Logo jurisLogo Bundesregierung

Gemeinsamer Leitfaden zum Gemeinsamen Erlass zur Beschaffung von Holzprodukten vom 22. Dezember 2010 ("Beschaffungserlass für Holzprodukte") der am Erlass beteiligten Bundesministerien

Zurück zur Teilliste Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft

Gemeinsamer Leitfaden

zum Gemeinsamen Erlass
zur Beschaffung von Holzprodukten
vom 22. Dezember 2010
(„Beschaffungserlass für Holzprodukte“)
der am Erlass beteiligten Bundesministerien



– Bek. d. BMEL v. 6.10.2017 – 534-62505/0005 –



Fundstelle: GMBl 2017 Nr. 41/42, S. 778





1.
Einleitung


Ziel der Bundesregierung ist es, mittels des Beschaffungserlasses für Holzprodukte von 2010 Holzprodukte aus nachhaltiger und legaler Waldbewirtschaftung weltweit zu fördern sowie eine Verwendung solcher Holzprodukte im Rahmen der öffentlichen Beschaffung zu gewährleisten.



Sinn und Zweck dieses Leitfadens ist es, in Ergänzung zum geltenden Beschaffungserlass für Holzprodukte den ausschreibenden öffentlichen Behörden eine Handlungsanleitung bzw. Interpretationshilfe an die Hand zu geben, die die verschiedenen Möglichkeiten des Nachweises der Nachhaltigkeit für Holzprodukte, wie im Beschaffungserlass gefordert, erklären und somit ein gemeinsames Verkehrsverständnis bezüglich dieser Verfahren gewährleisten. Der Leitfaden soll vor allem helfen, die verschiedenen Verfahren und grundsätzlichen Anforderungen für den sogenannten Einzelnachweis, als alternatives Verfahren zur Produktkettenzertifizierung, darzustellen. Hierdurch erhalten zugleich die bietenden Unternehmen Klarheit über die von den Beschaffungsbehörden angewandten Verfahren.



Ziel der Bundesregierung ist es, transparente, eindeutige, verhältnismäßige und pragmatische Anforderungen für die Nachweisführung im Rahmen dieses Leitfadens vorzusehen. Bezüglich der Umsetzung eines Einzelnachweises soll ein möglichst breites Spektrum an Möglichkeiten zur Verfügung stehen, um eine breite Basis für den Wettbewerb zu sichern und insbesondere die Kosten für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) durch entsprechende Angebote zu reduzieren.



2.
Verfahren und Möglichkeiten des Nachweises zur Nachhaltigkeit


2.1
Verfahren des Nachweises zur Nachhaltigkeit


Zur Nachweisführung hinsichtlich der Vorgaben des Gemeinsamen Erlasses zur Beschaffung von Holzprodukten muss der Bieter mittels einer Eigenerklärung durch das Formblatt „Erklärung zur Verwendung von Holzprodukten“ bei Abgabe des Angebots erklären, in welcher Form der erforderliche Nachhaltigkeitsnachweis vorgelegt wird. Der entsprechende Nachweis (CoC-Zertifikat oder geprüfter Einzelnachweis) muss dann nach Zuschlag und vor Einbau des Holzes bzw. der Holzprodukte dem öffentlichen Auftraggeber im Original vorgelegt werden.



Verstößt der Auftragnehmer schuldhaft gegen seine Verpflichtungen, kann dies ggf. durch Maßnahmen des Auftraggebers sanktioniert werden. Solche Maßnahmen können zum Beispiel wie folgt ausschauen:



1.
Der Auftragnehmer kann unter Androhung der Kündigung (§ 8 Absatz 3 VOB/B1) mit Verweis auf § 4 Absatz 7 der VOB/B, zur Vertragserfüllung aufgefordert werden und ggf. ist die Kündigung nach fruchtlos abgelaufener Frist auszusprechen.


2.
Gegebenenfalls kommt eine Nichtvergütung der Leistung (§ 2 Absatz 8 Nummer 1 VOB/B) in Betracht, wenn der Auftragnehmer entgegen seiner vertraglichen Verpflichtung keinen Nachweis vorgelegt, das entsprechende Holz aber entweder ohne Wissen der Bauüberwachung oder entgegen deren Anordnung bereits verbaut hat.


3.
Des Weiteren besteht die Möglichkeit des Ausschlusses des Auftragnehmers von künftigen Vergabeverfahren wegen mangelnder Zuverlässigkeit entsprechend/analog § 124 Absatz 1 Nummer 7 GWB2.


2.2
Möglichkeiten des Nachweises zur Nachhaltigkeit


Grundsätzlich gibt es zwei verschiedene Verfahren, wie im Rahmen des öffentlichen Auftrages ein Unternehmen den gemäß Beschaffungserlass erforderlichen Nachweis zur Nachhaltigkeit der verwendeten Holzprodukte erbringen kann:



a)
Das Unternehmen verfügt über ein entsprechendes anerkanntes forstliches Chain-of-Custody (CoC) Zertifikat


oder



b)
Das Unternehmen, welches über kein anerkanntes CoC-Zertifikat verfügt, legt einen sogenannten Einzelnachweis vor.


A)
Chain-of-Custody (CoC)-Zertifikat


FSC- und PEFC-Zertifikate



Im Rahmen des Beschaffungserlasses für Holzprodukte werden von der Bundesregierung folgende Zertifizierungssysteme für Waldbewirtschaftung und Holzprodukte ausdrücklich genannt:



Forest Stewardship Council (FSC)


Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC)


Um entlang der Lieferkette sicherzustellen und zu dokumentieren, dass Produkte, die das FSC- oder PEFC-Label tragen, auch tatsächlich aus den entsprechenden nachweislich nachhaltigen Rohstoffen hergestellt wurden, können holzbe- bzw. holzverarbeitende Unternehmen eine FSC- oder PEFC-Produktkettenzertifizierung (englisch: Chainof-Custody [COC]) bekommen. Dazu muss jedes Unternehmeninder Produktketteein bestimmtes innerbetriebliches Verfahren, gemäß den CoC-Standards von FSC oder PEFC, aufbauen und unterhalten, das sicherstellt, dass FSC- oder PEFC-zertifizierte Materialien jederzeit identifizierbar bleiben. FSC- oder PEFC-zertifizierte Unternehmen sind berechtigt, die zertifizierten Produkte mit dem entsprechenden Label auszuzeichnen.



Sowohl bei FSC als auch PEFC können sich holzbe-/holzverarbeitende Unternehmen einzeln zertifizieren lassen (Einzelzertifikat), aber auch zu Gruppen zusammenschließen (Gruppenzertifikat).



FSC und PEFC bieten zudem eine sogenannte Projekt-Zertifizierung an, die auf der jeweiligen CoC-Zertifizierung der Systeme basiert. Sie ist für komplexe Vorhaben vorgesehen, bei denen PEFC-/FSC-zertifizierte Materialien und Produkte Verwendung finden. Unter „Projekt“ wird z. B. die Renovierung oder der Neubau eines Objektes (Gebäude, Tiefbauobjekte, Schiffe etc.) mit i. d. R. mehreren Gewerken von holzbasierten Produkten verstanden.



Details zu den jeweiligen CoC-Standards finden sich auf den Webseiten von FSC und PEFC.



Andere gleichwertige Zertifikate



Alternativ zu FSC- oder PEFC-Zertifikaten können im Rahmen des Beschaffungserlasses von Holzprodukten auch andere gleichwertige CoC-Zertifikate anerkannt werden, solange die Gleichwertigkeit dieser Zertifikate zu den von der Bundesregierung anerkannten Standards von FSC und PEFC, vor der Vergabe, durch das Thünen-Institut (TI) oder das Bundesamt für Naturschutz (BfN) auf Kosten des Bieters geprüft und belegt ist. In der „Erklärung zur Verwendung von Holzprodukten“ ist mit Abgabe des Angebots das entsprechende Zertifikat anzugeben. Diese Nachweisführung ist aufgrund der notwendigen Prüfung mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden, so dass auch der Bieter eine entsprechende Vorlaufzeit einplanen sollte.



B)
Einzelnachweis


Alternativ zum CoC-Zertifikat können Unternehmen, die nicht nach Produktkettenregeln zertifiziert sind, einen sogenannten Einzelnachweis erbringen, welcher belegt, dass das eingesetzte Holz bzw. die Holzprodukte aus FSC-/PEFCzertifizierten oder gleichwertigen nachhaltigen Beständen stammen. In diesem Fall belegt der Auftragnehmer den Einsatz von nachhaltigem Holz durch eine gesonderte Dokumentation, welche durch unabhängige Dritte geprüft wird.



B1)



Bei einem Einzelnachweis müssen drei Prüfkriterien mit Daten aus der Wareneingangskontrolle des Auftragnehmers belegt werden:



Mengenmäßiger Bezug des Holzes bzw. der Holzprodukte zum Auftrag (laufende Meter, Fläche, Volumen, etc.);


Zeitlicher Bezug der Bestellung und Lieferung zum Auftrag;


Inhaltlicher Bezug des Holzes bzw. der Holzprodukte zum Auftrag (z. B. Art des Holzes bzw. des/der Produkte(s)).


Für die Überprüfung dieser Kriterien und Daten werden seitens der Bundesregierung folgende unabhängige Dritte anerkannt:



Öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige der Handwerkskammer (Sachgebiete Tischler und Zimmerer) sowie der Industrie- und Handelskammer (Sachgebiete Holz und Holzbau);


Akkreditierte Zertifizierungsdienstanbieter, die hinsichtlich Zertifizierung der nachhaltigen Waldbewirtschaftung und Produktkette akkreditiert sind;


B2)



Im Fall von sogenannten „einfachen Fällen“ werden ebenso als unabhängige Dritte anerkannt:



Architekten oder für die Bauüberwachung zuständige Bauleiter, die keine öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sind.


Ein „einfacher Fall“ liegt vor, wenn die folgenden drei Voraussetzungen erfüllt sind:



Alle für die Leistung benötigten Holzprodukte werden bei einem FSC oder PEFC CoC-zertifizierten Unternehmen direkt für diesen Auftrag gekauft,


auf dem Lieferschein ist dokumentiert, dass es sich um zertifizierte Ware handelt,


die Verwendung/Baumaßnahme ist angegeben, und die zertifizierte Ware wird ohne weitere Änderung ihrer Zusammensetzung wie vom Händler erhalten verwendet.


Kommentar: Folglich der Definition „einfache Fälle“ handelt es sich zum Beispiel um fertigkonfektionierte Holzfertigprodukte, die nur noch montiert und aufgestellt werden. Dies beinhaltet auch Bau-Fertigprodukte. Beispiele sind vorgefertigte Fenster, Küchenmöbel, Parkbänke, Palisaden für Uferbefestigung, Parkettboden ohne Unterkonstruktion, Vertäfelung. Aber zum Bespiel auch für eine Dachkonstruktion benötigte Balken, Bretter und Leisten.



3.
Geltungsbereich – Erforderlichkeit des Nachweises


Der Nachhaltigkeitsnachweis ist für jeden einzelnen Beschaffungsvorgang erforderlich, bei dem der Wert des verwendeten Holzproduktes mindestens 2000 EUR (netto) beträgt. Bei Beschaffungsvorgängen mit einem Wert des Holzproduktes von unter 2000 EUR, welche z. B. kleine Sanierungs-, Instandhaltungs- oder Reparaturmaßnahmen beinhalten, ist die Vorlage eines entsprechenden Nachweises daher nicht erforderlich.



Kommentar: Diese Regelung soll kleinere und mittlere Unternehmen sowie geringfügige Vergaben entlasten. Insbesondere Maßnahmen wie kleine Sanierungs-, Instandhaltungs- oder Reparaturmaßnahmen sollen nicht durch zusätzliche Kosten und Belege für einen entsprechenden Nachweis belastet werden und somit direkt und unbürokratisch erfolgen können. Ziel des Beschaffungserlasses ist es, eine klare Signalwirkung hinsichtlich Nachhaltigkeit zu erwirken (s. Einleitung). Daher sollen sich die Anforderungen primär auf die Vergaben und Maßnahmen/Gewerke mit großen Holzmengen konzentrieren.



4.
Evaluation


Der Leitfaden zum Beschaffungserlass für Holzprodukte sowie dessen Umsetzung wird seitens der Bunderegierung nach zwei Jahren evaluiert und bei Bedarf entsprechend angepasst. Grundlage für die Evaluation wird ein zukünftiges Monitoring zur Umsetzung des Beschaffungserlasses sein.



Der Fokus der Evaluation wird vor allem auf Aspekten der Praktikabilität und Umsetzbarkeit des beschriebenen Einzelnachweises sowie dem definierten Geltungsbereich nach Ziffer 3 dieses Leitfadens liegen.