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Verwaltungsvorschrift für die Anerkennung von Zertifizierungssystemen und Zertifizierungsstellen nach der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachVwV)

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Verwaltungsvorschrift
für die Anerkennung von Zertifizierungssystemen und Zertifizierungsstellen
nach der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung
(Biokraft-NachVwV)



Vom 12. März 2010



Fundstelle: eBAnz AT37 2010 B1

Zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 05.01.2012 (eBAnz AT4 2012 B1)



Inhaltsübersicht



1
Anwendungsbereich


2
Begriffsbestimmungen
2.1
Altanlagen
2.2
Betriebe und Betriebsstätten
2.3
Biomasse
2.4
Konformitätsbewertungen
2.5
Lieferanten vor der letzten Schnittstelle
2.6
Lieferanten nach der letzten Schnittstelle
2.7
Massenbilanzsysteme
2.8
Nachhaltigkeitsnachweise
2.9
Nachhaltigkeits-Teilnachweise
2.10
Referenzzeitpunkt
2.11
Schnittstellen
2.12
Zertifikate
2.13
Zertifizierungsstellen
2.14
Zertifizierungssysteme
2.15
Zustellungsfähige Anschrift


3
Anerkennung von Zertifizierungssystemen
3.1
Anerkennungsvoraussetzungen
3.1.1
Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabendurchführung
3.1.2
Vermeidung unverhältnismäßiger Kosten
3.1.3
Anforderungen an die Nachweisführung der Herstellungs- und Lieferkette bis zur letzten Schnittstelle
3.1.3.1
Geeignete Nachweisdokumente
3.1.3.2
Nachweis des Treibhausgas-Minderungspotenzials
3.1.3.3
Nachweise zu den flächenbezogenen Anforderungen
3.1.3.4
Nachweise der Ersterfasser
3.1.3.5
Lieferanten vor der letzten Schnittstelle
3.1.3.6
Letzte Schnittstellen
3.1.4
Nähere Bestimmungen zu den Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit
3.1.4.1
Bis zur letzten Schnittstelle
3.1.4.2
Ab der letzten Schnittstelle
3.1.5
Risikomanagement
3.2
Nachweis der Anerkennungsvoraussetzungen
3.3
Besondere Anerkennungsformen
3.3.1
Beschränkte und kombinierte Anerkennung
3.3.2
Vorläufige Anerkennung
3.3.3
Anerkennung durch die Europäische Kommission
3.4
Widerruf der Anerkennung


4
Anforderungen an die Anerkennung von Zertifizierungsstellen
4.1
Anerkennungsvoraussetzungen
4.1.1
Datenaustausch
4.1.2
Risikomanagement
4.2
Nachweis der Anerkennungsvoraussetzungen
4.3
Besondere Anerkennungsformen
4.3.1
Beschränkte und kombinierte Anerkennung
4.3.2
Vorläufige Anerkennung
4.3.3
Anerkennung durch die Europäische Kommission
4.4
Widerruf der Anerkennung


5
Gemeinschaftsrahmen (Subsidiarität)


6
Inkrafttreten


1
Anwendungsbereich


Diese Verwaltungsvorschrift dient der näheren Bestimmung der Voraussetzungen für die Anerkennung von Zertifizierungssystemen und Zertifizierungsstellen nach der Biokraftstoff-Nachhaltigkeitsverordnung (Biokraft-NachV) vom 30. September 2009 (BGBl. I S. 3182). Sie richtet sich an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung als hierfür nach der Biokraft-NachV zuständige Behörde. Die Verwaltungsvorschrift stellt ein Referenzsystem im Sinne von Anlage 5 Nummer 4 zur Biokraft-NachV dar.



2
Begriffsbestimmungen


Ergänzend zu den Begriffsbestimmungen in § 2 Biokraft-NachV gelten für diese Verwaltungsvorschrift die folgenden Begriffsbestimmungen:



2.1
Altanlagen


Altanlagen sind Anlagen im Sinne von § 8 Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 bis 6 Biokraft-NachV, die vor dem 23. Januar 2008 in Betrieb genommen worden sind.



2.2
Betriebe und Betriebsstätten


Betriebe sind rechtlich selbständige Wirtschaftseinheiten, die Biomasse herstellen, verarbeiten, handeln oder liefern. Betriebsstätten (unselbständige Niederlassungen) sind rechtlich unselbständige Wirtschaftseinheiten von Betrieben.



2.3
Biomasse


Biomasse ist Biomasse im Sinne der Biomasseverordnung vom 21. Juni 2001 (BGBl. I S. 1234), die durch die Verordnung vom 9. August 2005 (BGBl. I S. 2419) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung (siehe § 2 Absatz 1 Satz 2 Biokraft-NachV).



2.4
Konformitätsbewertungen


Konformitätsbewertungen sind von nach der Biokraft-NachV anerkannten Zertifizierungsstellen durchgeführte Verfahren zur Bewertung der Frage, ob Biomasse von einem Betrieb nach Maßgabe der Biokraft-NachV einschließlich der zu ihrer Durchführung erlassenen Vorschriften hergestellt oder geliefert wird.



2.5
Lieferanten vor der letzten Schnittstelle


Lieferanten vor der letzten Schnittstelle sind diejenigen Betriebe, die die Biomasse nach ihrem Anbau durch den Anbaubetrieb bis zu der letzten Schnittstelle an den jeweils nächsten Empfänger tatsächlich liefern.



2.6
Lieferanten nach der letzten Schnittstelle


Lieferanten nach der letzten Schnittstelle sind diejenigen Betriebe im Sinne des § 17 Biokraft-NachV, die den Biokraftstoff nach der Herstellung durch die letzte Schnittstelle bis zum Nachweispflichtigen an den jeweils nächsten Empfänger tatsächlich liefern.



2.7
Massenbilanzsysteme


Massenbilanzsysteme sind Aufzeichnungen, die eine mengenmäßige bilanzielle Rückverfolgbarkeit auf allen Stufen der Herstellung und Lieferung der Biomasse bzw. des Biokraftstoffs sicherstellen. Durch die Bilanzierung nach einem Massenbilanzsystem wird sichergestellt, dass die Menge der verordnungskonformen Biomasse bzw. des verordnungskonformen Biokraftstoffs, die einem Gemisch entnommen wird, nicht höher ist als die Menge der verordnungskonformen Biomasse bzw. des verordnungskonformen Biokraftstoffs, die dem Gemisch zuvor beigefügt wurde.



2.8
Nachhaltigkeitsnachweise


Nachhaltigkeitsnachweise sind Nachweise, die von der letzten Schnittstelle ausgestellt werden und belegen, dass eine Menge Biokraftstoffs die Anforderungen der Biokraft-NachV erfüllt.



2.9
Nachhaltigkeits-Teilnachweise


Nachhaltigkeits-Teilnachweise sind Nachhaltigkeitsnachweise für geteilte, zusammengefasste oder gegebenenfalls für weitergegebene gleich bleibende Mengen Biokraftstoffs, für die bereits ein Nachhaltigkeitsnachweis ausgestellt worden ist.



2.10
Referenzzeitpunkt


Referenzzeitpunkt ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Anforderungen an den Schutz natürlicher Lebensräume nach den §§ 4 bis 6 Biokraft-NachV. Referenzzeitpunkt ist nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Biokraft-NachV der 1. Januar 2008. Sofern keine hinreichenden Daten vorliegen, mit denen die Erfüllung der Anforderungen für diesen Tag nachgewiesen werden kann, kann nach § 3 Absatz 2 Satz 2 Biokraft-NachV als Referenzzeitpunkt ein anderer Tag im Januar 2008 gewählt werden.



2.11
Schnittstellen


Schnittstellen sind die zertifizierungsbedürftigen Betriebe entlang der Herstellungs- und Lieferkette, also



die Betriebe und Betriebsstätten, die die Biomasse, die für die Herstellung des Biokraftstoffs erforderlich ist, erstmals von den Betrieben, die diese Biomasse anbauen und ernten, zum Zweck des Weiterhandelns aufnehmen (§ 2 Absatz 3 Nummer 1 Biokraft-NachV), also insbesondere Händler, Genossenschaften oder Ölmühlen, die direkt von einer Vielzahl landwirtschaftlicher Betriebe Biomasse beziehen (die sogenannten Ersterfasser),


Ölmühlen und


sonstige Betriebe, die flüssige oder gasförmige Biomasse auf die erforderliche Qualitätsstufe für den Einsatz als Biokraftstoff aufbereiten oder die aus der eingesetzten Biomasse Biokraftstoffe herstellen (zum Beispiel Pflanzenölraffinerien und Biodieselhersteller, nicht jedoch reine Mineralölraffinerien).


2.12
Zertifikate


Ein Zertifikat nach § 2 Absatz 5 Biokraft-NachV ist eine Konformitätsbescheinigung für eine Schnittstelle. Schnittstellen bekommen ein Zertifikat, wenn sie, einschließlich aller von ihnen mit der Herstellung und Lieferung der Biomasse unmittelbar oder mittelbar befassten Betriebe und Betriebsstätten, die Anforderungen der Biokraft-NachV erfüllen. Ein Zertifikat für eine Schnittstelle kann nur ausgestellt werden, wenn sich diese mit all ihren vorgelagerten Betrieben und Betriebsstätten zur Einhaltung eines von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung anerkannten Zertifizierungssystems verpflichtet hat. Betriebe und Betriebsstätten, die keine Schnittstelle sind, bekommen eine Konformitätsbescheinigung, wenn die Erfüllung der Anforderungen durch eine Kontrolle festgestellt wurde.



2.13
Zertifizierungsstellen


Zertifizierungsstellen sind nach § 2 Absatz 6 Biokraft-NachV unabhängige natürliche oder juristische Personen, die Zertifikate für Schnittstellen ausstellen und die Erfüllung der Anforderungen nach dieser Verordnung bei allen Betrieben der Herstellungs- und Lieferkette kontrollieren. Eine Zertifizierungsstelle muss mindestens zwei natürliche Personen beschäftigen.



2.14
Zertifizierungssysteme


Zertifizierungssysteme sind nach § 2 Absatz 7 Biokraft-NachV Systeme, die die Erfüllung der Anforderungen nach der Biokraft-NachV für die Herstellung und Lieferung der Biomasse bzw. des Biokraftstoffs organisatorisch sicherstellen und Vorgaben zur näheren Bestimmung der Anforderungen nach der Biokraft-NachV, zum Nachweis ihrer Erfüllung sowie zur Kontrolle dieses Nachweises enthalten. Sie stellen Anforderungen an die Umsetzung der Biokraft-NachV auf.



2.15
Zustellungsfähige Anschrift


Zustellungsfähige Anschrift ist jede Postadresse innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums, die die rechtlich wirksame Zustellung amtlicher Dokumente durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sicherstellt. Postfachanschriften sind keine zustellungsfähigen Anschriften.



3
Anerkennung von Zertifizierungssystemen


Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung und den Widerruf der Anerkennung von Zertifizierungssystemen ergeben sich aus den §§ 32 bis 41 Biokraft-NachV sowie aus Anlage 5 zur Biokraft-NachV. Bei der Anwendung dieser Vorschriften ist unter anderem Folgendes zu beachten:



3.1
Anerkennungsvoraussetzungen


Ein Zertifizierungssystem kann nur anerkannt werden, wenn die sich aus § 33 Biokraft-NachV sowie aus Anlage 5 zur Biokraft-NachV ergebenden Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt sind. Neben den sich aus § 33 Absatz 1 Nummer 1 Biokraft-NachV ergebenden formellen Voraussetzungen sind insbesondere folgende Punkte von Bedeutung:



3.1.1
Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabendurchführung


Das Zertifizierungssystem muss eine ordnungsgemäße Aufgabendurchführung gewährleisten. Zu diesem Zweck hat es



ein Risikomanagementverfahren zu implementieren,


insbesondere zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 33 Absatz 1 Nummer 3 und 4 Biokraft-NachV über ein betriebsinternes Qualitätsmanagementsystem zu verfügen,


sicherzustellen, dass eine regelmäßige Überarbeitung der nach § 33 Absatz 1 Nummer 5 Biokraft-NachV erforderlichen Standards erfolgt,


eine öffentlich zugängliche und transparente Darstellung seiner Zertifizierungsstandards vorzulegen,


sicherzustellen, dass seine Entscheidungsstrukturen transparent gestaltet sind,


sicherzustellen, dass es den Berichtspflichten gemäß § 39 und Informationsverlangen nach § 62 Biokraft-NachV nachkommt, und


dafür zu sorgen, dass gemäß § 39 Absatz 3 Biokraft-NachV alle Zertifikate von Schnittstellen, die seine Vorgaben verwenden, auf seiner Internetseite veröffentlicht werden.


Wichtige Anhaltspunkte für die Gewährleistung einer ordnungsgemäßen Aufgabendurchführung sind unter anderem:



die Beteiligung von betroffenen Interessengruppen beim Aufbau und bei der Implementierung des Zertifizierungssystems;


die Regelung der Beziehungen und Vertragsabschlüsse zwischen Zertifizierungssystemen, Zertifizierungsstellen und Betrieben sowie Betriebsstätten;


die Regelung im Zertifizierungssystem, ob die Verwendung von Zertifizierungsstandards des Zertifizierungssystems durch Schnittstellen, Betriebe und Betriebsstätten kostenpflichtig ist und wer in diesem Fall die Kosten trägt.


3.1.2
Vermeidung unverhältnismäßiger Kosten


Zertifizierungssysteme sind nach Anlage 5 Nummer 2 Biokraft-NachV verpflichtet, sicherzustellen, dass die Erfüllung der Anforderungen der Biokraft-NachV für kleinbäuerliche Betriebe, Produzentenorganisationen und Genossenschaften keine unverhältnismäßigen Kosten verursacht.



Die Zertifizierungssysteme haben Sonderregelungen für kleinbäuerliche Betriebe, Produzentenorganisationen und Genossenschaften unter Berücksichtigung regional- und standortspezifischer Besonderheiten nachvollziehbar zu prüfen. Stellt sich hierbei beispielsweise heraus, dass sich gemessen an der Struktur der Mehrheit der Betriebe für bestimmte Kleinerzeuger oder Produktionsgenossenschaften die Nachweisführung als zu kostenaufwändig oder auch technisch kaum realisierbar erscheint, sollten für diese Betriebe Vereinfachungen der Nachweisanforderungen vorgesehen werden.



Die Definition der Begriffe „kleinbäuerliche Betriebe“, „unverhältnismäßige Kosten“ und weitere Begriffe sowie Vereinfachungen für kleinbäuerliche Betriebe, Produzentenorganisationen und Genossenschaften bedürfen der Anerkennung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im Rahmen der Anerkennung des Zertifizierungssystems.



Von datenschutzrechtlichen Regelungen, insbesondere solchen in der Biokraft-NachV, darf bei Maßnahmen im Sinne von Anlage 5 Nummer 2 Biokraft-NachV in Verbindung mit dieser Verwaltungsvorschrift nicht abgewichen werden.



3.1.3
Anforderungen an die Nachweisführung der Herstellungs- und Lieferkette bis zur letzten Schnittstelle


Zertifizierungssysteme enthalten Regelungen, mit welchen Nachweisen die Herstellungs- und Lieferkette bis zur letzten Schnittstelle die Erfüllung der Anforderungen der Biokraft-NachV belegen kann.



3.1.3.1
Geeignete Nachweisdokumente


Zertifizierungssysteme können beispielsweise folgende Nachweisdokumente zulassen:



1.
Nachweisdokumente von Behörden, wie insbesondere


Bescheinigungen der jeweils verantwortlichen Behörde über den Zustand der Fläche zum Referenzzeitpunkt oder zum Umwandlungszeitpunkt,


Schutzgebietserklärungen inklusive der gestatteten Nutzungsaktivitäten,


geeignete Dokumente und Unterlagen aus dem Beihilfeverfahren der Europäischen Union;


2.
Nachweisdokumente durch Gutachter, wie insbesondere


gutachterliche Bescheinigungen von beauftragten, unabhängigen Gutachtern und Experten,


Analysen und Auswertungen von Fernerkundungsdaten und Kartenmaterial,


Protokolle über Feldbegehungen und Feldproben,


Interviews mit Betrieben, lokalen Stakeholdern oder Interessenvertretern,


die Durchführung von Environmental Impact Assessments, High Conservation Value Assessments, High Nature Value Assessments, Key Biodiversity Assessments, International’s Rapid Assessments;


3.
Betriebliche Nachweisdokumente, wie insbesondere


Steuerdokumente, Grundbuchauszüge und


Managementpläne, die bestimmte Schutzaspekte aufgreifen und beschreiben, welche Aktivitäten, Techniken und Termine der Betrieb anwendet, um den Schutzzwecken zu entsprechen;


4.
Kartenmaterial, wie insbesondere


regionale und lokale Karten (zum Beispiel Landnutzungskarten, Standortkartierungen, hydrologische Kartierungen, Vegetationskarten, Katasterauszüge),


Fernerkundungsdaten,


internationale Karten und Daten.


Die Nachweise müssen mit hinreichender Sicherheit belegen, dass die Anforderungen an die nachhaltige Herstellung von Biomasse bzw. Biokraftstoff nach der Biokraft-NachV erfüllt sind und umgesetzt werden. In den in den Nummern 1 bis 4 genannten und ggf. anderen Dokumenten enthaltene, für den Nachweis der Erfüllung der Anforderungen der Biokraft-NachV durch die Herstellungs- und Lieferkette bis zur letzten Schnittstelle nicht erforderliche Informationen können von den Nachweisführenden vor der zur Prüfung der Dokumente durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung erforderlichen Übermittlung geschwärzt werden.



3.1.3.2
Nachweis des Treibhausgas-Minderungspotenzials


Zertifizierungssysteme haben dafür Sorge zu tragen, dass zum Nachweis der Einhaltung der Anforderungen für eine nachhaltige Erzeugung von Biokraftstoff von allen Schnittstellen, Betrieben und Betriebsstätten der Herstellungs- und Lieferkette



die Berechnungen der Treibhausgasemissionen,


die in die Formel eingesetzten, genau gemessenen Daten,


die verwendeten Standard- und Vergleichswerte und Umrechnungsfaktoren und


die im Rahmen des Massenbilanzsystems zu erfassenden Daten


dokumentiert werden.



3.1.3.3
Nachweise zu den flächenbezogenen Anforderungen


Zertifizierungssysteme müssen sicherstellen, dass die Nachweise Aussagen dazu enthalten, dass die flächenbezogenen Anforderungen nach den §§ 4 bis 6 der Biokraft-NachV erfüllt werden. In diesem Zusammenhang ist insbesondere Folgendes zu beachten:



Sofern alle Flächen im Hinblick auf die §§ 4 bis 6 Biokraft-NachV vor dem Referenzzeitpunkt 1. Januar 2008 als Anbaufläche in Betrieb genommen wurden und seither als Anbaufläche genutzt wurden, fallen sie unter Bestandsschutz, und der Anbau gilt als verordnungskonform. Dies schließt explizit auch solche Flächen ein, die im Rahmen von Fruchtfolgesystemen rotationsbedingt ackerbaulich nicht bestellt werden (Brachflächen) oder temporäre Grünlandflächen (nicht Dauergrünland) sind. Die Landnutzung zum Referenzzeitpunkt ist nachvollziehbar zu dokumentieren.



Der Anbau von Biomasse innerhalb von Schutzgebieten kann bei Einhaltung der vorgegebenen Auflagen erfolgen. Findet eine Bewirtschaftung innerhalb einer Naturschutzzwecken dienenden Fläche statt, muss der Anbaubetrieb dokumentieren, dass bei Anbau und Ernte der Biomasse die Naturschutzauflagen eingehalten werden. Für Flächen, die nach dem 1. Januar 2008 umgewandelt wurden oder werden, muss dokumentiert werden, dass ihre Umwandlung und gegebenenfalls Nutzung nicht gegen die Anforderungen der §§ 4 bis 7 Biokraft-NachV verstößt. Zum Nachweis über den Flächenstatus zum Referenzzeitpunkt nach den §§ 4 bis 6 Biokraft-NachV und über die Erfüllung der Anforderungen des § 7 Biokraft-NachV kann in Mitgliedstaaten der Europäischen Union insbesondere der Antrag auf Direktzahlungen nach Verordnung (EG) Nr. 73/2009 oder für flächenbezogene Maßnahmen sowie der Bescheid über die Gewährung solcher Zahlungen herangezogen werden.



Als Nachweis, dass die flächenbezogenen Anforderungen durch den Anbaubetrieb erfüllt werden, kann der Erzeuger der Biomasse (Landwirt) eine schriftliche Selbsterklärung abgeben, in der dieser bestätigt, dass die von ihm angebaute und gelieferte Biomasse die Anforderungen der Biokraft-NachV erfüllt. Ob eine Selbsterklärung als alleiniger Nachweis genügt, ist im Rahmen des Risikomanagements der entsprechenden Zertifizierungssysteme und -stellen darzulegen und gegenüber der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zu begründen.



3.1.3.4
Nachweise der Ersterfasser


Zertifizierungssysteme haben sicherzustellen, dass die Ersterfasser dokumentieren,



dass sie sich verpflichtet haben, bei der Herstellung von Biomasse im Anwendungsbereich dieser Verordnung mindestens die Anforderungen eines Zertifizierungssystems für die entsprechende Herstellungsstufe zu erfüllen, das nach der Biokraft-NachV anerkannt ist, und


dass nach § 26 Absatz 1 Nummer 3 Biokraft-NachV durch sie sichergestellt ist, dass sich alle von ihnen mit der Herstellung oder Lieferung der Biomasse unmittelbar oder mittelbar befassten Betriebe, die nicht selbst eine Schnittstelle sind, verpflichtet haben, bei der Herstellung von Biomasse im Anwendungsbereich dieser Verordnung mindestens die Anforderungen eines nach der Biokraft-NachV anerkannten Zertifizierungssystems für die entsprechende Herstellungsstufe zu erfüllen, und diese Anforderungen auch tatsächlich erfüllen.


Zertifizierungssysteme haben außerdem sicherzustellen, dass Ersterfasser folgende Angaben dokumentieren:



die Erfüllung der Anforderungen nach den §§ 4 bis 7 Biokraft-NachV durch die Anbaubetriebe,


die Namen und Anzahl aller Anbaubetriebe, von denen sie Biomasse erhalten,


die Berechnung der bereits entstandenen Emissionen nach Anlage 1 der Biokraft-NachV oder die Verwendung von Standardwerten,


nach § 26 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe c Biokraft-NachV den Ort des Anbaus der Biomasse als Polygonzug in geografischen Koordinaten mit einer Genauigkeit von 20 Metern für jeden Einzelpunkt,


die Durchführung der Kontrollen der Anbaubetriebe nach § 50 Biokraft-NachV oder nach § 51 Biokraft-NachV.


Ergänzend hierzu ist Folgendes zu beachten:



Im Zusammenhang mit der Erstellung des Polygonzuges ist aus Praktikabilitätsgründen auch eine Annäherung an den realen Flächenverlauf durch ein Vieleck möglich (im einfachsten Fall durch ein Dreieck). Die jeweiligen Anfangs- und Endpunkte der das Vieleck beschreibenden Geraden erfüllen dabei die Genauigkeitsanforderungen von 20 Metern für Einzelpunkte. Die Approximation durch ein Vieleck kann durch relativ wenige Punkte erfolgen, vorausgesetzt, dass die resultierende Feldfläche um nicht mehr als 10 Prozent von der amtlich festgestellten Feldfläche abweicht.



Bei der Erstellung des Polygonzuges kann vereinfachend auch die gesamte ackerbaulich nutzbare Fläche eines Betriebes, einschließlich gepachteter Flächen, zugrunde gelegt und in einem einzigen Polygonzug erfasst werden, sofern sich auf dieser Gesamtfläche keine Teilflächen befinden, auf denen keine Biomasse im Sinne der Biokraft-NachV angebaut werden darf. Da eine eindeutige Zuordnung der Anbauflächen für die entsprechende Produktion, die letztlich zur Herstellung von Biokraftstoff für Zwecke der Biokraft-NachV verwendet wird, zum Anbau- und Erntezeitpunkt der Biomasse nicht vorgenommen werden kann (die Entscheidung über Verwendung im Nahrungs-, Futtermittel- oder energetischen Sektor trifft der Händler), sollte der Biomasseerzeuger alternativ alle Flächen angeben, deren Produktion für die spätere Herstellung des Biokraftstoffs grundsätzlich geeignet ist. Nur dadurch kann sichergestellt werden, dass der in einem späteren Produktionsschritt erzeugte Biokraftstoff tatsächlich nur von Flächen stammt, die den Anforderungen der Biokraft-NachV genügen. Umgekehrt kann der Biomasseerzeuger die gesamte Biomasseproduktion auch verordnungskonform veräußern.



Zur Erfüllung der Dokumentationspflicht können geographische Daten und sonstige Flächennachweise herangezogen werden, die entweder beim landwirtschaftlichen Betrieb oder beim Ersterfasser vorliegen müssen. Dies hat der Landwirt in seiner Selbsterklärung über vorliegende Dokumentationen mitzuteilen. Die für die Erfüllung der Dokumentationspflicht in den geographischen Daten und sonstigen Flächennachweisen nicht geeigneten und damit nicht erforderlichen Informationen können von dem Dokumentationspflichtigen geschwärzt werden.



Die Sicherstellung der Kontrolle zur Einhaltung der §§ 4 bis 7 Biokraft-NachV bei einem Anbaubetrieb kann durch das Zertifizierungssystem, dessen Vorgaben der Anbaubetrieb verwendet, dokumentiert werden. In dieser Dokumentation hat das Zertifizierungssystem darzulegen, dass der Anbaubetrieb nach den Vorgaben dieses Zertifizierungssystems verordnungskonforme Biomasse herstellt und zu den Anbaubetrieben gehört, die von den anerkannten Zertifizierungsstellen des Zertifizierungssystems nach einer Risikoanalyse kontrolliert werden.



Der Polygonzug über den Ort des Anbaus der Biomasse sollte in elektronischer oder vergleichbarer Art und Weise beim Ersterfasser oder beim landwirtschaftlichen Betrieb vorliegen.



3.1.3.5
Lieferanten vor der letzten Schnittstelle


Zertifizierungssysteme haben sicherzustellen, dass Lieferanten vor der letzten Schnittstelle die Berechnung der bereits entstandenen Emissionen nach Anlage 1 Biokraft-NachV oder die Verwendung von Standardwerten dokumentieren.



3.1.3.6
Letzte Schnittstellen


Zertifizierungssysteme haben dafür Sorge zu tragen, dass letzte Schnittstellen unter anderem dokumentieren,



dass sie sich verpflichtet haben, bei der Herstellung von Biomasse im Anwendungsbereich dieser Verordnung mindestens die Anforderungen eines Zertifizierungssystems zu erfüllen, das nach der Biokraft-NachV anerkannt ist,


dass sie sich verpflichtet haben,


bei der Ausstellung von Nachhaltigkeitsnachweisen die Anforderungen nach den §§ 15 und 18 Biokraft-NachV zu erfüllen,


Kopien aller Nachhaltigkeitsnachweise, die sie aufgrund dieser Verordnung ausgestellt haben, unverzüglich der Zertifizierungsstelle zu übermitteln, die das Zertifikat ausgestellt hat, und


diese Nachhaltigkeitsnachweise sowie alle für ihre Ausstellung erforderlichen Dokumente mindestens zehn Jahre aufzubewahren.


Zertifizierungssysteme haben außerdem dafür Sorge zu tragen, dass letzte Schnittstellen sicherstellen, dass



die Berechnung der bereits entstandenen Emissionen nach Anlage 1 Biokraft-NachV unter Verwendung gemessener Daten oder unter Verwendung von Standardwerten,


die Berechnung des Treibhausgas-Minderungspotenzials und


die im Nachhaltigkeitsnachweis enthaltenen Angaben


dokumentiert werden.



Handelt es sich um eine Schnittstelle, die vor dem 23. Januar 2008 in Betrieb genommen wurde, ist das Treibhausgas-Minderungspotenzial erst ab dem 1. April 2013 einzuhalten. Zertifizierungssysteme stellen sicher, dass die Inbetriebnahme der Schnittstelle dokumentiert ist. Darüber hinaus ist zu dokumentieren, welche wesentlichen Änderungen oder Erweiterungen seit der Inbetriebnahme der Schnittstelle vorgenommen wurden.



Zertifizierungssysteme stellen sicher, dass letzte Schnittstellen die unter Nummer 3.1.4 genannten Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit dokumentieren. Es sind die unter Nummer 3.1.4 genannten Nachweise heranzuziehen.



3.1.4
Nähere Bestimmungen zu den Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit


Zertifizierungssysteme stellen sicher, dass die Rückverfolgbarkeit der Biomasse bis zur letzten Schnittstelle durch ein Massenbilanzsystem gewährleistet wird. Zertifizierungssysteme können darüber hinaus auch Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit der Biokraftstoffe ab der letzten Schnittstelle bis zum Nachweispflichtigen festlegen. Dabei ist zu beachten, dass sich Lieferanten ab der letzten Schnittstelle nicht dazu verpflichten müssen, die Anforderungen eines Zertifizierungssystems zu erfüllen, wenn sie die Voraussetzungen des § 17 Absatz 3 Biokraft-NachV erfüllen, wenn sie also den Erhalt und die Weitergabe der Biokraftstoffe einschließlich der Angaben des Nachhaltigkeitsnachweises sowie des Orts und des Datums, an dem sie die Biokraftstoffe weitergegeben haben, in einer elektronischen betriebsinternen oder betriebsübergreifenden Datenbank dokumentieren und das Massenbilanzsystem aller Lieferanten regelmäßigen Prüfungen durch die Hauptzollämter unterliegt. Bei nicht betriebsinternen Datenbanken sind die Vorgaben des § 11 Bundesdatenschutzgesetz zu beachten. Dies gilt auch für betriebsübergreifende Datenbanken, soweit sie im Wege der Datenverarbeitung im Auftrag geführt werden. Die konkrete Ausgestaltung der Massenbilanzsysteme der Lieferanten erfolgt in den in Satz 3 genannten Fällen in Abstimmung mit den zuständigen Hauptzollämtern.



3.1.4.1
Bis zur letzten Schnittstelle


Zertifizierungssysteme stellen sicher, dass jede Menge verordnungskonformer Biomasse im Massenbilanzsystem lückenlos bilanziell dokumentiert wird.



Zertifizierungssysteme stellen zu diesem Zweck mindestens sicher, dass Schnittstellen, Betriebe und Betriebsstätten



den Eingang verordnungskonformer Biomasse in die Schnittstelle, den Betrieb oder die Betriebsstätte,


die Verfolgung verordnungskonformer Biomasse in betriebsinternen Prozessen,


den Ausgang verordnungskonformer Biomasse aus der Schnittstelle, dem Betrieb oder der Betriebsstätte,


die Vermischung von verordnungskonformer Biomasse mit nicht verordnungskonformer Biomasse sowie die Entnahme von Biomasse aus Gemischen,


die Datenweitergabe an die nachgelagerte Schnittstelle, den nachgelagerten Betrieb oder die nachgelagerte Betriebsstätte,


die Datenweitergabe an das von der Schnittstelle, vom Betrieb oder von der Betriebsstätte genutzte Zertifizierungssystem, und


Unstimmigkeiten im Massenbilanzsystem


dokumentieren.



Außerdem stellen Zertifizierungssysteme sicher, dass folgende Informationen und Angaben betrieblich dokumentiert werden und durch die Zertifizierungsstelle eingesehen werden können:



Namen, Adressen und zuständige Ansprechpartner der unmittelbar vor- und nachgelagerten Schnittstellen, Betriebe oder Betriebsstätten,


die eindeutige Registriernummer des Zertifikats einer von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung anerkannten Zertifizierungsstelle über die Erfüllung aller anzuwendenden Anforderungen des Zertifizierungssystems,


Verträge mit Dritten, die mit der Handhabung der verordnungskonformen Biomasse beauftragt wurden,


Lieferdokumente für die verordnungskonforme Biomasse,


sofern nicht in den Lieferdokumenten aufgeführt, bei jeder Menge verordnungskonformer Biomasse


die eindeutige Identifikationsnummer,


die Art der eingegangenen verordnungskonformen Biomasse,


das Datum des Eingangs der verordnungskonformen Biomasse,


die Menge der verordnungskonformen Biomasse (in Tonnen),


die Treibhausgasemissionen in kg CO2eq je Tonne der Mengen eingegangener verordnungskonformer Biomasse, kumuliert über alle vorgelagerten Betriebe, unter Berücksichtigung der Anforderungen an Allokation und Saldierung,


das Zertifizierungssystem, nach dessen Vorgaben die verordnungskonforme Biomasse erstellt wurde,


bei innerbetrieblichen Prozessen zudem


der Eingang der verordnungskonformen Biomasse in den Prozess,


die Art des betriebsinternen Prozesses (Pressung, Raffination, Vermischung verschiedener Mengen im Tanklager, Transport, Lieferung, Umbuchung von Mengen auf eine andere Betriebsstätte, Ausstellung eines Nachhaltigkeitsnachweises oder Nachhaltigkeits-Teilnachweises),


die Treibhausgasemissionen unter Berücksichtigung der Anforderungen an Allokation und Saldierung,


der Ausgang verordnungskonformer Biomasse für jede aus dem betriebsinternen Prozess resultierende neue Menge verordnungskonformer Biomasse unter Berücksichtigung der Konversionsraten.


Zertifizierungssysteme verpflichten darüber hinaus Schnittstellen, Betriebe und Betriebsstätten, bei der Weitergabe verordnungskonformer Biomasse die für die Dokumentation der nachgelagerten Schnittstelle, des nachgelagerten Betriebes oder der nachgelagerten Betriebsstätte erforderlichen Daten weiterzugeben und Unstimmigkeiten bei der Dokumentation unverzüglich gegenüber dem Zertifizierungssystem oder der Zertifizierungsstelle anzuzeigen. Außerdem tragen Zertifizierungssysteme dafür Sorge, dass die vertrauliche Behandlung sensibler Unternehmensdaten durch andere Betriebe, Betriebsstätten und Schnittstellen in der Herstellungs-, Verarbeitungs- und Lieferkette gewährleistet ist.



3.1.4.2
Ab der letzten Schnittstelle


Soweit das Zertifizierungssystem Anforderungen an die Lieferung von Biokraftstoffen ab der letzten Schnittstelle enthält, ist Folgendes zu beachten:



Damit die bilanzielle Herkunft des Biokraftstoffs von der letzten Schnittstelle bis zum Nachweispflichtigen nachgewiesen werden kann, hat das Zertifizierungssystem sicherzustellen, dass die Lieferanten nach der letzten Schnittstelle Nachhaltigkeitsnachweise bzw. Nachhaltigkeits-Teilnachweise nach Maßgabe des Teils 3 der Biokraft-NachV verwenden, mit denen der Nachweispflichtige gegenüber dem Hauptzollamt bzw. der Biokraftstoffquotenstelle die Erfüllung der Nachhaltigkeitsanforderungen des Biokraftstoffs nach der Biokraft-NachV nachweisen kann.


Bei der Lieferung von Biokraftstoff durch Lieferanten nach der letzten Schnittstelle ist auf die tatsächliche Warenlieferung abzustellen. Das Eigentumsverhältnis an der Ware spielt dabei keine Rolle.


Nachhaltigkeitsnachweise werden in der Regel von der letzten Schnittstelle ausgestellt. Die Voraussetzungen für die Ausstellung ergeben sich aus § 15 Biokraft-NachV. Nicht erforderlich ist hierfür, dass die letzte Schnittstelle über die gesamte Dokumentation aller vorgelagerten Betriebe, Betriebsstätten und Schnittstellen vom Anbau der Biomasse bis zur letzten Schnittstelle verfügt.


Nachhaltigkeits-Teilnachweise werden nach § 24 Absatz 1 Biokraft-NachV von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung oder nach § 24 Absatz 5 Biokraft-NachV von dem Zertifizierungssystem oder von einem anderen Betreiber einer elektronischen Datenbank ausgestellt. Sofern Nachhaltigkeits-Teilnachweise durch ein Zertifizierungssystem ausgestellt werden, muss sich die Anerkennung des Zertifizierungssystems auch auf den Betrieb oder die Nutzung einer elektronischen Datenbank beziehen (siehe hierzu unten unter 3.2). Kopien der Nachhaltigkeits-Teilnachweise, die von anerkannten Zertifizierungssystemen oder Betreibern einer elektronischen Datenbank ausgestellt werden, müssen unverzüglich auf elektronischem Wege an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung übermittelt werden, damit diese einen Abgleich mit den bereits ausgestellten Nachhaltigkeitsnachweisen und Nachhaltigkeits-Teilnachweisen vornehmen kann. „Unverzüglich“ bedeutet in diesem Zusammenhang regelmäßig, so dass die Übermittlung zeitgleich mit der Ausstellung des Nachhaltigkeits-Teilnachweises erfolgen muss.


Die Gründe für die Unwirksamkeit von Nachhaltigkeitsnachweisen und Nachhaltigkeits-Teilnachweisen ergeben sich aus § 20 Absatz 1 Biokraft-NachV. Im Biokraftstoffbereich ist außerdem die Vertrauensschutzregelung in § 20 Absatz 2 Biokraft-NachV zu beachten. Die Vertrauensschutzregelung bezieht sich ausschließlich auf unrichtige Angaben im Nachweis. Unter Berufung auf die Vertrauensschutzregelung kann deshalb ein Nachweis, der durch Teilung, Zusammenfassung oder Vorlage entwertet oder gesperrt wurde, nicht mehrfach genutzt werden.


Das Zertifizierungssystem hat dafür Sorge zu tragen, dass die vertrauliche Behandlung sensibler Unternehmensdaten durch andere Unternehmen nach der letzten Schnittstelle gewährleistet ist.


Das Zertifizierungssystem hat zu regeln, wie die Lieferanten die Weitergabe des Biokraftstoffs in einem innerbetrieblichen Massenbilanzsystem nach § 17 der Biokraft-NachV dokumentieren. So ist beispielsweise anzugeben,


über welche Zeiträume die bezogenen Mengen bilanziert werden können (täglich, monatlich, quartalsweise), wobei der Bilanzierungszeitraum drei Monate, bei einer Bilanzierung bis einschließlich zum 30. Juni 2012 ausnahmsweise zwölf Monate, nicht überschreiten darf;


ob bei Mischungen mit fossilen Kraftstoffen der Bilanzierungszeitraum rechnerisch komplett abgeschlossen wird (der rechnerische Endbestand an verordnungskonformem Biokraftstoff wird komplett auf die Summe der Abgänge an Kraftstoffen umgelegt);


wie sichergestellt wird, dass das verwendete Massenbilanzsystem übersichtlich und für einen Dritten jederzeit nachvollziehbar ist;


wie Fehler bei der Abrechnung korrigiert werden.


Das Zertifizierungssystem hat dafür Sorge zu tragen, dass im Fall der Vermischung von Biokraftstoffen, für die bereits Nachhaltigkeitsnachweise bzw. Nachhaltigkeits-Teilnachweise ausgestellt worden sind, Mengen von Biokraftstoffen, die dem Gemisch beigefügt werden, nicht saldiert werden, wenn sie vor der Vermischung das Treibhausgas-Minderungspotenzial nach § 8 Biokraft-NachV nicht erfüllen.


Sofern der Biokraftstoff aus Altanlagen stammt und für diesen kein Treibhausgas-Minderungspotenzial im Nachhaltigkeitsnachweis angegeben wurde, darf er nicht in die Saldierung der Treibhausgas-Minderungspotenziale von Biokraftstoffmengen mit angegebenem Treibhausgas-Minderungspotenzial einbezogen werden. Einer Vermischung mit Mengen mit angegebenem Treibhausgas-Minderungspotenzial steht dies nicht entgegen. Für die Teilmengen aus Altanlagen ohne Angabe des Treibhausgas-Minderungspotenzials werden getrennte Nachhaltigkeits-Teilnachweise nach § 24 Biokraft-NachV ausgestellt. Sind jedoch für die Teilmengen aus den Altanlagen die Treibhausgasemissionen angegeben und erfüllen diese Teilmengen das Treibhausgas-Minderungspotenzial nach § 8 Biokraft-NachV, so ist eine Saldierung möglich. Die Berechnung der Treibhausgasemissionen kann unter Verwendung genau gemessener Daten, unter Verwendung von Standardwerten oder unter Verwendung genau gemessener Daten und Standardwerten erfolgen.


Ebenso ist die Ausstellung von Nachhaltigkeits-Teilnachweisen für Gemische von Biokraftstoffen möglich, wenn für alle Teilmengen (auch aus Altanlagen) die Treibhausgasemissionen in g CO2eq/MJ angegeben sind. Hierbei erfolgt die Saldierung der Treibhausgasemissionen anhand des gewogenen Mittels. Nachhaltigkeitsnachweise nach § 24 Biokraft-NachV für Biokraftstoffe können auf Antrag des Inhabers geteilt werden. Des Weiteren werden im Falle der Vermischung von Biokraftstoffen, für die Nachhaltigkeitsnachweise oder Nachhaltigkeits-Teilnachweise ausgestellt worden sind, für das Gemisch Nachhaltigkeits-Teilnachweise ausgestellt.


3.1.5
Risikomanagement


Um die Anforderungen nach § 33 Absatz 1 Biokraft-NachV zu erfüllen, müssen Zertifizierungssysteme ein Risikomanagementsystem enthalten.



In diesem Risikomanagementsystem sind insbesondere folgende Risikoindikatoren zu beachten:



Die Erschließung (Umwandlung) von neuen Anbauflächen nach dem 1. Januar 2008 bedeutet generell ein erhöhtes Risiko, dass Biomasse aus nicht nachhaltiger Erzeugung in die Produktion gelangt.


Die Nähe zu oder die Überlagerung mit Risikogebieten (Gebiete, die nach den Bestimmungen der §§ 4 bis 6 der Biokraft-NachV für einen Biomasseanbau ausscheiden, wie zum Beispiel Primärwälder, Torfmoore, Feuchtgebiete, Grünland mit hoher biologischer Vielfalt) bedeuten generell ein erhöhtes Risiko, dass Biomasse aus nicht nachhaltiger Erzeugung in die Produktion gelangt.


Anhand der Risikoindikatoren des Zertifizierungssystems ist festzulegen, in welcher Qualität und Quantität Überprüfungen, insbesondere



die Auswertung globaler Daten, Identifizierung nationaler Schutzgebiete und international schützenswerter Flächen (beispielsweise anhand globaler Karten wie World Database on Protected Areas, Schutzgebietserklärungen, Naturschutzgesetzgebungen),


sowie, falls erforderlich, Vor-Ort-Überprüfungen mit lokalen Akteuren, inklusive Feldbegehungen,


durchzuführen sind. Die entsprechende Nachweisführung ist im Rahmen eines gestuften Prozesses durchzuführen und zu dokumentieren. Im ersten Schritt wird geprüft, ob die Risikoindikatoren des Zertifizierungssystems für Vor-Ort-Überprüfungen sprechen und in welcher Qualität und Quantität diese vorgenommen werden sollten. Im zweiten Schritt würden dann gegebenenfalls Vor-Ort-Überprüfungen durchgeführt.



Zertifizierungssysteme stellen durch ihr Risikomanagementsystem sicher, dass Betriebe ausreichend häufig und intensiv geprüft werden, um die Umsetzung der Anforderungen des Zertifizierungssystems und der Biokraft-NachV mit möglichst hoher Sicherheit zu gewährleisten.



3.2
Nachweis der Anerkennungsvoraussetzungen


Zum Nachweis, dass die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt werden, sind von den Antragsstellern geeignete Unterlagen vorzulegen. Gemäß § 33 Absatz 3 Satz 2 Biokraft-NachV können zusätzlich zu den bereits vorgelegten Unterlagen weitere Unterlagen angefordert und bei den Zertifizierungssystemen Prüfungen vor Ort durchgeführt werden, soweit dies zur Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung erforderlich ist.



Für die Anerkennung einer elektronischen Datenbank nach § 17 Absatz 2 Nummer 2 Biokraft-NachV sind unter anderem Unterlagen mit einer genauen Prozessbeschreibung, dem Geschäftsklassenmodell, dem Datensatzmodell, zur Gewährleistung der Datenintegrität und der Datensicherheit, zur Sicherstellung des unverzüglichen Datenaustausches mit der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung, anderen Zertifizierungssystemen und -stellen sowie weiteren durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung anerkannten Datenbanken und zur Sicherstellung des Lesezugriffs auf die Datenbank der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vorzulegen. Für den Fall, dass von der elektronischen Datenbank Nachhaltigkeits-Teilnachweise nach § 17 Absatz 2 Nummer 2 Buchstabe a in Verbindung mit § 24 Absatz 5 Biokraft-NachV zusätzlich ausgestellt werden sollen, ist der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung eine Darstellung, wie mit unwirksamen Nachhaltigkeitsnachweisen umgegangen wird, vorzulegen.



Für die Anerkennung von Zertifizierungssystemen sind im elektronischen Bundesanzeiger und auf der Internetseite der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung Antragsvordrucke zur Verfügung zu stellen, die zum Nachweis des Vorliegens der Anerkennungsvoraussetzungen nach § 33 Absatz 1 Biokraft-NachV geeignet sind.



3.3
Besondere Anerkennungsformen


3.3.1
Beschränkte und kombinierte Anerkennung


Die Anerkennung kann nach Maßgabe des § 33 Absatz 6 Biokraft-NachV beschränkt werden.



Eine Beschränkung der Anerkennung gemäß § 33 Absatz 6 Satz 1 Nummer 4 Biokraft-NachV auf den Betrieb einer elektronischen Datenbank kommt nur in Betracht, wenn gewährleistet ist, dass eine Dokumentation der Lieferung des Biokraftstoffs in einem den Anforderungen des § 16 Absatz 2 Biokraft-NachV genügenden Massenbilanzsystem erfolgt und eine entsprechende Rückverfolgbarkeit sichergestellt ist. Im Fall einer Beschränkung auf einzelne Anforderungen der §§ 4 bis 8 Biokraft-NachV (§ 33 Absatz 6 Satz 1 Nummer 3) oder auf den Betrieb einer elektronischen Datenbank zum Zweck des Nachweises darüber, dass das Massenbilanzsystem nach § 17 Absatz 1 Biokraft-NachV eingehalten wird (§ 33 Absatz 6 Satz 1 Nummer 4), kann gemäß § 33 Absatz 6 Satz 2 Biokraft-NachV unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens bestimmt werden, dass das Zertifizierungssystem nur in Kombination mit einem anderen Zertifizierungssystem als anerkannt gilt.



Der Antrag auf Anerkennung kann gemäß § 33 Absatz 5 Biokraft-NachV mit einem Antrag auf Anerkennung nach der Biomassestrom-Nachhaltigkeitsverordnung kombiniert werden.



3.3.2
Vorläufige Anerkennung


Zertifizierungssysteme können nach § 59 Biokraft-NachV vorläufig anerkannt werden. Eine vorläufige Anerkennung darf nur erfolgen, wenn eine abschließende Feststellung der für die dauerhafte Anerkennung nach § 33 Absatz 1 Biokraft-NachV geforderten Voraussetzungen noch nicht möglich ist, aber die Voraussetzungen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfüllt sein werden. Ein Indiz für eine hinreichend wahrscheinliche Erfüllung der Voraussetzungen kann sein, dass das Zertifizierungssystem bereits von einem anderen EU-Mitgliedstaat anerkannt worden ist.



Bei Antragstellung auf Anerkennung gemäß § 33 Absatz 1 Biokraft-NachV ist innerhalb von sechs Monaten über die Anerkennung zu entscheiden. Die vorläufige Anerkennung gilt als erteilt, wenn nicht innerhalb von drei Monaten über den Antrag entschieden wurde.



Zertifizierungssysteme können aus der vorläufigen Anerkennung keinen Rechtsanspruch auf eine endgültige Anerkennung ableiten.



3.3.3
Anerkennung durch die Europäische Kommission


Sofern gemäß § 41 Biokraft-NachV die Europäische Kommission Zertifizierungssysteme anerkennt, gelten diese auch in der Bundesrepublik Deutschland als anerkannt. Zertifikate und Nachhaltigkeitsnachweise, die auf der Basis eines bei der Europäischen Kommission anerkannten Zertifizierungssystems ausgestellt wurden, werden im Rahmen der Biokraft-NachV anerkannt, unabhängig davon, von welcher Zertifizierungsstelle die Zertifikate ausgestellt werden.



3.4
Widerruf der Anerkennung


§ 38 Satz 1 bis 4 Biokraft-NachV enthält besondere Regelungen zum Widerruf einer Anerkennung. Die Anerkennung kann danach mit Wirkung für die Zukunft entzogen werden. Sie soll insbesondere dann widerrufen werden, wenn eine Anerkennungsvoraussetzung nach § 33 Absatz 1 Biokraft-NachV nicht oder nicht mehr erfüllt ist oder wenn das Zertifizierungssystem seine Berichtspflichten nach § 39 Biokraft-NachV verletzt.



Bei der Erfüllung ihrer Berichtspflichten ist von den Zertifizierungssystemen Folgendes zu beachten:



Zertifizierungssysteme müssen der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung nach § 39 Biokraft-NachV bis zum 28. Februar des folgenden Kalenderjahres und im Übrigen auf Verlangen folgende Informationen in elektronischer Form übermitteln:



eine Liste aller Schnittstellen, Betriebe und Lieferanten, die bei der Herstellung oder Lieferung von Biomasse das Zertifizierungssystem verwenden, einschließlich der Angabe, von welcher Zertifizierungsstelle sie kontrolliert werden, und


eine Liste aller Maßnahmen, die gegenüber Schnittstellen, Betrieben oder Lieferanten ergriffen worden sind, die die Anforderungen nach dieser Verordnung oder nach dem Zertifizierungssystem nicht oder nicht mehr erfüllt haben.


Weitere mögliche Widerrufsgründe sind in § 38 Biokraft-NachV aufgeführt.



4
Anforderungen an die Anerkennung von Zertifizierungsstellen


Die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Anerkennung und den Widerruf der Anerkennung von Zertifizierungsstellen ergeben sich aus den §§ 42 bis 47 Biokraft-NachV sowie aus Anlage 5 zur Biokraft-NachV. Bei der Anwendung dieser Vorschriften ist insbesondere Folgendes zu beachten:



4.1
Anerkennungsvoraussetzungen


Eine Zertifizierungsstelle kann nur anerkannt werden, wenn die sich aus § 43 Biokraft-NachV sowie aus Anlage 5 zur Biokraft-NachV ergebenden Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt sind.



Zertifizierungsstellen kontrollieren die Einhaltung der Anforderungen der Biokraft-NachV bei den Schnittstellen, Betrieben und Betriebsstätten, die sich verpflichtet haben, die Vorgaben eines Zertifizierungssystems zu verwenden. Um dem für die Qualitätskontrolle international anerkannten Vier-Augen-Prinzip gerecht zu werden, setzt eine Zertifizierungsstelle die Beschäftigung von mindestens zwei natürlichen Personen voraus. Die Größenspanne von Zertifizierungsstellen im Sinne dieser Verordnung kann von Zwei-Personen-Gesellschaften bis zu weltweit tätigen Unternehmen gehen.



4.1.1
Datenaustausch


Die Zertifizierungsstelle muss sich gegenüber der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung schriftlich verpflichten, den Datenaustausch mit weiteren Zertifizierungsstellen und Zertifizierungssystemen, die im Rahmen der Umsetzung der Biokraft-NachV anerkannt sind, sicherzustellen. Im Fall einer kombinierten Anerkennung von zwei oder mehreren Zertifizierungssystemen, denen sich die Zertifizierungsstelle verpflichtet hat, muss sie den Datenaustausch zwischen den betreffenden Zertifizierungssystemen gewährleisten. Dies gilt auch, wenn mehrere Zertifizierungssysteme parallel arbeiten, ohne dass eine kombinierte Anerkennung vorliegt, insbesondere wenn die Schnittstellen, Betriebe und Betriebsstätten unterschiedlicher Zertifizierungssysteme in der gleichen Herstellungs- und Lieferkette tätig sind.



4.1.2
Risikomanagement


Zertifizierungsstellen müssen die Vorgaben des Risikomanagements ihres jeweiligen Zertifizierungssystems einhalten.



Eine Bewertung der Richtigkeit von vorgelegten Dokumenten und Nachweisen, die Auswahl entsprechender Kontrollmethoden zu deren Verifizierung sowie die Festlegung der Häufigkeit der Kontrollen müssen auf der Basis einer entsprechenden Risikobewertung erfolgen, um die Umsetzung der Biokraft-NachV mit möglichst hoher Sicherheit zu gewährleisten.



Die Zertifizierungsstelle stellt mit ihrem Risikomanagement sicher, dass Schnittstellen, Betriebe und Betriebsstätten ausreichend häufig und intensiv geprüft werden. Hierdurch soll die Umsetzung der Anforderungen der Biokraft-NachV und der Anforderungen des Zertifizierungssystems mit möglichst hoher Sicherheit gewährleistet werden. Zertifizierungsstellen kontrollieren alle Schnittstellen, Betriebe und Betriebsstätten der Lieferkette entsprechend den Vorgaben ihres Risikomanagements.



Für die Kontrolle der Anbaubetriebe sind unter anderem die unter Punkt Nummer 3.1.5 genannten Risikofaktoren relevant.



4.2
Nachweis der Anerkennungsvoraussetzungen


Der Nachweis, dass die Anerkennungsvoraussetzungen erfüllt werden, ist gemäß § 43 Absatz 2 Biokraft-NachV durch Vorlage geeigneter Unterlagen zu führen. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung kann über die vorgelegten Unterlagen hinaus weitere Unterlagen anfordern und bei den Zertifizierungsstellen Prüfungen vor Ort vornehmen, soweit dies zur Entscheidung über den Antrag auf Anerkennung erforderlich ist.



Für Vor-Ort-Kontrollen müssen sich Zertifizierungsstellen nach Maßgabe von § 43 Absatz 2 Satz 3 und § 62 Biokraft-NachV sowie Anlage 5 zur Biokraft-NachV verpflichten, der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung sowie ihren jeweiligen Beauftragten und Mitarbeitern ohne inhaltliche Einschränkung Zugang zu allen erforderlichen Informationen zu gewähren und ihr das Recht einzuräumen, mit angemessener Vorankündigungsfrist



während der Geschäfts- oder Betriebszeit Grundstücke, Geschäfts-, Betriebs- und Lagerräume sowie Transportmittel zu betreten,


Besichtigungen vorzunehmen,


alle schriftlich und elektronisch vorliegenden Geschäftsunterlagen einzusehen, zu prüfen und hieraus Kopien anzufertigen,


die erforderlichen Auskünfte zu verlangen, und


Proben zu ziehen.


Das Zugangsrecht der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung bezieht sich auf alle Orte, an denen die Zertifizierungsstelle im Zusammenhang mit den Anforderungen des anerkannten Zertifizierungssystems eine Tätigkeit ausübt.



4.3
Besondere Anerkennungsformen


4.3.1
Beschränkte und kombinierte Anerkennung


Die Anerkennung kann nach § 43 Absatz 5 Biokraft-NachV von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung nach den dortigen Vorgaben beschränkt werden.



4.3.2
Vorläufige Anerkennung


Für die vorläufige Anerkennung von Zertifizierungsstellen gelten die Ausführungen unter Nummer 3.3.2 entsprechend.



4.3.3
Anerkennung durch die Europäische Kommission


Eine Anerkennung von Zertifizierungsstellen im Sinne der Biokraft-NachV kann auch durch die Europäische Kommission erfolgen (siehe § 57 Biokraft-NachV).



4.4
Widerruf der Anerkennung


§ 47 Satz 1 bis 3 Biokraft-NachV enthält besondere Regelungen zum Widerruf einer Anerkennung. Die Anerkennung kann danach mit Wirkung für die Zukunft entzogen werden. Sie soll insbesondere dann widerrufen werden, wenn eine Anerkennungsvoraussetzung nach § 43 Absatz 1 Biokraft-NachV nicht oder nicht mehr erfüllt ist oder wenn die Zertifizierungsstelle ihre Pflichten nach den §§ 48 bis 54 Biokraft-NachV, darunter die Berichtspflichten nach §§ 52 und 53 Biokraft-NachV, verletzt.



Bei der Erfüllung ihrer Berichtspflichten ist von den Zertifizierungsstellen Folgendes zu beachten:



Zertifizierungsstellen übermitteln der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung nach § 53 Biokraft-NachV unverzüglich und in elektronischer Form Kopien folgender Nachweise:



Nachhaltigkeitsnachweise aller von ihnen zertifizierten Schnittstellen,


Nachträge nach § 19 Biokraft-NachV zu noch fehlenden Angaben für bereits ausgestellte Nachhaltigkeitsnachweise,


erstmalig oder erneut ausgestellte Zertifikate für Schnittstellen nach § 26 Absatz 1 und 2 Biokraft-NachV,


sofern die Zertifizierungsstelle Betreiber einer elektronischen Datenbank ist, nach § 24 Absatz 5 Satz 2 Biokraft-NachV Kopien von Nachhaltigkeits-Teilnachweisen, und


nach § 52 Biokraft-NachV bei jedem negativen Kontrollergebnis nach Abschluss der Kontrolle einen insbesondere das Kontrollergebnis enthaltenden Bericht.


Das elektronische Format kann von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung vorgegeben werden. Wird für die genannten Berichtspflichten von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung für den Bericht ein Vordruck vorgegeben, ist dieser zu verwenden.



Ausgestellte Nachhaltigkeitsnachweise und Nachhaltigkeits-Teilnachweise müssen grundsätzlich innerhalb von 24 Stunden an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung übermittelt werden. Zertifizierungsstellen können die Pflicht, Kopien der Nachhaltigkeitsnachweise der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zu übermitteln, auf die Schnittstellen übertragen.



Die Übermittlung der Unterlagen muss innerhalb von höchstens 14 Tagen nach Beendigung der Kontrolle eines Betriebes stattfinden. Bei schwerwiegenden Abweichungen und/oder unmittelbaren Sanktionen müssen die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung und das zuständige Zertifizierungssystem zeitnah, das heißt innerhalb von 24 Stunden, informiert werden.



Die Zertifizierungsstellen führen ein aktuelles Verzeichnis aller Schnittstellen, denen Zertifikate ausgestellt wurden. Das Verzeichnis muss mindestens den Namen, die Anschrift und die einmalige Registriernummer der Schnittstelle enthalten. Es muss die Sicherheit der Daten gewährleisten. Die Daten müssen regelmäßig verifiziert und validiert werden. Die Daten sollen in der Historie nachvollziehbar abgelegt werden und müssen aktuell sein. Nach § 53 Absatz 2 Biokraft-NachV müssen Zertifizierungsstellen für jedes Kalenderjahr bis zum 28. Februar des folgenden Kalenderjahres und im Übrigen auf Verlangen folgende Berichte und Informationen elektronisch, unter Verwendung der dafür vorgesehenen Vorlagen, an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung übermitteln:



einen Auszug aus dem Schnittstellenverzeichnis nach § 48 Biokraft-NachV sowie eine Liste aller weiteren Betriebe und Lieferanten, die sie kontrollieren, aufgeschlüsselt nach Zertifizierungssystemen, sowie


eine Liste aller Kontrollen, die sie in dem Kalenderjahr bei Schnittstellen, Betrieben und Lieferanten vorgenommen haben, aufgeschlüsselt nach Zertifizierungssystemen, mit Ausnahme der Kontrollen über die nach § 52 Satz 2 Biokraft-NachV berichtet worden ist.


Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat darüber hinaus Informationen zu den Erfahrungen der Zertifizierungsstellen mit den durch sie angewendeten Zertifizierungssystemen und über die Umsetzung des Risikomanagementsystems durch die Zertifizierungsstelle einzufordern. Solche Erfahrungsberichte müssen alle Tatsachen umfassen, die für die Beurteilung des oder der Zertifizierungssystems/e hinsichtlich der Sicherstellung der Umsetzung der Anforderungen des Zertifizierungssystems sowie der Biokraft-NachV wesentlich sein könnten. Die Berichte und Listen müssen so erstellt sein, dass sie fachlich und inhaltlich ohne großen Aufwand nachvollzogen werden können.



Die Kontrollberichte und Kopien aller Zertifikate, die in Zusammenhang mit der Biokraft-NachV oder aufgrund eines von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung anerkannten Zertifizierungssystems ausgestellt werden, müssen mindestens zehn Jahre aufbewahrt werden. Die sichere, vollständige und nachvollziehbare Aufbewahrung muss gewährleistet sein.



Der Umgang mit Informationen hat nach dem Umweltinformationsgesetz (UIG) zu erfolgen. Soweit Zertifizierungsstellen Aufgaben nach der Biokraft-NachV wahrnehmen, gelten sie als informationspflichtige Stellen nach § 2 Absatz 1 Nummer 2 des UIG vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3704) im Geltungsbereich des UIG.



Zertifizierungsstellen haben gemäß § 62 Biokraft-NachV der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung auf Verlangen weitere Informationen vorzulegen, soweit diese für die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung zur Erfüllung ihrer Aufgaben nach dieser Verordnung, zur Überwachung der Anforderungen nach der Biokraft-NachV oder zur Erfüllung der Berichtspflichten der Bundesrepublik Deutschland gegenüber den Organen der Europäischen Union erforderlich sind.



Weitere mögliche Widerrufsgründe sind in § 47 Biokraft-NachV aufgeführt.



5
Gemeinschaftsrahmen (Subsidiarität)


Soweit in der Verwaltungsvorschrift aufgeführte oder darüber hinausgehende nähere Bestimmungen der Biokraft-NachV durch das Recht der Europäischen Union rechtsverbindlich vorgegeben werden, gelten diese ausschließlich. Rechtsverbindliche Vorgaben der Europäischen Union nach Satz 1 werden von der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung im elektronischen Bundesanzeiger und auf ihrer Internetseite veröffentlicht.



6
Inkrafttreten


Diese Verwaltungsvorschrift tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im elektronischen Bundesanzeiger in Kraft.



Bonn, den 12. März 2010



Bundesministerium der Finanzen



Im Auftrag

Dietmar Jakobs