich hierzu vor der Anwendung, erforderlichenfalls in Zusammenarbeit mit dem anfordernden Arzt, alle für die Fragestellung relevanten Informationen zu beschaffen und benötigt dabei die aktive Mithilfe des anfordernden Arztes.

Im Befund soll gegebenenfalls auch eine Stellungnahme erfolgen, welches zusätzliche bildgebende Verfahren in der aktuellen klinischen Situation bei Bedarf eine weitere Klärung bringen könnte.

Bei Unklarheiten wird die direkte Kontaktaufnahme mit dem Radiologen bzw. Nuklearmediziner empfohlen.





Staging, Therapiemonitoring und Nachsorge

Nicht alle Zuweisungen erfolgen zum Nachweis von Erkrankungen. Häufig geht es auch um die Bestimmung des exakten Ausmaßes einer Erkrankung zur Planung der weiteren Behandlung (z.B. Strahlentherapie). In anderen Fällen ist es notwendig, das gegebene oder fehlende Ansprechen auf eine Behandlung oder einen Behandlungsversuch zu kontrollieren, um nötigenfalls frühzeitig das therapeutische Vorgehen abzuändern. Obwohl zu diesem Zweck häufig teure und den Patienten belastende radiologische und nuklearmedizinische Verfahren eingesetzt werden müssen, hilft die gewonnene Information, ungeeignete, unangenehme und womöglich noch teurere Behandlungen zu vermeiden.





Bildgebende Verfahren



Röntgen

Deutschland ist flächendeckend mit Röntgengeräten zur Radiographie mit Film/Folien-Systemen, Digitaltechnik und Durchleuchtungssystemen versorgt. Obwohl durch die technische Entwicklung viele Untersuchungen heute mit den Schnittbildtechniken CT und MRT durchgeführt werden, stellt die konventionelle Röntgenuntersuchung weiterhin den größten Anteil an radiologischen Untersuchungen der Bevölkerung dar, da sie kostengünstig und für viele Fragestellungen ausreichend ist. Die technische Entwicklung der letzten Jahre geht in Richtung der digitalen Radiologie. Der Vorteil liegt hier in der nahezu unbegrenzten digitalen Speicherbarkeit der Untersuchungen sowie der leichteren Übermittlung der Bilddaten an andere Krankenhäuser. Zusätzlich ermöglichen Festkörperdetektoren bei vergleichbarer diagnostischer Bildqualität eine weitere Reduktion der Strahlenexposition.



Lungen- und Skelettdiagnostik

Hier ist das konventionelle Röntgen als Erstuntersuchung fast immer unverzichtbar. Tomographische Untersuchungen sind durch Schnittbildverfahren ersetzt und werden nur noch in Einzelfällen in der Skelettdiagnostik eingesetzt (wenn CT oder MRT nicht anwendbar sind).



Mammographie

Die Mammographie ist noch vor Ultraschall und MRT die Methode der Wahl in der Abklärung des Mammakarzinoms. Die Strahlenexposition wird durch die moderne Gerätetechnik soweit reduziert, dass das daraus resultierende geringe Strahlenrisiko damit in einem günstigen Verhältnis zum erzielten Nutzen steht.



Durchleuchtungsuntersuchungen des Gastrointestinaltraktes

Diese sind in der elektiven Diagnostik des Ösophagus, Magens und des Kolons weitgehend durch die Endoskopie ersetzt. Nur in der Diagnostik von Dünndarmerkrankungen, bei Notfällen und in der Abklärung perioperativer Komplikationen werden Durchleuchtungsuntersuchungen regelmäßig eingesetzt. Dynamische Untersuchungen (Defäkographie, Videokinematographie des Schluckaktes) sind Spezialverfahren zur Abklärung funktioneller Störungen.



Phlebographie mit Kontrastmittel

Sie ist der neben der farbkodierten Duplexsonographie (FKDS) der Standard in der Darstellung von Beinvenenthrombosen (insbesondere am Unterschenkel) und von präoperativen Varizendarstellungen. Wo sonographische Verfahren gut beherrscht, von den klinisch tätigen Ärzten akzeptiert werden und verfügbar sind, haben sie die Phlebographie in vielen Fällen in der Primärdiagnostik ersetzt.



Computertomographie (CT)

In Deutschland sind bereits über 50% der installierten CT-Scanner Spiral-CT-Geräte und mit steigender Frequenz auch Mehrzeilen-CT’s. Diese Technik erlaubt die Akquisition von Volumendaten bei einmaligem Atemanhalten. Die Spiral-CT’s können damit in so entscheidenden Fragen wie dem Nachweis der Pulmonalarterienembolie als CT-Angiographie eingesetzt werden. Trotzdem sollte man sich bewusst sein, dass die Computertomographie eine relativ hohe Strahlendosis bedingt. Es ist daher wichtig, die Entwicklung der Magnetresonanztomographie zu verfolgen, die einige der ursprünglichen Indikationen für die CT übernommen hat.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll und wichtig, die Verfahren, welche nicht mit ionisierenden Strahlen arbeiten - und Magnetresonanztomographie - in den Untersuchungsgang mit einzubeziehen.

Grundsätzlich ist bei Schwangeren die Indikation für die CT-Untersuchung des Abdomens sehr sorgfältig abzuwägen und unter Umständen auf Niedrigdosistechniken umzusteigen. Besondere Vorsicht ist auch bei häufigen Computertomographien der Orbita angebracht, da die Linse besonders strahlenempfindlich ist.

CT bleibt die optimale Untersuchung für viele klinische Probleme in der Lunge und im Abdomen unabhängig vom Strahlenrisiko.
CT in Spiraltechnik erlaubt die Untersuchung von großen Körperabschnitten in kurzer Zeit und mit zuverlässig hoher Qualität. Sie eignet sich besonders bei Beschwerden oder Erkrankungen, die im Vorfeld noch nicht einem bestimmten Organ zugeordnet werden können.
CT wird unverändert sehr häufig bei akuten intracraniellen Fragestellungen, vor allem beim Trauma und beim akuten Schlaganfall, eingesetzt, aber seltener in der Tumordiagnostik.
CT ist eine etablierte und relativ einfache Methode, um bei malignen Erkrankungen ein Staging durchzuführen, und ist besonders gut für Therapiekontrollen geeignet.
CT ist sowohl präoperativ für die Operationsplanung von Tumoren als auch postoperativ zur Abschätzung von Komplikationen einzusetzen.
CT ist im Rahmen von interventionellen radiologischen Einsätzen wichtig (Drainage, Biopsie).
CT ist besonders wichtig im Bereich der Traumatologie und bei Organverletzungen. Insbesondere bei schweren Polytraumata kommen CT-Untersuchungen mit schnellen Multizeilen-Scannern zum Einsatz.
CT ist bei adipösen Patienten wesentlich besser geeignet als die Ultraschalluntersuchung.
CT ist die Alternative, wenn eine MRT kontraindiziert ist.


Nuklearmedizin (Nuk)

Der Einsatz nuklearmedizinischer Verfahren hängt von ihrer regionalen Verfügbarkeit ab. In nahezu allen Universitätskliniken und in den meisten Krankenhäusern der Maximalversorgung sind eigenständige nuklearmedizinische Abteilungen eingerichtet und mit Fachärzten für Nuklearmedizin besetzt. Nuklearmedizinische Untersuchungen (auch PET) werden auch oft in größeren Praxen, die häufig interdisziplinär besetzt sind (Radiologen und Nuklearmediziner), angeboten.

Die enge Zusammenarbeit des Nuklearmediziners mit dem Radiologen, der im Wesentlichen morphologisch orientierte bildgebende Verfahren anbietet, ist sinnvoll. Darüber hinaus ist aber auch eine Kooperation mit den zuweisenden Gebietsärzten wichtig, z.B. mit Endokrinologen (Schilddrüsendiagnostik), Urologen und Nephrologen (Nierendiagnostik), Onkologen und Strahlentherapeuten (Tumorszintigraphie einschließlich Tumor-PET, Skelettszintigraphie u.a.), Kardiologen und Herzchirurgen (Myokard-Szintigraphie einschließlich PET), Neurologen und Psychiatern (Hirn-SPECT und -PET), Orthopäden, Pädiatern usw. Hier ist eine enge Zusammenarbeit vor allem deswegen notwendig, weil nuklearmedizinische Untersuchungen häufig als weiterführende Diagnostik erfolgen, d.h. dann, wenn nach Anwendung der üblichen bildgebenden Diagnostik Fragen offen bleiben bzw. bei diagnostischen Problemfällen. Gerade hier sind die enge Kooperation und Absprache zwischen den verschiedenen klinischen Disziplinen und der Nuklearmedizin von Bedeutung, um die richtige Untersuchungsmethode anzuwenden und die Ergebnisse ggf. interdisziplinär zu diskutieren.

Die Single-Photonen-Emissions-Computer-Tomographie (SPECT) ist heute in den meisten nuklearmedizinischen Abteilungen und Praxen verfügbar, da nahezu alle modernen Standard-Gammakameras SPECT-fähig sind. Aber auch die Positronen-Emissions-Tomographie (PET) ist derzeit in Deutschland fast flächendeckend verbreitet: Sie ist an nahezu allen Universitätskliniken, vielen Großkliniken sowie in zahlreichen Praxen in Großstädten verfügbar. Die Versorgung mit den wichtigsten kurzlebigen Radionukliden, die nur im Zyklotron hergestellt werden können, ist bundesweit sichergestellt.

Insbesondere in der Onkologie hat die F-18-FDG-PET zu erheblichen Fortschritten geführt. Dies betrifft insbesondere Staging und Therapiekontrolle von verschiedenen malignen Tumoren, wie z.B. beim Bronchialkarzinom, Lungenrundherd, malignem Lymphom, kolorektalem Karzinom sowie von Pankreas-, HNO-Tumoren und malignem Melanom. Auch bei der Untersuchung des Hirnmetabolismus wird die F-18-FDG-PET angewandt. Für die Untersuchungen in der Kardiologie und Herzchirurgie ist der Einsatz der PET für die Quantifizierung der myokardialen Perfusion (Anwendung von verschiedenen Positronen-Emittern) und für die Vitalität (F-18-FDG) nach Myokardinfarkt sinnvoll, da sich hieraus Hinweise auf eine prognostisch abgesicherte Therapiestrategie ergeben.

Insgesamt hält die Nuklearmedizin eine Reihe von Methoden vor, die im Rahmen der Erstdiagnostik, d.h. primär, eingesetzt werden: z.B. in der Onkologie und bei Schilddrüsenerkrankungen. Die klassischen Verfahren der statischen, sequenziellen und Funktionsszintigraphie mit ihren abbildungsunterstützten Aussagen zur globalen und regionalen Organfunktion - auch unter Provokation, Belastung oder Therapie - haben sich seit Jahrzehnten bewährt. Die sachkundig eingesetzten nuklearmedizinischen Untersuchungsmethoden vermitteln weiterführende Diagnosen, die mit anderen Verfahren nicht zu erhalten sind. Insbesondere die PET, die auch in Kombination mit der CT (PET/CT) eingesetzt wird, hat in den letzten Jahren wichtige Anwendungsgebiete in der Onkologie gewinnen können, so dass die Strategien derzeit und in naher Zukunft wahrscheinlich einem schnellen Wechsel unterzogen sein werden.



Ultraschall (US)

Auch die Ultraschalltechnik hat sich in den letzten Jahren erheblich weiterentwickelt. Farbdoppler, Powerdoppler, Tissue- und Contrast Harmonic Imaging oder Gewebstypisierungen sind vielerorts bereits im Einsatz. Grundsätzlich ist dies aus strahlenhygienischen Gründen zu begrüßen.

Bei der Auswahl des Verfahrens ist zu beachten, dass nach wie vor MRT-Untersuchungen länger dauern als CT-Untersuchungen, und ihre Qualität wesentlich mehr von den Protokollen und der Kooperationsfähigkeit des Patienten abhängig ist. Trotz aller Vorzüge und der Möglichkeit der Ganzkörper-Bildgebung ist in klinisch unklaren Situationen, die vorab noch nicht einem Organ oder Organsystem zugeordnet werden können, bei Erwachsenen eine CT-Untersuchung möglicherweise zweckmäßiger, weil sie schneller zu einer Arbeitsdiagnose führt. Unabhängig davon ist bei Kindern der Ultraschall das primäre Untersuchungsverfahren.

Man muss jedoch die diagnostischen Grenzen des Ultraschalls kennen, nicht nur wegen undurchdringlicher Strukturen wie Luft und Knochen. Die Untersuchung ist in besonders hohem Maße von der Erfahrung des Untersuchers abhängig, zumal entgangene Befunde nicht wie bei anderen Verfahren anhand einer lückenlosen Dokumentation von einem zweiten Untersucher überprüft werden können.

Das Ultraschallverfahren wird nicht nur von Radiologen, sondern auch von vielen Vertretern anderer Fachgebiete mit unterschiedlicher Geräteausstattung durchgeführt. Eine sichere sonographische Diagnostik setzt eine qualifizierte Ausbildung voraus, da sonst möglicherweise zusätzliche radiologische Folgeuntersuchungen veranlasst werden.

Trotz der physikalischen Grenzen, die dem Ultraschall gesetzt sind, ist das Einsatzgebiet dieses Verfahrens außerordentlich breit. Es ist schnell, flächendeckend verfügbar und nicht invasiv. Daher ist die Sonographie in vielen Fällen die erste Untersuchung und für zahlreiche Indikationen geeignet.

Ultraschall kann bei Beachtung seiner Leistungsgrenzen im gesamten Abdomen für akute und chronische Erkrankungen eingesetzt werden und hat insofern eine „Lotsenfunktion“, indem er bereits in einer frühen klinischen Phase die weitere Diagnostik in die entscheidende Richtung zu lenken vermag.
Ultraschall ist besonders gut für die Analyse parenchymatöser Organe geeignet. Mit Ultraschall-Kontrastmitteln in der Hand eines erfahrenen Untersuchers sind z.B. Sensitivität und Spezifität für herdförmige Leberveränderungen denen der CT und MRT vergleichbar.
Die Ultraschalldiagnostik des Abdomens und der relevanten Lymphknotenregionen gehört als Standard zu jedem onkologischen Staging und zu einer Vielzahl an Nachsorgeprotokollen, auch dann, wenn die selben Regionen bereits mit der CT oder MRT erfasst wurden. Die Ultraschalldiagnostik gehört an den Anfang der Diagnostik, denn ist z.B. ein metastasiertes Tumorleiden bereits bei der Sonographie offensichtlich, relativiert sich die Indikation zu anderen, aufwändigeren Untersuchungen.
Ultraschall ist eine sehr verlässliche Untersuchung bei arteriellen und venösen Gefäßerkrankungen, vor allem für die supraaortalen Gefäße geeignet, kann jedoch auch intrakraniell oder intraabdominell und an den Extremitäten eingesetzt werden.
Ultraschall hat als Small-Parts-Sonographie für die Analyse von oberflächlich gelegenen Organbereichen (Schilddrüse, Lymphknoten, Mamma, Hoden usw.) erhebliche Bedeutung erlangt. Die Sonographie ist häufig die erste Untersuchung der Wahl, nicht selten sogar die einzige.
Ultraschall ist das führende bildgebende diagnostische Verfahren in der Pädiatrie.

Nach Röntgen- und Strahlenschutzverordnung sind andere Verfahren mit vergleichbarem gesundheitlichem Nutzen, die mit keiner oder einer geringeren Strahlenexposition verbunden sind, bei der rechtfertigenden Indikation zu berücksichtigen. Deshalb ist immer sorgfältig zu prüfen, ob nicht eine Ultraschall- oder MRT-Untersuchung einer röntgen- oder nuklearmedizinischen Untersuchung vorgezogen werden kann, wenn die Fragestellung mit gleicher diagnostischer Information zu beantworten ist.



Magnetresonanztomographie (MRT)

Die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit Magnetresonanztomographen kann in den meisten Bundesländern als ausreichend angesehen werden. Die neuen MR-Geräte haben eine Fülle von neuen Indikationsbereichen erkennen lassen, so dass dieses Thema im Fluss ist, und Indikationskataloge ständig neu zu bewerten sind. Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die Magnetresonanztomographie keine ionisierenden Strahlen einsetzt und daher, wenn möglich und den Empfehlungen der Richtlinie 97/43/EURATOM folgend, auch der Computertomographie vorzuziehen ist.

MRT versorgt uns im Allgemeinen mit mehr Information über pathologische Veränderungen intrakraniell, im Kopf-Hals-, Spinal- und Muskel-Skelett-Bereich sowie bei Gefäßen, vor allem wegen des außerordentlich hohen Kontrastauflösungsvermögens und der multiplanaren Abbildungsmöglichkeit. Dies bedeutet, dass die Diagnose und die Behandlung von Erkrankungen mit größerer Sicherheit erfolgen können.
Neuere Indikationen umfassen die MRT der Mamma und des Herzens. Die Darstellung des Gallenwegsystems und des Pankreasgangsystems hat sich bereits weitgehend etabliert, und die angiographischen Darstellungstechniken sind ebenfalls im Vormarsch.
Die Ganzkörper-Magnetresonanztomographie wird z.B. zum Staging bei malignen Tumoren eingesetzt, die szintigraphisch eine geringe oder keine Nuklidbelegung aufweisen (z.B. das Plasmozytom).
Derzeit ist die Magnetresonanztomographie im ersten Trimenon der Schwangerschaft nur mit außerordentlich enger Indikation einzusetzen. Die Möglichkeit einer Schädigung des Embryos dürfte zwar wesentlich geringer sein als bei der Anwendung von ionisierenden Strahlen; es liegen aber noch keine endgültigen Daten vor.

Es gibt einige Kontraindikationen der MRT, die man kennen sollte:

Metallische Fremdkörper in der Orbita, Aneurysma-Klips (heute werden bereits MRT-taugliche Klips produziert, daher ist diesbezüglich beim Operateur oder Hersteller nachzufragen), Schrittmacher, Cochleaimplantate, Biostimulatoren. Bei Gelenkprothesen ist mit eingeschränkter Bildqualität in der Nähe der Prothese zu rechnen. Derzeit ist die MRT im postoperativen bzw. perioperativen Verlauf nur beschränkt einzusetzen. Sollten Unsicherheiten hinsichtlich der Kontraindikation entstehen, bitte um Rücksprache mit dem anwendenden Arzt.



Interventionelle Radiologie (Angiographie, Biopsie, Therapie)

Die Interventionelle Radiologie hat in den letzten Jahren enorme Bedeutung erlangt. An allen großen radiologischen Abteilungen gibt es mittlerweile Mitarbeiter mit interventionellem Schwerpunkt. Ausgangspunkt war die Angioplastie, die angiographisch gesteuerte Gefäßdilatation, die seit vielen Jahren mit sich immer neu entwickelnden Techniken routinemäßig eingesetzt wird. Die meisten abdominellen Abszesse werden über eine perkutane Drainage, die durch radiologische Verfahren geführt wird, behandelt. Sicher wird in Zukunft auch die MRT einen festen Platz in der Interventionellen Radiologie einnehmen. Ist eine interventionelle Maßnahme mit gleicher Sicherheit und Qualität sonographisch durchführbar, sollte ihr der Vorzug gegeben werden.

Neue Techniken im Rahmen der Interventionellen Radiologie sind ständig in Entwicklung. Einige dieser Neuerungen sind

perkutane Stentimplantationen in den großen thorakalen und abdominellen Gefäßen inklusive dem thorakalen und abdominellen Aortenaneurysma,
verschiedene interventionelle Techniken, um Läsionen von Leber, Nieren, Lungen oder auch Herzrhythmusstörungen zu behandeln,
perkutane Diskektomie bei lumbalem Bandscheibenvorfall für ganz exakt ausgewählte klinische Situationen.

Alle diese speziellen therapeutischen Maßnahmen setzen eine enge Zusammenarbeit zwischen dem betreuenden Kliniker und dem klinisch tätigen Radiologen voraus und sind wegen der Komplexität des Eingriffs auf Zentren beschränkt.

Da alle interventionell-radiologischen Verfahren invasiv sind, ist eine Diskussion mit dem Anforderer vor dem Hintergrund der klinischen Ausgangssituation unabdingbar.





Orientierungshilfe für bildgebende Untersuchungen

- Tabellen -



Empfehlung der Strahlenschutzkommission

Verabschiedet in der 231. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 9./10. Dezember 2008



A.
B.
C.
D.
E.
F.
G.
H. 
I.
J.
K.
L.
M.
N.




Abkürzungsverzeichnis



Abkürzung

Erklärung



AVM

arteriovenöse Malformation

DBS

Durchblutungsstörung

BWS

Brustwirbelsäule

CCT

cranielle Computertomographie

CE-MRA

kontrastmittelgstützte MRA

COPD

Chronic Obstructive Pulmonary Disease

CT

Computertomographie

CTA

CT-Angiographie

CUP

Cancer of unknown primary

CW

Continuous Wave, Dauerschall-Dopplerverfahren

DCIS

Duktales Carcinoma in situ

DD

Differentialdiagnose

DDK

Dünndarmdoppelkontrast

DSA

Digitale Subtraktionsangiographie

ED

Erstdiagnose

ERCP

endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie

FDG

F-18-Fluordeoxyglukose

FET

F-18-Fluorethyltyrosin

FNH

Fokal noduläre Hyperplasie

FK

Fremdkörper

FKDS

farbkodierte Duplexsonographie

GI

Gastrointestinaltrakt

GKS

Ganzkörper-Szintigraphie

HRCT

High resolution CT, hochauflösende CT

HWS

Halswirbelsäule

IVP

Ausscheidungsurographie

KE

Kontrasteinlauf

KHK

Koronare Herzerkrankung

KM

Kontrastmittel

LK

Lymphknoten

LWS

Lendenwirbelsäule

MAG3

Tc-99m-Mercapto-Acetyl-Triglycin

MCU

Miktionscystureterogramm

MDP

Magen-Darm-Passage

MIBI

Tc-99m-Methoxy-Isobutyl-Isonitril

MRA

Magnetresonanzangiographie

MRCP

Magnetresonanz-Cholangiopankreatikographie

MRT

Magnetresonanz-Tomographie

NAST

Nierenarterienstenose

Nativ-CT

CT ohne Kontrastmittelgabe

NBKS

Nierenbeckenkelchsystem

NN

Nebennieren

NNH

Nasennebenhöhlen

NSCLC

Non-Small Cell Lung Cancer

Nuk

Nuklearmedizin

OP

Operation

OPG

Orthopantomogramm

PET

Positronenemissions-Tomographie

PET/CT

PET/CT-Hybridbildgebung

RECIST

Response Evaluation Criterial in Solid Tumors

RF

Raumforderung

RIT

Radioiod-Therapie

Röntgenuntersuchung

SAB

Subarachinoidalblutung

SD

Schilddrüse

SEHCAT-Test)

Gallensäure-Absorptionstest

SLN

Sentinel Lymph Node (Wächterlymphknoten)

TCD

transkranielle Dopplersonographie

TcO4-

Tc-99m-Pertechnetat

TIA

transitorisch ischämische Attacke

TTE

transthorakale Echokardiographie

TU

Tumor

US

B-Bild-Sonographie

VK

Verlaufskontrolle

WK

Wirbelkörper

WS

Wirbelsäule






Anlagen (nichtamtliches Verzeichnis)

Anlage 01: A. Kopf (einschließlich HNO-Probleme)

Anlage 02: B. Hals

Anlage 03: C. Wirbelsäule

Anlage 04: D. Knochenskelett und Muskulatur

Anlage 05: Herz-Kreislaufsystem

Anlage 06: F. Thorax

Anlage 07: G. Verdauungssystem

Anlage 08: H. Urologisches System, Nebennieren und Urogenitaltrakt

Anlage 09: I. Gynäkologie und Geburtshilfe

Anlage 10: J. Brusterkrankungen

Anlage 11: K. Trauma

Anlage 12: L. Onkologie

Anlage 13: M. Kinder

Anlage 14: N. Interventionelle Radiologie