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BMU-RS-20131122-02-SF-A002.htm

Zum Hauptdokument : Empfehlung der Entsorgungskommission; ESK-Leitlinien für die Zwischenlagerung von radioaktiven Abfällen mit vernachlässigbarer Wärmeentwicklung (Revidierte Fassung vom 10. Juni 2013)



Anhang 2 zu Kapitel 2.1 (aus /26/)



Bewertung von Gasbildungsraten konditionierter radioaktiver Abfälle hinsichtlich des Erhalts endlagerrelevanter Abfallprodukteigenschaften während der Zwischenlagerung



Veränderungen von Eigenschaften der Abfallprodukte werden durch Veränderungen der Gaszusammensetzungen der Abfallgebinde-Innenatmosphären angezeigt. Durch Faul-, Gär- oder Korrosionsvorgänge werden Gase wie Wasserstoff, Methan, Kohlenstoffdioxid oder Kohlenstoffmonoxid gebildet. Der Umfang dieser Veränderungen von Abfallprodukteigenschaften entspricht hierbei der entwickelten Gasmenge. Die Bewertung der Analysenergebnisse der Gasproben orientierte sich bisher an einer Gasbildungsrate von 2 ml/(m3∙h), die entsprechend dem heutigen Stand der Konditionierungstechnik für verpresste Mischabfälle im Regelfall erreicht wird.



Die Auswertung von Gasanalysenergebnissen hat gezeigt, dass die Einhaltung dieser Empfehlung grundsätzlich keine größeren Probleme bereitet. Durchgeführte modellhafte Überlegungen zeigen auf, dass in Einzelfällen auch größere Gasbildungsraten hinsichtlich der Einhaltung der Anforderungen der Endlagerungsbedingungen toleriert werden können. Auch bei konservativen Ansätzen zur Auswirkung der chemischen Reaktionen, die zur Gasbildung führen, und zur angenommenen Kinetik dieser Reaktionen zeigten Untersuchungen, dass bei Gasentwicklungsraten unterhalb von 10 ml/(m³∙h), mit Ausnahme von Abfallprodukten der Abfallproduktgruppe APG03, auch über eine Zwischenlagerzeit von 20 Jahren keine nachteiligen Auswirkungen hinsichtlich der Endlagerfähigkeit der Produkte zu besorgen sind.



Da die abgeschätzten maximal zulässigen Gasbildungsraten die Einordnung der Abfallprodukte in eine Abfallproduktgruppe zur Ermittlung der Störfallsummenwerte betreffen, sind sie für alle Abfallgebinde einer Prüfcharge mit hoher Zuverlässigkeit einzuhalten. Zur Begrenzung des Aufwands und der Dosisbelastung des Personals wird üblicherweise nur eine begrenzte Anzahl von Gasproben entnommen. Zur Bewertung der Endlagerfähigkeit der Einheiten dieser Prüfcharge dient dann ein Mittelwert der bestimmten Gasbildungsraten. Zur Abdeckung der möglichen Verteilungen von Gasbildungsraten innerhalb dieser Prüfcharge ist der zulässige Mittelwert einer Stichprobe geringer als die für ein einzelnes Abfallgebinde maximal zulässige Gasbildungsrate.



In der Tabelle 1 sind für die verschiedenen Anforderungen an Abfallproduktgruppen die maximal zulässigen Gasbildungsraten für jedes Gebinde einer Prüfcharge und die zulässigen Mittelwerte für eine Stichprobe zusammengefasst. Wird eine vollständige Kontrolle aller Abfallgebinde einer Prüf- bzw. Konditionierungscharge durchgeführt, kann selbstverständlich zur Bewertung der Endlagerfähigkeit die maximale Gasbildungsrate verwendet werden.



Es ergeben sich zur Einhaltung der Grundanforderung „Freie Flüssigkeit“ maximale zulässige Gasbildungsraten von 10 bzw. 20 ml/(m³∙h) für ein Einzelgebinde mit Abfällen der Abfallproduktgruppen APG01 und APG02 bzw. APG04 und APG05. Die entnommenen Gasproben einer Stichprobe müssen einen Mittelwert der Gasbildungsrate von kleiner als 5 bzw. 10 ml/(m3∙h) zeigen.



Für Abfallprodukte der APG06 werden in der Tabelle keine Angaben zu zulässigen Gasbildungsraten gemacht. Bei derartigen Abfallprodukten wurden keine Mechanismen zur Entwicklung von Gasen durch eine Umsetzung des Abfalls nach einer Abkühlphase aufgefunden.



Tabelle 1:

Maximal zulässige Gasbildungsraten und maximal zulässige Mittelwerte von Analysen einer Stichprobe



Abfallproduktgruppe

Anforderungen

Maximale Gasbildungsrate
[ml/(m3∙h)]

Zulässiger Mittelwert
für eine Kond.-Charge
[ml/(m3∙h)]

APG01

Freie Flüssigkeit

10

5

APG02

Brennbare,
schmelzbare Substanzen

10

5

APG03

Nichtmetallische
Bestandteile

3

2

APG04

Festigkeit der Presslinge

20

10

APG05

Druckfestigkeit

20

10



Durch eine Erhöhung des Probenahmeumfangs kann durch den Abfallablieferer eventuell gezeigt werden, dass die Anforderungen eingehalten werden. Sollte dies nicht durchführbar oder erfolgreich sein, sind für die Prüfcharge Nachkonditionierungsmaßnahmen durchzuführen. Gebinde mit Abfallprodukten der Abfallproduktgruppe APG01, 02, 04 oder 05, die eine Gasbildungsrate von mehr als 10 bzw. 20 ml/(m3∙h) aufweisen, sind nachzukonditionieren, zum Beispiel durch Trocknen. Kann aufgrund von Kenntnissen über die Abfallzusammensetzung ausgeschlossen werden, dass durch eine Zersetzung von organischem Material Flüssigkeiten oder brennbare Substanzen mit einem Schmelzpunkt unter 300 °C entstehen können, so kann für Bewertungen von Abfallprodukten der Abfallproduktgruppen APG01, 02, 04 und 05 auch die maximal zulässige Gasbildungsrate von 20 ml/(m3∙h) zu Grunde gelegt werden.